Autoren gegen die Kirche

  • Hallo,


    ich habe mal eine Frage bezüglich Autoren vs. Kirche. Ich lese gerade eine Biographie von Erasmus von Rotterdam und da wird auch sein Buch beschrieben: Lob der Torheit. Es wird beschrieben, dass Erasmus die Kirche dirkekt angreift, dass aber natürlich keiner was dagegen gemacht hat, weil ja nicht er die Kirche angreift sondern die Torheit.


    Das gleiche ist mir auch schon bei Thomas More aufgefallen. Dort hat sich der Autor gerechtfertigt, dass ja nicht er das alles erzählt, sondern ein anderer Mann von dem er es gehört hat. Durften die Autoren damals wirklich alles schreiben wenn sie es nur gut genug versteckt haben, dass es nicht ihre eigene Meinung war?


    Katrin

  • Hallo Jacqui


    ich habe mich mit diesem Thema noch nicht auseinander gesetzt. Ich denke es kam auch auf gewisse Umstände an. In welchem Land der Autor lebte, welcher Papst gerade regierte, welches Jahrhundert. Gefährlich wars allemal und was vielleicht beim einen gut ging, konnte bei einem anderen schlecht ausgehen.


    Ich denke da auch Galileo Galilei, der durchaus die Protektion des Papstes hatte für sein Buch "Dialogo" (über zwei Weltsysteme), doch verscherzte er diese und erhielt Hausarrest, Lehrtätigkeit und Veröffentlichungen wurden ihm verboten.


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Jedenfalls die Kirche der anderen konnte man durchaus angreifen, wenn man in sicherer Entfernung saß. Die donnernden Tiraden eines Jonathan Swift gegen die verwünschte Papisterei habe ich noch ganz gut in Erinnerung.

  • Danke für die Antworten,


    an Galilei musste ich auch denken, der durfte sich das nicht leisten, aber was More und so wie es aussieht auch Erasmus geschrieben haben, ist meiner Ansicht nach viel schlimmer. Nur diese beiden Herren verschanzten sich hinter der Aussage, dass sie ja nur was wiedergeben was nicht ihre eigene Meinung ist. Das kam mir dann schon sehr eigenartig vor. Denn wenn sie diese Anschuldigungen gegen die Mächtigen in ihrem eigenen Namen veröffentlicht hätten, wären sie wohl nicht ungeschoren davon gekommen.


    Katrin


  • Danke für die Antworten,


    an Galilei musste ich auch denken, der durfte sich das nicht leisten, aber was More und so wie es aussieht auch Erasmus geschrieben haben, ist meiner Ansicht nach viel schlimmer. Nur diese beiden Herren verschanzten sich hinter der Aussage, dass sie ja nur was wiedergeben was nicht ihre eigene Meinung ist. Das kam mir dann schon sehr eigenartig vor. Denn wenn sie diese Anschuldigungen gegen die Mächtigen in ihrem eigenen Namen veröffentlicht hätten, wären sie wohl nicht ungeschoren davon gekommen.


    Katrin


    Noch heute wird argumentiert, dass Galilei deswegen verurteilt wurde, weil er gegen das Verbot der Veröffentlichung verstieß und die Forderung nach Widerruf erst dadurch gestellt wurde. Die Frage, ob eine Kirche überhaupt und jemals das Recht besaß sowas zu fordern und zu sanktionieren wird sinnigerweise kaum gestellt. Deshalb sind auch alle, die sich an dem Revisionsprozess beteiligt haben eher Verräter an Wissenschaft und Aufklärung als redliche Anwälte.


    Und was ist schlimmer, als den einen festen Punkt in der Welt durch ein Häufchen Müll oder Sch... zu ersetzen, welches durch die Gegend fliegt.
    Will man eine Gesellschaft im Griff beahalten, die angeblich nach den Gesetzen des Himmels aufgebaut ist, dann muss man letztlich befürchten sie zerbricht, wenn sich der Himmel anders verhält als man es von ihm erwartet.


    In den letzten Jahren ist der INDEX des Vatikans Gegenstand der Forschung geworden und es gibt einige recht interessante Bücher darüber, die ein Bild der Zensurpraxis und den Gründen, die dahinter stecken, aufzeigen. Vielleicht findet sich dort auch was zu Utopia und Erasmus. Außerdem ist zu beachten, dass zur Zeit von Morus die englischen Aspekte nicht mehr so stark durch den Papst bestimmt werden konnten. Morus ist ja nicht dem Papst, sondern den Gelüsten seines Königs zum Opfer gefallen. Es waren wieder ein Mal die Weiber, die alles durcheinander brachten :breitgrins:

  • Danke für den Tipp, Lost :winken:


    Auf die Idee in einem "Indexbuch" nachzusehen wäre ich nie gekommen :redface: und ich habe auch schon eines ausgewählt.


    Hubert Wolf - Index: Der Vatikan und die verbotenen Bücher[kaufen='3406547788'][/kaufen]


    Und in der Zeit habe ich einen Artikel über Wolf gefunden. Laut dem Bericht war er der erste Wissenschaftler, der sich die geheimen Archive näher ansehen durfte.


    Katrin

  • Danke Maria für den Hinweis.


    Jaqui: Im Buch von Wolf ist Morus im Register nicht aufgeführt. Da er von Heinrich umgebracht wurde, hat der Vatikan ihm wohl alles verziehen. Schließlich wurde er ja auch Heiliger und damit rein in Leib und Seele.

  • Lost: Stimmt, aber ich will es mir dennoch mal ansehen. Immerhin sind einige aufgeführt, von denen ich nie gedacht hatte dass sie am Index stehen und andere von denen ich überzeugt war, dass sie draufstehen (Darwin) findet man dort nicht.


    Maria: Danke für den Link.


    Katrin

  • Merkwürdig, dass mir dazu immer gleich und besonders Nietzsche einfällt. Z.B. die Genealogie der Moral, aber auch anderes... Doch dass nur als eigener Gedanke - bitte vergesst meinen Beitrag gleich wieder... Ich wollte eigentlich nicht mehr Nietzsche erwähnen ich unverbesserlicher Brecher guter literaturforensischer Vorsätze des neuen Jahres...

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Charles Darwin selber komischerweise nicht, dabei sollte man meinen, dass gerade er dort zu finden wäre.


    Wolf geht davon aus, dass die Kirche primär einmal katholische Naturwissenschafter der Zensur unterstellte.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Lost: Heine stand mit vier Büchern auf dem Index. Es gibt sogar ein Buch darüber: Hubert Wolf - Die Macht der Zensur. Heinrich Heine auf dem Index  [kaufen='3491723922'][/kaufen]


    Inhalt lt. amazon: Heinrich Heine (1797-1856) stand bis 1967 mit einigen Texten auf dem Index verbotener Schriften der katholischen Kirche. Dies fanden der Kirchenhistoriker Hubert Wolf und der Germanist Wolfgang Schopf nach sorgfältigen Recherchen heraus. Die seit 1836 gültige Index-Eintragung Heines mit Schriften wie den 'Reisebildern' oder 'Französische Zustände' ist erst mit dem Auslaufen des katholischen Verzeichnisses beendet worden. Beim Studium der Akten, zu dem der Vatikan erstmals Zugang zu seinen Geheimarchiven gewährt hat, stellt sich eine enge Verbindung zwischen dem politischen Verbot Heines durch Metternich und seiner Aufnahme auf den vatikanischen Index heraus. Mit diesem Index sollte aus Angst vor einer Wiederholung der Französischen Revolution von 1789 und 'Pariser Verhältnissen' ein Träger des revolutionären Ungeistes mundtot gemacht werden.


    Katrin