Der Roman „Effi Briest“ wurde mehrfach verfilmt. Meiner Meinung nach ist kein Roman der deutschsprachigen Literatur häufiger (nämlich viermal) verfilmt worden. (Der erstmalige Nachweis des Gegenteils wird von mir mit einem Buch belohnt!) Da die Interpretationen, die Verfilmungen ja immer auch sind, sehr unterschiedlich ausfallen, lohnt sich ein Vergleich:
1. 1939 unter der Regie von Gustaf Gründgens: „Der Schritt vom Wege“ (97 min)
2. 1955/56 unter der Regie von Rudolf Jugert: „Rosen im Herbst“ (107 min)
3. 1970 (DDR-TV) unter der Regie von Wolfgang Luderer: „Effi Briest“ (120 min)
4. 1974 unter der Regie von Rainer Werner Fassbinder: „Fontane Effi Briest oder Viele, die eine Ahnung haben von ihren Möglichkeiten und ihren Bedürfnissen und dennoch das herrschende System in ihrem Kopf akzeptieren durch ihre Taten und es somit festigen und durchaus bestätigen“ (140 min)
Bei Fontanes Kunst „Gespräche natürlich“ und nicht künstlich und gestelzt daherkommen zu lassen (Polly), wundert es nicht, dass alle vier Verfilmungen zum größten Teil auf den Text Fontanes zurückgreifen, bei Fassbinders Verfilmung wird sogar ausschließlich Fontane gesprochen. Natürlich sind die Filme auch Zeitdokumente und so darf man sich nicht wundern, wenn in der Gründgens Verfilmung Crampas als Pferdezüchter auftaucht. In der Nazizeit durfte ein Offizier natürlich nicht als Ehebrecher dargestellt werden. Auch schon im Titel „Der Schritt vom Wege“ kann man erkennen, dass der Roman auf die Ehebruchstory reduziert ist, ohne die Gesellschaftskritik Fontanes anzusprechen. Fassbinder deutet dagegen mit seinem Filmtitel an, dass die literarische Vorlage nur als konkretes Beispiel dient, an dem die Unterdrückungsmechanismen der Gesellschaft und die Anpassungsbereitschaft des Menschen transparent gemacht werden soll.
Aufgefallen ist mir, dass die Rolle der Effi in allen vier Verfilmungen eine Topbesetzung hatte:
1939: Marianne Hoppe
1955: Ruth Leuwerik
1970: Angelika Domröse
1974: Hanna Schygulla
Ich überlege schon die ganze Zeit, wer bei einer fünften Verfilmung des Romans für diese Rolle geeignet wäre. Wer hat Vorschläge?
Gruß
Hubert