Halldor Laxness: Das wiedergefundene Paradies

  • finsbury und ich lesen zusammen ab sofort diesen Roman. Wenn noch jemand mag, möge er oder sie gern dazustoßen.

    Ich habe eine Ausgabe von 1976 aus dem Aufbau Verlag, Übersetzung von Bruno Kress.

    Von Halldor Laxness habe ich bisher "Die Islandglocke" gelesen und ein Buch mit dem Titel "Sein eigener Herr", das auch unter dem Titel "Unabhängige Menschen" erschienen ist.

  • Hallo,


    da hatte ich wohl eine kleine Eingebung und ein bisschen Glück, dass ich gerade heute hier reinschaue. Ich würde sehr gern mitlesen. Ich habe schon 3 Bücher von Laxness gelesen, was jedoch schon OMG 12 Jahre her ist. "Sein eigener Herr", "Die glücklichen Krieger" und "Salka Valka" . Damals habe ich mir auch die Gesamtausgabe von Steidl gekauft. "Das wiedergefundene Paradies" ist auch hier die Übersetzung von Bruno Kress.


    Da ich gerade mit einem Buch fertig bin, kann ich direkt starten und freue ich mich schon darauf seit ewigen Zeiten mal wieder eine Leserunde mitzumachen. Ich hoffe ich kann mithalten...


    Liebe Grüße

    schokotimmi

  • Sehr schön, schokotimmi, dasss du auch mitmachst.
    Bei mir sieht es so aus, dass ich vor langer Zeit "Die Islandglocke", "Atomstation", "Die Litanei von den Gottesgaben", "Seelsorge am Gletscher" , "Spiegelbild im Wasser" und "Auf der Hauswiese" gelesen habe und vor einigen Jahren noch "Der große Weber von Kaschmir" und "Weltlicht":

    Diesen eher späten Roman hatte ich bisher noch nicht im Visier.

    Ich lese wie ihr die Übersetzung von Bruno Kress und auch aus der Gesamtausgabe von Steidl, wie du, schokotimmi.
    Die ersten fünf Kapitel konnte ich heute Nachmittag lesen und erfreue mich an dem typischen Laxness-"Ton", so eine Mischung aus Saga- und moderner Sprache. Steinar ist ein sehr umsichtiger Mann, der für seine Familie nur das Beste will, er weiß mit Mächtigen umzugehen und sie mit Humor zu nehmen.

  • Noch kurz zu dem Pferd Krapi. Das wird ja einerseits ins Mythische stilisiert und mit den Rössern der nordischen Götterwelt verglichen. Andererseits ist es auch eine Metapher für Selbstbestimmtheit: Es kommt zur Hauswiese, zu den Menschen, um seine Butter einzufordern, lässt sich lammfromm reiten, auf der anderen Seite ist es frei und widersetzt sich dem Einfangen, indem es zu seiner Herde ins Unwegsame zurückkehrt. Vielleicht verkörpert es so auch Wesenszüge der Hauptfigur Steinar, das Sorgfältige und Zugewandte, aber auch die Freiheit gegenüber den Mächtigen auf den eigenen Entscheidungen zu bestehen.

  • Ich habe Kapitel 1-4 gelesen.

    Der Laxness Ton war mir auch gleich vertraut und auch die Landschaftsbeschreibungen sind sofort wieder sehr schön und eindringlich. Steinar ist mir auch sympathisch und er scheint viel Liebe und einen Beschützerdrang für seine Kinder zu haben. Ich mag, wie er immer wieder damit argumentiert, dass dieses Pferd ein Wunder sei, eines welches man den Kindern nicht nehmen darf.

    Jetzt will er also selbst zum großen Fest mit dem Dänischen König....

