Pech mit Preisträgern

  • An eine Krise der deutschen Literatur hat man sich nach ein paar Wochen Zeit-Feuilleton-Schlagabtausch gewöhnt, eigentlich könnte man sich wieder praktischen Dingen zuwenden...


    ...wäre da nicht die Pechsträhne der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Kaum hat man einen Georg-Büchner-Preisträger gekürt, dreht der- oder dieselbe durch. Beispiele:


    2007: Martin Mosebach. Gut, ein bekannter Konservativer, und als Reaktionär hatte er sich sogar selbst einmal bezeichnet. Bei der Preisverleihung eine Dankesrede zu halten, in der Büchners "Friede den Hütten - Krieg den Palästen" auf den Kopf gestellt wird, war schon ein starkes Stück. Und dann das: die Forderung nach einem Straftatbestand der Blasphemie.


    2010: Reinhard Jirgl. Vielleicht der sprachmächtigste Preisträger seit Jahrzehnten, dicke Bücher voll von sprachlicher Artistik, tiefem Pessimismus und manchmal sogar sarkastisch-grimmigem Humor. 2013 legt er ein Buch vor (Nichts für euch auf Erden), in der sich eine bis ins Absurde grausame Fiction-Story um Rupert Sheldrakes "morphogenetischen Felder" herumrankt.


    Und nun 2013: Sabine Lewitscharoff. Eigentlich keiner spleens wegen hervorgetreten - jetzt äußert sie Ekel über reproduktionsmedizinische Eingriffe und hätte gerne, weil's irgendwie dazu passt, gerne die Selbstbefleckung verboten. Und das ganze gewürzt mit einem deftigen Nazi-Vergleich.


    http://www.zeit.de/kultur/lite…tliche-befruchtung-onanie


    Ein klein wenig fürchte ich mich vor dem Tag, an dem der Sommer 2014 sich neigen und ein neuer Preisträger ausgeguckt wird. Bei Martin Walser (1981) dauerte es immerhin noch fast 20 Jahre, bis der Synapsenkurzschluss den "Tod eines Kritikers" lostrat. Auf so lange Inkubationszeiten wird man nach den Erfahrungen der letzten Jahre nicht mehr vertrauen können.

  • Moin, Moin!


    An eine Krise der deutschen Literatur hat man sich nach ein paar Wochen Zeit-Feuilleton-Schlagabtausch gewöhnt...


    Da ich mir seit 3 Wochen seit vielleicht 1 Dekade wieder die ZEIT kaufe, weiß ich sogar, worums geht. :breitgrins: Ich fand gerade ein <a href="http://www.deutschlandradiokultur.de/adelbert-von-chamisso-preis-die-zuschreibung-von.954.de.html?dram:article_id=279361">Interview</a> mit Zaimoglu zum Thema.


    Zitat

    2010: Reinhard Jirgl. Vielleicht der sprachmächtigste Preisträger seit Jahrzehnten, dicke Bücher voll von sprachlicher Artistik, tiefem Pessimismus und manchmal sogar sarkastisch-grimmigem Humor. 2013 legt er ein Buch vor (Nichts für euch auf Erden), in der sich eine bis ins Absurde grausame Fiction-Story um Rupert Sheldrakes "morphogenetischen Felder" herumrankt.


    Ich verstehe nicht, was an dem Buch nun schlecht sein soll. Habe es zwar nicht gelesen, aber noch das Druckfrisch-Video in Erinnerung, als Denis Scheck und Jirgl sich trafen und über das Buch redeten.


    Zitat

    Und nun 2013: Sabine Lewitscharoff. Eigentlich keiner spleens wegen hervorgetreten - jetzt äußert sie Ekel über reproduktionsmedizinische Eingriffe und hätte gerne, weil's irgendwie dazu passt, gerne die Selbstbefleckung verboten. Und das ganze gewürzt mit einem deftigen Nazi-Vergleich.


    Sibylle.


    Zitat

    Ein klein wenig fürchte ich mich vor dem Tag, an dem der Sommer 2014 sich neigen und ein neuer Preisträger ausgeguckt wird.


    Ich trenne Autor und Werk. Ansonsten müßte ich viele Bücher schmähen. Und ich finde es ungerecht, in dieser Lewitscharoff-Sache nun die Literatin niederzumachen, wie ich es bereits mehrfach vernehmen mußte.

  • Moin, Moin!


    Scheussliche und idiotische Aussagen von der Lewitscharoff, aber ich unterscheide (notgedrungen) auch deutlich zwischen Werk und AutorIn.


    Was ich nicht begreife: wie offenbar intelligente Menschen dermaßen danebengreifen können. Und: Warum gabs keinen Widerstand im Publikum?


    Zum Thema gefunden:
    "Literaturpreise sind kein Antibiotikum gegen Frömmeleibakterien."
    "Aber nach meiner Wahrnehmung lehnen Christen ab einem gewissen Härtegrad alles mögliche ab, was moderne, hedonistische Großstadtmenschen gut finden."


    Sehr aufschlußreich der Artikel und die wirklich Kommentare <a href="http://www.stefan-niggemeier.de/blog/buechner-preistraegerin-ekelt-sich-vor-auf-abartigen-wegen-gezeugten-halbmenschen/">bei Stefan Niggemeier</a>.


  • Scheussliche und idiotische Aussagen von der Lewitscharoff, aber ich unterscheide (notgedrungen) auch deutlich zwischen Werk und AutorIn.


    Ich immer. Unbedingt. Ich will ja auch die fiesen und gemeinen, die bösen und verachtenswertenden Autoren lesen, die nämlich öfters die spannenden Bücher schreiben/ geschrieben haben. Aber jetzt fragt nicht, wen ICH für böse halte.

  • Wahrscheinlich ist die These falsch, daß Schriftsteller intelligente Menschen sind. Ebenso die Zuhörer, wenn Schriftsteller eine Rede halten! :breitgrins: Warum sollte das auch so sein, stellen sie doch auch nur einen Querschnitt unserer Gesellschaft dar!


    Ich mache es mir da einfach: ich lese den Krempel von diesen Leuten erst garnicht! Dann muß ich mich auch nicht über absonderliche Äußerungen derselben im nachhinein ärgern. :smile: Denn Trennung von Menschen und Werk halte ich zumindest für außerordentlich schwierig.


    Gruß
    josmar

  • Inzwischen hat sich Lewitscharoff auf die Erregungen hin im Interview mit Hubert Spiegel <a href="http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/sibylle-lewitscharoff-im-gespraech-darf-ich-nicht-sagen-was-ich-denke-12835124.html">geäußert</a>.


    Wo sie jetzt versucht, eine klare Meinungsäusserung mit Wischi-Waschi zu verwässern. Mut zur eigenen Meinung zu stehen, scheint sie also nicht zu haben...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Moin, Moin!


    Inzwischen hat sich Lewitscharoff auf die Erregungen hin im Interview mit Hubert Spiegel <a href="http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/sibylle-lewitscharoff-im-gespraech-darf-ich-nicht-sagen-was-ich-denke-12835124.html">geäußert</a>.


    Das machts nur noch schlimmer, ich wende mich mit Grausen ab......

  • Habe die Rede gerade gelesen und finde die ganze Aufregung schon etwas übertrieben. Sicherlich an manchen Stellen sehr unglücklich formuliert, aber manche der darin angedeudeten Praktiken halte ich ebenfalls für eine reichliche Pervertierung der Natur. Nichts gegen künstliche Befruchtung, wobei es eigentlich eh schon genug Kinder ohne Eltern gibt. Aber Wunschkinder auf Bestellung sind dann doch wieder eine Sache, die bestimmt nicht wirklich im Sinne des Erfinders ist.


    Gruß
    Meier

    &quot;Es gibt andere Geschichten auf einem andern Blatt Papier, doch jede ist mit der ersten verwandt&quot; * Keimzeit

  • Es gab vorhin ein im dritten Programm ein Inteview mit der Preisträgerin. Eventuell ist es auch bereits als kostenloser Download irgendwo im Netz zu hören/ sehen.


    Gruß
    Meier

    &quot;Es gibt andere Geschichten auf einem andern Blatt Papier, doch jede ist mit der ersten verwandt&quot; * Keimzeit


  • Es gab vorhin ein im dritten Programm ein Inteview mit der Preisträgerin. Eventuell ist es auch bereits als kostenloser Download irgendwo im Netz zu hören/ sehen.


    Gruß
    Meier


    Hilfreich wäre zu wissen, in welchem 'dritten Programm'. Es gibt davon ja doch so einige... :zwinker:

  • :schulterzuck:


    Oh. ich vergaß, dass dies kein österreichisches Forum ist. Natürlich meinte ich ORFIII.


    Gruß
    Meier

    &quot;Es gibt andere Geschichten auf einem andern Blatt Papier, doch jede ist mit der ersten verwandt&quot; * Keimzeit