Juristen

  • Auch die Rechtswissenschaften bedienen sich der Sprache, um ihre Anliegen zu äußern, und einige Juristen haben eine sehr prägnante und literarische Sprache entwickelt, wie Franz v Zeiller, der das österreichische ABGB verfasste. Welche Klassiker aber waren Juristen, und wie hat das rechtswissenschaftliche Studium ihr Denken geprägt? Haben sie selber rechtswissenschaftliche Werke verfasst, die uns noch erhalten sind?


    Goethes Dissertation ist uns nicht mehr erhalten, er war Praktikant am Reichskammergericht, aber hat er sich auch sonst den juristischen Arbeiten gewidmet? Wie fließt das Rechtsdenken in seine Werke ein? Wieland soll sein Jusstudium vernachlässigt haben, Georg Heym hat seinen Hass gegen das Studium in vulgärsten Worten geäußert, von ETA Hoffmann hingegen sagt man, er sei eine außerordentliche Begabung gewesen, bei Kafka finden sich viele rechtsbezogene Motive in den Werken etc etc.


    Vielleicht kennt ihr nähere Details oder sogar Bücher, die sich mit diesen Themen beschäftigen, und könnt mir solche empfehlen.


    Liebe Grüße

  • Ob Wieland seine Studien vernachlässigte, will ich nicht beurteilen. Allerdings gibt es von ihm eine Episode, enthalten in den Abderiten, die ist eine Jurisprudenzsatire ersten Ranges: Der Prozess um des Esels Schatten.


    Die Geschichte erzähle ich ganz gerne, wenn ich meine Kollegen vom gewerblichen Rechtschutz ärgern will. :breitgrins:

  • Eine Liste der sog. Dichterjuristen findest Du in Wikipedia :zwinker: :winken: .


    Vielen Dank, das ist sehr interessant! Im Artikel werden zwei Gemeinsamkeiten als Ursachen der engen Verbindung zwischen Jurist und Dichter genannt: Sowohl das Handwerk - die Sprache - als auch der Gegenstand - zwischenmenschliche Beziehungen - sind dem Rechtswissenschaftler und dem Schriftsteller gemeinsam. Nur, dass die Rechtswissenschaft soziale Prozesse zu regeln versucht, während diese in der Literatur widergespiegelt wird.


    Dass auch Heinrich von Kleist Rechtswissenschaftler war, wundert mich nach der Lektüre des "Michael Kohlhaas" nicht, der voll ist von juristischen Termini und die Rechtschaffenheit des Protagonisten im Vordergrund hat.


    Gronauer, ja, bei Wieland habe ich schon einige kuriose Dinge gelesen - ich glaube, noch hat in der Skurrilität kein Buch jene Passage aus dem "Don Sylvio" übertroffen, worin ein edler Prinz auf eine unsichtbare Nymphe uriniert. . . nun,


    liebe Grüße

  • Moin, Moin!


    Ich habe immer nur Prosa geschrieben, seit dem 'Ruinenbaumeister' von 1969 insgesamt 23 Bände mit Erzählungen und Romanen, auch eine beinharte historische Biographie ist darunter. Die Zahl weiß ich, nicht weil ich eine Strichliste führe, sondern weil ich sie unlängst im Zug einer juristischen Auseinandersetzung mit meinem Ex-Verleger gezählt habe. Ich vermute, daß die große Zahl der Juristen unter den Schriftstellern (allein unter den deutschsprachigen habe ich einmal nahezu 100 eruiert) darauf zurückzuführen ist, daß für die Auseinandersetzung mit Verlegern die juristische Ausbildung dienlicher ist als literarische Qualität. "Man kann gegen Napoleon sagen, was man will", hat Roda Roda gesagt, "immerhin hat er einen deutschen Verleger erschießen lassen." (Herbert Rosendorfer: Die Erfindung des SommerWinters, S. 207)

  • Zitat

    Ich vermute, daß die große Zahl der Juristen unter den Schriftstellern (allein unter den deutschsprachigen habe ich einmal nahezu 100 eruiert) darauf zurückzuführen ist, daß für die Auseinandersetzung mit Verlegern die juristische Ausbildung dienlicher ist als literarische Qualität.


    Andersrum wird ein Schuh draus. Einerseits haben bestimmte juristische Berufsbilder eine hohe Affinität zum Geschichtenerzählen, andererseits sind literarische Tugenden dabei viel wichtiger, als sich das mancher Neuling etwa als Anwalt träumen lässt. Es hängt eine ganze Menge davon ab, wie präzise und plausibel ich einen Sachverhalt und meinen Standpunkt formuliere. Letztlich ist es die Spache als Handwerkszeug, die Schriftsteller und Juristen eint.


    Musiker etwa dürften mit ihren Labels mindestens die gleichen Probleme haben - die Doppelqualifikation Musiker-Jurist ist trotzdem eher selten anzutreffen.