Mai 2006: Herodot - 9 Bücher der Geschichte

  • Hallo sandhofer und alle,


    da hast du sicherlich Recht, aber Herodot weiß doch bei Schlachten immer genug Dönekes zu erzählen und später, bei Frau Artemisia, wird er das wohl sicherlich tun.
    Nachdem ich nun in der Mitte des siebten Buches gelandet bin (mühsam ernährt sich das Eichhörnchen, aber ich schaff's bestimmt und wenn's ein Jahr dauert :breitgrins:), glaube ich eher, dass sein Interessensschwerpunkt der zweite, der Xerxes-Krieg ist und er den ersten Feldzug nur so weit geschildert hat, als er als Agens für die weitere Handlung wichtig ist.
    Es zieht sich momentan ziemlich: Die Perser schleichen sich heerbeschauernder Weise so langsam auf Griechenland zu wie ich mich durch das Buch.
    Hoffe aber, Ende Januar mehr Ruhe für Herodot zu finden.


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hallo sandhofer,


    :redface: räusper ...,
    der Herodot liegt immer noch auf meinem Lesetisch, ich werde ihn auch beenden, aber sicher vor Ende Mai nicht zum Weiterlesen kommen. Bin im siebten Buch, Kap. 148, aber die Lektüre ist zu aufwändig für mein derzeitiges berufliches Pensum.
    Du hast also meinen Segen, wenn du die Leserunde schließt. Ich werde dann irgendwann im Sommer in der allgemeinen Diskussionsrunde zu dem Werk noch einmal abschließend Stellung nehmen.


    Euch allen und dir besonders vielen Dank für die Geduld, mehr als ein Jahr muss die Runde ja nicht dauern!


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • [...] die Lektüre ist zu aufwändig für mein derzeitiges berufliches Pensum.


    Hallo finsbury!


    Darf ich fragen, warum Du meinst, er sei "zu aufwändig"? Ich meine: Es ist sicher kein Thriller, den man in einer Nacht durchliest - aber als so "aufwändig" hatte ich ihn bei der Lektüre eigentlich nicht empfunden.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo sandhofer,


    das habe ich schon mehrfach dargestellt: Ich bin der Typ, der jeden unbekannten Namen und Ort in Lexika und Atlas nachschlagen will. Ich weiß, das ist schrecklich langweilig, aber so bin ich, sonst macht mir das Lesen keinen Spaß!



    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • das habe ich schon mehrfach dargestellt:


    Stimmt. Hatte ich vergessen, sorry. :redface:


    Ich bin der Typ, der jeden unbekannten Namen und Ort in Lexika und Atlas nachschlagen will.


    Au weia - da hast Du in Herodot allerdings ein grosse Stück Arbeit ...


    Ich weiß, das ist schrecklich langweilig, aber so bin ich, sonst macht mir das Lesen keinen Spaß!


    Na ja - ich könnt's nicht. Irgendwann registriere ich neue Namen einfach nur noch. In der Hoffnung, dass sich irgendwann die Vernetzung automatisch einstellt ... :zwinker:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo sandhofer,


    danke für die Retoure.
    Bei "normalen" Büchern ist diese Manie auch meist nicht so tragisch: Neben meinem Lesesessel liegen immer ein großer topografischer Atlas und je nachdem meist ein Reiseführer, ein Geschichtsabriss und /oder eine Biografie der behandelten Region bzw. des Autors.
    Das Problem bei meiner Herodot-Ausgabe ist, dass sie zwar einen Kommentar hat, aber es reicht eben nicht steht, wenn das steht, dass mit dem antiken Fluss xy der moderne Fluss vw gemeint ist, denn den kenne ich auch nicht, wenn er durch anatolische oder thessalische Landschaften fließt.
    Herodot ist bisher der erste antike Historiogeograph, den ich lese und da ich mich für beide Gebiete besonders interessiere, habe ich auch besonders viel nachzuschlagen.


