Januar 2012: Emily Brontë: Wuthering Heights (deutsch: Sturmhöhe)

  • Die Leserunde startet morgen. Hier die ersten begleitenden Links:


    Zur Autorin:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Emily_Bront%C3%AB


    Zum Roman:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Sturmh%C3%B6he


    Über eine Verfilmung:
    http://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%BCrmische_Leidenschaft


    Der Originaltext:
    http://en.wikisource.org/wiki/Wuthering_Heights


    Die Rezension eines ungekürzten Hörbuches:
    http://www.hoerbuecher4um.de/R…chungen/PQRS/SturmhoL.htm


    Zum Thread „The Brontë Sisters“ im Klassikerforum:
    http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,4503.0.html

  • Morgen am Samstag, dem 21. Januar 2012 beginnt unsere gemeinsame Leserunde zum einzigen und somit automatisch auch besten Roman von der mittleren der drei Brontë-Schwestern: Emily


    Emily veröffentlichte ihren Roman 1847 unter dem männlichen Pseudonym Ellis Bell. Vier Jahre später, also 1851, erschien die erste deutsche Übersetzung unter dem Titel „Wutheringhöhe“. Inzwischen wurde der Roman noch elf Mal ins Deutsche übersetzt, meist unter dem Titel „Sturmhöhe“.


    Bisher haben sich als Mitleser gemeldet:


    Theresa
    meier
    klaus
    riff-raff
    montaigne


    sowie Bluebell als Mitdiskutierer.


    Weitere Mitleser und/oder Mitdiskutierer dürfen sich uns gerne anschließen.


    - und hier geht’s zum Link-Thread:
    http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,4520.0.html

  • Servus,
    da mein Buch bereits vor einigen Tagen angekommen ist, bin ich mit meiner Lektüre inzwischen schon recht weit fortgeschritten. Etwas irritierend ist für mich, dass der Erzähler der Rahmenhandlung, Lockwood, m.M.n. doch recht feminin wirkt, so dass ich gespannt bin, ob dies im weiteren Verlauf des Geschehens noch irgendwelche Bedeutung erlangt. Ansonsten bin ich bisher einigermaßen schockiert über die Erziehungsmethoden beider Earnshaws und über das Auftreten Cathys, die einen mit ihrem Auftreten zum Teil ganz meschugge macht. Ich will aber im Moment noch nicht allzuviel verraten und warte zunächst auf weitere Beiträge.


    Gruß
    Meier

    "Es gibt andere Geschichten auf einem andern Blatt Papier, doch jede ist mit der ersten verwandt" * Keimzeit

  • Hallo,


    ich freue mich auf meine erste Leserunde.


    Ich bin heute mittag angefangen und habe jetzt die ersten drei Kapitel durch. Mir fiel bisher Folgendes auf:
    - Die zwischenmenschliche Atmosphäre ist geprägt von Schroffheit, Unfreundlichkeit und Sarkasmus. Die düstere äußere Umgebung (Landschaft, Häuser, Wetter) spiegelt dies.
    - Die Erzählhaltung Lockwoods hat manchmal einen ironischen und zuweilen auch sarkastischen Ton. Etwas Feminines konnte ich jetzt nicht feststellen, i.G. hatte ich nicht wie bei Siri Hustvedts Was ich liebte ständig das Gefühl, dass eine Frau spricht nur weil die Autorin eine Frau ist.
    - Die Erzählform bisher ist tagebuchartig: es wird nicht aus größerer zeitlicher Distanz eine Geschichte erzählt, sondern zeitnah bei nächster Gelegenheit werden die gerade zurückliegenden Stunden oder Tage wiedergegeben. Das Gleiche gilt für die eingeschobenen Einträge Catherines in dem "speckigen" Buch.
    - Ich frage mich, ob die Namen mit Bedeutung belegt sind: Heathcliff: darin enthalten ist die Heide und der Fels, vielleicht ein Hinweis auf Schroffheit und Weichheit in einem? Hindley: hinter - hinterhältig?
    - Den Albtraum Lockwoods in dem düsteren Verschlag mit der fantastischen Verarbeitung von äußeren Eindrücken fand ich sehr beeindruckend.
    - Dass es eine düstere Vergangenheit von Heathcliff und den Earnshaws gibt, ahnt man ja schon irgendwie. Im Moment frage ich mich noch, was es mit dem Erzähler Lockwood auf sich hat: ist er "nur" Erzähler, oder wird seine Vergangenheit auch ein bißchen aufgedeckt? Interessieren tut es einen ja schon, was ihn zum Menschenfeind werden ließ und in diese düstere Gegend trieb. Die kurze Episode am Meer kann es doch nicht gewesen sein - oder?


    So das wäre es erstmal. Ich denke ich lese heute noch ein bißchen.


    Gruß
    Klaus

  • Hallo zusammen,


    habe soeben mein Exemplar wieder hervorgekramt. Vor langer Zeit gelesen und alles wieder vergessen :sauer: Vielleicht schaffe ich es, mit Euch mitzulesen und hier ab und zu hereinzuschauen.


    Gruss, Jandix

  • Ich habe jetzt die ersten 6 Kapitel durch. Ich hoffe ich presche nicht zu schnell vor, sonst müßt ihr's mir sagen.


    - Ab Kapitel 4 tritt Mr. Lockwood als Erzähler zurück und er läßt in einer 2. Erzählebene Mrs. Dean über Ereignisse erzählen, die mehr als 20 Jahre zurückliegen. In Kapitel 6 kommt sogar noch eine Erzählebene hinzu, als Mrs. Dean einen Bericht des jungen Heathcliff wiedergibt von seinem und Cathys Besuch bei den Lintons. Solches Spiel mit den Ebenen gefällt mir. An einer Stelle (s.69, dtv-Ausgabe) war ich erst verwirrt: "Das war der Pfarrer, Sir": da spricht die Haushälterin in ihre Wiedergabe von Heathcliffs Bericht hinein. Auch der Rückgriff auf Cathys Niederschrift in dem Buch hat mir gefallen: als sie im Mantel der Milchmagd ausbüchsten, waren sie unterwegs zu den Lintons.
    - Zwischen Cathy und Heathcliff auf der einen und den Lintons auf der anderen Seite wird ein klarer Gegensatz aufgebaut: hier Wildheit, Stolz und Leben, dort Bravheit und Langeweile: "Sie [Cathy] entfachte ein Fünkchen Leben in den leeren blauen Augen der Lintons ...".


    So ich stoppe dann erstmal für heute mit der Lektüre und warte auf Eure Beiträge.


    Gruß
    Klaus


  • Etwas irritierend ist für mich, dass der Erzähler der Rahmenhandlung, Lockwood, m.M.n. doch recht feminin wirkt, so dass ich gespannt bin, ob dies im weiteren Verlauf des Geschehens noch irgendwelche Bedeutung erlangt.


    Hmm, feminines ist mir an Lockwood bisher nicht aufgefallen. Kannst du mal erläutern, an was du deine Beobachtung festmachst.


  • - Die zwischenmenschliche Atmosphäre ist geprägt von Schroffheit, Unfreundlichkeit und Sarkasmus. Die düstere äußere Umgebung (Landschaft, Häuser, Wetter) spiegelt dies.


    - Ich frage mich, ob die Namen mit Bedeutung belegt sind: Heathcliff: darin enthalten ist die Heide und der Fels, vielleicht ein Hinweis auf Schroffheit und Weichheit in einem? Hindley: hinter - hinterhältig?


    Die Umgebung spiegelt die menschliche Atmosphäre wieder? Ja, aber auch umgekehrt: die Umgebung prägt die Menschen – “ein wahres Paradies für Menschenfeinde”, wie es gleich im ersten Absatz über die “schöne Gegend” heißt, da werden natürlich auch die dort lebenden Menschen schroff und unfreundlich.


    Ich denke auch, dass die Namen mit Bedacht gewählt sind: Heathcliff - Heide und Fels, da habe ich an karg und hart gedacht, aber wahrscheinlich hast du Recht: harte Schale, weicher Kern.


  • - Ab Kapitel 4 tritt Mr. Lockwood als Erzähler zurück und er läßt in einer 2. Erzählebene Mrs. Dean über Ereignisse erzählen, die mehr als 20 Jahre zurückliegen. In Kapitel 6 kommt sogar noch eine Erzählebene hinzu, als Mrs. Dean einen Bericht des jungen Heathcliff wiedergibt von seinem und Cathys Besuch bei den Lintons. Solches Spiel mit den Ebenen gefällt mir. An einer Stelle (s.69, dtv-Ausgabe) war ich erst verwirrt: "Das war der Pfarrer, Sir": da spricht die Haushälterin in ihre Wiedergabe von Heathcliffs Bericht hinein. Auch der Rückgriff auf Cathys Niederschrift in dem Buch hat mir gefallen: als sie im Mantel der Milchmagd ausbüchsten, waren sie unterwegs zu den Lintons.


    Ja, diese verschiedenen Erzählebenen sind ein guter Kunstgriff von Emily, dadurch werden die Protagonisten aus verschiedener Erzählperspektive geschildert, was das ganze natürlich abwechslungsreich macht.

  • Servus,
    mit feminin meinte ich bspw. die Albträume und das nächtliche Erwachen Lookwoods, wenngleich meine Irritation sicherlich zum Teil tatsächlich dem Umstand geschuldet ist, dass ich aufgrund der Autorenschaft zunächst von einem weiblichen Besucher auf Wuthering Heights ausgegangen bin. Ich bin deshalb wirklich gespannt, ob dem ein dramaturgischer Sinn zugrunde liegt.


    Zitat

    wahrscheinlich hast du Recht: harte Schale, weicher Kern.


    Ich hatte dies zu Beginn der Lektüre auch gedacht, was sich aber im Folgenden nicht wirklich herausstellt. Bis zum 6. Kapitel erscheint Heathcliff auch wirklich mehr als Opfer der Umstände auf dem Gutshof, die nicht unbedingt dazu angetan sind, einen Menschenfreund aus ihm zu machen.


    Im Moment muss ich versuchen, mein Lesetempo etwas zu drosseln, da ich zunächst auf Beiträge von Theresa gespannt bin, die möglicherweise als einzige Mitleserin bisher ganz andere Eindrücke gesammelt hat.


    Gruß
    Meier

    "Es gibt andere Geschichten auf einem andern Blatt Papier, doch jede ist mit der ersten verwandt" * Keimzeit

    Einmal editiert, zuletzt von meier ()


  • wenngleich meine Irritation sicherlich zum Teil tatsächlich dem Umstand geschuldet ist, dass ich aufgrund der Autorenschaft zunächst von einem weiblichen Besucher auf Wuthering Heights ausgegangen bin.


    Ja, du hast Recht, davon könnte man ausgehen; andererseits schrieb Emily unter dem männlichen Pseudonym Ellis Bell und wenn der Erzähler der Rahmenhandlung weiblich gewesen wäre, hätte sie sich möglicherweise verraten. Aber auf der zweiten Erzählebene ist es ja dann doch eine weibliche Person, die Haushälterin, die erzählt

  • Jetzt hab ich 9 Kapitel durch. Meine weiteren Eindrücke:


    - Ich hatte mich schon recht früh gefragt, warum der alte Mr. Earnshaw Heathcliff so bevorzugte, ist er vielleicht sein leiblicher Sohn? Gibt es da noch etwas aufzudecken?


    - Die Launen, Wutausbrüche und Gewaltakte sowohl von Cathy als auch von Hindley sind beachtlich, Heathcliff ist dagegen eher verschlossen und neigt - bisher jedenfalls - nicht zu Gewalttätigkeit. Das drückt sich dann auch in seinem Verschwinden aus - das ist seine Art zu reagieren.


    - Im langen Kapitel 9 fielen mir öfters Andeutungen auf, die vielleicht wie Prophezeiungen klingen. Hindley: "aber vielleicht steck ich ja auch das Haus in Brand". Heathcliff: "es sei denn, es stieße ihm durch irgendeinen glücklichen Zufall etwas Ungewöhnliches zu". Und Nelly will Cathys Träume nicht hören, weil sie Angst hat, dass sie als Prophezeiung einer Katastrophe gedeutet werden könnten. Man hat als Leser das Gefühl, hier braut sich etwas zusammen.


    Gruß
    Klaus


  • - Ich hatte mich schon recht früh gefragt, warum der alte Mr. Earnshaw Heathcliff so bevorzugte, ist er vielleicht sein leiblicher Sohn? Gibt es da noch etwas aufzudecken?


    Ja, das habe ich mich auch gefragt, - schon als Earnshaw ohne Angabe von Gründen plötzlich nach Liverpool reiste – und erst recht dann als er mit diesem sogenannten Findelkind zurück kam. Ich kann es mir nur so erklären, dass er dort ein uneheliches Kind, eben Heathcliff hatte, und plötzlich vom Tod oder was auch immer, der Mutter erfuhr und dann nach Liverpool fuhr um sich um sein uneheliches Kind zu kümmern, und da dies ein Kind der Liebe war, möglicherweise im Gegensatz zu seinen zwei ehelichen Kindern, mochte er Heathcliff mehr als Hindley und Cathy. Was meint ihr?




    - Die Launen, Wutausbrüche und Gewaltakte sowohl von Cathy als auch von Hindley sind beachtlich, Heathcliff ist dagegen eher verschlossen und neigt - bisher jedenfalls - nicht zu Gewalttätigkeit. Das drückt sich dann auch in seinem Verschwinden aus - das ist seine Art zu reagieren.


    Du hast Recht, die Wutausbrüche insbesondere von Hindley sind unerträglich. Ich frage mich aber warum z.B. die Haushälterin, Ellen Dean, nicht Wuthering Heights verlassen hat. Sie nimmt’s ja eher nicht so ernst. z.B. als sie das Tranchiermesser schlucken soll – „Nein, erschiessen sie mich lieber, damit wurden die Heringe geputzt.“ (aus dem Gedächtnis zitiert), das klingt für mich etwas unwirklich, oder?

  • Ja, das habe ich mich auch gefragt, - schon als Earnshaw ohne Angabe von Gründen plötzlich nach Liverpool reiste – und erst recht dann als er mit diesem sogenannten Findelkind zurück kam. Ich kann es mir nur so erklären, dass er dort ein uneheliches Kind, eben Heathcliff hatte, und plötzlich vom Tod oder was auch immer, der Mutter erfuhr und dann nach Liverpool fuhr um sich um sein uneheliches Kind zu kümmern, und da dies ein Kind der Liebe war, möglicherweise im Gegensatz zu seinen zwei ehelichen Kindern, mochte er Heathcliff mehr als Hindley und Cathy. Was meint ihr?


    Genauso etwas habe ich mir auch zusammengereimt. Mal sehen, ob wir da noch mehr erfahren.


    Du hast Recht, die Wutausbrüche insbesondere von Hindley sind unerträglich. Ich frage mich aber warum z.B. die Haushälterin, Ellen Dean, nicht Wuthering Heights verlassen hat. Sie nimmt’s ja eher nicht so ernst. z.B. als sie das Tranchiermesser schlucken soll – „Nein, erschiessen sie mich lieber, damit wurden die Heringe geputzt.“ (aus dem Gedächtnis zitiert), das klingt für mich etwas unwirklich, oder?


    Ja, das hat manchmal etwas (unfreiwillig/freiwillig?) Komisches: dass das Messer nach altem Hering stinkt ist schlimmer als dass es ihr die Kehle aufschlitzt.
    und was ist von Hindleys Aussage zu halten er habe eben den Arzt (Kenneth) kopfüber ins Moor gesteckt ?

  • Genauso etwas habe ich mir auch zusammengereimt. Mal sehen, ob wir da noch mehr erfahren.


    Meine Interpretation geht in die gleiche Richtung ... - Aufgefallen ist mir vor allem Heathcliffs fremdländisches Aussehen:


    "Mit seiner dunklen Haut sieht er aus wie ein Zigeuner [...]" S. 10 (dtb-Ausgabe)


    "Aber du musst es als ein Geschenk Gottes annehmen, auch wenn es so schwarz ist, als käm's vom Teufel." (S. 50)


    "Das ist gewiss die seltsame Errungenschaft, die mein verstorbener Nachbar von seiner Reise nach Liverpool nach Hause brachte - ein kleiner Inder, oder ein amerikanischer oder spanischer Schiffbrüchiger." (S. 69)


    Heathcliffs Mutter scheint eine Ausländerin gewesen zu sein. Eine Prostituierte? Oder vielleicht doch eine Zigeunerin, wie Mrs. Earnshaw ihrem Gatten vorwirft ("was ihm denn einfiele, dieses Zigeunerbalg ins Haus zu bringen [...] (S. 51))?

  • - Die Erzählform bisher ist tagebuchartig: es wird nicht aus größerer zeitlicher Distanz eine Geschichte erzählt, sondern zeitnah bei nächster Gelegenheit werden die gerade zurückliegenden Stunden oder Tage wiedergegeben.


    Das ist mir auch aufgefallen. Das erste Kapitel beginnt mit: "Soeben bin ich von einem Besuch bei meinem Gutsherrn zurückgekehrt." Das klingt wie jemand, der schreibend vor seinem Tagebuch sitzt und sich den vergangenen Tag nochmals in Erinnerung ruft. Deshalb bin ich auch gegen Ende des Kapitels über ein Wort gestolpert,das mir unangebracht erscheint:

    " [...] und bevor ich nach Hause ging, fühlte ich mich wieder soweit ermutigt, ihm [Heathcliff] einen weiteren Besuch anzubieten, und zwar für den folgenden Tag."


    "Für den folgenden Tag"? ... So würde man doch bloss schreiben, wenn das Ganze zeitlich weiter zurückliegt. Erwartet hätte ich eher etwas wie: für den morgigen Tag. - Jedenfalls hat mich das angeregt, im Originaltext nachzulesen und dort steht tatsächlich "tomorrow". Zumindest in diesem speziellen Fall erscheint mir also die deutsche Übersetzung eher mangelhaft.


  • "Für den folgenden Tag"? ... So würde man doch bloss schreiben, wenn das Ganze zeitlich weiter zurückliegt. Erwartet hätte ich eher etwas wie: für den morgigen Tag. - Jedenfalls hat mich das angeregt, im Originaltext nachzulesen und dort steht tatsächlich "tomorrow". Zumindest in diesem speziellen Fall erscheint mir also die deutsche Übersetzung eher mangelhaft.


    Fein beobachtet. Hat die Übersetzerin die Erzählsituation nicht verstanden und meinte sie die Autorin korrigieren zu müssen? Ein Vergleich mit anderen Übersetzungen wäre interessant.

  • Fein beobachtet. Hat die Übersetzerin die Erzählsituation nicht verstanden und meinte sie die Autorin korrigieren zu müssen? Ein Vergleich mit anderen Übersetzungen wäre interessant.


    Original (1847)
    [...] and before I went home, I was encouraged so far as to volunteer another visit tomorrow.


    Gisela Etzel (1908, Sturmhöhe, Aufbau-Verlag)
    [...] und ehe ich heimkehrte, fühlte ich mich ermutigt genug, für morgen einen zweiten Besuch zu planen.


    Grete Rambach (1938, Die Sturmhöhe, Insel-Verlag)
    [...] und bevor ich nach Hause ging, war ich so weit ermutigt, dass ich mich aus freien Stücken für morgen wieder ansagte.


    Michaela Meßner (1997, Sturmhöhe, dtv-Verlag)
    [...] und bevor ich nach Hause ging, fühlte ich mich wieder soweit ermutigt, ihm einen weiteren Besuch anzubieten, und zwar für den folgenden Tag.


  • Vielen Dank für den Vegleich, da bist du mir zuvorgekommen.


    Hoffentlich war das die einzige Fehlleistung der Michaela Meßner?

  • So - das 1. Buch ist geschafft. Und wie gefällt es mir bisher?


    Ich habe manchmal Schwierigkeiten, die Handlung und vor allem Handlungsmotive nachzuvollziehen, auch der Personen, die nicht "wahnsinnig" sind, vor allem Isabella und Ellen Dean. Warum z.B. gab Ellen Isabellas Flucht nicht ehe bekannt, sondern verschwieg sie? Warum läßt Ellen sich weiter von Heathcliff benutzen? Wie kann sich die so behütet aufgewachsene Isabella so in Heathcliff verlieben, dass sie alles für ihn aufgibt?


    Was richtig Freude macht zu lesen, sind die Ausbrüche von abgrundtiefem Hass bei Heathcliff (und einige Kapitel vorher bei Catherine). Folgende Tirade z.B. hat vom Sprachrhythmus schon etwas Opernhaftes (da wäre auch das Original interessant, aber ich will riff-raff nicht zu sehr bemühen):


    "Ich möchte, daß du dir endlich vor Augen führst, daß ich weiß, daß du mich teuflisch behandelt hast - teuflisch! Hörst du? Und falls du dir einredest, daß ich das nicht gemerkt hätte, dann bist du dumm - und falls du denkst, ich lasse mich mit süßen Worten trösten, dann bist du verrückt und falls du dir einbildest, ich würde leiden, ohne Rache zu nehmen, dann werde ich dich schon sehr bald vom Gegenteil überzeugen!" (dtv, S.150)


    Und gegenüber seiner Frau findet er Worte von blankem Zynismus:


    "Es war schon eine Glanzleistung ihres Scharfblicks, zu entdecken, daß ich sie nicht liebte." (dtv, S.201)


    Solche Stellen gibt es einige. Eine schöne Wiedererkennungsstelle war die Sache mit der Tötung des Hündchens. Da hatte man sich bei der ersten Erwähnung noch gefragt: wer war's, und warum? Dann hatte ich es vergessen, bis es Heathcliff aufklärte und damit seine Boshaftigkeit und seinen Hass noch unterstrich.


    Also: ich bin gespannt, wie es weitergeht. Wie weit seid ihr?