Jorge Luis Borges

  • Hallo zusammen!


    Ich habe mir mal zwischendurch die Kurztextesammlung Das Aleph von Borges "'reingezogen". Nicht alles von erster Qualität, aber doch immer bemerkenswert. Das Aleph selber, die Titelgeschichte ist eigentlich eher philosophisch interessant als literarisch - wie die meisten dieser Texte. Und - leider - v.a. in gewissen esoterischen Kreisen ziemlich bekannt geworden ... Dennoch: Ein Autor, den man gelesen haben sollte ...


    Grüsse


    sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Das wurde aber auch Zeit, dass Jorge Luis Borges hier empfohlen wird ! Seine Essays und Erzählungen sind atemberaubend. Außer dem "Aleph" sind aus dem gleichnamigen Erzählband besonders lesenswert: "Die Theologen", "Das Haus des Asterion", "Deutsches Requiem" (!), Averroes auf der Suche" und die "Inschrift des Gottes".
    Phantastisch sind auch Borges' legendäre Havard- Vorlesungen aus den 60iger Jahren. Zitat aus dem Klappentext: "Eine Wanderung des vielleicht belesendsten Mannes seiner Zeit durch die Weltliteratur"(Daniel Kehlmann)
    Ich habe jetzt mit seiner "Universalgeschichte der Niedertracht"begonnen. Vielleicht versteht Ihr meine Faszination, wenn Ihr den Anfang hört: " Im Jahre 1517 bewies der Padre Bartolomé de las Casas großes Erbarmen mit den Indios, die sich in den Marterhöllen der Goldgruben auf den Antillen abquälten;er schlug dem Kaiser Karl dem V. vor, Neger einzuführen, die sich in den Marterhöllen der Goldgruben auf den Antillen abquälen sollten. Dieser wunderlichen Nuance eines Menschenfreundes verdanken wir eine Unmenge von Tatsachen: die Blues von Handy, den Erfolg, den in Paris der uruguayische Maler und Doktor Don Pedro Figari errang, die schöne wildwüchsige Prosa des gleichfalls uruguayischen Don Vicente Rossi, die mythologische Größe Abraham Lincolns, die fünfhunderttausend Toten im Sezessionskrieg, die dreitausenddreihundert Millionen , die an Militärpensionen ausgezahlt wurden, das Denkmal des Phantasiehelden Falucho, die Aufnahme des Verbs "lynchen" in die dreizehnte Ausgabe des Wörterbuches der Akademie , den..."
    Ich kann gar nicht begreifen , wie mir die Existenz dieses Schriftstellers so lange verborgen bleiben konnte. Die Begeisterung der Esoterik- Fraktion kann ich nur teilweise verstehen. Ich war sehr erstaunt eine Parabel von Borges ("Die beiden Träumer ") als Plot des "Alchimisten" von Coelho wiederzufinden. Die beiden Schriftsteller trennen Welten.
    Übrigens auch noch interessant zu lesen : "Einhorn , Sphinx und Salamander" und "Kabbala und Tango" .
    Grüße an alle Leser von G.

  • Mit Esoterik und mit Paulo Coelho hat Borges so viel zu tun, wie Dieter Bohlen mit Johann Sebastian Bach, nämlich gar nichts. Leider oder glücklicherweise kann sich aber kein Schriftsteller, Dichter oder Philosoph seine Leser, Rezipienten und Jünger aussuchen, sonst würden vermutlich weltweit viele, sehr viele Bücherregale leerstehen.
    Grüße von der Leserin

  • Natürlich war Borges selber kein Esoteriker. Aber gerade z.B. das Aleph, das Ding, das alle Dinge enthält, hat Leute aus dem Umkreis von Gurdijeff doch sehr fasziniert ... :winken:

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  • Ihr Lieben,


    ich habe bislang noch keinen Zugang zu Borges gefunden, las aber immerhin seinen Essay "Historia del tango" mit größtem Vergnügen. Könnt Ihr mir jenseits der bekannten Werke (Aleph, Bibliothek von Babel) etwas empfehlen, was eher in die essayistische Richtung geht?


