Januar 2012: Emily Brontë: Wuthering Heights (deutsch: Sturmhöhe)


  • Ich habe manchmal Schwierigkeiten, die Handlung und vor allem Handlungsmotive nachzuvollziehen, auch der Personen, die nicht "wahnsinnig" sind, vor allem Isabella und Ellen Dean. Warum z.B. gab Ellen Isabellas Flucht nicht ehe bekannt, sondern verschwieg sie? Warum läßt Ellen sich weiter von Heathcliff benutzen? Wie kann sich die so behütet aufgewachsene Isabella so in Heathcliff verlieben, dass sie alles für ihn aufgibt?
    ....
    Wie weit seid ihr?


    So, ich bin jetzt auch mit dem 1. Buch durch. Bis jetzt finde ich die Geschichte richtig spannend. Manchmal bin ich froh, dass am Anfang des Buches diese Genealogie zu finden ist, wo man nachschlagen kann, wenn man etwas den Überblick verloren hat. Andererseits geht dadurch natürlich auch etwas Spannung verloren, wenn z.B. von Anfang an klar ist, dass Catherine I eben nicht Heathcliff heiratet, wie man zunächst ja vermuten könnte und jetzt schon bekannt ist, wer Catherine II heiratet und in welcher Reihenfolge. Zuerst hatte ich gedacht, dass der Verlag oder die Übersetzerin sich diese Arbeit gemacht haben, aber anscheinend ist diese Personentafel von Emily Brontë. Was meint ihr? und greift ihr auch manchmal darauf zurück oder würdet ihr lieber auf diesen Spoiler verzichten?


  • So, ich bin jetzt auch mit dem 1. Buch durch.


    Dann bin ich ja doch nicht so schnell. Bei mir wird es jetzt übrigens wahrscheinlich etwas langsamer gehen, aber ich werde mich weiter an der Diskussion beteiligen.



    Manchmal bin ich froh, dass am Anfang des Buches diese Genealogie zu finden ist, wo man nachschlagen kann, wenn man etwas den Überblick verloren hat.


    Ich finde die Familienverhältnisse eigentlich nicht so furchtbar kompliziert. Am Anfang war es eine Hilfe, später habe ich immer weniger draufgeschaut.



    Andererseits geht dadurch natürlich auch etwas Spannung verloren, wenn z.B. von Anfang an klar ist, dass Catherine I eben nicht Heathcliff heiratet, wie man zunächst ja vermuten könnte und jetzt schon bekannt ist, wer Catherine II heiratet und in welcher Reihenfolge. Zuerst hatte ich gedacht, dass der Verlag oder die Übersetzerin sich diese Arbeit gemacht haben, aber anscheinend ist diese Personentafel von Emily Brontë. Was meint ihr? und greift ihr auch manchmal darauf zurück oder würdet ihr lieber auf diesen Spoiler verzichten?


    Das habe ich genauso empfunden. Nicht nur durch die Hinweise auf die Heiraten, sondern auch durch die Sterbedaten wird viel verraten. Andererseits: wir lesen ja einen Klassiker und keinen Krimi und ich glaube, jeder der Anna Karenina oder die Buddenbrooks anfängt, weiß, dass am Ende Anna sich vor den Zug schmeißt und Hanno an Typhus stirbt (ich hoffe ich habe hier jetzt nichts verraten :redface:). Allerdings habe ich mir in dieser Leserunde einen unbefangenen Blick bewahren wollen und habe über den Inhalt sowenig wie möglich vorab lesen wollen.


  • Ich finde die Familienverhältnisse eigentlich nicht so furchtbar kompliziert. Am Anfang war es eine Hilfe, später habe ich immer weniger draufgeschaut.


    Sehr kompliziert sind die Familienverhältnisse nicht, da hast du Recht, mir erscheinen sie geradezu so vereinfacht, dass man direkt merkt wie Emily das konstruiert hat, aber gerade am Anfang war ich etwas verwirrt weil Caty II anwesend war, aber über Caty I berichtet wurde und ohne die Tafel hätte ich da nicht so schnell durchgeblickt.


  • jeder der Anna Karenina oder die Buddenbrooks anfängt, weiß, dass am Ende Anna sich vor den Zug schmeißt und Hanno an Typhus stirbt


    Als ich die Buddenbrooks zum ersten Mal gelesen habe, wusste ich nicht, dass Hanno überhaupt stirbt. :zwinker:


  • Zwei friedliche Sätze, die nicht ahnen lassen welch schreckliche Szenen sich dazwischen abspielen:


    Eine schöne Gegenüberstellung. Dazu fällt mir ein: Franz Liszt sagte über den 2. Satz von Beethovens Klaviersonate Nr.14 ("Mondschein"), er sei "eine Blume zwischen zwei Abgründen".


