Oktober 2009 - Iwan A. Gontscharow: Oblomow

  • Mir hat das Traumkapitel gut gefallen, die Beschreibung dieses Idylls war richtig nach meinem Geschmack. Es brachte auch etwas Licht in die Entwicklung von Oblomow, dem seine Familie keinen Gefallen tat, indem sie ihm von allem abschirmte. Hier wird offensichtlich, dass ihm diese Entscheidungsunfreudigkeit quasi schon in die Wiege gelegt wurde. Wenn man von klein auf in einer Lebensphilosophie aufwächst, die alles Fremde und Fortschrittliche einfach ignoriert, kann man nicht erwarten, dass daraus ein spontaner Temperamentsbolzen hervorgeht. Langsam bringe ich Verständnis für Oblomow auf.


    Am Wochenende habe ich leider keine Zeit für Oblomow, weil ich an einem größeren Forumstreffen teilnehme :zwinker:, aber ich bemühe mich, den Rückstand nächste Woche aufzuholen.


    Grüße
    Doris

  • Hallo,


    leider muss ich mich aus der Leserunde abmelden. Ich komme im Moment einfach nicht zum Lesen.
    Eure Leserunde werde ich allerdings als stiller Mitleser verfolgen und auch das Buch weiter lesen.



    Lost: Wenn man bedenkt, wie viele Erfindungen es damals auch in Rußland auf dem Gebiet der Landwirtschaft gab, erscheint mir diese Aufgabe weniger schwierig. Allerdings musste ich auch noch nie irgendetwas "wichtiges" verwalten.



    liebe Grüße, genießt das Buch und verzeiht mir


    Robinson

  • Robinson: Schade, dass du keine Zeit hast, du verpasst ein wirklich gutes Buch. :winken:


    Ich bin in der Zwischenzeit schon mal ein wenig vorangerast und habe die ersten sieben Kapitel des zweiten Teils gelesen.
    Oblomow stellt sich in Kapitel 6 ziemlich dämlich an :breitgrins: als er Olga seine Liebe gesteht, sich dann zurückzieht und als er erkennt, dass sie ihn auch liebt in Selbstzweifel windet. Anscheinend kann er nicht glauben, dass ihn jemand gern hat.


    Sachar hat sich aber im Gegensatz zu O. überhaupt nicht weiter entwickelt. Erkennt man O. in den letzten Kapitel nicht mehr wieder, so ist Sachar der ewig Gleiche.
    Er jammert, beschwert sich und will keinen Staub wischen. So wie es aussieht, hat Lost recht, wenn er meint, dass der Staub mehr ist als normaler Hausstaub. Sachar symbolisiert anscheinend das stagnierende, er will sich gar nicht bewegen. O. geht mit der Zeit, widerwillig zwar, aber dennoch.


    Ich bin schon sehr gespannt wie es weitergeht, ob Olga und O. ein Paar werden und vor allem wie es mit Sachar und Anisja weiter geht. Diese Frau fasziniert mich sehr, auch wenn ich es nicht verstehe, dass sie Sachar immer auf die Nase bindet, dass er unfähig ist. Eine kluge Frau würde schweigen und die Arbeit hinter seinem Rücken machen :zwinker:


    Katrin


  • Da ich im Moment nicht genau weiß, wie weit ihr alle seid und ich bereits die ersten neun Kapitel des zweiten Teils gelesen habe, lege ich mal eine Pause ein und warte auf euch. :winken:


    Katrin



    Ich stecke im 2. Teil und schreibe heute am Abend etwas dazu.


    Da ich mich auch für Sue angemeldet habe, sehe ich zu, in der letzten Oktoberwoche fertig zu sein.


    Schade, dass die kleine Gang noch kleiner wurde, aber einige aus der Liste, die du (Jaqui) am Anfang aufgeführt hast haben sich ja noch nie gemeldet :sauer:

  • Kurze Wasserstandsmeldung: Ich habe mit dem 2. Teil begonnen und bummele gemütlich vor mich hin ...