    Vielen Dank und viele Grüße


    Sir Thomas

  • Hallo Sir Thomas,
    das mit dem Zugang wird schon noch klappen. "Das Handwerk des Dichters" ist 2002 bei Hanser erschienen und ein kleines Meisterwerk. Es weist Borges als liebenden Leser aus, dem das Gelesene näher steht, als das von ihm selbst Geschriebene. Es handelt unter anderem von seiner Liebe zu Homer und Shakespeare. Seine wunderbaren Gedichte solltest du auch lesen, und natürlich alles andere von ihm, besonders "Die Bibliothek von Babel" ist für einen Bücherliebhaber Pflicht, denn ihm ist das Universum sowieso eine Bibliothek.
    Grüße von der Leserin


  • Hallo Sir Thomas,
    das mit dem Zugang wird schon noch klappen. "Das Handwerk des Dichters" ist 2002 bei Hanser erschienen und ein kleines Meisterwerk. Es weist Borges als liebenden Leser aus, dem das Gelesene näher steht, als das von ihm selbst Geschriebene. Es handelt unter anderem von seiner Liebe zu Homer und Shakespeare. Seine wunderbaren Gedichte solltest du auch lesen, und natürlich alles andere von ihm, besonders "Die Bibliothek von Babel" ist für einen Bücherliebhaber Pflicht, denn ihm ist das Universum sowieso eine Bibliothek.
    Grüße von der Leserin


    Liebe Leserin,


    ich hoffe auf einen Zugang, der aber nicht über die "Bibliothek von Babel" erfolgen kann. Daran bin ich schon gescheitert. Von den Gedichten habe ich gehört. Wahrscheinlich sind die lyrischen Werke sowie "Das Handwerk ..." eher geeignet, mir den großen Argentinier näher zu bringen.


    Viele Dank und viele Grüße


    Sir Thomas

  • Hallo lieber Sir Thomas,
    bist du sicher, dass wir von derselben Kurzgeschichte sprechen, in der es heißt : "Ich behaupte, daß die Bibliothek kein Ende hat."? Wenn ja, kannst du dein Scheitern näher erklären?
    Grüße von der Leserin


  • ... bist du sicher, dass wir von derselben Kurzgeschichte sprechen, in der es heißt : "Ich behaupte, daß die Bibliothek kein Ende hat."?


    Liebe Leserin,


    das muss ich bei Gelegenheit mal überprüfen. Ich gehe aber davon aus, dass wir von derselben Geschichte sprechen.


    Viele Grüße


    Sir Thomas


  • bist du sicher, dass wir von derselben Kurzgeschichte sprechen, in der es heißt : "Ich behaupte, daß die Bibliothek kein Ende hat."? Wenn ja, kannst du dein Scheitern näher erklären?


    Liebe Leserin,


    ich habe inzwischen die Geschichte noch einmal gelesen und verstehe meine früheren Vorbehalte nicht mehr. Vielleicht habe ich den ersten Versuch zu einem falschen Zeitpunkt unternommen. Von einem erneuten Scheitern kann keine Rede mehr sein.


    Gut, dass Du so beharrlich bist! :zwinker:


    Viele Grüße


    Sir Thomas

  • Na bitte, lieber Sir Thomas, ich dachte mir doch, das Universum als Bibliothek, diese Vorstellung müßte dir gefallen.
    Viele Grüße von der beharrlichen Leserin

  • Hallo zusammen,


    durch eure Diskussion angespornt, habe ich heute auch die Bibliothek von Babel dazwischen geschoben... zu meinem allergrößten Vergnügen. :smile:


    liebe Grüße
    donna

  • Hallo allerseits,


    ich war gestern in einem Theaterstück, wo in einer Szene aus der Erzählung "Das Sandbuch" vorgetragen wurde. Ehrlich gesagt war ich überrascht, wie zugänglich Sprache und Geschichte waren ... ich hatte mir Borges irgendwie sperriger vorgestellt. Oder ist die Erzählung vielleicht nicht repräsentativ!?

    "Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of books she wants to read, who has had a library card since she was twelve."

  • Ich lese gerade "Der Geschmack des Apfels" - eine Auswahl seiner Gedichte.... ich kann diesen Band sehr empfehlen, das letzte was diese Gedichte sind ist sperrig....da tue ich mir mit Schiller, den ich seit dem WInter lese, "schwerer" (also, im Vergleich, ich finde ihn sehr angenehm zu lesen, obwohl ich manchmal Fussnoten zu bestimmten mythologischen Figuren, die er erwähnt, vermisse....die kenn ich ja alle nicht! :rollen:)

  • "Sperrig" würde ich Borges nun ja auch nicht nennen. Wobei ich zugeben muss, dass ich nicht mal wusste, dass er Gedichte geschrieben hat.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus