Erzählende Literatur zu Napoléon III, Louis Napoléon?

  • Liebes Forum,


    kennt jemand gute erzählende Literatur, Romane, zu Staatsstreich und Regierung Napoléons III, oder allgemeiner zu Frankreich um die Mitte des 19. Jh., vielleicht bis zum Krieg? Ich kenne natürlich den 18. Brumaire des Louis Bonaparte, auch Hugos kleinen Napoleon, aber beides sind theoretische oder journalistische Texte. Ich denke an Krieg und Frieden zu den Napoleonischen Kriegen, Jugend und Vollendung des Henri Quatre … , und sicher gibt es sowohl von Machtergreifung und Regierung Louis Napoléons selbst, als auch von Frankreich 1851–1871 vieles in Roman und Erzählung auf gutem Niveau, nur kenne ich es eben nicht, und wäre daher für Hinweise dankbar.


    Grüße!

  • Zum Thema des Krieges kann man vermutlich den "Zusammenbruch" von Emile Zola empfehlen, obwohl ich gestehen muss, dass ich es nicht gelesen habe. Die meisten Bände des Rougon-Maquart-Zyklus habe ich gelesen, aber diesen nicht.

    Zola macht in jeden Einzelband des Zyklus Anspielungen auf die politische Lage, den Staatsstreich etc., aber insgesamt geht es bei ihm mehr um Einzelschicksale als um die Politik. Lediglich der "Zusammenbruch" dürfte als ausgesprochener Kriegsroman herausstechen.

  • Eugène Sues "Die Geheimnisse von Paris" spielen in dieser Zeit. Das ist auf der einen Seite eine ziemliche Räuberpistole, schildert aber andererseits sehr eindringlich die verschiedenen Milieus im Paris der Jahrhundertmitte. DIe große Politik spielt aber nur selten herein.

  • Müsste man dann nicht auch "Die Elenden" von Victor Hugo nennen? Das spielt von 1815 bis in die dreißiger Jahre. Ich habe es nicht genannt, weil Politik darin nur eine untergeordnete Rolle spielt, obwohl die Pariser Aufstände (1932) im dritten Teil natürlich vorkommen.

    Immerhin ist dieses Buch ausgesprochen lesenswert. Über die "Geheimnisse" war man hier im Forum ja nicht einhellig begeistert. :D:D (Ich habe letzteres selbst nicht gelesen.)

  • Eugène Sues "Die Geheimnisse von Paris" spielen in dieser Zeit.

    Die spielt aber keine Rolle, die Zeit ;-). Das historische Setting dieses fürchterlichen Schinkens ist (wie bei allen Romen dieser Art, z.B. Mays Kolportagemonstern) praktisch völlig beliebig, der könnte auch 100 Jahre früher oder später spielen, außer ein paar Kulissen muss man da nichts ändern.

  • Okay, auf das "gute" im Eingangspost bin ich nicht so eingegangen. Aber ich finde nicht, dass man Sue so einfach in eine andere Epoche versetzen könnte. Die Denkweisen und Klischees sind schon typisch für das 19. Jh. Und gerade auch der Kitsch!!! Der Roman ist genauso plüschig überfrachtet wie die Inneneinrichtung damals.

  • Aber ich finde nicht, dass man Sue so einfach in eine andere Epoche versetzen könnte.

    Sue selbst natürlich nicht, der hat einen typischen Kolportage-Roman des 19. Jahrhunderts geschrieben (einen imho ganz fürchterlichen ;-)). Aber für den Roman selbst spielt sein historisches Setting de facto keine Rolle. Hätte Sue einen "historischen" oder "utopischen" Roman geschrieben: er wäre nur unwesentlich anders ausgefallen. (Das gilt übrigens auch für die Soaps der Gegenwart, die Erzählmuster, die Sue durchexerziert, haben sich praktisch nicht verändert.)


    Es kommt ja auch (hoffentlich …) niemand auf die Idee, Karl Mays "Der Weg zum Glück" als "König Ludwig"-Roman zu bezeichnen, auch wenn der Untertitel "höchst interessante Begebenheiten aus dem Leben und Wirken des Königs Ludwig II. von Baiern" verspricht.


    Um ein wenig die on-topic-Kurve zu kriegen: Napoleon III. taucht bei Karl May in "Waldröschen" und "Die Liebe des Ulanen" auf. Aber das ist für die Romane ziemlich egal, die sind, wie alle diese Erzeugnisse, letztlich im Irgendwann & Nirgendwo angesiedelt.

  • Natürlich gibt es neben Victor Hugo, Emile Zola, etc. weitere Autoren, aber sie sind nicht alle ins Deutsche übersetzt worden. Spontan fiel mir "Un si bel espoir" von Michel Ragon ein, von dem einige Werke übersetzt wurden, die nicht im 19. Jh. spielten. "Un si bel espoir" erzählt die Geschichte eines Architekten zwischen der Revolution von 1848 und der Commune.

    Alphonse Daudet beschreibt in "Der Nabob" den sozialen Aufstieg und Fall eines Neureichen zur Zeit des Zweiten Kaiserreiches.

    Vielleicht fällt mir noch mehr ein, aber es werden kaum tragende Werke sein.


    Vielleicht wäre auch "Der Samenmann" von Violette Ailhaud interessant. Weniger ein Roman als Zeugnis über das Dorfleben, wenn alle Männer in Revolutionswirren umgekommen sind.