August 2008 - Darwin: The Origin of Species

  • Guten Abend!


    Es freut mich sehr, die Leserunde zu einem der zweifellos wichtigsten und einflussreichsten Bücher zu eröffnen, die je geschrieben wurden, nämlich Darwins Hauptwerk.


    Ich lese die von J.W. Burrows herausgegebene Penguin Classics Ausgabe und fing heute mit Burrows Einleitung an.


    http://www.amazon.de/Origin-Sp…-Selection/dp/0140432051/


    Ich habe mich immer wieder mit dem aktuellen Stand der Evolutionstheorie beschäftigt und Biologie ist sicher die Wissenschaft mit der ich mich am meisten beschäftigt habe. Das heisst freilich nicht, dass ich mehr als ein ambitionierter Dilettant wäre.


    Jedenfalls bin ich auf das "Original" in Sachen Evolution sehr gespannt.


    CK

  • Hallo,


    der Vorschlag zur Leserunde gab mir endlich den entscheidenden Kick das Buch zu lesen das schon lange in meinem Regal steht.
    Ich lese die Ausgabe aus der Reihe "Klassiker des modernen Denkens" von 1973. Sie beruht auf der letzen Auflage die Darwin erstellt hat und beginnt mit einem interessanten geschichtlichen Überblick über Darwins Vorläufer (von ihm selbst geschrieben). Nebenbei habe ich noch das Reprint der ersten englischen Auflage.

  • Irgendjemand hat, glaube ich, irgendwo schon auf Richard Darwin Keynes (aka Richard Keynes) hingewiesen, den englischen Physiologen und Urenkel von Darwin, der einiges Interessantes über seinen Urgrossvater und die Evolutionslehre verfasst hat

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Meine englische Ausgabe ist von Darwins Urenkel Richard Keynes herausgegeben worden und bringt den Text der ersten Auflage.


    Interessant finde ich, wie Darwin die Evolution zuerst bei den durch menschlichen Einfluss geprägten Rassen reklamiert und demonstriert. (Auch wenn er daneben offenbar wirklich noch annimmt, es hätte 7 oder 8 verschiedene Arten von ursprünglichen Hunden gegeben. - Nun ja - auch Lorentz wollte neben den Wölfen auch noch die Schakale als mögliche Ahnen unserer Hunde ...) Erst nachdem er des langen und breiten die Tauben diskutiert hat, traut er sich im zweiten Kapitel in die Natur ...
    [hr]

    Ich habe mich immer wieder mit dem aktuellen Stand der Evolutionstheorie beschäftigt und Biologie ist sicher die Wissenschaft mit der ich mich am meisten beschäftigt habe.


    Mehr als ich von mir behaupten könnte ... :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Ich habe nun die ersten vier Kapitel fertig gelesen. Zumindest in Kapitel vier wird schon klar, warum man Darwin vorgeworfen hat, er stelle nur eine durch keinerlei Fakten untermauerte Theorie auf. Er bringt lauter hypothetische Fälle, die er nach eigenem Wunsch formuliert ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Ich habe nun die ersten vier Kapitel fertig gelesen. Zumindest in Kapitel vier wird schon klar, warum man Darwin vorgeworfen hat, er stelle nur eine durch keinerlei Fakten untermauerte Theorie auf. Er bringt lauter hypothetische Fälle, die er nach eigenem Wunsch formuliert ...



    Schon in den ersten Sätzen des ersten Kapitels deutet er ja schon diese Vorgehensweise an, weil das Studium der Domestikation die Merkmale deutlicher hervortreten lässt.
    Auch Wallace beginnt damit seine Argumentationskette. Möglicherweise hat das Darwin zum Anlass genommen ähnlich vorzugehen.


    Zu den schnellen Lesern werde ich diesmal nicht gehören. Meine Gedanken treiben zur Zeit in eine andere Richtung und man wird mich die nächsten Wochen durch Gegend scheuchen und es bleibt dann wenig Zeit fürs lesen.

  • Schon in den ersten Sätzen des ersten Kapitels deutet er ja schon diese Vorgehensweise an, weil das Studium der Domestikation die Merkmale deutlicher hervortreten lässt.


    Allerdings schwächelt diese Vorgehens- bzw. Argumentationsweise, weil Domestikation und die anschliessenden Vervielfältigung äusserer Merkmale m.W. letzten Endes keine neuen Spezies, sondern "nur" Rassen hervorgebracht hat ... Das wundert mich überhaupt, dass Darwin bisher nirgends so richtig auf den Unterschied von Art und Rasse eingeht, nirgends darauf eingeht, dass zwei Arten, wenn gekreuzt, bestenfalls unfruchtbare Nachkommen zeugen. Falls überhaupt so etwas wie Sex passiert. Rassen hingegen kreuzen sich ja - zum Leidwesen vieler Hundebesitzer ;) - gern und häufig.


    Auch Wallace beginnt damit seine Argumentationskette. Möglicherweise hat das Darwin zum Anlass genommen ähnlich vorzugehen.


    Klingt plausibel.


    Zu den schnellen Lesern werde ich diesmal nicht gehören. Meine Gedanken treiben zur Zeit in eine andere Richtung und man wird mich die nächsten Wochen durch Gegend scheuchen und es bleibt dann wenig Zeit fürs lesen.


    Macht nichts. Wir haben Zeit. Fast so viel wie die Evolution ... :breitgrins:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Es geht langsam vorwärts ...


    Es ist im Grossen und Ganzen schon verblüffend für mich, wieviel von der - zumindest volkstümlichen - heutigen Auffassung von Evolution bei Darwin schon zu finden ist. Mag sein, die Spezialisten haben seine Meinung bereits generalüberholt; aber von dem, was so allgemein vom Biologie-Unterricht haften bleibt, stammt doch so einiges von Darwin, finde ich. :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Ich lese dann einfach mal weiter, ja? :breitgrins:


    Das werde ich auch tun, nur wohl langsamer :sauer:


    Jetzt bin ich gerade durch das erste Kapitel gekommen, dass hauptsächlich Fakten und Vermutungen zur Züchtung enthält. Die Begriffe, die Darwin verwendet sind für mich noch undurchsichtig. Art, Unterart, Rasse, Unterrasse, Varietät, ich kann manchmal keine klare Abgrenzung erkennen. Da ich nie Biologieunterricht hatte und die Begriffe im 20.Jahrhundert in ihrer Bedeutung abgewandelt und präzisiert wurden, müsste wohl ein Fachlexikon helfen.
    Die Definition von Arten über die Fortpflanzungsfähigkeit stammt nach meinem Wissen von Mayr, also aus dem 20 JH und Darwin hat sie wohl nur in Ansätzen erkannt. Die damalige Abgrenzung von Arten wurde vorwiegend durch morphologische Kennzeichen festgelegt, was natürlich zu umstrittenen Zuordnungen führte. So werden heute die Finken, die Darwin von den Galapagosinseln mitbrachte in weniger Arten unterteilt als damals (entnehme ich aus dem Buch: Darwins Bilder).
    An manchen Textstellen kann ich richtig spüren, wie Darwin um das Rätsel des "inneren Antriebs" für die Varietätenbildung ringt. Er kann natürlich noch nichts von Genetik, Chromosomen und von DNA wissen.


    Mein Problem ist, dass ich morgens große Lust habe weiter zu lesen, meine geistige Energie aber für Arbeit verschwenden muss und abends zwar noch viel Arbeit, aber wenig Energie übrig bleibt :zwinker: Aber ich habe schon einige Bücher vorgenommen, in die ich mich erst einlesen musste, um sie dann zu verschlingen wie eine Tafel Schokolade.


    Das Buch hätte eine kommentierte Ausgabe verdient. Es gibt doch so viel arbeitslose Biologen, die kann man doch dafür ausbeuten :zwinker:

  • Das Buch hätte eine kommentierte Ausgabe verdient. Es gibt doch so viel arbeitslose Biologen, die kann man doch dafür ausbeuten :zwinker:


    Die meisten können allerdings leider nicht schreiben. Was Darwin hingegen durchaus konnte ;).

