Lese-Fundstück

  • Moin, Moin!


    Ich esse, dann trinke ich den Schnaps und das Cola, dann mache ich das erste Bier auf. Kurz vor Wiener Neustadt beginne ich wieder in "Train Dreams" zu lesen. Vielleicht liegt es am Alkohol, aber das ist unwichtig, jedenfalls bin ich glücklich, dieses Buch gekauft zu haben und jetzt lesen zu können. Dieses Gefühl ist etwas Konstantes und Kostbares in meinem Leben, ich kenne es, seit ich sieben Jahre alt war und unter dem Weihnachtsbaum mit "Huckleberry Finn" anfing. Ich sitze im Zug, lesen in "Train Dreams" und fühle mich geborgen, ich habe mehr als ein Buch, mehr als einen Gegenstand gekauft, ich habe mir Gedanken gekauft, die Chance, mehr zu werden. (Thomas Glavinic: Das bin doch ich, S. 159)

  • Moin, Moin!


    Auch etwa hundertzwanzig Romane liegen da. Ihre Lektüre würde ich aber nur dann in Angriff nehmen, wenn dies Jahr wirklich der Sommer ausbleiben sollte und der Ofen ewig weiter brennen müßte. Schade übrigens, daß Bücher so schlecht brennen! Der Ofen weigert sich, sie zu verdauen. Er ist klüger als ich. Und immer noch regnet es. (Hermann Hesse: Sämtliche Werke, Bd. 14: Betrachtungen und Berichte. 1927-1961, S. 93)


    Auffallend ist die große Zahl von Reisebüchern mit schönen verlockenden Titeln - lauter Bücher über fremde Länder, die von begabten und entschlossenen Autoren im Auftrag von Zeitungen bereist und eilig beschrieben wurden, oft von großer Schmissigkeit und Frecheit, aber alle ohne eigentlichen Wert, geichgültige Gelegenheitsarbeiten gerissener Literaten, Augenblicksfutter für ein Modepublikum. (Hermann Hesse: Sämtliche Werke, Bd. 14: Betrachtungen und Berichte. 1927-1961, S. 40)

  • Daniel Kehlmann über Heinrich von Kleist (aus seiner Dankesrede zur Verleihung des Kleist-Preises 2006):


    «Seine eigentümlich helle Metaphysik – vielleicht ist sie auch ein Grund, ihn zu lesen und aufzuführen in einer Zeit, da in unserem Kulturkeis manchmal gemeint wird, dem Andrang eines fremden Glaubensfanatismus nichts weiter entgegensetzen zu können als die eigene überwundene Religiosität.»
    (Daniel Kehlmann: Lob. Über Literatur, S. 80)


  • "Vieles Lesen macht stolz und pedantisch, viel sehen macht weise, verträglich und nützlich".


    Da ist was dran ... :smile:

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"

    Einmal editiert, zuletzt von Anita ()

  • Nicht am ersten Teil das Satzes! Vor den Smilie hört übrigens ein Punkt, der den Staz abschließt, das solltest du in Zukunft beachten.


    Stört dich das so sehr? Ja, ich schließe oft den Satz mit einer Emotion statt mit einem Punkt, bisher fand ich das viel aussagefähiger.
    Und doch, ich finde auch den ersten Satzteil, natürlich im Zusammenhang mit dem zweiten Teil, für wahrhaft. Wer nur in Büchern existiert läuft Gefahr so zu werden.

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"

  • Stört dich das so sehr? Ja, ich schließe oft den Satz mit einer Emotion statt mit einem Punkt, bisher fand ich das viel aussagefähiger.
    Und doch, ich finde auch den ersten Satzteil, natürlich im Zusammenhang mit dem zweiten Teil, für wahrhaft. Wer nur in Büchern existiert läuft Gefahr so zu werden.


    Liebe Anita,


    mein 2. Satz, war nur eine Bestätigung von Lichtenbergs erstem Satzteil und eine Widerlegung meines ersten Satzes.


    Wenn du es so verstehen mußtest, wie du schreibst, dann bitte ich um Entschuldigung. Meine Bemerkung über den Punkt war nicht ernst gemeint. Sowas kann ich mir auch überhaupt nicht leisten.


    Ich hoffe, du kannst mir verzeihen.

  • Hallo Lost


    Natürlich habe ich gestern Abend hier gesessen und gegrübelt - hat Lost das nun scherzhaft ironisch gemeint oder ernst, und ich habe lange überlegt was ich dazu äußern sollte ... Letztendlich habe ich mich dazu entschieden Sätze zu verwenden ohne Emotionen, aber mit Punkt :breitgrins: und war dann neugierig wie denn so was nun wirkt ... mit Smilies würde es nicht "ernst-gemeint" wirken wie beispielsweise so:


    Zitat

    Stört dich das so sehr? Ja, ich schließe oft den Satz mit einer Emotion statt mit einem Punkt, bisher fand ich das viel aussagefähiger :zunge:
    Und doch, ich finde auch den ersten Satzteil, natürlich im Zusammenhang mit dem zweiten Teil, für wahrhaft. Wer nur in Büchern existiert läuft Gefahr so zu werden :zwinker:


    Natürlich dann ohne Punkt :banane:


    LG
    Anita

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"


  • Hallo Lost


    Natürlich habe ich gestern Abend hier gesessen und gegrübelt - hat Lost das nun scherzhaft ironisch gemeint oder ernst, und ich habe lange überlegt was ich dazu äußern sollte ...


    So grübele ich immer Mal darüber ob ich Smilies verwenden soll oder nicht. Manchmal gewinnen die Smilies, machmal (meistens) bleibt meine Bosheit Sieger. Ich dachte auch, du kennst mich in dieser Beziehung ausreichend gut.


    Grundsätzlich pöbele ich niemand im Forum an. Dafür habe ich meine Kinder. ( :zwinker:)

  • Moin, Moin!


    Das Wohnen inmitten von Büchern gleicht dem allnächtlichen Schlaf zwar auf stets derselben Lagerstätte, - doch entfernt man sich träumend in bizarre, noch ungesehene Räume; Wüsten zu bösartigen u wundervollen Gefilden tun sich auf - am Selbenort das immer Andereleben, darin die Menschen weitaus weniger automatenhaft erscheinen, als in der Wachen-Welt Aldi- lebenden=Toten. Daher die tiefe Sehn-Sucht nach Büchern, eine Sucht die alles Bloß-Bildfertige bei weitem überdauert. Allerdings fällt die Enttäuschung angesichts schlechter Bücher dann auch größer aus, als etwa bei schlechten Filmen. Der-Film ist 1 Produkt der Automatenwelt, & jeglicher Automat, ob Maschine od Mensch, zerstört irgendwann sich selbst od wird von Seinesgleichen zerbrochen. Deshalb sind schlechte Bücher schlimmer als schlechte Bilder u noch schlimmer als heimtückischer Mord. (Reinhard Jirgl: Die Stille, S. 125)

  • Moin, Moin!


    Für den tätigen Schriftsteller jedoch kann nur ein menschliches Verhältnis zu den Klassikern von Nutzen sein. Er will keine Götzen in ihnen sehen, keine unerreichbaren Vorbilder, sondern Freunde, Anreger, Gesprächspartner; oder auch, mit der gleichen Legitimität, Feinde, Schöpfer von oft langweiligen Romanen und pathetischen Theaterstücken. Er will sich ihnen nähern und sich wieder von ihnen entfernen, ja, schreibt er, sie vergessen dürfen, weil, und auch dies ist legitim, ihn im Zustande des Schreibens, des Planens und Ausführens eigentlich haben, denn jedes Produzieren ist an einen gewissen momentanen Größenwahn gebunden. (Friedrich Dürrenmatt: Literatur und Kunst, Essay und Reden, S. 83)

  • Ein köstliches Fundstück aus Cees Nootebooms Allerseelen:


    Das wenige, das Arthur Daane von Nietzsche gelesen hatte, war ihm in Erinnerung geblieben als eine Art Orkangeheul, mit dem eine sich überschlagende Stimme vom Gipfel eines Berges den namenlosen Knechten unten zuschrie, dass sie nichts taugten, um dann plötzlich in ein einsames und unverstandenes Gejammer überzugehen.


    Ein niederländischer Narrenspiegel vor der deutschesten der Seelen...

  • Zitat

    Ich mag Fußball nicht, und ich lese keine Unterhaltungsromane. Ich will nicht unterhalten, sondern herausgefordert werden; ich will kämpfen gegen ein Buch, und es muß gut kämpfen, hart, präzise, intelligent. Ich will von der Welt nicht abgelenkt werden, ich will ihr ins Auge sehen, sie erkennen und ... sie besiegen. Uwe Tellkamp: Der Eisvogel

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Moin, Moin!


    "Er fühlte die Nationalbibliothek voraus, den reinen strengen Duft der Bücher-Repositorien, dies altgewachsene Haus überhaupt mit den klösterlichen Steinfliesen seiner Gänge; das klare Licht über den Lesetischen; das leise Rascheln bewegter Blätter. Hier reichten die geordneten und vollends ausgekühlten Schichten der Vergangenheit zurück durch Jahrhunderte, wie durch die Zimmerfluchten der Hofburg selbst. Hier war man aus allem anderen entlassen, ja, man mußte es sein, um da überhaupt arbeiten zu können: ein ruhiger Kopf bis zum Kragenknopf und zwei gewaschene Hände, die kostbaren Blätter zu berühren. Sonst nichts." (Heimito von Doderer: Die Dämonen)

  • Moin, Moin!


    "Wo sehen Sie in unserer Gesellschaft auch nur das kleinste Anzeichen dafür, daß Schriftsteller etwas gelten? Oder daß ihre Bücher zählen? Ein Schriftsteller schafft es in die Schlagzeilen, wenn er steckbrieflich gesucht wird und eine Belohnung von drei Millionen Dollar für seine Ergreifung ausgesetzt ist, anders nicht." (Sven Birkerts: Die Gutenberg- Elegien)