August 2008 - Darwin: The Origin of Species

  • Bedeutet das, du ziehst auch deinen Tadel zurück ?


    Nein: Aber ich muss da ein paar Wörter ersetzen:


    Im übrigen hat er sich unterdessen zum Thema Art vs. Rasse geäussert. Und die offenbar schon damals existierendende These, dass Kreuzungen von Rassen Arten meist unfruchtbar sind, widerlegt. Z.B. mit dem Argument, dass ja die Hunde, die ja von verschiedenen Rassen Arten abstammen, untereinander fruchtbar sind. - - - Mit andern Worten: Darwin ist absolut blind gegenüber dem Umkehrschlusss: Wenn die Hunde untereinander fruchtbar sind, können sie nur derselben Rasse Art angehören. Schade, da hätte ich von einem so wichtigen Forscher mehr erwartet ... :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Nein: Aber ich muss da ein paar Wörter ersetzen:


    Im übrigen hat er sich unterdessen zum Thema Art vs. Rasse geäussert. Und die offenbar schon damals existierendende These, dass Kreuzungen von Rassen Arten meist unfruchtbar sind, widerlegt. Z.B. mit dem Argument, dass ja die Hunde, die ja von verschiedenen Rassen Arten abstammen, untereinander fruchtbar sind. - - - Mit andern Worten: Darwin ist absolut blind gegenüber dem Umkehrschlusss: Wenn die Hunde untereinander fruchtbar sind, können sie nur derselben Rasse Art angehören. Schade, da hätte ich von einem so wichtigen Forscher mehr erwartet ... :winken:



    Dazu möchte ich dich um eine Textreferenz bitten. Ich kann das nicht glauben, es sei denn die Begriffe werden hier wieder unklar benutzt.


  • Da muss ich Dich um ein wenig Geduld bitten ... ich muss die Stelle erst wieder suchen - das kann ein paar Tage dauern ... :winken:


    Natürlich!


    Gestern habe ich auch länger gebraucht um eine Parallelstelle aus meiner Ausgabe im Reprint des Orgonals zu finden :grmpf: Bin aber insgesamt gut weiter gekommen.
    Falls du dich an das Kapitel und vielleicht das Unterkapitel erinnerst reicht mir das.


    Zur Zeit stehe ich vor der Bastartisierung :zwinker: da sollte die Kreuzungsfähigkeit ein zentrales Thema sein.


    Abschnittsweise habe ich einiges, was seine ausführliche Erörterung von Beispielen betrifft, in den letzten Kapiteln nur flüchtig gelesen, da die geschilderten Fällen bestimmt weiter untersucht wurden und seine Schlüsse vielleicht nicht haltbar sind. Im Kapitel über den Instinkt ist mir einiges fragwürdig, zu Mal in Ernst Mayr: "Das ist Evolution" der Begriff Instinkt garnicht im Register auftaucht.


    Die Fülle von Fakten erstaunt mich immer wieder.

  • Hallo!


    Ich habe mich nun bis zum fünften Kapitel vorgearbeitet und bin in mehrere Hinsicht überrascht. So erscheinen mir diese Kapitel deutlich weniger diffus zu sein als das erste. Ich hätte auch nicht erwartet, dass sich die Kernbegrifflichkeit der Evolutionstheorie, die ja bis heute verwendet wird, schon so in aller Pracht bei Darwin wieder findet.


    Ich lese übrigens die erste Ausgabe des Buches. Laut meinem Herausgeber sind die späteren Ausgabe durch Rechtfertigungen, Exkurse und diverse Streichungen gekennzeichnet, so dass man sich am besten mit der "Originalausgabe" ein Bild macht.


    Was die Argumentation Darwins angeht, bin ich etwas hin und her gerissen: Eigentlich ist seine Vorgehensweise oft ziemlich frech, weil er zur Stützung seiner Thesen auf Fakten verweist, die er erst im nächsten Buch publizieren will, so dass er immer wieder auf empirische Sachverhalte verweist, die ins Leere laufen (obwohl er schon immer einige Beispiele bringt). Auf der anderen Seite tut er das mit einer erfrischenden Offenheit (schreibt auch sehr oft nur, dass er etwas glaubt (believe), so dass dies sehr aufrichtig, uneitel und auch objektiv klingt. Rhetorischen Tricks etc. ist er abhold, seine Spitzen sind ziemlich fein (gegen die Creationisten etwa).


    Als jemand, der mit der Evolutionstheorie aufgewachsen ist, fällt es mir schwer, die Wirkung und die Überzeugungskraft des Origin zu beurteilen. Die Argumentation wirkt für mich durchaus sehr schlüssig und ich kann mir gut vorstellen, dass die ersten Leser eine Reihe von AHA-Erlebnissen hatten. Vieles geht ja auch mit dem Hausverstand konform, wenn man über das Theme nachdenkt.


    "Höhepunkt" der Leseerfahrung war bisher das Kapitel "Struggle for Existence". Zum einen bin ich ein Freund einer nüchternen Naturbetrachtung. Zum anderen kann man sich denken, dass dieser schonungslose Blick auf den Existenzkampf im Tier- und Pflanzenreich vielen einen Schock versetzt hat. Das romantische Naturbild war ja speziell in der Bildungsschicht damals (und leider ja auch heute noch) weit verbreitet.


    In Eure Begriffsdiskussion mische ich mal nicht ein. Denke dass sich Darwin aber dieser Problematik sehr bewusst war. Er thematisiert das ja auch regelmäßig.


    CK

  • Evolution
    Beetle drive


    Aug 28th 2008
    From The Economist print edition
    Dung beetles provide an object lesson in the speed of natural selection


    ONE of the lies regularly promulgated by creationist ideologues is that you cannot see evolution in action right now. For microorganisms this is obviously untrue. The evolution of new viral diseases, such as AIDS, is one example. The evolution of antibiotic-resistant bacteria is another. But bacteria and viruses breed fast, so natural selection has time, within the span of a human life, to make a difference. For species with longer generations, examples are less numerous. But they do exist.


    A new one has just been published, appropriately, in Evolution. It concerns dung beetles. Harald Parzer and Armin Moczek, of Indiana University, have been studying a species called Onthophagus taurus. Or, rather, it was a species 50 years ago, but it is now heading rapidly towards becoming at least four of them.


    Onthophagus taurus lives naturally in southern Europe and the Middle East, but it has booted about a bit and is now found in many other places too. Mr Parzer and Dr Moczek looked at beetles from the east and west of Australia (where it was deliberately introduced to deal with the dung of non-native livestock) and North Carolina, together with an aboriginal population from Italy. Their interest was the trade-off that the males of various populations make between what they delicately describe as the beetles’ primary and secondary sexual characteristics—in other words, their penises and their horns. The researchers’ hypothesis was that the bigger the horns, the smaller the penis, and vice versa.


    Male Onthophagus beetles use their horns to fight over females. Lose a fight and you do not get to mate. On the other hand, if you do get to mate, having big sexual organs is likely to increase the chance that it will be your sperm, rather than another male’s, that fertilise the female’s eggs. Beetles, like butterflies and moths, have a four-stage life cycle of egg, larva, pupa and adult. Mr Parzer and Dr Moczek hypothesised that given the limited resources available to make an adult beetle (in other words, the flesh of the larva that made the pupa), those parts of the adult focused on reproducing will take a constant chunk. Exactly how that chunk is allocated will depend on the local conditions the adult has to face. The more fighting it is likely to have to do, the more its horns will require, and the less will be left over for its penis.
    The horns of a dilemma


    As they predicted, the two researchers found that the bigger a beetle’s horns, the smaller its penis. More importantly, though, the ratio was different in each of the four populations, but similar within each population. That suggests it is being set by local natural selection in each place. Moreover, Mr Parzer and Dr Moczek also looked at ten other species of Onthophagus to see whether the trade-off applied to them too. It did. The ratio of horn to penis size was different in each species, but consistent within a species.


    Given the need for male and female organs to fit together, the researchers suggest that selection of horn size might be the main method of speciation in Onthophagus. Horn size determines penis size. Penis size then dictates vagina size. That stops crossbreeding between groups and provides the reproductive isolation that groups need to evolve into species.


    As evidence, they point out that the genus Onthophagus has 2,400 species—more than any other in the animal kingdom. And their work suggests it is just about to get three more, in the shape of the east and west Australian, and North Carolinian populations, if, indeed, these groups are not species already. Since it is known when these populations were introduced, and none is more than half a century old, evolution seems to have worked its wonders well within a human lifetime. Darwin, no doubt, would have been delighted.


    http://www.economist.com/scien…ory.cfm?story_id=12001839


  • Dazu möchte ich dich um eine Textreferenz bitten. Ich kann das nicht glauben, es sei denn die Begriffe werden hier wieder unklar benutzt.


    Z.B. in Kapitel 8, Sektion «FERTILITY OF VARIETIES WHEN CROSSED, AND OF THEIR MONGREL OFFSPRING.»:
    If we turn to varieties, produced, or supposed to have been produced,under domestication, we are still involved in doubt. For when it isstated, for instance, that the German Spitz dog unites more easilythan other dogs with foxes, or that certain South American indigenousdomestic dogs do not readily cross with European dogs, the explanationwhich will occur to everyone, and probably the true one, is that thesedogs have descended from several aboriginally distinct species.Nevertheless the perfect fertility of so many domestic varieties,differing widely from each other in appearance, for instance of thepigeon or of the cabbage, is a remarkable fact; more especially whenwe reflect how many species there are, which, though resembling eachother most closely, are utterly sterile when intercrossed. Severalconsiderations, however, render the fertility of domestic varietiesless remarkable than at first appears. It can, in the first place, beclearly shown that mere external dissimilarity between two speciesdoes not determine their greater or lesser degree of sterility whencrossed; and we may apply the same rule to domestic varieties. In thesecond place, some eminent naturalists believe that a long course ofdomestication tends to eliminate sterility in the successivegenerations of hybrids, which were at first only slightly sterile; andif this be so, we surely ought not to expect to find sterility bothappearing and disappearing under nearly the same conditions of life.


    Quelle: http://www.gutenberg.org/dirs/etext98/otoos11.txt


    :winken:

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  • Auf die Schnelle: Sandhofer, danke für die Referenz. Ich lese ja die deutsche Übersetzung einer späteren Auflage und muss mich erst noch orientieren. Seit Anfang der Woche konnte ich keine Zeile lesen, hoffe aber bis Mitte nächster Woche mein Plädoyer vortragen zu können. Es sieht danach aus, dass ich auf Freispruch plädiere :smile:

  • Hallo!


    Kapitel fünf bis sieben sind nun ebenfalls gelesen.


    Über den Begriffs "Law", den ich Darwin in "Laws of Variation" so gerne verwendet könnte man sicher auch trefflich streiten. Auch hier hat mich wieder sehr erstaunt, wie genau er die Rolle der Vererbung (er spricht ja immer vom "reproductive system") beim Prozess der Variation errät.


    Die Beispiele, die er für die einzelnen Fälle bringt, erscheinen mir durchaus nachvollziehbar zu sein.


    Beim sechsten Kapitel gefällt mir schon der Titel "Difficulties on Theory". Wissenschaftstheoretisch geht Darwin hier mustergültig vor: Er versucht mit kritischen Einwänden seine Theorie zu widerlegen und diese dann dagegen zu verteidigen. Es lässt sich ja bis heute gut beobachten, dass es die Evolutionstheoretiker sind, die sehr selbstkritisch zu Werke gehen, während die Creationisten / ID Anhänger gar nicht auf die Idee kommen, ihre göttlichen Inspirationen kritisch in Frage zu stellen.


    Hier wird auch deutlich, dass Darwin nicht nur in Sachen Genetik auf das richtige Pferd gesetzt hat. Auch seine paläontologischen Vermutungen (nämlich, dass es viel mehr Fossile gibt, als zu seiner Zeit bekannt) haben sich später bestätigt.


    "Instincts" setzt die Reihe der selbstkritischen Kapitel fort. Hier fand ich besonders die Diskussion rund um die mathematische Effizienz der Bienen und über die sklavenhaltenden Ameisten gut zu lesen.


    CK

  • Auch hier hat mich wieder sehr erstaunt, wie genau er die Rolle der Vererbung (er spricht ja immer vom "reproductive system") beim Prozess der Variation errät.


    Hier habe ich mich immer gefragt: Meint er wirklich so etwas Abstraktes wie "Vererbung" oder etwas viel Konkreteres, nämlich die jeweiligen Reproduktionsorgane, wie z.B. Hoden, Eierstöcke oder auch Eier und Samen? Gerade, wenn er von domestizierten Rassen-Bindestrich-Arten-Bindestrich-Ichweissnichtwas spricht, scheint er sehr konkret zu denken ...


    Wissenschaftstheoretisch geht Darwin hier mustergültig vor:


    Sind es (wissenschafts-)theoretische Gründe oder ganz einfach Vorsicht, weil er genau wusste, dass er gegen sehr viel populäre Vorurteile verstiess?


    Ich habe mir übrigens - allerdings auf Deutsch und in der Übersetzung der 2. Auflage - noch sein Buch über Die Abstammung des Menschen besorgt. Da sollte es ja nun richtig ans Eingemachte gehen ...

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  • Sind es (wissenschafts-)theoretische Gründe oder ganz einfach Vorsicht, weil er genau wusste, dass er gegen sehr viel populäre Vorurteile verstiess?


    Ich habe mir übrigens - allerdings auf Deutsch und in der Übersetzung der 2. Auflage - noch sein Buch über Die Abstammung des Menschen besorgt. Da sollte es ja nun richtig ans Eingemachte gehen ...


    Das eine schließt das andere meiner Meinung nach nicht aus. Ich habe als Begleitlektüre hier noch die rororo monographie über Darwin sowie den Darwin-Roman von Irving Stone liegen.


    CK

  • Nein. Aber war zu jener Zeit überhaupt ein nennenswertes wissenschaftstheoretisches Bewusstsein schon ausgebildet?


    Klar, das 19. Jahrhundert war ja eine Blütezeit der Naturwissenschaften.


    In meiner Aufzählung oben habe ich vergessen: David Quammens "Reluctant Mr. Darwin. An Intimate Portrait of Charles Darwin and the Making of His Theory of Evolution" als Hörbuch habe ich hier auch noch. Damit werde ich morgen anfgangen.


    CK

  • Darwin erinnert mich ein bisschen an Newton. Seine Resultate bzw. Theorien sind bahnbrechend und werden auch von der heutigen Forschung im Grossen und Ganzen immer noch akzeptiert. Aber wie die beiden zu ihren Resultaten gekommen sind, ist oft zweifelhaft, wenn nicht sogar ganz einfach falsch ... :smile:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Darwin erinnert mich ein bisschen an Newton. Seine Resultate bzw. Theorien sind bahnbrechend und werden auch von der heutigen Forschung im Grossen und Ganzen immer noch akzeptiert. Aber wie die beiden zu ihren Resultaten gekommen sind, ist oft zweifelhaft, wenn nicht sogar ganz einfach falsch ... :smile:



    Einstein schlug ein Experiment zur Frage der Zeitdilation seiner Speziellen Relativitätstheorie vor, bei dem zwei Uhren verglichen werden sollten, wobei eine in Polnähe, die andere in Äquatornähe stehen sollte. Hätte man damals ausreichend präzise Uhren gehabt, wäre das Ergebniss eine Widerlegung der Speziellen Relativitätstheorie gewesen, da er damals Gravitationeffekte nicht berücksichtigt hat, die er dann selbst [sic] in der Allgemeinen Relativitätstheorie beschreiben konnte.


    Die Basis einer Theorie in den Naturwissenschaften sind nahezu immer Postulate, die sich nicht beweisen lassen, es sei denn es besteht eine übergeordnete Theorie. Deshalb ist es im Grunde egal, auf welchem Weg die Postulate entwickelt werden. Sie müssen sich nur durch möglichst viele Spezialfälle begründen (was im Sprachgebrauch auch gerne als Beweisführung im naturwissenschaftlichen Sinn verstanden wird) und im Prinzip durch andere widerlegen bzw. abgrenzen lassen. So sind die Newtonsche Gesetze der Mechanik nicht beweisbar, aber sie könnten durch Experimente im Prinzip widerlegt werden und sind durch die Relativitätstheorie begrenzt auf kleine Geschindigkeiten und Gravitationsfelder.
    Auch Darwins Postulate, d.h. Variation und Selektion als "Triebkräfte" der Evolution sind zu stützen , aber nicht allgemein zu beweisen.

  • Man könnte meinen, die lesen bei uns mit ... :breitgrins:


    Die Wissenschaftliche Buchgesellschaft veröffentlicht dieser Tage den Reprint der ersten deutschen Auflage (Über die Entstehung der Arten im Thier- und Pflanzenreich durch natürliche Züchtung. Untertitel: Erhaltung der vervollkommneten Rassen im Kampfe um's Daseyn) von 1860. Übersetzer war H. G. Bronn.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus