August 2004: Robert Musil - Der Mann ohne Eigenschaften

  • Hallo zusammen!


    OK, waldfee & navigator, Ihr seid mit Verdacht verschoben. Vielleicht findet sich ja noch der eine oder die andere zum Mitlesen. Ich finde es ehrlich gesagt schade, wenn Leserunden mit nur 2 Teilnehmern starten - auch, weil, wenn auch nur 1 ausfällt, das ganze Projekt stirbt. Bei mir persönlich liegt Der Mann ohne Eigenschaften aber im Moment schlicht nicht drin. So in 2 oder 3 Jahren vielleicht :breitgrins:


    Schade, denn er hat imho einen der genialsten Anfänge der Weltliteratur.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Liebe "MoE-Fans",


    ich freue mich sehr, daß die Leserunde gestartet ist. Ich bin sehr gespannt. Es ist ist sicher eine anspruchsvolle Aufgabe, dieses sehr umfangreiche Werk zu lesen.


    Aber nach einigen Seiten bin ich fest davon überzeugt: Es lohnt sicht! Mir sind schon lange nicht mehr derart durchkonstruierte Sätze begegnet, die sich geichzeitig so flüssig lesen lassen. Irgendwo - ich glaube es war sogar hier im Forum - habe ich gelesen, daß Musil ganze Kapitel umgeschrieben hat, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war. Das kann ich nunmehr bereits nachvollziehen.


    Und sandhofers Bemerkung hinsichtlich eines der genialsten Romananfänge kann ich voll unterstreichen. Es ist einfach zauberhaft, was mit Sprache alles hervorgebracht werden kann. Es gelingt Musil, den einfachen Satz "Es war ein schöner Augusttag des Jahres 1913" durch einen Absatz von über 10 Zeilen zu umschreiben. Und irgendwie schwingt eine wenig mit, daß Musil eine technische Ausbildung hatte. Er war Ingenieur. Das finde ich besonders interessant; ich bin nämlich selbst ein Ingenieur. Leider nicht mit den sprachlichen Fähigkeiten eines Robert Musil :smile:


    Daher mein Apell an alle Zögernden: Springt auf den Zug auf, solange er noch nicht unter Volldampf steht! Es lohnt sich!


    Sommerliche Grüße aus Ostwestfalen,
    Peter

    Man muss alles sehen, vieles übersehen, weniges korrigieren. Johannes XXIII

  • Zitat von "navigator"


    Mir sind schon lange nicht mehr derart durchkonstruierte Sätze begegnet, die sich geichzeitig so flüssig lesen lassen. Irgendwo - ich glaube es war sogar hier im Forum - habe ich gelesen, daß Musil ganze Kapitel umgeschrieben hat, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war.


    Musil war ein besessener Perfektionist und hat tatsächlich so gut wie alle Kapitel mehrmals umgearbeitet. An dem Roman hat er ja auch (je nach Zählung) mehr als 20 Jahre gearbeitet.


    Ich bin mit dem Herausgeber der neuen digitalen Musil-Edition befreundet, der mit Kollegen den Nachlass (liegt in der Wiener Nationalbibliothek) bearbeitet, und die Fülle des Materials ist enorm. Publiziert ist bisher nur ein kleiner Teil, der Rest wird in den nächsten Jahren auf CD erscheinen.


    CK

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "xenophanes"

    An dem Roman hat er ja auch (je nach Zählung) mehr als 20 Jahre gearbeitet.


    Und ihn m.W. dann doch unvollendet hinterlassen ...


    Zitat von "xenophanes"

    [...] der Rest wird in den nächsten Jahren auf CD erscheinen.


    Das klingt interessant; hältst Du uns auf dem laufenden?


    Grüsse


    Sandhofer


    PS. Was ich vergessen habe: Bitte schreibt doch einer von Euch, waldfee oder navigator, noch den entsprechenden Eintrag ins "Gemeinsames Lesen - Chronik". Danke!