  • Ich habe bisher erst hineingeschnuppert, aber als die Rede auf das Wunderpferd kam, dachte ich sofort an die typischen Islandpferde.
    Letztes Jahr habe ich einen Historienfilm gesehen mit dem Titel "The Last King", der um 1200 herum spielte und auf reale Ereignisse zurückgehen soll. Was mir in diesem Film nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist, sind die Pferde. Islandpferde sind eher klein und stämmig, und in dem Film wurden sie von großen, kräftigen Männern geritten. Es gab mehrere Verfolgungsszenen und diese kleinen Pferde rannten mit flatternden Mähnen durch den Schnee mit einer unglaublichen Energie, der Anblick war einfach nur begeisternd. (Wer mag, kann gern den Trailer gucken, die Pferde sind ein paarmal zu sehen, leider nur kurz.)

    So, nun werde ich die letzte Stunde des Tages noch mit Lesen verbringen. Schön, dass schokotimmi die kleine Runde erweitert!

  • Hi zusammen,


    ich würde mich euch gerne anschließen. Bin quasi neu hier im Klassikerforum.

    Laxness finde ich interessant hab schon sehr lange her mal Atomstation gelesen, und ich liebe Island.

    Freu mich wenigstens literarisch zurückzukehren.


    Ich lese heute noch mein angefangenes Buch und kann dann ab morgen beginnen.

  • Das freut uns, b.a.t. . Willkommen in der Runde!


    Ich habe eben das Kapitel mit dem ersten Auftritt des Mormonenpredigers gelesen. Es ist kurios, ich bin Anfang Dezember in einem anderen Buch auf die Namen Joseph Smith und Brigham Young gestoßen, und zwar in einem Tatsachenroman über den mehrfachen Mörder Gary Gilmore. Dieser Gilmore wurde 1977 in Utah hingerichtet, und zwar auf eigenen Wunsch; er torpedierte selbst alle Berufungsversuche, so dass der Staat quasi als Mittäter seines Selbstmordes dastand (die Vollstreckung seiner Todesstrafe, die erste nach zehnjähriger Pause, wurde aus diesem Grund damals heftig kritisiert). Gilmore war Abkömmling einer strenggläubigen Mormonenfamilie und litt als Kind sehr unter einem extrem restriktiven und bigotten Elternhaus. Er hatte mehrere Geschwister, alle hatten Suchtprobleme und/oder wurden kriminelle Gewalttäter.


    Joseph Smith, geboren 1805, machte selbst eine nicht uninteressante Karriere. Er schrieb das sagenhafte Buch Mormon und kandidierte für das Präsidentenamt. Da er jedoch die Berichterstattung der Presse über seine Person unterbinden wollte, m.a.W. eine Art Zensur einführen, wurde er 1844 während seiner Kandidatur verhaftet und starb eines gewaltsamen Todes. Man darf gespannt sein auf weitere Auftritte des "Mormonenpredigers".

  • Gestern war ich sehr müde und habe es nicht mehr geschafft, das Buch zu beginnen, heute aber war es soweit.

    Ich habe Kapitel 1 soeben hinter mich gebracht.

    2008 bin ich 3 Wochen durch Island gereist und ich habe diese alten Gehöfte direkt vor mir. Die Torf-bedeckten Gehöfte in der schroffen aber schönen Landschaft.

  • b.a.t. : Dann kannst du uns vielleicht verraten, wie es um die Ernährung der Landbevölkerung in Island steht? Ich lese - auch in den berühmten Islandkrimis - immer wieder von so Sachen wie gesengtem Schafskopf oder dergleichen, man kann den Eindruck bekommen, dass die Leute überhaupt nur Fisch oder Fleisch essen und alles andere importiert werden muss. Auch in historischen Romanen aus Island ist oft von Mangelernährung die Rede. Kann man annehmen, dass die Leute wenigstens Getreide haben?

  • Die Essgewohnheiten sind schon teilweise skurril.

    Generell wird alles verwertet, was relativ einfach verfügbar ist. Schafe und Meeresgetier.


    Gesengten Schafskopf habe ich nicht gegessen oder gesehen, aber Schafskopfsuppe, da wird ein Schafsschädel für eine Suppe ausgekocht, das war aber gar nicht so schlecht.


    Wirklich ekelhaft war die Spezialität schlechthin - der fermentierte Hai Hakarl. Haie im Nordmeer haben keine Nieren, die scheiden die Giftstoffe über die Haut-bzw. Schuppen aus, daher kann man die nicht frisch essen, weil sie dann giftig wären. Daher werden sie eingegraben und fermentiert, und nach einiger Zeit ausgegraben und zum Trocknen aufgehängt. Der Geruch ist wirklich heftig, ich hatte zu tun, um meinen Brechreiz zu unterdrücken. Riechen hat gereicht, schmecken musste nicht sein. ))


    In einem Restaurant hab ich eine Amerikanerin gesehen, die Walsteak bestellt hatte, das und Robbenfleisch könnte ich nie essen, aber ist Tradition dort.


    Am besten waren die Hummersuppen mit einem Schuss Cognac. Wenn man in die Supermärkte geht sieht man, dass sie viel Lebensmittel von den USA beziehen. Es wächst ja nicht viel auf Island, Gräser, Kräuter, Flechten, alles andere muss importiert werden, daher ist es auch sehr hochpreisig.

  • Eben deshalb würde mich interessieren, wie die Isländer klarkamen, als es noch keine solchen Importe gab.

    In "Die Islandglocke" geht es den Leuten richtig dreckig. Mangelkrankheiten und Unterernährung.
    Mittlerweile bin ich mit Kapitel 10 durch und Laxness gibt eigentlich ein sehr gutes Bild von der Arbeit in der Landwirtschaft. Vor allem hat der Bauer während der Wintermonate Zeit und Gelegenheit, sich auch noch künstlerisch zu betätigen, weil es draußen nicht mehr so viel Arbeit gibt. Ich vermute, dass sich die Leute mit Schafsmilch und -käse versorgen, man kann ja nicht vom Fleisch allein leben.
    (Meine ältere Tochter hat sich mal auf eine befristete Stelle in Umea beworben - sie arbeitet als Biologin in der Forschung -, ich bin ganz froh, dass daraus nichts wurde, sie ist nämlich Veganerin. Dies nur am Rand.)

  • Karg auf jeden Fall, aber sie sind ja auch eine Seefahrernation und überall herumgekommen. Somit auch gehandelt, geplündert und gestohlen.

    Die Isländer sagen ja so scherzhaft, dass es in England keine hübschen Frauen gibt, weil die haben die Wikinger alle mitgenommen. Eh grausam, darf man gar nicht drüber nachdenken.


    Aus Norwegen haben sie sich sogar Bauholz geholt. Wenn sie umgezogen sind, haben sie das Haus abgebaut und dann die Bestandteile mitgenommen, quasi schon mobile Homes.


    Als Veganer hat mans schwer, heutzutage gehts aber, weils ja in den Supermärkten alles gibt. Es gibt im Süden auch etwas Ackerbau, die vulkanische Erde ist ja sehr fruchtbar.

  • Ich bin jetzt bis zum Kapitel 9 gekommen. Der Prediger ist jetzt schon 2mal aufgetaucht und ich bewundere Steinar für seine Güte und Weitsicht ihm gegenüber. Insgesamt ist er ein frommer, gütiger Mann wie mir scheint, der sich durch Obrigkeiten nicht einschüchtern oder beirren lässt.

    Die Enttäuschung der Kinder fand ich sehr nachvollziehbar, nur bei der Reaktion der Frau war ich mir unsicher, waren ihre Bemerkungen gemeint wie gesagt, oder waren die Sätze getragen von Zynismus und Ironie? Zitat: "Kein Geld kann unseren Krapi ersetzen., sagte die Frau. Gesundheit und Seelenfrieden sind die einzigen Lebensgüter. Dagegen fängt alles Unglück mit dem Gold an. Wie bin ich froh und dankbar, dass ich hier in Hlidar niemals Gold zu sehen bekomme."


    Meine Recherche hat ergeben, dass wir uns im Jahr 1874 befinden, als das große Fest zum 1000-jähtigen Bestehen Islands gefeiert wurde. Da hier ja viel die Rede vom den Stammbäumen der Isländer war und mit welchen Königen und Helden sie verwandt sind, hab ich mal gesucht. Es ist tatsächlich so, dass lt. Internet ca. 95% der nach 1703 auf Island geborenen Personen in Stammbäumen erfasst sind, zu nicht wenigen Teilen kann man Ahnen bis zu 1000 Jahre zurückverfolgen. Es gibt sogar eine App um Inzest zu verhindern. 1996 gab es hier ein großes Genforschungsprojekt.


    Nach den interessanten Infos zu Ernährung habe ich im Internet mal ein bisschen gelesen, bis in die 1950er Jahre waren die Hauptnahrungsmittel Fisch und Meerestiere, sowie Seevögel, erweitert um Schafe, Kühe und Pferde. Als Gemüse gab es Rüben, Kohl und Rhabarber sowie Ampfer- und Beerensorten als einzige Vitaminlieferanten. Getreide konnte man schlecht anbauen, deshalb war Brot auch nicht sehr verbreitet. Das wichtigste für den Winter war das Haltbarmachen von Fleisch in allen Formen. Also tatsächlich nichts für Veganer.


    Ich bin gespannt wie es weitergeht, wenn Steinar nun der Einladung des Königs folgt. Für die Familie sind es eher trübe Aussichten wenn seine Arbeitskraft wegfällt.

  • Ich bin auch bei Kapitel 9 angelangt.

    Das mit dem Jahr klingt sehr plausibel, der damalige dänische König war Christian IX (reg.v1863-1906) der erste der Glücksburgischen Linie, die heute noch in Dänemark an der Macht ist.

    Ich denke wichtiger noch, als das Fest zum 1000 jährigen Bestehen (es müssen wohl immer 1000-jährige Reiche sein - manche hielten zum Glück nicht so lange) war, dass die Isländer eine Verfassung bekommen haben, somit Rechte und Pflichten gegenüber Dänemark klar definiert wurden. Thingvellr ist ja das isländische Heiligtum, es ist ein Graben, eine schmale Schlucht direkt am Rücken, wo die eurasische und die amerikanische Platte aufeinanderstoßen. Wenn man also durchgeht, es sind nur ein paar Meter kann man quasi von Europa nach Amerika gehen, oder zwischen den Kontinenten hin und herspringen. Typisch für Island, es hat ein bisschen was von beiden Erdteilen.


    So auch in der Religionsfrage. Da herrschen ja nach wie vor alte germanische Religionen vor, bis heute gibt es Minister oder offizielle Beauftragte, die bei Straßen- oder anderen Bauvorhaben mit den Elfen , Trolle und Feen verhandeln muss, um ihnen Land dafür abzuringen. Dann gibt es in Island auch prüden Protestantismus und im Buch auch den Mormonen, der allerdings eher eine Randgruppe darstellt.


    Der Mormone wehrt sich nicht, er lässt sich schlagen, er will seine Theorien friedlich verbreiten. Was für mich stark gegensätzlich ist zur mormonisch-verbitterten Waffenbefürwortung in Utah. In Utah haben fast alle Haushalte Waffen, an den Wochenenden fahren sie aus den Städten hinaus und veranstalten Wettschießen. Das widerspricht sich für mich.


    Ich glaube schon, dass die Frau den Kommentar mit dem Gold usw. ironisch gemeint hat. Laxness schreibt ja, dass es unüblich ist Gefühle füreinander zu haben, dass quasi die Ehe in der damaligen Zeit einfach der Fortpflanzung und dem praktischen Zusammenleben und der Arbeitsteilung gedient hat.


    ... to be continued

  • Ich glaube schon, dass die Frau den Kommentar mit dem Gold usw. ironisch gemeint hat. Laxness schreibt ja, dass es unüblich ist Gefühle füreinander zu haben, dass quasi die Ehe in der damaligen Zeit einfach der Fortpflanzung und dem praktischen Zusammenleben und der Arbeitsteilung gedient hat.

    Willkommen auch von mir, @b.a.t und viel bereichernden Austausch!

    Ich bin jetzt mit Kapitel 11 fertig, und in diesen letzten beiden Kapiteln wird ganz klar, dass die Frau es genauso gemeint hat, wie sie es gesagt hat. Die marodierenden Pferdeknechte und insbesondere der lüsterne Pferdehändler Björn von Leirur konfrontieren sie direkt mit dem Thema Handel und Ausbeutung. Die weitbekannte schöne Mauer wird von den großen zwischengelagerten Pferdeherden zerstört ebenso wie die Grasnarbe und mögliche Anbauflächen, bitter in einem kalten Land, in dem die Vegetation viel länger als bei uns braucht, um sich zu regenieren.

    Steina, die Tochter, wird von dem Pferdehändler so nebenbei entjunfgert, bekommt das noch nicht mal mit und wird dafür mit Gold bezahlt. Ihr Wert sinkt zu Silbermünzen bei den nächsten Besuchen, denn nun ist sie nur noch sein Kebsweib, und am Ende der Saison, wenn die Pferde weggetrieben werden, sind es nur noch ein paar Kupfermünzen.
    Die Frauen sehen nicht, was sie an ihrer Situation ändern können, das Geld bleibt einfach auf der Fensterbank, weil es ihnen völlig fremd und von seiten des Patriarchen Steinar verboten ist.

    Ich finde diese beiden Kapitel sehr bitter, diese Hilflosigkeit und Ausbeutung der Frauen, der Niedergang des Hofes. Eigentlich hätte sich Steinar doch denken können, dass es gefährlich ist, seine Familie unbeschützt auf dem Hof zu lassen, denn er hat sich ja vorher schon mit dem Pferdehändlier und anderen Konsorten auseinandersetzen müssen. Und schokotimmi, du schreibst ja oben auch schon, wie heftig es ist, wenn eine volle Arbeitskraft auf so einem Hof wegfällt. Aber vielleicht ist Steinar doch recht naiv, was Reisedauer usw. angeht. Und in Dänemark kann ja auch noch so einiges passieren, was ihn von zu Hause fernhält.

  • Das mit der Entjungferung finde ich sehr merkwürdig und konnte es nicht ganz ernst nehmen. Ein Kind, das auf einem Hof mit Pferden und Schafen groß wird, kann doch nicht derart ahnungslos sein.

    Davon abgesehen habe ich derzeit für Steinar wenig Verständnis, dass er so einfach seiner Wege geht und die Familie zurücklässt. Schon in "Sein eigener Herr" ist mir die Wurschtigkeit des Manns im Haus aufgefallen, der macht einfach was er will, und die Familie hat sich gefälligst seinen Launen anzupassen.

  • Ich bin jetzt bis Kapitel 13 gekommen und die beiden Kapitel als die Frauen allein zuhaus sind und sich der Schar an Pferdehütern und vorallem Björn von Leirur ausgeliefert sind haben mich schon fassungslos gemacht. Zum einen wurde ja meine Frage indirekt beantwortet, dass Steinars Frau tatsächlich mit Gold und Münzen nichts anzufangen weiß. Scheinen doch aber alle ziemlich naiv und dumm zu sein? Aber ist mein Urteil hier nicht zu einfach und überheblich?

    Es gibt zumindest einen Nachbarn der Hilfe anbietet, wenn auch nicht ohne "Eigennutz", da ja sein Sohn ein Auge auf Steinars Tochter geworfen hat. Ob der Sohn das jetzt immer noch will, wo doch die Tochter ihre Unschuld ohne es zu merken an Björn gegeben hat. Das kommt mir schon auch alles unglaublich vor. Wie sie ihm so unbedarft das Gold schenkt.

    Und vom Pfarrer bekommt die Mutter auch keine Hilfe, weil der gute Steinar einem Mormonen geholfen hat....


    Dann der erneute Besuch Steinars beim König; mit seinem kunstvollem Kästchen hat er schon für Aufsehen gesorgt, dass kann er. Leider werden die hohen Herren auch dieses Geschenk weniger in dem vom Steinar geglaubten Sinne verwenden, befürchte ich. Zumindest ein wenig scheint er ja zu merken, dass das Pferd nicht mehr das selbe ist und hofft sogar, dass es ihn nicht erkennt. Trotzdem lehnt er wieder jeden Obolus ab, denkt er überhaupt eine seine Familie zuhause.

    Aber über dass, was er Björn für das Mahagoni Holz versprochen hat und was daraus wurde, hat er ja auch wenig nachgedacht.


    Die hohen Gäste haben mich wieder ein bisschen schauen lassen, wie das Ganze zusammenhängt und siehe da, König Christian IX wird als "Schwiegervater Europas" bezeichnet, weil seine Kinder in viele große Königshäuser eingeheiratet haben, England, Griechenland, Norwegen und Russland.


    Nun trifft Steinar also den Mormonen wieder und verschiebt deshalb seine Heimreise...

  • Inzwischen habe ich ein bisschen in der dicken Laxness-Biografie von Halldor Gudmundsson gestöbert und einige erhellende Aussagen Laxness' über seinen Roman und auch Interpretationsansätze Gudmundssons gefunden, die die Geschichte ein wenig erhellen.

    Laxness hat sich lange mit dem Projekt getragen, 1959 unter anderem dafür eine USA-Reise unternommen und Salt Lake City besucht. Er versteht den Roman als einen Abgesang auf seine von Ideologien bestimmten vorherigen Jahrzehnte. Als junger Mann hatte er sich dem Katholizismus zugewandt, später dem Kommunismus. Später lehnte er alle -ismen ab. Die Hinwendung und spätere Wiederabwendung Steinars zum / vom Mormonentum soll das symbolisieren. Gleichzeitig will er mit dem Roman die Umwandlung der isländischen Gesellschaft von der Subsistenz- und Tauschwirtschaft zur Geldwirtschaft aufzeigen. Deshalb verdichtet sich wohl in Steinar die Ablehnung des Geldes, weil es gleichzeitig ein Symbol für einen nicht nur Wirtschafts- , sondern auch Kulturwandel ist, der nicht unbedingt nur das Bessere im Menschen zum Vorschein gebracht hat.


    In diesem Licht zeigen sich mir die Szenen mit den Pferdehütern und Björn von Leirur neu. Da überfällt wohl auch der Kapitalismus diesen im besten Sinne hinterwäldlerischen Hof. Tochter und Mutter folgen nur den Prinzipien des Vaters / Ehemannes, wenn sie fest vor dem, was mit ihnen und ihrer Umgebung passiert, die Augen verschließen. Denn auch den Niedergang des Hofes bagatellisiert Steina gegenüber dem Pfarrer und dem Bezirksvorsteher.


    Dass die Männer hier alles vorgeben und bestimmen, wenn auch im Falle Steinars und Theoderichs mit den besten Absichten, stößt einem im 21. Jahrhundert schon arg auf. Frauen erlangen bisher in diesem Roman nur Größe, indem sie prinzipientreu ihrem "Herrn" folgen oder eine ungeheure Aufopferung und Leidensfähigkeit beweisen wie Maria von den Westmänner-Inseln im 18. Kapitel-

  • Vielen Dank für die erhellenden Informationen. Somit ergibt einiges wirklich viel mehr Sinn. Mir war nicht bewusst, dass man auf Island erst recht spät vom Tauschhandel zur Geldwirtschaft gekommen ist. Und Steinar wird ja auch insgesamt als traditionell und eher handwerklich beschrieben, also werden einige seiner Handlungen unter diesem Blick verständlicher.


    Die Biografie steht ja schon seit Jahren auf meiner Wunschliste - darf ich fragen ob Du gebunden oder TB hast? - Danke.