Briefwechsel

  • Hallo zusammen


    wie wichtig findet ihr eigentlich für euch persönlich "Briefwechsel in der Literatur"?


    Ich bestaune gerade den Briefwechsel zwischen Theodor Fontane und seiner Frau Emilie mit 570 Briefen!


    Schon rührend und es bringt eine Zeitepoche näher.


    es gibt ja noch viele Beispiele:
    Goethe und Schiller
    Gogol mit Puschkin
    Voltaire / Friedrich der Große
    Hesse und Thomas Mann


    usw usw.


    Lest ihr solches gern oder eher nicht? und warum?
    welchen Briefwechsel findet ihr persönlich empfehlenswert?


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen!
    Hallo JMaria!


    Briefwechsel, wenn die beiden einander etwas zu sagen haben, und wenn mindestens einer MIR etwas sagt, gehört für mich mit zur spannendsten Lektüre. Da gebe ich Dir jeden konventionellen Krimi her!


    Meine Lieblinge (so aus dem Kopf): Goethe-Schiller; Goethe-Zelter; Schiller-Körner; Fontane-Emilie; Paul Ernst-Georg Lukacs; Armin-Brentano...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo !


    Ich habe bisher noch nie einen "echten" Briefwechsel gelesen, nur immer Auszüge aber ich könnte mir es wirklich sehr spannend vorstellen !


    sandhofer: welchen würdest du nun besonders empfehlen ???


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen!
    Hallo Steffi!


    "welchen würdest du nun besonders empfehlen ???" - Kommt darauf an, welchen Autor Du am liebsten magst. Goethe-Schiller ist eigentlich für alle Deutschsprachigen, die sich mit Klassikern beschäftigen, ein 'must'. Bei Goethe-Zelter bekommst Du allerdings ein 'intimeres' Bild von Goethe, bei Schiller-Körner von Schiller. Wobei der letzte Briefwechsel m.W. allerdings nicht mehr verlegt wird.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen!


    Und noch eine Lesefrucht - diesmal zum Thema 'Briefe schreiben':


    Daher ist es den Frauen auch so natürlich, dass sie das eigentlich zwecklose Briefschreiben, das Hin- und Herübertragen stiller Weltanschauungen und jeder Erfahrung des Herzens lieben, während doch die meisten Männer nicht ohne einen tüchtigen Grund die Feder zum Briefe ansetzen: es muss etwas bewegt, von seiner Stelle gebracht, erlangt, erprozessiert werden können, wenn ein männlicher Brief abgehen soll.
    Adam Müller: Zwölf Reden über die Beredsamkeit und deren Verfall in Deutschland. 1812. [Aus der 7. Rede: Von deutscher Sprache und Schrift]


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Steffi!


    Meine Empfehlung: Heinrich von Kleist. Briefe 1793-1804.
    Darin stöbere ich gerade, ein schöner Einblick in Kleists ruheloses Wanderdasein. Darunter Briefe an seine Schwester Ulrike, und schön und traurig auch die Briefe an Wilhelmine von Zenge.


    Liebe Grüße
    waldfee

  • Hallo zusammen!
    Hallo xenophanes!


    Zitat von "xenophanes"


    In welcher Ausgabe hast du den gelesen? Ich bin seit Jahren auf der Suche nach einer brauchbaren.


    Zweite, wohlfeile Ausgabe, Leipzig: Veit & Comp., 1859
    Ist allerdings bearbeitet. Körners Briefe wurden z.T. arg gekürzt, auch bei Schiller sind Dinge weggefallen. (Wie seine berühmte Aussage, Goethe komme ihm vor wie eine stolze Prüde, der man ein Kind machen muss, um sie vor der Welt zu demütigen.) Dennoch: eine schöne Ausgabe; und eine Lektüre, die sich lohnt.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Briefe sind schon interessant, aber sie sollten nur veröffentlicht werden, wenn der Künstler dafür sein Einverständnis gegeben hat. :zwinker:
    (Hesse, Nietzsche,Heine,Morgenstern,Goethe,Schiller...mehr fällt mir jetzt nicht ein)

    Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst...ja, wenn man aber einander nicht richten soll, haben die Menschen nichts, um sich zu unterhalten.
    <br /> Maxim Gorkij

  • Hallo zusammen,


    für die in den nächsten Tagen beginnende Leserunde "Kafka - Der Prozeß", aber auch allgemein ist sicherlich interessant:


    - Franz Kafka: Briefe an Milena (herausgegeben von Jürgen Born und Michael Müller)


    - Franz Kafka: Briefe an Felice (herausgegeben von Erich Heller und Jürgen Born)


    Gruß von Hubert

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "xenophanes"

    Es überrascht mich nicht wirklich, dass die Ausgabe schon so alt ist. Ich hätte aber lieber eine neuere, editionsphilologisch auf solideren Beinen stehende.


    Gibt's m.W. leider nicht. Als Ergänzung dieser drei Briefwechsel (Goethe-Schiller, Goethe-Zelter, Schiller-Körner) kann der voyeuristisch veranlagte Goethe-Leser noch Goethe in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen; zusammengestellt von Wilhelm Bode sich zu Gemüte führen. Und, aber damit verlassen wir das Thema 'Briefwechsel': Karl August Böttiger: Literarische Zustände und Zeitgenossen.


    Zitat von "Fuu"

    Briefe sind schon interessant, aber sie sollten nur veröffentlicht werden, wenn der Künstler dafür sein Einverständnis gegeben hat.


    An und für sich würde ich xenophanes zustimmen: Bei Personen öffentlichen Interesses haben Wissenschaft und interessierte Leser m.M. schon das Recht, eventuelle Briefwechsel lesen zu dürfen. Die meisten Briefwechsel sind allerdings dann eh nicht soooo interessant.


    Nachgerade pervers wird die Situation bei Autoren wie Arno Schmidt, der seinen Briefwechsel, z.B. mit Wollschläger, von Anfang an darauf ausrichtete, dass er einmal veröffentlicht wird. Damit fiel natürlich genau das weg, was einen Briefwechsel interessant macht: das Intime, Persönliche über den Autor. (Im Falle Schmidt - Wollschläger die Quadratur der Perversion: Der Briefwechsel harrt noch immer seiner Edition ...)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen!
    Hallo xenophanes!


    Zitat von "xenophanes"

    Kenne ich bzw. seht bei mir im Goethe-Regal.


    War mir schon klar :zwinker: ; der Hinweis war auch für weitere interessierte Kreise gedacht. (Des Klassikers Eckermann sei hier der Vollständigkeit halber natürlich auch noch gedacht ...)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Und wer kennt den Briefwechsel zwischen Thomas Mann und seinem Bruder Heinrich Mann? Kann jemand eine Aussage darüber machen? Worum geht es da hauptsächlich? Wie sind sie geschrieben?


    Weitergefragt, kennt zufällig jemand den Briefwechsel Thomas Manns mit Theodor W. Adorno? Ich hörte einmal, dass es darin besonders um Doktor-Faustus-nahen Austausch ging und um ästhetische Fragen, u.a. über die Musik.


    Ansonsten stelle ich fest, dass mich Briefwechsel begeistern, wenn sie gut geschrieben sind und über Autoren und deren Werk Aussagen machen. Letzt las ich den Briefwechsel zwischen Thomas Mann und Hermann Hesse und ich muss sagen, dass er meine Anhängerschaft zu diesen beiden Geistesgrößen nur vergrößert hat und mich dazu brachte, beide Autoren verstärkt zu lesen. Doch damit vorerst genug...


    Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Zitat von "Friedrich-Arthur"

    kennt zufällig jemand den Briefwechsel Thomas Manns mit Theodor W. Adorno? Ich hörte einmal, dass es darin besonders um Doktor-Faustus-nahen Austausch ging und um ästhetische Fragen, u.a. über die Musik.


    Letzt las ich den Briefwechsel zwischen Thomas Mann und Hermann Hesse und ich muss sagen, dass er meine Anhängerschaft zu diesen beiden Geistesgrößen nur vergrößert hat und mich dazu brachte, beide Autoren verstärkt zu lesen.


    Hallo FA,


    den Briefwechsel zwischen Thomas Mann und Hermann Hesse kenne ich auch und er zeigt m.M.n., dass die beiden gleichrangig hohe Schriftsteller waren, zumindest haben sie sich gegenseitig sehr geschätzt und vor allem bei Thomas Mann, war das ja nicht die Regel.


    Bei dem Schriftwechsel Thomas Mann mit Adorno geht es m.W’s um Recherchen zu „Doktor Faustus“. Thoimas Mann ließ sich von Adorno in Fragen zu Schönberg und die Zwölftonmusik beraten. Allerdings war das Ergebnis so, dass Schönberg über Manns „Doktor Faustus“ sehr verärgert war.
    Siehe dazu auch folgenden Thread und da mein Posting vom 4. Juli 2004 0.30 Uhr:
    http://www.klassikerforum.de/forum/viewtopic.php?t=291


    Vielleicht wäre diese Leserunde ja was für Dich, FA, da Du wie ich auch, aber im Unterschide zu vielen Anderen, Thomas Mann und Hermann Hesse gleichzeitig magst?


    Gruß von Hubert

  • “Briefe gehören unter die wichtigsten Denkmäler, die der einzelne Mensch hinterlassen kann.” Johann Wolfgang Goethe


    “Für mich liegt die Aktualität dieses Briefwechsels darin, daß er Einblick in den schöpferischen Prozeß ermöglicht. Moderne Dichtung, auch moderne Kunst haben davon profitiert. Mehr als eineinhalb Jahrhunderte sind verstrichen, ohne daß sich in der Literatur Gleichwärtiges and die Seite dieses Briefwerkes hätte stellen lassen.” Siegfried Unseld über den Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe


    Mit diesen beiden Zitaten grüßt FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Wer den Faustus liest, dem kann ich den Briefwechsel Mann-Adorno nur ans Herz legen, zumindest, wenn einen die Entstehung eines Werkes was wert ist. Gerade beim Faustus ist die Entstehungsgeschichte sehr interessant, Thomas Mann führte da seine Verfahrensweisen zur Vollendung, Leitmotiv, Montagetechnik, alles war da in grosser Perfektion. Was er über Musik schrieb, hatte er grossenteils von Adorno, was man in den briefen schön sehen kann. Unbedingt lesenswert.
    Die zwischen Mann und Hesse auch, gerade auch im Zusammenhang mit dem Faustus, da das Glasperlenspiel ja zu gleicher Zeit entstand und ähnliche Thematiken enthielt.


    Ansonsten finde ich einen der schönsten Briefwechsel auch die Ehebriefe Fontanes. Überhaupt finde ich Fontanes Briefe absolut lesenswert, da kommt wie nirgends sonst der ganze Witz, die ganze Prägnanz Fontanes zum Tragen.

  • Hallo,


    mir fiel vor kurzem auch ein Buch mit Briefwechsel in die Hände, an dem ich nicht vorbeigehen konnte.


    Max Frisch/Uwe Johnson. Der Briefwechsel. 1964-1983


    Beide sind zwar noch keine Klassiker nach der hiesigen Definition, dennoch ist der Einblick, den dieses Buch in das Leben der beiden Schriftsteller vermittelt, beeindruckend. So die Tatsache, daß die beiden einander ihre Werke zum Lesen und Beurteilung gaben. Die Ausführungen von Johnson zu Frischs "Montauk" sind schon interessant und veranlassen mich, "Montauk" demnächst nochmals zu lesen, auch unter dem Gesichtspunkt, daß es vielleicht Frischs wichtigstes Werk ist, was ich so bisher noch nicht gesehen habe.
    Auch interessant festzustellen, daß auch solch große Schriftsteller in den Niederungen des täglichen Lebens ankommen, wenn sie, wie zB Johnson eine Wohnung suchen!


    Gelungen auch die Anmerkungen des Herausgebers; Eberhard Fahlke


    Gruß
    josmar