    Lasst Euch bitte nicht davon abhalten, Eure Eindrücke hier zu verewigen. Ich habe den Roman vor einigen Jahren schon einmal gelesen und weiß, was mich erwartet.


    Viele Grüße


    Tom

  • Da ich mich auch für Sue angemeldet habe, sehe ich zu, in der letzten Oktoberwoche fertig zu sein.


    Dann verfolgen wir das gleiche Ziel, ich lese bei Sue auch mit :winken:




    Schade, dass die kleine Gang noch kleiner wurde, aber einige aus der Liste, die du (Jaqui) am Anfang aufgeführt hast haben sich ja noch nie gemeldet :sauer:


    Ja, das ist schade, ist aber öfter so. Da manche Leserunden weit im voraus geplant werden, kann immer etwas dazwischen kommen oder man hat eben gerade keine Lust mehr am Buch. Aber auch eine kleine interessierte Gruppe kann sich hervorragend über ein Buch unterhalten :winken:


    Sir Thomas: Dann bummel nur weiter :breitgrins: ich finde das Buch gerade sehr spannend und es fällt mir eigentlich schwer es neben mir liegen zu haben und nicht zu lesen, ich werde mal langsam weiter blättern.


    Ich fand übrigens die Diskussion zwischen Olga und Oblomow über die "Liebe" und das "Verliebtsein" sehr spannend. So habe ich das noch nie gesehen, ich liebe meine Familie, aber verliebt bin ich in meinen Vater deswegen natürlich nicht. Verliebtsein ist eine andere Form der Liebe, eine die sich wandelt im Laufe der Zeit. Die Liebe zu den Eltern dagegen hat sich bei mir zumindest nicht wirklich gewandelt seit ich ein Kind war. Die Liebe zu anderen Menschen aber ist wieder verflogen und neue sind dazu gekommen.
    Das Buch hat wirklich ein paar interessante Aspekte zu bieten.


    Katrin

  • Spottet ja nicht des Kindes, wenn es mit Peitsch und Sporn
    Auf dem Rosse von Holz mutig und groß sich dünkt,
    Denn, ihr Deutschen, auch ihr seit
    Tatenarm und gedankenvoll.


    Man soll nicht denken, ich könnte mit Hölderlin viel anfangen. Diese Zeilen liefen mir am Wochenende über den Weg, wie eine streunende Katze und ließen mich an das denken, was ich in Oblomow las. Gontscharow liefert uns im ersten Kapitel des 2. Teils ein ganz anderes Bild des Deutschen Stolz (nomen est omen), als es der Lästerer Hölderlin hier in seinem Gedicht „An die Deutschen“ nahelegt.


    Mit Stolz bekommen wir eine tatkräftige, aufs Praktische ausgerichtete Figur präsentiert, wie sie, auf Oblomow bezogen, gegensätzlicher kaum sein könnte. Jaqui hat ja das Verdienst uns auf eine Veröffentlichung hingewiesen zu haben, die das Bild erläutert, dass in Russland von den Deutschen verbreitet war. Ich sehe das nicht als negatives Bild. Nach meinem Geschmack beschreibt G. das allerdings in einer weiß-weißen Form, die mich an moderne Trivialromane denken lässt. Beim erwachsenen Stolz gibt es keinen Platz für eine dunkle Seite, wenigstens nicht in dieser Einführung. Hätte das Buch mit diesem Kapitel angefangen, es wäre gut möglich gewesen, dass ich es nach wenigen Seiten aus der Hand gelegt hätte. Das wäre jedoch ein Fehler gewesen, denn G. der in diesem Kapitel aufzeigt, wie aus dem Lausbuben durch den Sieg der deutschen Seele (Vater) über die russische(Mutter) ein weltgewandter, erfolgreicher Mann wird, lässt im 2. Kapitel auch seiner Sympathie für Oblomow mit einer poetischen Schilderung seines Wesens Raum.


    „... schließlich aber (und das ganz besonders) lag Oblomows Natur ein reiner, lichter und guter Wesenskern zugrunde, der mit tiefer Sympathie für alles schöne sowie für alles das erfüllt war, was dem Ruf seines schlichten, einfältigen, ewig vertrauensseligen Herzens antwortete und Folge leistete.“


    Ihr habe das schon früher erkannt als ich.


    In den ersten Kapitel lernten wir O. kennen, wie er sich vor allen praktischen Problemen davon windet und keinen Fuß auf den Boden, sondern nur in die Pantoffeln bekommt. Das macht ihn zu einer lächerlichen Figur. Wie würden wir aber über ihn denken, wenn er wie der arme Poet Spitzwegs in seiner schäbigen Dachkammer seinen poetischen Träumen nachhängen würde? Hätten wir dann nicht mehr Respekt für ihn aufbringen können? Später sagt Stolz direkt zu Oblomow. „Du bist ein Poet, Ilia“, und was braucht ein Poet? Er braucht praktische Unterstützung, um die „schnöden“ Aufgaben des Lebens zu bewältigen. Hier sehe ich die Aufgabe von Stolz und er nimmt sie auch wahr, solange er bei o. bleiben kann.


    Was mich an dem Aufbau des 2. Teils stört, ist die Geschwindigkeit mit der G. über den Umzug hinweggeht. Wir haben anfangs die Wohnungsfrage als ein zentrales Problem erlebt, auf das G. immer wieder zurück kam. Jetzt geht alles ratzfatz, ohne Leidensweg, von einem Ort zum andern. Auf der anderen Seite, schreibt Gontscharow für meinen Geschmack etwas weitschweifig und verliert sich in Nebensächlichkeiten.


    Jetzt bin ich gespannt, was O. und O. verbinden oder trennen wird ;-)


    Robinson hat meinen Respekt. Von denen, die sich angemeldet hatten aber nicht teilnehmen hätte ich wenigstens einen kurzen Hinweis erwartet.

  • Ich habe im 2. Teil die ersten vier Kapitel gelesen, bemühe mich aber, wieder aufzuholen.


    Meine Ansicht über Sachar hat sich kaum geändert. Für meine Begriffe ist er einfach zu faul und nimmt sich zu viel heraus. Bei aufrichtiger Zuneigung zu Oblomow sollte man doch erwarten, dass er sich mehr um seinen Herrn kümmert, auch wenn ihm das schwer fällt, weil Oblomow eine ganz eigene Art hat, sich vor unangenehmen Dingen zu drücken. Und selbst wenn ihm das nicht gelingt, lässt seine Solidarität zu wünschen übrig. Im Gespräch mit den anderen Dienstboten lässt er sich die Gelegenheit nicht entgehen, seinen Herrn zu diffamieren. Erst als die anderen Oblomow verspotten, schlägt er sich auf seine Seite, doch offensichtlich nur deshalb, weil sich die Angestellten untereinander über ihre Herrschaften definieren. Wie könnte er da Oblomow in Misskredit bringen?


    Seit Stolz in der Geschichte auftauchte, habe ich den Verdacht, dass Oblomow sich auch deshalb treiben lässt, weil er in Stolz einen Anker hat, der ihn stets in die Realität zurückholt. Die beiden sind so unterschiedlich, wie es nur geht, aber es sieht so aus, als bräuchten sie sich gegenseitig. Im Fall von Stolz bin ich allerdings noch nicht dahintergekommen, was außer der gemeinsamen Kindheit ihn an Oblomow bindet.



    In der Sue-Leserunde bin ich übrigens auch dabei.

  • Hallo Leserunde,



    In den ersten Kapitel lernten wir O. kennen, wie er sich vor allen praktischen Problemen davon windet und keinen Fuß auf den Boden, sondern nur in die Pantoffeln bekommt. Das macht ihn zu einer lächerlichen Figur. Wie würden wir aber über ihn denken, wenn er wie der arme Poet Spitzwegs in seiner schäbigen Dachkammer seinen poetischen Träumen nachhängen würde? Hätten wir dann nicht mehr Respekt für ihn aufbringen können? Später sagt Stolz direkt zu Oblomow. „Du bist ein Poet, Ilia“, und was braucht ein Poet? Er braucht praktische Unterstützung, um die „schnöden“ Aufgaben des Lebens zu bewältigen. Hier sehe ich die Aufgabe von Stolz und er nimmt sie auch wahr, solange er bei o. bleiben kann.


    Da ist was dran, immerhin redete O. auch schon früher immer wieder über Stolz, so als warte er immer sehnsüchtig bis dieser zu ihm kommt und wieder alles ins Lot bringt und für ihn richtet.




    Was mich an dem Aufbau des 2. Teils stört, ist die Geschwindigkeit mit der G. über den Umzug hinweggeht. Wir haben anfangs die Wohnungsfrage als ein zentrales Problem erlebt, auf das G. immer wieder zurück kam. Jetzt geht alles ratzfatz, ohne Leidensweg, von einem Ort zum andern. Auf der anderen Seite, schreibt Gontscharow für meinen Geschmack etwas weitschweifig und verliert sich in Nebensächlichkeiten.


    Das hat mich gar nicht so sehr gestört, erst als du es hier erwähnt hast, ist mir das bewusst geworden, dass wir den ja gar nicht mitbekommen haben.




    Jetzt bin ich gespannt, was O. und O. verbinden oder trennen wird ;-)


    Diese Thematik wird noch sehr spannend, aber ich will nichts verraten, ich denke wenn alle den zweiten Abschnitt beendet haben, gibt es dazu sehr viel Gesprächsstoff.




    Ich habe im 2. Teil die ersten vier Kapitel gelesen, bemühe mich aber, wieder aufzuholen.


    Nur kein Stress, wir laufen ja nicht weg :winken:




    Meine Ansicht über Sachar hat sich kaum geändert. Für meine Begriffe ist er einfach zu faul und nimmt sich zu viel heraus. Bei aufrichtiger Zuneigung zu Oblomow sollte man doch erwarten, dass er sich mehr um seinen Herrn kümmert, auch wenn ihm das schwer fällt, weil Oblomow eine ganz eigene Art hat, sich vor unangenehmen Dingen zu drücken. Und selbst wenn ihm das nicht gelingt, lässt seine Solidarität zu wünschen übrig. Im Gespräch mit den anderen Dienstboten lässt er sich die Gelegenheit nicht entgehen, seinen Herrn zu diffamieren. Erst als die anderen Oblomow verspotten, schlägt er sich auf seine Seite, doch offensichtlich nur deshalb, weil sich die Angestellten untereinander über ihre Herrschaften definieren. Wie könnte er da Oblomow in Misskredit bringen?


    Von der Seite habe ich das noch gar nicht gesehen. Ich fand es toll wie er seinen Herrn verteidigt hat, dass er damit seine eigene Stellung sichern wollte, war mir in dem Moment nicht klar - aber eigentlich auch irgendwie logisch.
    In der Zwischenzeit hat Sachar seine Sympathien bei mir übrigens wieder verloren.




    In der Sue-Leserunde bin ich übrigens auch dabei.


    Auf die freue ich mich schon seit dem Sommer.


    Katrin

  • Es sieht ganz so aus, als hechelte ich Euch mittlerweile nur noch hinterher ... :redface:


    Immerhin habe ich jetzt die ersten drei Kapitel des zweiten Teils hinter mich gebracht. Gefallen hat mir, wie Oblomow seine "Lebensphilosophie" gegenüber Stolz darlegt und verteidigt. Die Welt als ein eitles Geklingel und Gebimmel, Lug und Trug inklusive, und der sich daraus ableitende Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben: Diese Einstellung erinnert ein wenig an die antike Stoa.


    Ihr fragt Euch, wie die gegensätzlichen Menschen Oblomow und Stolz Freunde sein können? Ich glaube, dass Stolz Oblomow "benutzt", um sich selbst bestätigt zu fühlen, um sich seiner gegenteiligen Lebensauffassung sicher zu sein und sicher bleiben zu können. Oblomow seinerseits schätzt Stolz als ehrlichen Ratgeber und Helfer. Anders als die Bekannten, die wir im ersten Teil kennenlernten, sucht Stolz keine direkten Vorteile aus der Freundschaft mit Oblomow zu ziehen. Zusammen mit der gemeinsam verbrachten Jugend sind das mMn. die wesentlichen Gründe, warum diese Männer Freunde sind.


    LG


    Tom


  • Es sieht ganz so aus, als hechelte ich Euch mittlerweile nur noch hinterher ... :redface:


    Ich bin in den letzten beiden Tagen kaum zum Lesen gekommen, der Abstand wird also sicher geringer :winken:




    Ihr fragt Euch, wie die gegensätzlichen Menschen Oblomow und Stolz Freunde sein können? Ich glaube, dass Stolz Oblomow "benutzt", um sich selbst bestätigt zu fühlen, um sich seiner gegenteiligen Lebensauffassung sicher zu sein und sicher bleiben zu können. Oblomow seinerseits schätzt Stolz als ehrlichen Ratgeber und Helfer. Anders als die Bekannten, die wir im ersten Teil kennenlernten, sucht Stolz keine direkten Vorteile aus der Freundschaft mit Oblomow zu ziehen. Zusammen mit der gemeinsam verbrachten Jugend sind das mMn. die wesentlichen Gründe, warum diese Männer Freunde sind.


    Also brauchen sie sich beide und keiner nutzt den anderen aus. Und im wahren Leben hat man doch auch manchmal Freunde, wo sich andere fragen, was die gemeinsam haben.


    Katrin


  • Also brauchen sie sich beide und keiner nutzt den anderen aus. Und im wahren Leben hat man doch auch manchmal Freunde, wo sich andere fragen, was die gemeinsam haben.


    Ja, so sehe ich es.


    Ich bin übrigens optimistisch, Euch in den nächsten Tagen halbwegs einholen zu können.


    LG


    Tom

  • Es ist eine kluge Analyse, was Sir Thomas über Oblomow und Stolz geschrieben hat.


    Ich frage mich aber, warum Gontscharow Stolz so sehr im Hintergrund hält. Er ist eher der, der die Maschinerie des Romans in Gang setzt und weniger einer, der sie betreibt.


    Die Romanze macht mir Probleme, wie meistens, wenn die Romane im 19. Jahrhundert spielen.


    Im Kapitel in dem von der Reise nach Paris die Rede ist, erwähnt Stolz, dass es sich in drei Wochen von Sankt Petersburg nach Amerika reisen lässt. Habt ihr eine Idee, wie sich das zu dieser Zeit machen ließ?


  • Die Romanze macht mir Probleme


    Ja, die Olga-Geschichte ist auch für mich ein Durchhänger - schade.



    Im Kapitel in dem von der Reise nach Paris die Rede ist, erwähnt Stolz, dass es sich in drei Wochen von Sankt Petersburg nach Amerika reisen lässt. Habt ihr eine Idee, wie sich das zu dieser Zeit machen ließ?


    Per Schiff, wie sonst? :breitgrins:


    LG


    Tom

  • Per Schiff, wie sonst? :breitgrins:


    War das zu dieser Zeit in 3 Wochen zu machen? Durch die Ostsee, Skagerrak, Nordatlantik? Die Auswandererschiffe brauchten von Deutschland aus Monate.
    Vielleicht beruht ide Aussage aber schon auf Dampfschiffen.


    http://wissen.spiegel.de/wisse…ch%20Amerika&top=Lexikon:


    "So lag die durchschnittliche Reisedauer nach New York an Bord eines Segelschiffes zwischen 29 und 77 Tagen."

  • Eventuell hat Stolz die Zeit ein wenig "verkürzt", um Oblomow zu motivieren ...


    Das ist möglich denn drei Wochen sind schon ein wenig kurz.


    Zu Olga und Oblomow: Am liebsten würde ich Oblomow nehmen, schütteln und ihn fragen ob er nicht ganz dicht ist. Da ist ein nettes Mädchen, das etwas will von ihm und was macht der Herr der Schöpfung: Zerstört alles! Der Typ macht mich mittlerweile krank und dieser schwulstige Liebesbrief, dass er ganz unten liegt und sie noch immer über ihn schwebt war dann die Krönung des Kitsch.
    Ich hoffe das Buch wird wieder besser, denn den Start der Romanze zu lesen, fand ich ganz okay, aber jetzt geht mir O. mit seiner Nerverei und dem Herumgeheule, dass ihn Olga gar nicht lieben kann, nur mehr am Geist.


    Katrin

  • Das ist möglich denn drei Wochen sind schon ein wenig kurz.


    Zu Olga und Oblomow: Am liebsten würde ich Oblomow nehmen, schütteln und ihn fragen ob er nicht ganz dicht ist. Da ist ein nettes Mädchen, das etwas will von ihm und was macht der Herr der Schöpfung: Zerstört alles! Der Typ macht mich mittlerweile krank und dieser schwulstige Liebesbrief, dass er ganz unten liegt und sie noch immer über ihn schwebt war dann die Krönung des Kitsch.
    Ich hoffe das Buch wird wieder besser, denn den Start der Romanze zu lesen, fand ich ganz okay, aber jetzt geht mir O. mit seiner Nerverei und dem Herumgeheule, dass ihn Olga gar nicht lieben kann, nur mehr am Geist.


    Katrin


    Sir Thomas: könnte so sein. Stolz ist ein gewitzter Mann.


    Nicht ganz unerfahren mit dem Frauenbild des 19. Jahrhunderts, gelingt es mir jedoch immer wieder kaum, unamüsiert die Geschichten zu betrachten. Mir kommen bei diesen Schilderungen einer sich anbahnenden Romanze häufig Filme über Verhaltensforschung bei Tieren in den Sinn, in denen die skurrilen Anstrengungen der werbenden Geschlechter nicht ohne Komik sind, besonders in Verbindung mit den verbindlichen Konventionen der höheren Gesellschaft.


    Es gibt jedoch auch das zeitlose Element, und wie könnte man einem Mann nicht besser aus seiner Lethargie reißen als mit einer Frau? Wir wissen aus den ersten Kapiteln, dass Oblomow Frauen gegenüber Abneigung zeigt, wir kennen seine Geschichte nicht, soweit sie die Liebe und das Geschlechtsleben betrifft. Wir können aber annehmen, dass er als Mann über Dreißig, wenigstens einige Erfahrung besitzt. Mit Olga bekommt er nun eine mutige, unkonventionelle Frau zu Gesicht, die schnell seine Schwächen erkennt, sie liebenswürdig findet und so klug ist eine Rolle zu übernehmen, die vorher Stolz gespielt hat. Oblomow ist in dem Dilemma, dass seine äußeren Umstände nicht gerade reizvoll sind und geändert werden müssen. Er darf Olga vorläufig nicht zu nah an sich heran lassen um sie nicht abzuschrecken. Das zieht sich durch die ganze Geschichte. Olga zieht immer so vorsichtig am Faden, dass bei Oblomow keine richtigen Hemmungen entstehen. Jedenfalls führt die aufkommende, durch Olga genährte, Euphorie zu Aktivitätsschüben, die ich ihm vorher nicht zugetraut hätte. Pläne werden, wenigstens ansatzweise umgesetzt, Zweifel überwunden. Einiges an Oblomows Verhalten erscheint mir aber auch depressiv und hysterisch zu sein. Mein Eindruck ist jedoch, die verzweifelnden Gedanken treten dann erst auf, wenn man ihm die Überforderung abnehmen kann. Olga hilft ihm aber auch da wieder auf die Füße. Es ist natürlich, dass ein Antrag folgen muss, es ist natürlich, dass Olgas Einwilligung nun die bedeutenden Probleme wieder ans Tageslicht bringt und es ist natürlich, dass Oblomow nun erkennt, dass ein Gebirge zu überwinden ist, gegen seine Natur, gegen seinen Erfahrung.


    Fasse ich meinen Eindruck zum inhalt der Romanze zusammen, soweit ich sie gelesen habe, komme ich zu einem anderen Schluss, als Katrin. Sollte sich hier auch die Geschlechtsparspektive zeigen? :zwinker:
    Gontscharow macht hier aus O. keinen Pfau und keinen Trottel, er macht ihn zum Durchschnittsmann, einen, den sich heute Frauen ein paar Jahre gefallen lassen um ihn dann vor Glotze zu setzen. Gonscharow meidet alles Triviale, wie es sich so leicht in Geschichten dieser Art einschleicht. Oblomows Flehen, Olgas Stolz lassen sich ernst nehmen. Olgas Freiheiten lassen mich sie bewundern.


    Die Romanze kommt mir wieder wie eine eigenständige Geschichte vor. Man erkennt bei Oblomow nicht mehr die extreme Haltung des ersten Teils. Stolz und die Ortsveränderung hatte eine heilende Wirkung, wenigstens vorläufig und äußerlich. Was man über das Vorher wissen muss, ließe sich in wenigen Sätzen sagen. Abgesehen von den detailliert geschilderten Gesprächen der beiden Liebenden, den philosophischen Diskursen über Liebe und verliebt sein, kommt für mich jetzt auch Spannung in die Geschichte. Es lässt sich ahnen, dass Gotscharow noch Fallstricke ausgelegt hat (es sind noch viele Seiten) und ich bin in Versuchung auf die letzten Seiten zu blättern, um gleich zu erfahren, ob wieder der Gärtner der Mörder ist.



    @Katrin:
    Es gibt große Dichterinnen und Dichter, die Liebesbriefe schreiben konnten, die ohne Kitsch sind und doch voll Gefühl. Aber wollen wir das auch von O. oder von uns verlangen?
    Die Filmszenen, in den die sorgfältigen Bündel der Liebesbriefe ins Kaminfeuer fliegen, sie werden den meisten Liebesbriefen gerecht. :breitgrins:

  • Lost: O. muss sich ja nicht zum Trottel machen, aber ich hatte gehofft, dass die Wandlung aus ihm einen Mann und kein weinerliches Wrack gemacht hat, der vor jeder Frau Panik schiebt. Vielleicht hat sich Olga ja wirklich in ihn verliebt, wir wissen es nicht. Warum gibt er ihr nicht die Chance zu erklären? Stattdessen macht er gleich Schluss. Das ist nun mal nicht die Art wie ich Probleme angehe und ja, vielleicht erwarte ich zuviel von O. Aber weglaufen hat noch nie geholfen!


    Es kann auch sein, dass ich die Frauen von damals nicht verstehe. Ich bin jemand, der sagt was er denkt und sich nicht in hübsche Phrasen kleidet.
    Ich bin übrigens auch neugierig wie es weitergeht, ich konnte mich aber zusammen reißen und habe noch nicht auf den letzten Seiten gelesen :breitgrins:


    Katrin