    Hier ist es wohl umgekehrt: Zwei Blumen und dazwischen ein Abgrund.

  • Mein Problem ist, dass ich inzwischen leider schon fertig bin und noch immer auf ein Lebenszeichen von Theresa warte. Mein Resümee nach dem überraschenden Schluss des Buches lautet, dass es sich bei dem Buch m.M.n. um ein Hohelied auf die Freuden humanischter Bildung handelt. Ich hoffe, ich habe jetzt nicht allzuviel verraten.


    Gruß
    Meier

    "Es gibt andere Geschichten auf einem andern Blatt Papier, doch jede ist mit der ersten verwandt" * Keimzeit


  • ... ein Hohelied auf die Freuden humanischter Bildung ...


    Entschuldigt, dass ich mal eben durch den Lieferanteneingang eintrete. Aber das "Hohelied auf die humanistische Bildung" kann ich beim besten Willen in diesem Werk nicht erkennen. Woher nimmst Du diese Interpretation?


    LG


    Tom

  • Nun. Mir scheinen doch die junge Cathy und der junge Earnshaw? doch ein daurchaus glückliches Päärchen zu sein, nachdem er die Freundschaftsbeweise seiner Freundin erst angenommen hat und Heathcliff endlich begraben ist. Immerhin kommen sie sich doch erst näher, indem Cathy nicht ablässt, ihm das Lesen beibringen zu wollen. Ich gehe davon aus, dass die Lektüre nicht pornografischen Inhalts gewesen ist. :rollen:


    Gruß
    Meier

    "Es gibt andere Geschichten auf einem andern Blatt Papier, doch jede ist mit der ersten verwandt" * Keimzeit

  • Entschuldigt, dass ich mal eben durch den Lieferanteneingang eintrete. Aber das "Hohelied auf die humanistische Bildung" kann ich beim besten Willen in diesem Werk nicht erkennen. Woher nimmst Du diese Interpretation?



    Mir scheinen doch die junge Cathy und der junge Earnshaw? doch ein daurchaus glückliches Päärchen zu sein, nachdem er die Freundschaftsbeweise seiner Freundin erst angenommen hat und Heathcliff endlich begraben ist. Immerhin kommen sie sich doch erst näher, indem Cathy nicht ablässt, ihm das Lesen beibringen zu wollen.


    Hallo meier,


    das überzeugt mich nicht wirklich, aber ich möchte Dir Deine Lesart natürlich nicht nehmen. Vielleicht kommen wir zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal darauf zurück, denn "W. Heights" habe ich als wirklich fulminant gutes Stück Literatur abgespeichert. Schade, dass ich an Eurer Runde nicht teilnehmen konnte.



    Ich gehe davon aus, dass die Lektüre nicht pornografischen Inhalts gewesen ist. :rollen:


    Du sprichst in Rätseln ... :breitgrins:

  • Beim Warten auf weitere Beiträge, ich lese i.M. mit gezügeltem Tempo weiter, habe ich mir das Titelbild unserer DTV-Ausgabe etwas näher betrachtet. Es handelt sich um das Gemälde „gusty weather“ (böiges Wetter) von 1878 des in Edinburgh geborenen schottischen Landschaftsmalers Peter Graham (1836 – 1921)
    http://www.amazon.de/Sturmh%C3…3123486#reader_3423123486
    Vermutlich in den schottischen Highlands gemalt passt es doch auch in die nordenglische Gegend in der der Roman Sturmhöhe spielt. Die karge Heidelandschaft – und die windschiefen Bäume werden ja auch gleich am Anfang des Romans als typisch für die menschenfeindliche Gegend erwähnt.


    Noch besser allerdings könnte ich mir das Bild als Titelbild zum Roman „Jane Eyre“ von Emilys Schwester Charlotte vorstellen. Peter Graham scheint genau die Stelle des Romans gemalt zu haben als Mr. Rochester begleitet von seinem Hund auf sein Anwesen Thornfield Hall zurückkehrt, und kurz bevor sein Pferd scheut und ihn abwirft weil die neue Gouvernante, Jane Eyre, ihm zum ersten Mal über den Weg läuft. Was meint ihr? Oder kennt ihr „Jane Eyre“ gar nicht?


    Hier noch ein Link zu einem von Peter Grahams bekanntestem Bild, „Hochwasser in den Highlands“ von 1868:
    http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20100909163234

  • Ich bin jetzt schon recht weit in den zweiten Teil des Romans vorgedrungen. Das Buch liest sich sehr angenehm und ist spannend genug, um einen zum Weiterlesen zu animieren.



    Manchmal bin ich froh, dass am Anfang des Buches diese Genealogie zu finden ist, wo man nachschlagen kann, wenn man etwas den Überblick verloren hat. Andererseits geht dadurch natürlich auch etwas Spannung verloren, wenn z.B. von Anfang an klar ist, dass Catherine I eben nicht Heathcliff heiratet, wie man zunächst ja vermuten könnte und jetzt schon bekannt ist, wer Catherine II heiratet und in welcher Reihenfolge. Zuerst hatte ich gedacht, dass der Verlag oder die Übersetzerin sich diese Arbeit gemacht haben, aber anscheinend ist diese Personentafel von Emily Brontë. Was meint ihr? und greift ihr auch manchmal darauf zurück oder würdet ihr lieber auf diesen Spoiler verzichten?


    Auf die Genealogie greife ich noch öfter zurück, auch wenn es schon stimmt, dass sie vieles vorwegnimmt, was man eigentlich lieber erst im Verlauf der Lektüre hätte erfahren wollen. Normalerweise schreibe ich mir bei umfangreicheren Werken aber sowieso die Hauptcharaktere und ihre Beziehungen untereinander auf ein Blatt Papier, um den Überblick nicht zu verlieren. So gesehen wär's auch ohne gegangen ... :smile:

  • Noch besser allerdings könnte ich mir das Bild als Titelbild zum Roman „Jane Eyre“ von Emilys Schwester Charlotte vorstellen. Peter Graham scheint genau die Stelle des Romans gemalt zu haben als Mr. Rochester begleitet von seinem Hund auf sein Anwesen Thornfield Hall zurückkehrt, und kurz bevor sein Pferd scheut und ihn abwirft weil die neue Gouvernante, Jane Eyre, ihm zum ersten Mal über den Weg läuft. Was meint ihr? Oder kennt ihr „Jane Eyre“ gar nicht?


    "Jane Eyre" hab ich leider nicht gelesen, aber das Bild scheint tatsächlich auf die von dir beschriebene Szene zu passen.


  • Ich bin jetzt schon recht weit in den zweiten Teil des Romans vorgedrungen. Das Buch liest sich sehr angenehm und ist spannend genug, um einen zum Weiterlesen zu animieren.
    ....
    Auf die Genealogie greife ich noch öfter zurück, auch wenn es schon stimmt, dass sie vieles vorwegnimmt, was man eigentlich lieber erst im Verlauf der Lektüre hätte erfahren wollen.


    Dann will ich auch mal die Zügel wieder anziehen. Der Roman ist ja für einen Klassiker wirklich sehr spannend und inzwischen denke ich, dass diese Genealogie obwohl sie vieles vorwegnimmt, gerade auch dadurch die Spannung steigert. Im Rückblick auf das erste Buch, muss ich gestehen, habe ich mich manchmal gefragt wie kriegt Emily die Kurve, dass Caty I nicht Heathcliff heiratet, sondern Linton, und jetzt kann ich es kaum erwarten, zu erfahren was passiert damit Caty II ein zweites Mal heiratet. Die Emily, glaube ich, war eine ganz raffinierte Autorin!


  • "Jane Eyre" hab ich leider nicht gelesen, ...


    Da hast du was verpasst, solltest du unbedingt gelegentlich nachholen. Ich hab’ mal an der Uni Bonn ein Seminar gehört, da ging es hauptsächlich darum wie Charlotte in „Jane Eyre“ das Wetter beschreibt um die dann folgenden Situationen anzudeuten. Sehr interessant.


    Aber es gibt ja noch einen interessanteren Lesevorschlag und zwar zu Anne Bronte die jüngsten der drei Bronte-Sisters und zwar zu ihrem zweiten Roman: „Die Herrin von Wildfell Hall“
    http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,4499.0.html


    und ich würde mich freuen, wenn du und klaus daran teilnehmen würdest. Ob wir Anne vor oder nach Theodor Fontanes „Irrungen, Wirrungen“ lesen, diese Entscheidung würde ich klaus überlassen.
    http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,4516.0.html


  • Ich hab’ mal an der Uni Bonn ein Seminar gehört, da ging es hauptsächlich darum wie Charlotte in „Jane Eyre“ das Wetter beschreibt um die dann folgenden Situationen anzudeuten. Sehr interessant.


    Das hört sich wirklich interessant an. Hast Du sowas evtl. auch in Wuthering Heights entdeckt?



