Anton Bruckner

  • Neben Mahler habe ich jetzt Anton Bruckner entdeckt. Bei der gemeinsamen Spazierfahrt mit meiner Frau ließ sie mich in ihre jüngste Entdeckung hineinhören und ich war begeistert. Es ist wirklich zum Teil dramatisch aber über weite Strecken auch wunderschön. Weiß zufällig wer, ob seine Stücke derzeit irgendwo aufgeführt werden? Bruckner im Konzertsaal zu genießen muss sicher ein Erlebnis sein. Wirkliche Favoriten habe ich eigentlich nicht, aber gibt es Symphonien von ihm, die euch besonders gefallen? Schreibt!


    Freundliche Grüße
    F. Hermann

  • Die vierte, die romantische, gehört zu meinen liebsten Sinfonien überhaupt. Beim Hören steht man unter hoher Anspannung, aber positver Art.
    Bruckner-Sinfonien gehören zum Standard-Programm aller großen Orchester. Schau mal in den Programmen der Konzerthäuser in deiner näheren Umgebung: Da wirst du bestimmt innerhalb weniger Monate fündig.
    In Dortmund hörte ich die vierte noch in der laufenden Saison - letzten Dezember- mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden unter Christoph Eschenbach: Ein unglaubliches Hörerlebnis!


    Gerade Bruckner ist auch toll von CDs, aber so richtig strahlend ist er live, gerade wegen der vielen Bläsereinsätze.


    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hallo Finsbury,


    also wenn man sich die Stücke so anhört (die meiner Frau sind leider bloß als Track 1-5 durchnummeriert) ist es kaum möglich, sich vorzustellen, dass der Komponist als ziemlicher "Bauerntrampel" gegolten haben soll. Ich stelle deswegen einfach einmal den Wikipedia Artikel vor: http://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Bruckner


    Freundliche Grüße
    F. Hermann


  • Ein unglaubliches Hörerlebnis!


    Und das in Dortmund? Ich meide mittlerweile die Musikbetriebe dieser Stadt, habe ich ihnen doch die schlimmsten Verhunzungen der vergangenen Jahre zu verdanken, die sich allerdings nicht auf den symphonischen Betrieb, sondern den Opernbereich beziehen.


    Zu Bruckner: Es wird immer behauptet (auch in dem Wikipedia-Artikel), er habe, zusammen mit Brahms und Mahler, die Symphonie aus der Krise der Nach-Beethoven-Zeit gerettet. Ich kann dergleichen nicht erkennen, gebe allerdings zu, dass ich mit den (spät)romantischen Symphonien ohnehin meine Probleme habe.


    Es spricht einiges dafür, dass die Symphonie mit Beethoven ihren Höhepunkt und Abschluss gefunden hat. Selbst Schostakowitsch als herausragender Vertreter des 20. Jahrhunderts war nur ein "Nachahmer".


    Für mich ist Bruckner deshalb verzichtbar, was aber kein abwertendes Urteil über die Musik sein soll.


    Einen schönen Sonntag wünscht


    Tom

  • Und das in Dortmund? Ich meide mittlerweile die Musikbetriebe dieser Stadt, habe ich ihnen doch die schlimmsten Verhunzungen der vergangenen Jahre zu verdanken, die sich allerdings nicht auf den symphonischen Betrieb, sondern den Opernbereich beziehen.


    Im Konzerthaus spielt a u c h das Dortmunder Phiharmonische Orchester, besonders aber Gastorchester und -virtuosen. Die sind deshalb nicht schlechter, weil sie in Dortmund auftreten; Im Gegenteil, das Dortmunder Konzerthaus hat sich inzwischen dank seiner hervorragenden Akustik und des begeisterten Publikums zu einem der großen Konzerthäuser Deutschlands entwickelt, mit dem Orchesterzentrum Westfalen und der Chorakademie direkt nebenan.
    Opern und Theater mag ich nicht besonders. Deshalb lese ich zwar in der Presse einige Unsäglichkeiten, aber wohl auch über Gelungenes, verfolge diese aber relativ interesselos.


    Zu Bruckner: Es wird immer behauptet (auch in dem Wikipedia-Artikel), er habe, zusammen mit Brahms und Mahler, die Symphonie aus der Krise der Nach-Beethoven-Zeit gerettet. Ich kann dergleichen nicht erkennen, gebe allerdings zu, dass ich mit den (spät)romantischen Symphonien ohnehin meine Probleme habe.