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Der Roman "Der Mann ohne Eigenschaften" ist das Hauptwerk Robert Musils (1880 - 1942). Er hat daran 20 Jahre gearbeitet. Das Werk ist ein Fragment geblieben. Der erste und zweite Band erschien 1930 bzw. 1933. Den dritten Band gab Musils Frau 1943 aus dem Nachlass heraus. Auf dieser Grundlage erschien 1952 eine Neuedition, die heute die textliche Grundlage bildet.


    Hauptperson der Handlung ist Ulrich, der Mann ohne Eigenschaften. Er ist Anfang dreißg als er 1913 im kaiserlich und königlichen Österreich-Ungarn, bei Musil mit Blick auf k.u.k. "Kakanien" genannt, der Sektetär der sogenannten Parallelaktion wird. Im Rahmen dieser Parallelaktion soll das 70-jährige Thronjubiläum des Kaisers Franz-Josef im Jahr 1918 vorbereitet werden. Man will sich mit dieser Aktion gegenüber Preußen-Deutschland hervortun, das ebenfalls im Jahr 1918 das "nur" 30-jährige Thronjubiläum von Kaiser Wilhelm II feiern wird. Die Ironie der Geschichte ist, daß beide Monarchien mit dem Ende des 1. Weltkriegs im Jahr 1918 untergegangen sind.


    Peter

    Man muss alles sehen, vieles übersehen, weniges korrigieren. Johannes XXIII

  • Hallo zusammen,


    Zitat von "sandhofer"


    PS. Was ich vergessen habe: Bitte schreibt doch einer von Euch, waldfee oder navigator, noch den entsprechenden Eintrag ins "Gemeinsames Lesen - Chronik". Danke!


    Ich habe soeben den entsprechenden Eintrag angefertigt.


    Peter

    Man muss alles sehen, vieles übersehen, weniges korrigieren. Johannes XXIII

  • Hallo zusammen,


    anbei noch ein paar biographische Daten zu Robert Musil:


    Robert Musil wurde am 6. November 1880 in Klagenfurt geboren. Das Geburtshaus in der Bahnhofstr. 10 dient heute als Musil-Museum. Die Internet-Seiten des Museums enthalten u.a. auch Biographisches und einige Fotos.
    http://www.musilmuseum.at/


    Eine Biographie enthält auch die folgende Seite:
    http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/MusilRobert/


    Mit 12 Jahren kam Musil auf eine Militär-Realschule. Die dort verbrachte fünfjährige Internatszeit hat Musil in seinem ersten Roman: „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“, der 1906 erschien, verarbeitet.


    1897 begann Musil ein Studium an einer Militärakademie in Wien, seine Offizierslaufbahn brach er aber ab und wurde Maschinenbauingenieur. 1903 setzte er sein Studium in Berlin fort, wo er 1908 über den Physiker und Philosophen Ernst Mach promovierte.


    1911 heiratete er Martha Marcovaldi und nahm eine Stelle als Bibliothekar an. Im gleichen Jahr erschienen erste Erzählungen von Musil. Im 1. Weltkrieg war Musil Kompanieführer in einem Landsturmbataillon. Ab 1922 lebte Robert Musil als freier Schriftsteller und Literaturkritiker in Wien und Berlin. Schon ab 1920 arbeitete er an seinem Roman „Der Mann ohne Eigenschaften, den er bis zu seinem Tod 1942 ständig überarbeitete.


    1938 war Musil in die Schweiz emigriert und hier lebte er wie auch schon vorher verarmt und isoliert in Genf .


    Schon 1934 hatte Thomas Mann zur Gründung einer Robert-Musil-Gesellschaft aufgerufen:
    „Man muss die Öffentlichkeit aufrufen und sie ermahnen, dass sie sich nicht durch Teilnahmslosigkeit schuldig mache an der Verkümmerung eines dichterischen Unternehmens, .....“


    Die Internationale Robert Musil Gesellschaft findet man unter:
    http://www.i-r-m-g.de/


    Die Seite des Robert Musil Forschungsinstituts bietet weiterführende Links:
    http://www.uni-klu.ac.at/groups/musil/

  • Kurze Leseprobe aus „Der Mann ohne Eigenschaften“
    http://www.uni-essen.de/litera…ik/musileigenschaften.htm



    Ein Vortrag über „Robert Musil. Ein Mann ohne Eigenschaften?“ von Dr. Chr. Hönig vom 15.4.2002
    http://www.humboldtgesellschaft.de/inhalt.php?name=musil



    Besprechung von Hartmut Ernst: „Der Mann ohne Eigenschaften.
    Roman“ von Robert Musil (1940-43, 3bändig).
    http://www.lyrikwelt.de/rezens…nnohneeigenschaften-r.htm



    Seite mit Kundenrezensionen
    http://www.copyrightedby.com/M…nschaften/3499134624.html



    In einem Projekt des HR wird „Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften gelesen. Die Lesung des ersten Buches erfolgte Anfang 2004. Die Fortsetzung kommt Anfang 2005. Das bisherige Ergebnis gibt’s auf 2 Mp3-CDs gelesen von Wolfram Berger: Das erste Buch (komplett) in fast 36 Stunden
    http://www.perlentaucher.de/buch/17959.html



    „Der Mann ohne Eigenschaften ist auch vorgeschlagen vom ZDF zur Aktion „Unsere Besten“:
    http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/28/0,1872,2134620,00.html



    und von Milan Kundera als sein Jahrhundertbuch: (in einer ZEIT-Reihe)
    http://www.kundera.de/Info-Poi…deras_buchempfehlung.html



    Gruß von Hubert

  • Zitat von "waldfee"

    Hubert, wie sieht es aus mit einem neuen Thread für die Chronik zum MoE, soll ich das bei Gelegenheit machen? Kenne das Procedere leider nicht... :redface:


    Hallo Waldfee,


    wenn ich das richtig sehe, hat das Peter schon erledigt.




    Zitat von "Navigator"

    Ich habe soeben den entsprechenden Eintrag angefertigt.


    Peter


    Hallo Peter,


    ich hoffe, Du bist mir nicht böse, wenn ich Deinen Eintrag noch um ein paar Daten zur Biographie und ein paar Links zum Roman ergänzt habe.



    Hallo Waldfee und Peter,


    schön, dass ihr euch an dieses wichtige Werk moderner deutschsprachiger Literatur gewagt habt. Viele Leser werden ja durch den Umfang und die Erzählform abgeschreckt. Wer sich, wie ihr, trotzdem an den Roman wagt, wird m.M.n. mindestens dreierlei feststellen:


    1. Der Roman ist (z.B. im Vergleich mit Joyce' Ulysses) eher leicht zu lesen.


    2. Musil hat in seinem Roman faszinierende Gestalten beschrieben, wie z.B. einen Bibliothekar, der nie liest.


    3. Der Roman ist in einem Stil geschrieben, dem man nicht anmerkt, dass der Autor den Roman mehrmals umgeschrieben hat. Robert Musil hat einmal über Stil das Folgende gesagt: "Stil ist für mich die exakte Herausarbeitung eines Gedankens"



    Es ist schon so lange her seit ich mich mit dem "Mann ohne Eigenschaften" beschäftigt habe, dass ich den Roman gerne mit euch mitgelesen hätte, leider geht es i.M. bei mir zeitlich überhaupt nicht.


    Ich wünche euch auf jeden Fall viel Freude bei der Leserunde und eine spannende Diskussion.


    Gruß von Hubert

  • Zitat von "Hubert"

    2. Musil hat in seinem Roman faszinierende Gestalten beschrieben, wie z.B. einen Bibliothekar, der nie liest.


    Auf das berühmte Bibliothekskapitel konnte ich als Bibliomane natürlich <a href="http://www.bibliomaniac.de/autor/prim2/musil.htm">nicht verzichten</a>.

  • Hallo Hubert, Hallo Xenophanes,


    Zitat von "Hubert"

    Hallo Peter,


    ich hoffe, Du bist mir nicht böse, wenn ich Deinen Eintrag noch um ein paar Daten zur Biographie und ein paar Links zum Roman ergänzt habe.


    Über kompetente Ergänzungen bin ich ganz und gar nicht böse, ehr im Gegenteil: ich freue mich darüber. Vielen Dank an Xenophanes und an Dich für das umfangreiche Informationsmaterial!


    Beste Grüße,
    Peter

    Man muss alles sehen, vieles übersehen, weniges korrigieren. Johannes XXIII

  • Hallo zusammen,


    mittlerweile habe ich den ersten Teil des ersten Buches (Kapitel 1 – 19) von Musils „Mann ohne Eigenschaften“ gelesen, und ich möchte meine ersten Eindrücke schildern.


    [Blockierte Grafik: http://images-eu.amazon.com/images/P/3499134624.03.MZZZZZZZ.jpg]


    In der mir vorliegenden rororo Taschenbuchausgabe (siehe Bild der Einbanddecke – oder neudeutsch des „Covers“ - oben), auf die ich mich bei meinen Seitenangaben beziehen werde, bin ich somit bis S. 79 vorgedrungen. Die genannte Ausgabe verfügt immerhin über gute 1000 Seiten Text. Das Papier ist relativ dünn, die Seiten sind eng bedruckt und der Text ist in einem recht keinen Schriftgrad gesetzt. Mit anderen Worten: für ein Taschenbuch handelt es sich um einen „ziemlich dicken Klotz“.


    Eindrücke zum Inhalt:


    In diesen ersten Kapiteln werden neben Ulrich weitere Personen eingeführt. Das sind u.a. sein Jugendfreund Walter und dessen Frau Clarisse, die geheimnisvolle Bonadea, der Sexualmörder Mossbrugger, Ulrichs Cousine Diotima, der Graf Leinsdorf, Dr. Arnheim sowie Ulrichs Vater. In welchem Zusammenhang diese Personen miteinander stehen, ist in diesen ersten Kapiteln noch nicht oder nur sehr vereinzelt zu erkennen. Auffällig ist jedoch, daß auf diesen 79 eng bedruckten Seiten erstaunlich wenig passiert. Vieles findet in Gedanken und inneren Betrachtungen statt. Unter diesem Gesichtspunkt erinnert das Buch schon ein wenig an den Ulysses von Joyce (den ich komplett gelesen habe) und an die Recherche von Proust (von der ich nur den ersten der sieben Teile gelesen habe).


    Eindrücke zur Sprache:


    Ich muß gestehen, daß ich von der Sprache Musils, so wie ich sie in den ersten Kapiteln kennengelernt habe, sehr fasziniert bin. Es wurde bereits diskutiert, daß Musil seine Sätze pendantisch durchkonstruiert und mehrfach umgearbeitet hat, bis sie seinem perfektionistischen Anspruch genügten. Liest man die ersten Kapitel mit diesem Hintergrundwissen, so wird einem dies relativ schnell deutlich. Von einigen sehr stark verschachtelten Sätzen einmal abgesehen, läßt sich Musils Stil dennoch erstaunlich leicht und flüssig lesen. Allerdings muß man schon einiges an Konzentration aufwenden, um den manchmal komplexen Gedankengängen zu folgen. Das ist zumindest mein Empfinden.


    Beim Lesen sind mir zudem einige Worte wieder bewußt vor die Augen getreten, die in meinem aktiven Wortschatz völlig in Vergessenheit geraten sind. Als beispielhafte Vertreter möchte „schlechterdings“ und „allzumal“ nennen. Das Lesen anspruchsvoller Literatur zeigt doch immer wieder, welche Vielfalt und welchen Variantenreichtum die Sprache bietet. Ich habe es jedenfalls für mich persönlich als eine Bereicherung empfunden, solche Schätze zu heben, und ich es spornt mich an, sie auch aktiv wieder in meiner Schriftsprache zu verwenden.


    Zusammenfassend habe ich einen sehr positiven Eindruck von Musils Roman, und ich freue mich sehr auf die zukünftigen Lesestunden mit diesem Werk.


    Viele liebe Grüße,
    Peter


    P.S. Wie sind eure ersten Eindrücke?

    Man muss alles sehen, vieles übersehen, weniges korrigieren. Johannes XXIII

  • Hallo,


    ich bin auch neu dabei und werde versuchen immer brav mitzulesen, wollte ich doch den MoE schon so lange mal lesen. Jetzt ist es also soweit.


    Doch bevor ich etwas zur Diskussion beitrage noch eine kleines Fundstück, quasi eine Referenz eines zeitgenössischen Autors an den MoE:
    In Walter Moers`Roman "Rumo" (eben als Taschenbuch erschienen) liest man auf Seite 319 dies:


    "Wie wird das Wetter, Uschan?" fragte man ihn immer wieder, wenn er durch Wolperting ging. Uschan bedeckte dann seine Augen mit der Hand, hielt seine Nase in die Luft, witterte und sagte zum Beispiel: "Über dem Zamonischen Ozean befindet sich ein barometrisches Minimum; es wandert ostwärts, einem über Zamonien lagernden Maximum zu, und es verrät noch nicht die Neigung, diesem nördlich auszuweichen. Die Isothermen und Isotheren tun ihre Schuldigkeit. Die Lufttemperatur steht in einem ordnungsgemäßen Verhältnis zur mittleren Jahrestemperatur, zur Temperatur des kältesten wie des wärmsten Monats und zur aperiodischen monatlichen Temperaturschwankung. Der Wasserdampf in der Luft hat seine höchste Spannkraft, und die Feuchtigkeit der Luft ist gering. Mit anderen Worten: Es wird ein schöner Tag"


    Viele Grüße, tyrone


    PS: Meine ersten Eindrücke dann demnächst.

  • Hallo zusammen und herzlich Willkommen Tyrone in unserer Mitte :winken:
    Ich bin noch nicht ganz so weit, genau genommen erst auf Seite 31 (auch die rororo-Ausgabe), habe aber heute - ich kann es selbst noch gar nicht glauben - einen freien Abend und werde den zum Lesen nutzen, bis mir die Augen zufallen.


    Was ich definitiv sagen kann ist: Ich habe tatsächlich seit langem keinen so schönen Romananfang gelesen. Und: Angesichts der Sprachfertigkeit bleibt mir beim Lesen der Mund offen stehen :smile: Satzkonstrukte, wie sie perfekter nicht sein könnten, und doch haben sie nichts Künstliches, hat man kein Problem, dahinterzusteigen. Es liest sich so leicht, und ich kann Dir nur zustimmen, Peter, ich hoffe, dass einiges hängenbleibt für den persönlichen Sprachgebrauch. Übrigens auch das erste Buch seit langem, bei dem ich fleissig Wortgruppen, Sätze, ganze Passagen unterstreiche. Ein Buch ist etwas Heiliges, eher schreibe ich mir Dinge raus. Aber hier bin ich bevor ich das Buch zur Seite lege oft am Blättern, lese unterstrichene Stellen noch mal...


    Zu den handelnden Personen kann ich morgen sicher mehr sagen.
    Meine Lieblingspassage derzeit noch:


    Fußgängerdunkelheit bildete wolkige Schnüre. Wo kräftigere Striche der Geschwindigkeit quer durch ihre lockere Eile fuhren, verdickten sie sich, rieselten nachher rascher und hatten nach wenigen Schwingungen wieder ihren gleichmäßigen Puls. Hunderte Töne waren zu einem drahtigen Geräusch ineinander verwunden, aus dem einzelne Spitzen vorstanden, längs dessen schneidige Kanten liefen und sich wieder einebneten, von dem klare Töne absplitterten und verflogen. An diesem Geräusch, ohne daß sich seine Besonderheit beschreiben ließe, würde ein Mensch nach jahrelanger Abwesenheit mit geschlossenen Augen erkannt haben, daß er sich in der Reichshauptstadt und Residenzstadt Wien befinde


    Ich muss diese Stelle ständig wieder lesen, kopfschüttelnd und staunend, weil Musil hier Eindrücke beschreibt, die ich genau so oft schon hatte, ohne sie formulieren zu können. So plastisch. Ich habe das gelesen und gedacht: besser kann man das nicht schreiben :breitgrins:


    Ich bin nun also gespannt und werde heute eine lange Musil-Nacht haben...


    Einige Informationen zum Roman, die ich vorab schon gesammelt hatte, werde ich morgen mal mit in der Chronik unterbringen, so sie nicht schon in dieser Form dort stehen.


    Bis dahin liebe Grüße
    waldfee

  • Hallo Tyrone,


    Zitat von "tyrone"

    Hallo,


    ich bin auch neu dabei und werde versuchen immer brav mitzulesen, wollte ich doch den MoE schon so lange mal lesen. Jetzt ist es also soweit.


    Herzlich willkommen im Forum und herzlich willkommen als der Dritte im Bunde der Leserunde "Mann ohne Eigenschaften". Na wenn das keine Werbung für unsere Leserunde ist! Prima, jetzt sind wir also zu dritt. Vielleicht finden ja noch mehr Bücherwürmer Geschmack am MoE.



    Also da bin ich ja erstmal platt. Das Buch kenne ich nicht, aber die von Dir zitierte Passage ist schon mehr als eine Referenz.


    Viele Grüße,
    Peter


    P.S.: Dein Avatar, das ist doch das einzige bekannte Foto von Thomas Pynchon, dem Autor von "Gravity's Rainbow" (Die Enden der Parabel), oder? Ist Pynchon Dein Lieblingsautor?

    Man muss alles sehen, vieles übersehen, weniges korrigieren. Johannes XXIII

  • Hallo waldfee, hallo Peter,


    bin heute vorerst bis zur Seite 60 gekommen und muß schon sagen, daß ich über manche Sätze und Passagen tatsächlich länger nachgedacht habe, z.B. über die aus dem Kapitel über den "geistigen Umsturz". Aber vermöge jenes geheimen Gesetzes , das dem Menschen keine Nachahmung erlaubt, ohne sie mit einer Übertreibung zu verknüpfen, wurde damals alles so kunstgerecht gemacht, wie es die bewunderten Vorbilder niemals zustandegebracht hätten,...


    Ich glaube, diese Zeit ist noch nicht vorbei. Man sehe sich als einen Beleg von wahrscheinlich vielen doch nur einmal die "moderne" Architektur Berlins an.


    Ich bin allerdings ganz froh, daß die einzelnen Kapitel relativ kurz sind. Quasi kompakte Sinneinheiten, immer mit einer Verbindung zu Ulrich. Wirklich grandios finde ich die Beschreibungen der einzelnen Personen: z.B. Bonadea, die nur den einen Fehler hatte, daß sie in einem ganz ungewöhnlichen Maß schon durch den Anblick von Männern erregbar war.
    Um dauerhaft Lust auf den Wälzer zu haben, wünsche ich mir natürlich noch mehr Handlung. :zwinker:


    Mein heutiger Wortschatz-Erweiterungs-Beitrag: zaudern.


    Viele Grüße, tyrone


    P.S.: Von Pynchon gibt es noch zwei andere Fotos. Und wenn es um universale Verschwörungstheorien geht, bin ich immer zu haben. EINEN Lieblingsautor habe ich nicht, aber Pynchons Romane mag ich schon sehr.
    P.P.S: Wie funktioniert das eigentlich mit dem Zitieren aus älteren Beiträgen?

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "tyrone"

    P.P.S: Wie funktioniert das eigentlich mit dem Zitieren aus älteren Beiträgen?


    Klicke beim Beitrag, den Du zitieren willst, oben rechts auf den Button "quote" und es öffnet sich das Fenster "Antwort schreiben" mit dem zu zitierenden Beitrag schon fertig zu bereitet drin. Eventuell musst Du noch löschen, was Du nicht zitieren willst!


    Grüsse


    Sandhofer


    PS. Ich weiss nicht, ob ich Dich schon begrüsst habe bei uns, hiermit sei es herzlich getan! :blume:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus