Übersetzerin Swetlana Geier verstorben


  • Das Buch hat nun 1500 Seiten auf Deutsch. Das heißt für jede Seite hat er gerade mal 35 EUR brutto verdient. Braucht er für eine Seite nur 30 Minuten. Wohl deutlich mehr, denke ich. Selbst wenn man eine Stunde ansetzt, verdient mein Auto-Mechaniker mehr. Also ich denke, man sollte dann doch lieber Anwalt werden ... (muss sich ja auch intensiv mit sprachlich-logischen Konstrukten auseinander setzen).


    Wenn ich pro Jahr ca. 200 Arbeitstage ansetze (also exklusive Wochenenden, Urlaubs- und Krankheitszeiten), so hat er ca. 1.200 Tage an den 1.500 Seiten gesessen und demnach pro Tag ca. 1 bis 1,5 Seiten geschafft, mithin ca. 43,- Euro am Tag. Und wenn ich die 52.000 Euro auf die sechs Jahre umrechne, hat er pro Monat lediglich gut 720,- Euro erhalten. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel...



    In einem Interview bekannte Blumenbach, dass er in der Zeit von einer kleinen Erbschaft lebte, die aufgebraucht war, als er "Unendlicher Spaß" fertigstellte. Allerdings ist er ab dem ersten Buch am Erfolg beteiligt. Wie hoch die Beteiligung ist, hat er nicht geoffenbart, sehr hoch sicherlich nicht.


    Anders wäre er wahrscheinlich gar nicht über die Runden gekommen.


  • Der von Dir genannte Stundensatz ist aber ordentlich. Aber ich dachte, man wird nach Norm-Seiten bezahlt.


    Eine (Simultan)Dolmetscherin wird idR. nach Stunden bezahlt, ein Literaturübersetzer logischerweise nach Normseiten, denn wer will schon entscheiden, wie viele Stunden eine Übersetzung dauert?


    Das Buch hat nun 1500 Seiten auf Deutsch. Das heißt für jede Seite hat er gerade mal 35 EUR brutto verdient. Braucht er für eine Seite nur 30 Minuten. Wohl deutlich mehr, denke ich. Selbst wenn man eine Stunde ansetzt, verdient mein Auto-Mechaniker mehr. Also ich denke, man sollte dann doch lieber Anwalt werden ... (muss sich ja auch intensiv mit sprachlich-logischen Konstrukten auseinander setzen).


    Mir stellt sich die Frage, warum es sechs Jahre dauert, ein Buch (das ich nicht kenne) zu übersetzen. 35 Euro "Stundenlohn" sind für einen Freiberufler nicht üppig, aber auch kein Grund für Depressionen.



    Wenn ich pro Jahr ca. 200 Arbeitstage ansetze (also exklusive Wochenenden, Urlaubs- und Krankheitszeiten), so hat er ca. 1.200 Tage an den 1.500 Seiten gesessen und demnach pro Tag ca. 1 bis 1,5 Seiten geschafft, mithin ca. 43,- Euro am Tag. Und wenn ich die 52.000 Euro auf die sechs Jahre umrechne, hat er pro Monat lediglich gut 720,- Euro erhalten. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel...


    Er hat bestimmt mehr als 1 oder 1,5 Seiten pro Tag geschafft. glaube mir!


    Es gibt offensichtlich abstruse Vorstellungen, wie Kulturschaffende zu bezahlen sind. Solang sie unbekannt sind, werden sie von den Auftraggebern behandelt wie ein Hersteller ungarisch gewürzter Kartoffelchips von den Handelsketten: Qualität und Preis müssen stimmen. Nur die Stars der Kulturindustrie können unverschämt abkassieren - etwas, das sie den Kartoffelchipsproduzenten übrigens voraus haben ...


    Marktwirtschaftliche Grüße!


    Tom

  • Wenn ich pro Jahr ca. 200 Arbeitstage ansetze (also exklusive Wochenenden, Urlaubs- und Krankheitszeiten), so hat er ca. 1.200 Tage an den 1.500 Seiten gesessen und demnach pro Tag ca. 1 bis 1,5 Seiten geschafft, mithin ca. 43,- Euro am Tag. Und wenn ich die 52.000 Euro auf die sechs Jahre umrechne, hat er pro Monat lediglich gut 720,- Euro erhalten. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel...



    Anders wäre er wahrscheinlich gar nicht über die Runden gekommen.


    Das kommt ja dann hin mit der Annahme, daß man ca. 1 Seite am Tag schafft. Bei anspruchsvollen Werken muß man ja auch bedenken, daß teilweise ziemlich viel Recherchen nötig sind bzw. die Einarbeitung in bestimmte Wissensgebiete oder E-Mail-Kontakte zu Leuten, die einen zu bestimmten Themen beraten können. Es ist ja nicht nur die reine Übersetzungsarbeit...


    Ich werde trotzdem nochmal nach meinen alten Unterlagen Ausschau halten. Vielleicht finde ich da noch was Interessantes.


    Viele Grüße
    thopas


  • die Frage, warum es sechs Jahre dauert, ein Buch (das ich nicht kenne) zu übersetzen.


    weil es wohl DER postmoderne Roman 2009 schlechthin war und mit neuen Wortschöpfungen wimmelnd daher kam. Blumenbach hat für seine Übersetzungsarbeit, soviel ich weiß, auch einen Preis gewonnen. Und was ich bisher in "Unendlicher Spaß" gelesen habe, ist es wirklich kein einfaches Werk. Das ich 2011 auch endlich angehen möchte.


    Grüße von
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Ich überschlage ein Mal:


    Für ein angemessenes Nettoeinkommen müsste ein kompetenter selbstständiger Übersetzer so 10 000 bis 12 000 EUR im Monat Bruttoeinkommen haben. Davon gehen ab Sozialversicherungen, Steuern, Arbeitsmittel, Reisen und so weiter.... Ich schätze, es bleiben dann so 3000 bis 4000 EUR übrig. Dafür lassen wir ihn anständigerweise 160 Stunden/Monat arbeiten und kommen auf einen Stundensatz von ca. 65 EUR, wenn wir keine Aquisitionsausgaben rechnen und ihn daheim übersetzen lassen. Sollten noch Ausgaben und Zeit für Auftragsbeschaffung und Verlags- und Autorenkontakte dazu kommen, sollte der Stundensatz locker mehr als 80 EUR betragen.

  • Hallo,


    Zum Tod der Übersetzerin: Fünf Elefanten;
    In Jendreykos Film stapelt sie stolz die fünf dicken Dostojewski-Romane aufeinander und sagt dazu nachdenklich: «So etwas übersetzt man nicht ungestraft.» In der Tat hat Geier das Übersetzen immer als eine Art Übergriff, als ein Sakrileg empfunden.


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)