    Übrigens war ich vor Kurzem auf einer Ägyptenrundreise und es ist sehr interessant, wie der ägyptische Reiseführer zu Herodot steht. Zunächst einmal erklärte er, was mir vorher auch nicht so recht klar war, dass man vor Entschlüsselung der Hieroglyphen als ergiebige Quelle eigentlich nur Herodots Ägyptenbuch gehabt habe.
    Außerdem meinte er, dass die damaligen Ägypter Herodot wohl nicht sonderlich leiden konnten, weil sie um ihre und Bestattungsrieten so ein Geheimnis gemacht hätten, diese aber in den Inschriften und Bildern der Tempel und Gräber ausführlich dokumentiert hätten.
    Anscheinend sei Herodot wohl ein etwas hochnäsiger Tourist gewesen ... . Nette Vorstellung! Ob er uns da wohl etwas durch die Blume sagen wollte? Obwohl ich das eigentlich nicht annehme!


    Schließt du nun eigentlich den Thread oder nicht?


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hi,


    da der Thread netterweise nicht geschlossen wird, kann ich ja auch weiter darin posten. Nun bin ich - nach Monaten - ein wenig weiter in meiner Lektüre vorgedrungen und habe das siebte Buch abgeschlossen.
    Es dauert aus oben genannten Gründen immer sehr lange, bis ich auch nur zehn Seiten hinter mich gebracht habe, aber immerhin ... .
    Das siebte Buch weist einige zentrale Stellen auf und auch geflügelte Worte:
    Zu den zentralen Stellen:
    Herodots Auffassung seines Amtes:
    Doch ist es mein Pflicht, alles, was ich höre, zu berichten, aber daran glauben muss ich deswegen noch lange nicht. (VII, 152). Das erklärt einiges!


    Bekannte Gassenhauer:


    Wanderer, kommst du nach Sparta ... VII, 228 --> Siehe auch Schiller und Böll.
    Und ein Zitat, das wohl leider schon viele Soldaten in den Tod geschickt hat:
    ... dass auf ihrer Seite wohl viele Menschen, aber wenig Männer waren... bezüglich der persischen Kämpfer gegen die Griechen bei der Schlacht an den Thermophylen (VII, 210).


    Herodot ist ein sehr detailtreuer Bereichterstatter: Seine Angaben kann man in der Regel auf der Karte Schritt für Schritt nachvollziehen.


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hallo,


    kaum zu glauben, ich habe nur mehr einige 30 bis vierzig Seiten vor mir!
    Jetzt geht's schon seit Längerem richtig zur Sache: Im achten Buch wurde Xerxes' Flotte von den Griechen vernichtet, nun sind die Griechen im neunten Buch dabei, das übriggebliebene Riesenheer bei Plateiä zu vernichten.
    Was mich im achten Buch angerührt hat, war der ständige Rückbezug auf die Landnahme des griechischen Regionen durch die altgriechischen Stämme und deren Derivate.
    Es ist schon faszinierend, dass eine solche, fast modern anmutende Hochkultur noch ein so nahes Bewusstsein ihrer Herkunft aus den frühen vor-antiken Völkerwanderungszeiten hat.
    Das wäre so, als wenn wir - immer wenn z.B. der badenwürttembergische Ministerpräsident spricht, dessen Herkunft aus den Stämmen der Sueben und anderer umherziehender Rotten erwähnen würden!
    Ansonsten drängt sich mir in den letzten beiden Büchern die Vermutung auf, dass Herodot ein deutlicher Parteigänger der Athener war, dagegen an den Lakedaimoniern wenig gute Haare ließ.


    Nun denn, bald kommt wohl die Abschlussstellungnahme :smile:


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Das wäre so, als wenn wir - immer wenn z.B. der badenwürttembergische Ministerpräsident spricht, dessen Herkunft aus den Stämmen der Sueben und anderer umherziehender Rotten erwähnen würden!


    Die (auch) daraus mangelnde Einheit hat die griechischen Völker ja dann schlussendlich den Persern ausgeliefert. Doch das hat erst Thukydides gegen Ende seiner Chronik realisiert ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen und hallo sandhofer,


    Die (auch) daraus mangelnde Einheit hat die griechischen Völker ja dann schlussendlich den Persern ausgeliefert. Doch das hat erst Thukydides gegen Ende seiner Chronik realisiert ...


    Ausdrücklich stellt Heordot ein solches nicht fest, aber er schildert in den zwei letzten Büchern sehr eingehend, wie die Eitelkeiten zum Beispiel zwischen den Lakedaimoniern und den Athenern immer wieder das Kriegsglück gefährden.
    In seiner langen Einleitung zu dem Xerxes-Kroeg dagegen personalisiert er viele Konflikte und macht einzelne dafür verantwortlich.


    Doch nun ...
    meine abschließende Stellungnahme, denn ich bin fertig :klatschen:!


    nun hat es ein Jahr und drei Monate gedauert, bis ich meine Herodot-Lektüre beendet habe. Einen lange Zeit, aber das lag nicht daran, dass mir das Werk nicht gefallen hätte: im Gegenteil!
    Ich brauchte Muße, um es richtig genießen zu können, denn, wie schon geschrieben, bin ich nicht fit genug in altgriechischer Mythologie, Geschichte, Topografie und Weltsicht, um Herodots Ausführungen bei normaler Lektüre zu verstehen: Ich war also nicht nur auf die Anmerkungen, sondern auch auf einen oben bereits beschriebenen Apparat angewiesen.
    Nun bin ich um tiefe Einblicke in die oben aufgeführten Themen bereichert und gleichzeitig sehr beeindruckt von Herodots Ansätzen einer bewussten Distanzierung zu seinem Stoff, der ihm „objektive“ Aussagen ermöglichen soll und von seiner Lebensweisheit, die häufig in seinen Betrachtungen zu dem Verhalten historischer Persönlichkeiten zu Ausdruck kommt.
    Auch die Mischung zwischen einer zumindest noch teilweisen Verhaftung in der mythologischen Welt und der Orakelgläubigkeit mit der Ursachensuche im logisch nachvollziehbaren Bereich finde ich sehr eindrucksvoll.
    Ich bedanke mich für eure Geduld und danke besonders auch dir, sandhofer, für deine Administratorlangmut und deine erhellenden Stellungnahmen.
    Du magst, falls keiner mehr etwas ergänzen möchte, diese Leserunde :zwinker: nun gerne schließen.
    Bis vielleicht ein andermal bei einem antiken Werk


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Fast möchte ich dich beneiden, finsbury, daß du so etwas Gewaltiges hinter dich gebracht hast. Um wieviel Wissen muss man nach einer solchen Lektüre reicher sein? Ich habe bloß in der Schule einige ausgewählte Passagen übersetzt - aber das Lesen des ganzen Werkes ist mir noch sehr entfernt. Und deshalb freue ich mich sehr mit dir. Du hast nun etwas geschafft, was mir für mich sehr wünschenswert wäre, aber wozu ich mich nicht bereit fühle. Meine Gratulation...! :zwinker:

  • Hallo knabe und xenophanes,


    dem ersteren zunächst herzlichen Dank für die Gratulation, allerdings steht deine Leistung höher, denn ich habe das Ganze nur in deutscher Übersetzung gelesen. Dafür war es - wie du, xenophanes, betonst - eher eine mindergroße Leseleistung, um es mal euphemistisch auszudrücken. Aber du bist laut deinem Nickname hier ja wohl auch der Fachmann! :zwinker:
    Ich wende mich nun wieder den antiken Dramen zu, zunächst Sophokles' Elektra: So angenehm kurz und die Einheit von Ort und Zeit ist nachschlagetechnisch auch nicht zu verachten. :smile:
    Ich möchte aber doch noch betonen, dass mir Herodot das Lebensgefühl der Griechen oder seine Auffassung davon sehr viel näher gebracht hat als die diese Dramen, die ich allerdings wegen der Zeitlosigkeit ihrer Aussage und ihrer -selbst in deutscher Übersetzung - wunderschönen Sprache deshalb nicht weniger gern lese.


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)