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Mittlerweile habe den Kampf ums Dasein hinter mir gelassen ;-)


    Die Erörterung der Begriffe und deren Unklarheiten am Anfang von Kapitel 2 tut gut, denn ich kam wirklich im ersten ins schwimmen weil sich die Begriffe nicht richtig abgrenzen ließen. Es lässt sich nun auch gut verstehen, warum Darwin mit der Diskussion der Züchtung beginnt. Da er wenig belegbare Beispiele für den Einfluss des Daseinskampfes auf die Entwicklung zur Verfügung hat, sucht er mehr nach Analogien um seine Hypothesen aufzustellen. Teilweise ließt sich das wie Vorschläge für Forschungsarbeiten. Er hätte an einer Uni bestimmt eine große Horde von Schülern beschäftigen können.
    Einerseits bin ich erstaunt, wie viel die Naturforscher zu dieser Zeit schon untersucht haben, andererseits zeigt der Text auf, wie wenig das noch ist. Eine Auswirkung von Darwins Buch könnte sein, dass nun die Forscher einen Leitfaden zur Verfügung haben, der ihnen bei ihren spezifischen Untersuchungen vorzeichnet auf was sie besonders zu achten haben. Die Biologie hat quasi damit die Wechselwirkung zu einem Kernthema gemacht. Gefährlich, wenn man sich auf vorgegebene Pfade beschränkt, deshalb ist die Kritikfähigkeit in der Wissenschaft noch immer die Eigenschaft die mit an erster Stelle stehen sollte.
    Zu Beginn des dritten Kapitels findet er richtig poetische Sätze. Ich sehe ihn da in seinem bequemen Sessel am Fenster sitzen, mit dem Schreibbrett über den Armlehnen. Soweit ich mich noch an eine Biografie über ihn erinnere, war das sein bevorzugter Schreibplatz.
    Nun habe ich mich eingelesen und hoffe in den nächsten, ziemlich ausgefüllten Wochen, einige zusammenhängende Stunden für Darwin abzwicken zu können in denen mir nicht ständig die Augenlider herunterklappen




    Die meisten können allerdings leider nicht schreiben. Was Darwin hingegen durchaus konnte ;).


    Das Biologen bzw. Naturwissenschaftler nicht schreiben können halte ich für ein unangemessenes Vorurteil. Wer sich einmal amerikanische Lehrbücher anschaut, findet spannende, didaktisch gut aufbereitete Texte, und ich möchte nur die Bücher von Mayr erwähnen, die auch gehobenen sprachlichen Ansprüchen gerecht werden.
    Wenn ich dagegen an den Kommentarband zum "Zauberberg" oder die Kommentare zum "Ulysses" denke, finde ich bei naturwissenschaftlichen Sachbüchern häufig mehr Einfühlungsvermögen für die Leser (allerdings auch nicht immer).


    EIn Kommentarband zum "Ursprung der Arten" dürfte deutlich umfangreicher sein als das Buch selbst. Jedenfalls ist er überfällig!

  • Es lässt sich nun auch gut verstehen, warum Darwin mit der Diskussion der Züchtung beginnt. Da er wenig belegbare Beispiele für den Einfluss des Daseinskampfes auf die Entwicklung zur Verfügung hat, sucht er mehr nach Analogien um seine Hypothesen aufzustellen.


    Ja. Aber Analogien sind gefährlich ... :breitgrins:


    Im übrigen hat er sich unterdessen zum Thema Art vs. Rasse geäussert. Und die offenbar schon damals existierendende These, dass Kreuzungen von Rassen meist unfruchtbar sind, widerlegt. Z.B. mit dem Argument, dass ja die Hunde, die ja von verschiedenen Rassen abstammen, untereinander fruchtbar sind. - - - Mit andern Worten: Darwin ist absolut blind gegenüber dem Umkehrschlusss: Wenn die Hunde untereinander fruchtbar sind, können sie nur derselben Rasse angehören. Schade, da hätte ich von einem so wichtigen Forscher mehr erwartet ... :rollen:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Im übrigen hat er sich unterdessen zum Thema Art vs. Rasse geäussert. Und die offenbar schon damals existierendende These, dass Kreuzungen von Rassen meist unfruchtbar sind, widerlegt. Z.B. mit dem Argument, dass ja die Hunde, die ja von verschiedenen Rassen abstammen, untereinander fruchtbar sind. - - - Mit andern Worten: Darwin ist absolut blind gegenüber dem Umkehrschlusss: Wenn die Hunde untereinander fruchtbar sind, können sie nur derselben Rasse angehören. Schade, da hätte ich von einem so wichtigen Forscher mehr erwartet ... :rollen:


    Verstehe ich nicht ! Verwechselst du vielleicht Rasse mit Art? Da heute der Begriff Rasse durch "Unterart" ersetzt ist, können Kreuzungen zwischen Individuen verschiedener Unterarten selbstverständlich fruchtbar sein.

  • Hallo!


    Wie ich sehe, hat sich hier schon ein fruchtbarer Dialog entwickelt :smile:


    Ich komme erst langsam in die Gänge. Bisher las ich J.W. Burrows sehr ausführliche "Introduction" seiner Ausgabe. Er versucht Darwins Leistung sowohl in den historischen als auch zeitgenössischen Kontext zu stellen und hebt speziell die Schwierigkeiten hervor, die sich Darwin in den Weg stellten.


    Das erste Kapitel hat mich ob der eklektischen Vorgehensweise auch etwas verblüfft. Darwin schreibt ziemlich fröhlich darauf los und ich bin mir nicht sicher, ob die gewählte Beispiele immer so viel (oder so wenig) Platz bekommen, wie sie verdienen. Er scheint sich der argumentativen Probleme aber sehr bewusst zu sein und vermeidet jede Präpotenz in der Argumentation, was mir immer sympathisch ist. Er versucht nicht zu kaschieren, sondern spricht (auch schon in der "Introduction") die Schwierigkeiten immer offen an. Ein Beleg dafür ist ja auch die häufige Verwendung des Verbs "believe".


    Werde am Wochenende noch einiges weiterlesen und habe wie Lost im Moment nicht so viel Lesezeit wie ich gerne hätte. Bin im September auch eine knappe Woche in London ...


    CK

  • Ja, sorry :redface: . Kreuzungen von Arten (Species) sind meist unfruchtbar, wollte ich selbstverständlich sagen ...


    Bedeutet das, du ziehst auch deinen Tadel zurück ?


    Mittlerweile bin ich im 5. Kapitel. Ein oberflächlicher Vergleich zeigt, dass die Späte Ausgabe, die ich lese, deutlich umfangreicher ist als die erste Auflage. Mir scheint auch, dass sich Darwin darin speziell mit Einwänden auseinander setzt, die in der Zwischenzeit erhoben wurden.
    Im Abschnitt über Rückbildung von Körperteilen hatte ich zunächst Verständnisschwierigkeiten. Erst später erklärt das D. mit der Ökonomie der Nahrungsaufnahme und -umsetzung, was ich wieder für plausibel halte. Für die Ausbildung von spezialisierten Körperteilen und der Vererbung von Merkmalsgruppen ist Darwin noch auf Lamarck bzw. auf Ratlosigkeit angewiesen ;-)


    Nun wird für die Beweiskette die Geologie bedeutend und hier ist Darwin ja auch sehr bewandert. Die Geologen haben ja auch den ganzen Offenbarungsschnickschnack empirisch zuerst in Frage gestellt. Das erscheint mir in der philosophielastigen Kulturbetrachtung nicht ausreichend gewürdigt zu sein.


    Analogien bei unserem Thema sind m.E. nicht allzu gefährlich. Sowohl für die Züchtung, als auch in der Natur ist es ja die Mutation, die die Auswahl erlaubt, also derselbe Faktor. Die verschiedenen äußeren Umstände lassen sich dann herausarbeiten, wenn auch in vielen Fällen wohl nicht zwingend.