    Aber es gibt ja noch einen interessanteren Lesevorschlag und zwar zu Anne Bronte die jüngsten der drei Bronte-Sisters und zwar zu ihrem zweiten Roman: „Die Herrin von Wildfell Hall“
    http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,4499.0.html


    und ich würde mich freuen, wenn du und klaus daran teilnehmen würdest. Ob wir Anne vor oder nach Theodor Fontanes „Irrunggen, Wirrungen“ lesen, diese Entscheidung würde ich klaus überlassen.
    http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,4516.0.html


    Das finde ich sehr nett von Dir. Den Fontane will ich auf jeden Fall lesen, gerne im Anschluß. Einen weiteren Brontë würde ich aber lieber auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Ich gehöre zu den Kreuzundquer-Lesern und liebäugele gerade mit den Dämonen/Böse Geister ab 1. März. Schaffen wir bis dahin den Fontane?


    Gruß, Klaus :winken:


  • Schaffen wir bis dahin den Fontane?


    Nun, mein Reclam-Büchlein hat 200 Seiten. Ich gebe die Frage zurück - Schaffen wir das? - Andererseits geht der Fontane etwas tiefer und ist nicht so schnell zu lesen wie die Bronte. Ich habe also volles Verständnis wenn du jetzt erst mal die Dämonen lesen willst. :winken:

  • Sehr kompliziert sind die Familienverhältnisse nicht, da hast du Recht, mir erscheinen sie geradezu so vereinfacht, dass man direkt merkt wie Emily das konstruiert hat, [...]


    Mir ergeht es ähnlich ... Manchmal erscheint mir die Geschichte wie am Reissbrett konstruiert. Das meine ich gar nicht mal negativ, aber die beiden Familien leben so abgeschottet von der Aussenwelt, dass es mir manchmal vorkommt als würde man zwei Mäusepopulationen unter experimentellen Bedingungen betrachten. Da ist zwar ab zu zu von einem Village namens Gimmerton die Rede und am Anfang des Romans wird Liverpool erwähnt, von wo Mr. Earnshaw den kleinen Heathcliff mitbringt, aber ansonsten könnte man meinen ganz England sei bis auf die beiden Familien Linton und Earnshaw ausgestorben. Da gibt es auch keine weitere Verwandten oder Freunde. Wobei ich mir schon denken kann, dass man damals wirklich so abgeschnitten von der Umwelt lebte. Kein Telefon, Fernsehen oder Internet halt wie in unserem heutigen globalen Dorf. Dazu passt auch das Inzestuöse ... Wenn unsere Vermutung stimmt, dass Heatcliff ein unehelicher Sohn von Earnshaw ist, dann würde es sich beim Liebespaar ja um Geschwister handeln. Auch Catherine II und Linton, die laut Genealogie miteinander heiraten (bis jetzt bin ich mit dem Lesen noch nicht so weit), sind Vettern/Cousins.


    Ich habe manchmal Schwierigkeiten, die Handlung und vor allem Handlungsmotive nachzuvollziehen, [...] Wie kann sich die so behütet aufgewachsene Isabella so in Heathcliff verlieben, dass sie alles für ihn aufgibt?


    Je mehr ich lese und je mehr ich Isabellas Bruder Edgar kennenlerne umso weniger erstaunt mich deren Entscheidung. Edgar ist ein dermassen lebloser und fader Typ wie die ganze Familie Linton. Die Lintons mögen zwar kultivierter und vielleicht auch standesmässig höherstehend sein als die Earnshaws, aber sie sind auch wesentlich langweiliger. Da muss Isabella ein solch unterschiedlicher und machohafter Charakter wie Heathcliff geradezu magisch angezogen haben. Ich habe weitaus mehr Mühe zu verstehen, was Catherine II eigentlich an diesem Hypochonder Linton findet ...


    Abgesehen von Heatcliff erscheint mit die Gouvernante Ellen Dean eigentlich die zupackendste Figur im Buch. Ich meine, wie sie eigenwillig in das Leben ihrer Herrschaften eingreift und all die Freiheiten, die sie sich nimmt ... Sie ist nicht nur die teilnahmslose Beobachterin und Erzählerin, aus deren Mund wir den grössten Teil der Geschichte erfahren, sie lenkt durchaus auch die Fäden des Geschehens. Manchmal findet ich es amüsant zu sehen, wie es Brontë gelingt, es immer wieder so hinzubiegen, dass Mrs. Dean bei allen wichtigen Handlungen des Buches persönlich anwesend ist. Der grösste Teil des Romans wird ja aus ihrem Blickwinkel erzählt und was sie nicht selbst erlebt (oder von Bekannten mitgeteilt kriegt) könnten wir anders ja gar nicht erfahren :smile: