Christoph Martin Wieland: Geschichte der Abderiten

  • Während wir heute wissen, dass D. einer der wichtigsten Vorläufer unseres heutigen wissenschaftlichen Weltbildes ist und seine Lehre von den Atomen auch heute noch Bestand hat, [...]



    Nix für Ungut, aber ich bin, ehrlich gesagt, bei solchen Aussagen immer misstrauisch. Die antiken Philosophen betrieben keine "Wissenschaft" im heutigen Sinn. Sie stellten metaphysisch fundierte Theorien auf, ohne sich um eine empirische Forschung zu scheren. Ihre Atome oder Elemente haben mit unserm heutigen Begriff nur den Namen gemein.



    [...] Atome, findet Wieland diese Idee zu seiner Zeit so unglaubwürdig, dass er ablehnt, sie wirklich als eine Lehrmeinung des D. anzusehen und sie als Missverständnis seiner Überlieferer hinstellt.



    Womit Wieland beileibe nicht einzig dastand. Descartes, Leibniz und praktisch die gesamte universitäre Physik der Zeit waren dieser Meinung, was die Atome betrifft. (Gassendi z.B. aber nicht.)



    [size=1em]Ach ja, und: Keine Angst, Hippokrates kommt schon noch ... [/size] ;)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Nix für Ungut, aber ich bin, ehrlich gesagt, bei solchen Aussagen immer misstrauisch. Die antiken Philosophen betrieben keine "Wissenschaft" im heutigen Sinn. Sie stellten metaphysisch fundierte Theorien auf, ohne sich um eine empirische Forschung zu scheren. Ihre Atome oder Elemente haben mit unserm heutigen Begriff nur den Namen gemein.


    Selbstverständlich war das keine naturwissenschaftlich untermauerte Annahme. Dann hätten wir uns ja in diesem Bereich 2500 Jahre Wissenschaftsgeschichte sparen können. Dennoch ist es unglaublich, welch späteren Entdeckungen Demokrit bereits "intuitiv" annahm:


    - Er hat die Zusammenballung von Materie aus kleinsten Teilchen angenommen.
    - Das Entstehen und Vergehen von vielen Welten, von deren einer nur wir ein Teil sind, gehört zu seiner Theorie.
    - Er lehnte einen planenden und lenkenden Geist ab, sprach stattdessen von einer ehernen Gesetzmäßigkeit von Werden und Vergehen, ein Materialist und Vordenker der Evolution.
    - Auch den Aufbau des menschlichen Körpers aus den o.g. Atomen und die Ablehnung einer körperlosen Seele gehört zu seinen Annahmen.
    Es gibt nach ihm keine objektive, sondern nur subjektive Wirklichkeit.
    (vgl. Störig: Kl. Weltgeschichte der Philosophie, Bd. 1)


    Ich finde das schon höchst eindrucksvoll und bewunderungswürdig für einen Denker seiner Zeit.


    Womit Wieland beileibe nicht einzig dastand. Descartes, Leibniz und praktisch die gesamte universitäre Physik der Zeit waren dieser Meinung, was die Atome betrifft. (Gassendi z.B. aber nicht.)


    Das ist ja auch begreiflich, weil wir uns mit Wieland im Zeitalter des Idealismus befinden. Die Ablehnung einer körperlosen Seele und der Existenz der Welt ohne die ordnende Hand eines höheren Wesens musste Wieland ja unangenehm aufstoßen. Gassendi übrigens sagt mir nichts. Danke für den Wink.



    [size=1em]Ach ja, und: Keine Angst, Hippokrates kommt schon noch ... [/size] ;)


    O ja, und natürlich sauber inhaltlich an Demokrit gekoppelt. Ich bin schon gespannt, was Hippokrates als Arzt mit den Abderiten anfängt.Er ist ihnen gegenüber jedenfalls schon anfangs recht ehrlich und macht ihnen kein künstliches Interesse vor.


    Ich komme zu II, 6.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Es geht wieder weiter mit dem Lesen.


    Zunächst ungewöhnlich klingende Wörter:
    "... daß Demokrit ein wunderlicher, einbildischer, überkluger, tadelsüchtiger ..."


    "... machen Sie mir die kleine Närrin nicht noch einbildischer!"


    Heute würden wir sagen: "eingebildet".


    Und dann in dem Satz: die Gesellschaft "... begab sich nun wieder nach Hause und dahlte unterwegs beim Glanz des Abendsterns ..."


    "dahlte" ?



    Ich gelangte in den Kapiteln, die hier vielleicht mit einiger Langeweile schneller durchgeblättert wurden, für mich vor allem zu dem Satz: "So selbstverständlich war das nicht, das musste sogar einen tiefen Eindruck hinterlassen!"


    Das "Goldene Zeitalter" und das Schlaraffenland


    Das "Goldene Zeitalter" war auch noch im 18. Jahrhundert ein Traumbild, gespeist mit Vorstellungen aus der Antike und den nachfolgenden Jahrhunderten. Im 17. Jahrhundert hatte es N. Poussin auf seinen Gemälden festgehalten. Es herrschte in diesem Paradies "ewiger Friede", es gab nicht arm und reich, alle Menschen waren frei und glücklich."
    Das Märchen vom Schlaraffenland mit seinen eher volkstümlichen Traumbildern von gebratenen Tauben und den Thüringern so wichtigen Bratwürsten schloss sich unmittelbar an dieses Traumbild an.


    Der 1763 beendete Siebenjährige Krieg, der gerade in Mitteldeutschland spürbare Folgen hinterließ, lag gerade zehn Jahre zurück. Zehntausende Menschen wanderten aus Mittel- und Westdeutschland ab, in die Kolonien Frankreichs, Spaniens, Englands und Hollands, nach Ungarn und nach dem Aufruf Katharinas II. an die Wolga.
    1771/72 herrschte gerade in kargen Gebirgsgegenden des Thüringer Waldes und des Erzgebirges eine Hungersnot. Der junge Goethe wird Eindrücke aus dieser Zeit für Jahrzehnte davongetragen haben. Später stellte er im "Wilhelm Meister" Betrachtungen über Fortschritte im Gewerbe und bei Manufakturen in Gebirgsgegenden an und ließ einen Teil seiner Freunde ebenfalls auswandern, weil das Gebirge inzwischen übervölkert war und nach neuen Wegen für die Ernährung der Bevölkerung gesucht werden musste.


    Wieland kommt vom "Goldenen Zeitalter" der Antike unvermittelt zu den Träumen vom "Schlaraffenland", die von seinen von Krieg und Hunger gebeutelten Landsleuten geträumt wurden.
    Auch heute hat der Traum vom "ewigen Frieden" und von "sozialem Ausgleich" unverändert seine Berechtigung.



    Abderitische Philosophen


    Hier wagt sich Wieland mit seiner Religionskritik im antiken Gewande weit vor! Die Lehre des Dämonax vom vollkommenen Verstand als Ursprung der Schöpfung kam den Vorstellungen der christlichen Theologen seiner Zeit sehr nahe.
    Wenn die Abderiten glaubten, alles erschöpfend erklären zu können, so mag das ein Ausfall gegen die an den deutschen protestantischen Universitäten zu jener Zeit verbreitete Lehre des Christian Wolff gewesen sein, durch Definitionen und begriffliche Ableitungen nahezu alles rational erklären zu können.


    Demokrit hingegen gibt sich nicht fruchtlosen Spekulationen über die Entstehung des Weltganzen hin, liefert keine Kosmogonie, sondern studiert die Natur im Kleinen. Ein solches Herangehen war dann für Goethe, seine mineralogischen, botanischen, anatomischen und optischen Studien charakteristisch.

  • "... machen Sie mir die kleine Närrin nicht noch einbildischer!"


    […]


    "dahlte" ?


    in solchen Fällen empfiehlt sich ein Abstecher zum Deutschen Wörterbuch ("Grimmsches Wörterbuch"), das dankenswerterweise in einer guten Online-Edition vorliegt. Dort liest man dann:


    DAHLEN dallen dalen: kindische, läppische dinge reden und thun, verliebt tändeln, […]


    Mit sehr vielen Belegen, der frühste wohl von Hans Sachs.


    Für "einbildisch" weist das DW ebenfalls eine Reihe von Belegstellen nach, darunter auch Wieland, Schiller, Göthe (!).

  • Wenn die Abderiten glaubten, alles erschöpfend erklären zu können, so mag das ein Ausfall gegen die an den deutschen protestantischen Universitäten zu jener Zeit verbreitete Lehre des Christian Wolff gewesen sein, durch Definitionen und begriffliche Ableitungen nahezu alles rational erklären zu können.



    Hm ... weiss nicht. Vor Leibniz und Wolff glaubten das schon die Cartesianer und noch vorher praktisch alle (katholischen) Scholastiker ...


    Demokrit hingegen gibt sich nicht fruchtlosen Spekulationen über die Entstehung des Weltganzen hin, liefert keine Kosmogonie, sondern studiert die Natur im Kleinen. Ein solches Herangehen war dann für Goethe, seine mineralogischen, botanischen, anatomischen und optischen Studien charakteristisch.



    Eher Buffon als Goethe. Wieland hat, soweit ich sehe, Goethe den Naturwissenschafter nicht wahr oder nicht ernst genommen. Ähnlich wie sein (und Goethes!) Freund Merck ...

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  • Hm ... weiss nicht. Vor Leibniz und Wolff glaubten das schon die Cartesianer und noch vorher praktisch alle (katholischen) Scholastiker ...


    Da hast Du natürlich recht. Das ist eine durchgehende Tradition des Denkens im lateinischen Europa, in dem die Begriffe eine so große Rolle spielten. Im Griechenland der Antike war etwa der Einfluss der Musik größer, auf die auch im Roman immer wieder eingegangen wird, und im Orient gab es wieder andere Traditionen, die Wieland als Konsument von Reiseliteratur faszinierten.

  • Ich habe das zweite Buch beendet. Mit Hippokrates bricht ein weiterer Intellektueller in die Welt des abderitischen Spießertums ein - mit all den Konsequenzen, die Wieland meisterhaft erzählt. Die Konfrontation zwischen nüchternem, fast schon naturwissenschaftlich geschultem Denken und platter instrumenteller (Un)Vernunft gipfelt im 6. Kapitel in dem Treffen der beiden Mitglieder des "uralten Ordens der Kosmopoliten". Ob Wieland bei dieser Formulierung seine Logenbrüder im Kopf hatte? Ich denke schon.

  • Treffen der beiden Mitglieder des "uralten Ordens der Kosmopoliten". Ob Wieland bei dieser Formulierung seine Logenbrüder im Kopf hatte? Ich denke schon.



    Die Anspielung auf die Freimaurer ist sicher vorhanden, auch wenn Wieland dann seinen gerade erfundenen Orden davon abgrenzt.



    Ich bin auch mit Buch 2 fertig. Die beiden ersten Bücher sind halt doch nur eine Sammlung diverser Schildbürgerstreiche. Erst mit Buch 3 geht es ein bisschen anders: Nun ist jedes Buch einem bestimmten Thema zugeordnet. Buch 3 dem Theater.

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  • Auch ich verweile nun im III. Buch und erfreue mich gerade an der abderitischen Version der Andromeda des Euripides mit der Sängerin Eukolpis in der Titelrolle (III,5). Hier hat Wieland sicher eine oder einige zeitgenössische Sängerin/nen mit üppiger Figur und manierierten Gesangseinlagen vor Augen. Die Nachtigallentriller der Eukolpis sollen vielleicht auf die Koloraturen zeitgenössischer Sängerinnen anspielen. Überhaupt nutzt er dieses Kapitel für Seitenhiebe auf den Weimaraner Opern- und Theaterbetrieb, so nehme ich jedenfalls an. Dafür setzt er sich über die historische Entwicklung der verschiedenen Darstellungsformen fröhlich hinweg, nimmt für die Abderiten neben Tragödie und Komödie (Thlapsödie :zwinker:) auch Oper und Operette in das antike Bühnenprogramm auf.
    Ich merke, dass ich tatsächlich mir mal den Böttiger zu Gemüte führen sollte, um etwas mehr über das Weimarische Kulturleben zu erfahren. Interessant auch, was Wieland zur Finanzierung des Kulturbetriebes ausführt: Ob es da auch thüringische Vorbilder gab?
    Übrigens sehe ich gerade, dass in dem Böttiger-Taschenbuch knappe 150 Seiten über Wieland stehen.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Überhaupt nutzt er dieses Kapitel für Seitenhiebe auf den Weimaraner Opern- und Theaterbetrieb, so nehme ich jedenfalls an.



    Mannheim, denke ich. Er hat ca. 1780 - ich müsste meinen Merck-Briefwechsel nachlesen - versucht, sein Singspiel [size=13px]Rosamund [/size]in Mannheim aufführen zu lassen, reiste sogar extra dorthin. Das Ganze verlief wegen diverser Intrigen im Sande.

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  • Mannheim, denke ich. Er hat ca. 1780 - ich müsste meinen Merck-Briefwechsel nachlesen - versucht, sein Singspiel [size=13px]Rosamund [/size]in Mannheim aufführen zu lassen, reiste sogar extra dorthin. Das Ganze verlief wegen diverser Intrigen im Sande.


    Danke für den Hinweis. In der Biografie bin ich erst bei den Jugendjahren.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • In den Ausführungen ("Digressionen") über das Theaterwesen verdeutlicht Wieland einmal mehr, wie beliebig die Kunst von den Abderiten hingenommen wird, so lang sie nur unterhält; wie wenig künstlerisch-ästhetisches Urteilsvermögen in den abderitischen Köpfen waltet; und wie sehr die Abderiten letztlich die Möglichkeiten ungenutzt lassen, sich an dem Dargebotenen zu reiben. Die einzige Frage, die sich die Zuschauer nach einer Aufführung stellen, lautet: "Hat es Ihnen gefallen?"


    Schuld daran ist die in jeder bürgerlichen Gesellschaft sträflich vernachlässigte "éducation sentimentale & esthétique" zugunsten der "éducation polytechnique". Man hätte schwerlich einen Ort finden können, wo für die Bildung des inneren Gefühls, des Verstandes und des Herzens der künftigen Bürger weniger gesorgt worden wäre (Seite 14 meiner Reclam-Ausgabe, die - so ganz nebenbei bemerkt - bindungstechnisch ihren Geist aufgegeben hat).


    Über den damaligen Stand des Theaterwesens weiß man ein wenig durch Goethes "Wilhelm Meisters Lehrjahre". Es muss schlimm gewesen sein - in etwas so schlimm wie Vieles, was heutzutage über die TV-Bildschirme flimmert. Selbst dann, wenn Qualität auf dem Programm stand (wie in Abdera die Stücke des Euripides), müssen die Inszenierungen einer ähnlichen Katastrophe gleichgekommen sein, wie Wieland sie beschreibt. Auch wenn hier die Mannheimer Bühne das Bild für den Roman abgab (wie sandhofer meint), kommt man wohl nicht umhin, auch die (vorgoethischen) Weimarer Verhältnisse in unsere Geschichte hineinzudenken. Übrigens ist mir das künstlerische Mannheim jener Zeit eher im Bereich der frühklassischen Musik ein Begriff (Mozart hat von der sog. Mannheimer Schule gelernt), weniger im Bereich des Theaters.


    Wie dem auch sei: Das dritte Buch gefällt mir bislang ausgesprochen gut, weil hier nur ein einziges Thema behandelt wird. Die Aufzählung der abderitischen Dummheiten in den vorhergegangenen Büchern fing so langsam an mich zu langweilen.

  • Wie dem auch sei: Das dritte Buch gefällt mir bislang ausgesprochen gut, weil hier nur ein einziges Thema behandelt wird. Die Aufzählung der abderitischen Dummheiten in den vorhergegangenen Büchern fing so langsam an mich zu langweilen.



    Ja, es tut dem Text gut, dass die Bücher III bis V jeweils einem zentralen Thema untergeordnet sind. :winken:

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  • Den ersten Teil habe ich nun abgeschlossen. Es geht leider nur langsam voran. Das liegt einerseits daran, dass ich wenig Zeit zum Lesen habe, andererseits hält mich das Büchlein allerdings auch nicht nächtelang wach. Es ist recht nett zum Lesen, aber der "Don Sylvio von Rosalva" hat mir wesentlich besser gefallen.
    Die Handlungsweisen und Reaktionen der Abderiten sind immer gleich und auch inhaltlich wiederholt sich einiges wie z.B. im letzten Kapitel des III. Buches, wo es um die Begeisterung der Abderiten für die gute Aufführung der Andromeda geht (die auf uns nur in Fragmenten überkommen ist, ich habe sie vergeblich zwischen meinen Euripidesbändchen gesucht). Weil Wielands Erzählerkommentar und das abderitische Geschehen oft gleichen Inhalt haben, gibt es eben Doppelungen.
    Interessant auch weiterhin, wie wenig sich Wieland um historische Genauigkeit schert, z.B. was die Bühnebilddekorationen und die Arien anbetrifft.
    Nun bin ich in dem Buch mit dem Prozess um des Esels Schatten, wohl (lt. Nachwort) eine ureigene Schöpfung Wielands und eine wirklich nette Idee. Vielleicht steigert sich das Werk ja noch.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)


  • Ich erwarte allerdings keine Steigerung. :zwinker:


    Tja, das mit der Steigerung ist relativ. Zwar ist die Grundidee mit dem Esel und seinem Schatten wirklich witzig, aber fast hundert Seiten darüber ermüden dennoch. Ich beginne nun mit dem 13. Kapitel, der Rede des Sykophanten Physignatus, der die Partei der Schatten vertritt.


    Interessant ist, dass das Rechtssystem, über die Zeiten und Völker hinweg, immer scharfe Kritiker unter den Schriftstellern auf den Plan gerufen hat, auch und gerade bezüglich der Länge der Prozesse, der Geldgier der Anwälte und des anderen juristischen Personals. Zuletzt las ich darüber in zwei Romanen von Dickens, jetzt hier, bezogen auf Wielands Epoche, aber vielleicht auch schon in der Antike ein Kritikpunkt.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

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  • Ein Zwischenruf, auch wenn ich an der Leserunde nicht direkt teilnehme; ich habe das Buch vor vielen Jahren gelesen und verfolge das hier als Repetitorium.


    Der Prozess um des Esels Schatten ist geradezu visionär, er beschreibt exakt den heutigen alltäglichen Wahnsinn um Urheber- und gewerbliche Schutzrechte. Die Episode hat nur ein Problem: sie ist viel zu lang und ausufernd. Am Ende weiß keiner mehr, worum es am Anfang ging und wie man dorthin gekommen ist. Das wäre ja noch in Ordnung, wenn das nur das Problem der Helden dieser Geschichte wäre. Es wird zum Ende hin aber auch zum Problem des Lesers.


  • Der Prozess um des Esels Schatten ist geradezu visionär, er beschreibt exakt den heutigen alltäglichen Wahnsinn um Urheber- und gewerbliche Schutzrechte.



    Interessant ist, dass das Rechtssystem, über die Zeiten und Völker hinweg, immer scharfe Kritiker unter den Schriftstellern auf den Plan gerufen hat, auch und gerade bezüglich der Länge der Prozesse, der Geldgier der Anwälte und des anderen juristischen Personals. Zuletzt las ich darüber in zwei Romanen von Dickens ...


    ... und dann vergessen wir Kafka nicht!


    Das Justizwesen als Albtraum der bürgerlichen Gesellschaft? Warum nicht.



    Es wird zum Ende hin aber auch zum Problem des Lesers.


    Das könnte die Absicht Wielands gewesen sein. Der Leser wird zum einem indirekt am Prozess Beteiligten - mit allen Konsequenzen. Ein ungetrübtes Lesevergnügen ist es allerdings nicht mehr.

  • Das könnte die Absicht Wielands gewesen sein. Der Leser wird zum einem indirekt am Prozess Beteiligten - mit allen Konsequenzen. Ein ungetrübtes Lesevergnügen ist es allerdings nicht mehr.



    Ja? Ich habe mich königlich amüsiert. Noch bei jeder meiner bisher 3 oder 4 Lektüren des Romans ... :eis:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Ja? Ich habe mich königlich amüsiert. Noch bei jeder meiner bisher 3 oder 4 Lektüren des Romans ... :eis:


    Der letzte Teil (Die Frösche ...) gefällt mir deutlich besser. Ich bin mittlerweile fertig mit dem Buch. Wo steckt Ihr denn gerade?


    LG


    Tom