WBG insolvent

  • Ich bin gestern von Dostoevskij darauf aufmerksam gemacht worden, dass die WBG (die sich seit einiger Zeit allerdings schon anders nennt) Insolvenz anmelden musste. Offenbar auf Grund eines Schlamassels in der IT?

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Verlage, Buchgesellschaften etc., alles was mit Büchern zu tun hat, ist wohl nicht mehr ganz en vogue.

    Ich habe z.B. auch vor ein paar Tagen gesehen, das jemand den großen Meyer, 9. Auflage, in 25 Bänden für 110,- € verramscht.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • Der Second Hand-Buchhandel ist ja noch einmal eine andere Geschichte. Werkausgaben bringst du gar nicht erst los.


    Und ein anderes Phänomen: In der Schweiz gibt es - meist von karitativen Organisationen geführte - Second Hand-Geschäfte, wo du Dinge gratis bringst (so sie noch brauchbar sind) und wenn du was mitnehmen willst, nur wenig dafür bezahlst. Tiefstes Preissegment also. Einige davon verkaufen (auch oder ausschliesslich) Second Hand-Bücher. Ich weiss nicht, ob man dort noch solche Bücher wie oben beschrieben los werden würde. Ich weiss nur, dass die im Moment ein ganz anderes Problem haben: Ihre Läden werden überschwemmt mit - Bestsellern, z.B. Krimis im Taschenbuchformat: Dan Brown, Donna Leon, Stieg Larsson, Hakan Nesser, Adler Olsen, Henning Mankell, aber auch Coelho, Nora Roberts und Charlotte Link. Das muss alles als Altpapier entsorgt werden, wöchentlich bis zu 900 kg ...


    Die WBG gibt auch der Inflation Schuld am geminderten Kaufinteresse ihrer Mitglieder. Kann ich nicht beurteilen.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Der Second Hand-Buchhandel ist ja noch einmal eine andere Geschichte. Werkausgaben bringst du gar nicht erst los.


    Und ein anderes Phänomen: In der Schweiz gibt es - meist von karitativen Organisationen geführte - Second Hand-Geschäfte, wo du Dinge gratis bringst (so sie noch brauchbar sind) und wenn du was mitnehmen willst, nur wenig dafür bezahlst. Tiefstes Preissegment also. Einige davon verkaufen (auch oder ausschliesslich) Second Hand-Bücher. Ich weiss nicht, ob man dort noch solche Bücher wie oben beschrieben los werden würde. Ich weiss nur, dass die im Moment ein ganz anderes Problem haben: Ihre Läden werden überschwemmt mit - Bestsellern, z.B. Krimis im Taschenbuchformat: Dan Brown, Donna Leon, Stieg Larsson, Hakan Nesser, Adler Olsen, Henning Mankell, aber auch Coelho, Nora Roberts und Charlotte Link. Das muss alles als Altpapier entsorgt werden, wöchentlich bis zu 900 kg ...


    Die WBG gibt auch der Inflation Schuld am geminderten Kaufinteresse ihrer Mitglieder. Kann ich nicht beurteilen.

    Darüber habe ich neulich auch gelesen, und solche Läden gibt es bei uns auch in Form von Sozialkaufhäusern. In dem mir nächstgelegenen solchen Laden in Fulda werden die Bücherregale mit viel Einsatz gepflegt und nur Bücher in sehr gutem Zustand angeboten.

    Ich weiß nicht, wie dort mit größeren Buchspenden verfahren wird. Ich habe immer nur kleine Stapel hingebracht, je nach Anfall, und diese wurden an Ort und Stelle durchgesehen. Was nicht erwünscht ist, kann sofort zurückgewiesen werden. Aber wenn ich das nächste Mal hinkomme, werde ich mich mal erkundigen. (Meine geerbte Freytag- und Ganghofer-Sammlung trage ich gar nicht erst hin. Da bleibt wohl nur die Tonne.)
    Die Bücher werden nach Dicke verkauft (die Kassiererin legt den Zollstock an den Stapel) und die Preise sind so lächerlich, zumal die Bücher oft noch eingeschweißt sind, dass ich immer "für die Kaffeekasse" aufrunde, wenn ich dort etwas kaufe.

  • Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

    Herder übernimmt Teile der wbg

    Zum 2. Januar hat der Herder Verlag Teile der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft mit einem Gesamt-Umsatzvolumen von ca. drei Millionen Euro übernommen. Die Transaktion umfasst mehr als 200 lieferbare Backlist- und Frontlisttitel.


    https://www.boersenblatt.net/n…immt-teile-der-wbg-314143


    Mitteilung für Mitglieder:

    Für das Jahr 2024 werden wir keinen Mitgliedsbeitrag mehr erheben. Ihre Mitgliedschaft endet automatisch mit der Auflösung des Vereins zum 01.01.2024, eine Kündigung Ihrerseits ist daher nicht notwendig. Die exklusiven Mitgliedspreise, auch für den Buchkauf in unseren zahlreichen Partnerbuchhandlungen, die Kooperationen mit unseren Museumspartnern sowie die Abonnements des Verlags können wir leider nicht weiter anbieten.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Soll ich mein Lesezeichen im Browser löschen? Denn das war's dann wohl.

    Oh, ich würde abwarten, ob's auf Herder weiterverlinkt :)


    inwieweit der Börsenblatt-Artikel die völlige Abwicklung beschönigt, ist mir nicht klar.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • In jener Zeit, als es nur Papier gab, die Verlage selbständig waren, anstatt Konzernen zu gehören, ambitioniert waren, etcetera, veröffentlichte, soweit ich mich erinnere, der Herder Verlag theologische und pädagogische Literatur. Inklusive eine sehr große Paperback-Reihe. Speziell katholisch waren die irgendwann nicht mehr. Es gab auch viel so im Bereich Lebenshilfe, Spirituelles ...

    :saint:

    Ich fände es interessant zu wissen, was sich die Verlagsgruppe Herder (ich hab gerade nachgelesen, die sind offensichtlich immer noch selbständig) von der Backlist der WBG verspricht.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Ich fände es interessant zu wissen, was sich die Verlagsgruppe Herder (ich hab gerade nachgelesen, die sind offensichtlich immer noch selbständig) von der Backlist der WBG verspricht.

    In der Tat. Zumal ja die WBG mit ihrer Namensänderung damals auch die Struktur ihres Programms geändert hat. Weg vom (geistes-)wissenschafltichen Verlag hin zu einem mehr der Allgmeinbildung verpflichteten. Sie hatten wohl schon damals ein Problem und vielleicht hat dieser Wandel mehr geschadet als geholfen?

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Es muss schon länger gekriselt haben.

    Ich hatte zwei- oder vielleicht dreimal Verkaufsanrufe gekriegt. Mein Profil hätte ergeben, dass ich vorrangig ... und deshalb würde man mir anbieten ... in einem Fall war es eines der Faksimiles (aber ich hatte nie ein Faksimile bei ihnen gekauft, also kann mein Profil das auch nicht hergegeben haben), im anderen Fall eine Heine-Ausgabe (aber ich hab längst eine). Das war, meine ich, ein wenig grenzwertig. Aber die Angestellten können ja nichts dafür.

    Aus der Erinnerung: ich bin ja lang dabei gewesen. Schon in der Zeit, als man noch per Papier bestellte. Irgendwie hatten sie es mit dem Webshop lange nicht so richtig auf die Reihe gekriegt. Und so dolle sah der nie aus, nach meinem Geschmack. Ich hatte die letzten Jahre eine Premium-Migliedschaft. Und mit der Gutschrift der 10 Euro pro Jahr klappte es nicht so recht.

    Undsoweiter.


    Finanzierung durch Subskriptionen, Doktorandenförderung, etc. ... naja, das kann ich nicht beurteilen.


    Und: die Bücher, die früher exklusiv nur bei der WBG zu kaufen waren, die kriegte man ja irgendwann auch anderswo.


    Totverallgemeinerung des Programms? Wohl einfach: the times they're changin'.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Und: die Bücher, die früher exklusiv nur bei der WBG zu kaufen waren, die kriegte man ja irgendwann auch anderswo.


    Totverallgemeinerung des Programms? Wohl einfach: the times they're changin'.

    Genau das meine ich ;). Ob aber dieses Einfach-mit-der-Zeit-Mitlaufen die beste Lösung der Krise war? Zumindest hat es offenbar nicht geholfen. Man kann in Krisenzeiten sein Profil verwässern oder schärfen. Beides ist gefährlich, aber dann wäre die WBG wenigstens mit wehenden Fahnen untergegangen statt des elenden (und elend kommunizierten!) Todes, den sie nun erlitten hat.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Volle Zustimmung. Wobei die wehenden Fahnen im Haifischbecken der Wirtschaft wohl eher keine Rolle spielen ;)


    An einen anderen Vorgang, seinerzeit gelesen, hab ich mich jetzt auch noch erinnert (Gedächtnis funktioniert manchmal besser als unendlich verschlagwortete Linksammlungen)

    https://www.nzz.ch/feuilleton/…-verlaesst-wbg-ld.1478255


    So isses. Man mag zu Sarrazin stehen, wie man will - und zur Veröffentlichung des Schreibens in "Tumult" auch.

    Wissenschaftlicher Diskurs bedeutet, unter anderem, Streitbarkeit. Kontroversen. Debatten.

    Alles, meiner Sicht nach, so zunehmend den Bach runter. Generell.


    Verflachung. Plus, dies fiel mir in den Katalogen auf, zunehmende Genderei. Nichts für mich.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)