    Es spricht einiges dafür, dass die Symphonie mit Beethoven ihren Höhepunkt und Abschluss gefunden hat. Selbst Schostakowitsch als herausragender Vertreter des 20. Jahrhunderts war nur ein "Nachahmer".


    Für mich ist Bruckner deshalb verzichtbar, was aber kein abwertendes Urteil über die Musik sein soll.


    Entschuldige, aber solche "nachgeplapperten" Äußerungen ärgern mich. Es gibt mindestens genauso viele Kenner der Materie, die die nachbeethovenschen Sinfonien durchaus zu schätzen wissen. Bloß weil eine Form schon einmal vollendet präsentiert worden ist, heißt es nicht, dass man sie nicht mit anderen Inhalten genauso formvollendet füllen kann. So könntest du mit den Trümmerliteraten auch behaupten, dass Lyrik, Prosa und Drama nicht mehr möglich seien, und doch beweist uns jedes Jahr, dass immer wieder Hervorragendes und Mitreißendes in diesen Gattungen geschaffen wird.


    Ich möchte, obwohl ein großer Beethoven-Fan, die (spät)romantischen Sinfonien und die der Moderne nicht missen.
    Bruckners vierte, Mahlers sechste und Schostakovitschs siebte (Lenigrader) gehören für mich zu dem Großartigsten, was man in klassischer Musik erleben kann.
    Und willst du wirklich ohne Schubert, Schuhmann, Mendelssohn und Brahms auskommen, bloß weil Beethoven vorher schon den Gipfel erklommen hat. Der Himalaya hat auch andere schöne Berge außer dem Mount Everest!


    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)


  • ... das Dortmunder Konzerthaus hat sich inzwischen dank seiner hervorragenden Akustik und des begeisterten Publikums zu einem der großen Konzerthäuser Deutschlands entwickelt, mit dem Orchesterzentrum Westfalen und der Chorakademie direkt nebenan.


    Ja, davon lese und höre ich gelegentlich. Ich meide dieses Haus aus Gründen, die nicht hierher gehören.



    Und willst du wirklich ohne Schubert, Schuhmann, Mendelssohn und Brahms auskommen ...


    Ja, zumindest ohne deren Symphonien. Die von dir genannten Komponisten haben mit Ausnahme Mendelssohns ihre Stärken gerade nicht auf dem Gebiet der Großorchestermusik.



    Entschuldige, aber solche "nachgeplapperten" Äußerungen ärgern mich. Es gibt mindestens genauso viele Kenner der Materie, die die nachbeethovenschen Sinfonien durchaus zu schätzen wissen.


    Wer "plappert" denn hier?


    Es grüßt


    Tom

  • Es spricht einiges dafür, dass die Symphonie mit Beethoven ihren Höhepunkt und Abschluss gefunden hat. Selbst Schostakowitsch als herausragender Vertreter des 20. Jahrhunderts war nur ein "Nachahmer".


    Beethoven hat in seiner neunten Symphonie einen Chor verwendet, das war sozusagen ein Neuanfang. Liszt benutzte einen Chor in seiner Faustsinfonie, und Mahler ist derjenige, der das wieder aufgegriffen hat. Warum Beethoven das Schlusslicht der Symphonie sein soll, sehe ich nicht ein, ich erkenne keinen plausiblen Grund. Brahms bildete sich dieses ein, aber das war letzten Endes Unsinn. Schostakowitsch, wem soll er nachgeahmt haben? Niemanden. Schostakowitsch soll versteckte Botschaften in seine Symphonien eingebaut haben, z.B. gegen Stalin usw.


    Bruckners Symphonien werden theologisch gedeutet. Als Vorbild zur Orchestration hatte er immer die Orgelregister im Kopf gehabt (er war Organist). Daraus ergibt sich wohl der typische Brucknerklang. Meine Favoriten: Die Fünfte, Siebte und Neunte. Die Achte ist auch genial. Im Schlusssatz türmen sich alle Themen der Symphonie übereinander.


    Liebe Grüße
    mombour


  • Schostakowitsch soll versteckte Botschaften in seine Symphonien eingebaut haben, z.B. gegen Stalin usw.


    Das, lieber mombour, stelle ich mir äußerst schwierig vor ... :zwinker:


    Ansonsten möchte ich diese Diskussion über die postbeethovensche Symphonie nicht fortsetzen. Ich respektiere Eure Begeisterung ohne sie zu teilen.

    Es grüßt


    Tom

  • Vielen Dank auf jeden Fall für eure aufschlussreichen Wortmeldungen. Meine Frau ist bereits seit Tagen damit beschäftigt, zwei Logenplätze im nächstgelegenen Konzertsaal zu mieten, wo wir uns in Bälde einem solchen Hörgenuss widmen wollen. Gespielt wird die vierte, die Romantische. Ich selbst freue mich schon besonders auf das Streichertremolo, gleich zu Beginn des ersten Satzes. Der zweite Satz, worin laut Bruckner ein verliebter Bursche fensterln gehen möchte, wird wahrscheinlich durch ein ähnlich lautendes Thema ersetzt, so dass der Bursche, nicht wie in der Originalfassung, bei seiner geliebten vorgelassen wird. Satz drei verspricht enorme Spannung, wo doch das Zitat aus Wagners Tristan und Isolde, von Trompeten und Hörnern begleitet und der Begleitbroschöre zufolge von diesen sogar dominiert wird. Auch den monströsen Blechbläsereinsatz beim Finale erwarte ich mit Spannung.


    Freundliche Grüße
    F. Hermann

  • Es spricht einiges dafür, dass die Symphonie mit Beethoven ihren Höhepunkt und Abschluss gefunden hat.



    Hallo Tom,


    auch wenn Du diese Diskussion nicht weiterführen willst, eine Frage erlaube ich mir noch. Sicher war Beethoven ein erster Höhepunkt der sinfonischen Musik, aber was spricht dafür, dass er auch deren Abschluss war („einiges“ ist mir da zu ungenau)?


    Hallo zusammen,


    für mich jedenfalls wäre die Welt ärmer, wenn die sinfonische Musik mit Beethoven geendet hätte. Vielleicht könnte ich noch auf Brahms Sinfonien verzichten, aber die vier Sinfonien von Robert Schumann, die neun Sinfonien von Anton Bruckner und die erste bis siebte Sinfonie von Gustav Mahler, sein Lied von der Erde und vor allem seine neunte Sinfonie wollte ich ebenso wenig missen wie z.B. die zweite Sinfonie in D-Dur von Jean Sibelius, die ich mir gestern Abend wieder einmal anhörte (Aufnahme mit Herbert von Karajan am Pult)



    Gruß


    Hubert


  • auch wenn Du diese Diskussion nicht weiterführen willst, eine Frage erlaube ich mir noch. Sicher war Beethoven ein erster Höhepunkt der sinfonischen Musik, aber was spricht dafür, dass er auch deren Abschluss war („einiges“ ist mir da zu ungenau)?


    Hallo Hubert,


    richte bitte Deine Ohren auf Nach-Beethovensche Symphonien (egal ob Schubert, Schumann, Brahms, Bruckner, Mahler, ....) und nenne mir ein oder zwei Merkmale, die über das hinausgehen, was Mozart und Beethoven zur Vollendung gebracht haben (z.B. in der No. 40 KV 550 oder in No. 5. op. 67). Damit wir uns nicht falsch verstehen: Nach Beethoven wurden gute und auch wichtige Werke geschrieben, aber als weitere Höhepunkte dieser speziellen musikalischen Gattung kann ich sie nicht empfinden. (Was sich nach Beethoven enorm weiterentwickelt hat, ist vor allem das Klavierspiel - v.a. durch Chopin und Schumann).


    Deshalb bleibt es für mich dabei: Die Symphonie ist (zusammen mit der Sonate) die Entwicklung der Wiener Klassik. Nachfolgende Musikergenerationen haben sich daran geschult und bis zur Verzweiflung abgearbeitet - mit guten, aber nicht sensationellen Resultaten.


    Nun wirst Du mir als versierter Musikkenner sicher mit Hector Berlioz und seiner "Symphonie phantastique" kommen, die damals (und zum Teil auch heute noch) als "revolutionär" gepriesen wurde bzw. wird. Für mich erschließt sich dieses Etikett nicht; es ist vielleicht aber auch nur eine Frage des Geschmacks (meiner ist vom musikalischen Standpunkt aus gesehen sehr einfach: Immer nur das Beste - frei nach Oscar Wilde).


    Es grüßt


    Tom

  • Hallo Hubert,


    richte bitte Deine Ohren auf Nach-Beethovensche Symphonien (egal ob Schubert, Schumann, Brahms, Bruckner, Mahler, ....) und nenne mir ein oder zwei Merkmale, die über das hinausgehen, was Mozart und Beethoven zur Vollendung gebracht haben (z.B. in der No. 40 KV 550 oder in No. 5. op. 67). Damit wir uns nicht falsch verstehen: Nach Beethoven wurden gute und auch wichtige Werke geschrieben, aber als weitere Höhepunkte dieser speziellen musikalischen Gattung kann ich sie nicht empfinden.
    Es grüßt


    Tom


    Hallo Tom,
    wie Mombour schon anmerkte: „Als Vorbild zur Orchestration hatte er (Bruckner) immer die Orgelregister im Kopf gehabt (er war Organist). Daraus ergibt sich wohl der typische Brucknerklang.“, von dem Pianisten wie Beethoven oder Brahms nicht einmal träumen konnten. Ausgehend von der Orgelharmonik steht bei Bruckner im Unterschied zu Beethoven weniger die dramatische Konfrontation der Themen im Mittelpunkt, sondern deren organische Fortführung und wechselseitige Verbindung. Die einzelnen Instrumentengruppen werden bei Bruckner weniger vermischt, sondern voneinander abgegrenzt, unterschiedliche Lautstärken folgen oft unvermittelt aufeinander. Ein ständiges Neben- oder Übereinander von Zweier- und Dreierbildungen in der Rhythmik geben der Musik große Spannkraft. All dieses kenne ich von Beethoven so nicht. Versteh mich nicht falsch, ich liebe die Beethovensinfonien und habe sie alle nicht nur von Karajan und Bernstein auf Tonträger sondern habe sie alle auch schon mehrfach im Konzertsaal erlebt u.a. beim Beethovenfest in Bonn aber Bruckner ist noch mal eine andere Dimension und das nicht nur wegen der zeitlichen Dauer seiner Sinfonien.
    Grüße
    Hubert


  • Bruckner im Konzertsaal zu genießen muss sicher ein Erlebnis sein.


    Hallo zusammen,


    Brucknersinfonien höre ich mir immer wieder gerne beim Brucknerfest in Linz an. Das Programm für 2011 kann man hier anfordern:
    http://www.brucknerhaus.at/www…amm/brucknerfest_idee.php


    Ich habe mir schon mal die folgenden zwei Konzerttermine notiert, beide in der Stiftsbasilika St. Florian (hier war Bruckner von 1848-1855 als Stiftsorganist tätig und hier ist er auch direkt unter der „Brucknerorgel“ bestattet):


    http://www.brucknerhaus.at/www1/de/detail.php?id=6587


    http://www.brucknerhaus.at/www1/de/detail.php?id=6599


    Grüße


    Hubert

  • Welche CD mit Ausführungen von Bruckners Werk ist unverzichtbar? Meine CD mit der 4. Sinfonie ist verloren gegangen (in einem völlig blockierten Auto-CD-Spieler). Ich würde mir gerne eine neue CD zulegen, nur welche? Danke, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10


  • Welche CD mit Ausführungen von Bruckners Werk ist unverzichtbar? Meine CD mit der 4. Sinfonie ist verloren gegangen (in einem völlig blockierten Auto-CD-Spieler). Ich würde mir gerne eine neue CD zulegen, nur welche? Danke, FA


    Hallo FA,


    Günter Wand gilt als d e r Bruckner-Dirigent, ich habe seine Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern von 1998, also DDD und bin sehr zufrieden damit.


    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hallo FA,


    Günter Wand gilt als d e r Bruckner-Dirigent, ich habe seine Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern von 1998, also DDD und bin sehr zufrieden damit.


    finsbury


    Hallo Friedrich-Arthur,


    ich bin kein Kenner diverser Bruckner-Aufnahmen. Die "Romantische" habe ich in einer Aufnahme mit Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern, die mir gut gefällt.


    bei Amazon gibt es auch ein paar Stimmen dazu:


    http://www.amazon.de/Sinfonie-…sic&qid=1296309863&sr=8-1


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)