Nov. 2002: Alessandro Manzoni - Die Verlobten

  • Na, dann fange ich mal an! :wink:


    Ich lese die Übersetzung von Otto von Schaching (ich weiss, wir hatten das schonmal :D ) - als erstes Wort steht da bei mir in der Einleitung "Frägt". Ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass das falsches Deutsch ist, wenn jemand statt "fragt" "frägt" sagt: das hat mich ja ein bisschen stutzig gemacht, denn er ist ja Übersetzer...


    Gut gefiel mir ausserdem, dass in der Einleitung Goethe´s Reaktion auf dieses Buch beschreiben wird, der Manzoni gegen seine Kritiker in Schutz nahm und über alle Massen lobte. Langsam schliesst sich also bei so einigem der Kreis (nachdem ich ja "Christiane und Goethe" gelesen hatte und Ihr ja hier mit der "Lotte in Weimar" auch an dem Thema dran wart!)


    Ansonsten bin ich gespannt, wie sich´s anlässt!
    Viele Grüsse,
    Nele

  • Hallo Nele
    ich habe auch die Übersetzung von Otto von Schaching. Ikarus und ich hatten im alten Forum einmal einen Text verglichen, der sich nur gering unterschied. Ich hoffe nun, daß es eine der besseren Übersetzungen ist.


    Ich könnte mich ärgern, gestern habe ich erfahren, daß der Übersetzer von "Die Brautleute" Burkhart Kroeber (er hat den Titel ja umgeändert) vor kurzem in Ulm war und per Dia-Show verschiedene Übersetzungen aus den Jahrhunderten mit seiner verglich. Da wäre ich zu gern dabei gewesen :(


    Ich werde heute abend mit dem Buch beginnen.


    Hier gibt es eine kleine Leseprobe von die Brautleute:
    http://www.hanser.de/leseprobe/2000/3-446-19874-1.htm


    http://homepages.compuserve.de…er/Manzoni_brautleute.htm


    etwas über Otto von Schaching:
    http://www.lesekost.de/HHL198B.htm


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • »Die Verlobten« (I promessi sposi) ist der bedeutendste Roman der italienischen Literatur. Vor dem Hintergrund einer politisch bewegten Zeit, der spanischen Fremdherrschaft im Italien des 17. Jahrhunderts, erzählt Alessandro Manzoni die Geschichte von Renzo und Lucia, deren Heirat durch Intrigen, Krieg, Aufstände und Pest über zwei Jahre hinweg verhindert wird. In seinem großartigen und komplexen Panorama des Stadtstaates Mailand macht Manzoni zugleich - in Anspielung auf seine eigene Zeit - den Freiheitskampf eines unterdrückten Volkes zum eigentlichen Thema seines Romans, der zunächst 1825-27 erschien und begeistert aufgenommen wurde. In einer zweiten Fassung von 1840-1842 überarbeitete der Autor sein Werk nach der toskanischen Hochsprache und setzte damit ein bedeutendes Signal für die italienische Einigungsbewegung des Risorgimento.


    Hier gibt es eine kleine Leseprobe von "die Brautleute":
    http://www.hanser.de/leseprobe/2000/3-446-19874-1.htm


    http://homepages.compuserve.de…er/Manzoni_brautleute.htm


    etwas über Otto von Schaching:
    http://www.lesekost.de/HHL198B.htm

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen


    ich habe die Einleitung gelesen mit dem Hinweis, daß meine Übersetzung die Kapitel 31 und 32 zu einem Kapitel zusammengefaßt hat.


    Diese ist nach der 17. Auflage des Mailänder Originals hergestellt und lehnt sich so eng als es der deutsche Sprachcharakter gestattet, an den italienischen Wortlauft an. Mit Rücksicht auf den Raum, den die Übersetzung einnehmen sollte, mußten an manchen Stellen Kürzungen vorgenommen werden, die jedoch dem Ganzen keinen Eintrag tun, zumal sie nur Nebensächliches und einige von Manzoni zu breit gehaltene Schilderungen berühren. namentlich gilt dies von den beiden Kapiteln 31 und 32, die Manzoni der geschichtlichen Darstellung der Mailänder Pest gewidmet hat, und die in der vorliegenden Übersetzung in ein Kapitel zusammengezogen sind.


    "zu breit gehaltene Schilderungen?" - soll mich das nun trösten? :(


    Der Gedanke an Kürzung behagt mir garnicht. In der Einleitung wird betont darauf hingewiesen, daß die Geschichte eine Mischung an Historik und Dichtung:


    Jedesmal, sooft der Historiker in den vordergrund tritt, erhebt sich hernach der Dichter um so imposanter


    Was haltet ihr davon?


    Noch was: Bei mir gibt es im 1. Kapitel hinter dem Namen des Pfarrers: Don Abbondio ein Fußnotenzeichen, aber keine Fußnote ist vorhanden. Steht in eurer Übersetzung eine Erklärung zu dem Namen? Ich dachte mir vielleicht kommt der Name von "abbondate - reichlich" / "abbondanza = Überfluß". Würde ja gut zu einem Pfarrer passen. Entweder Überfluß an geistigen Dingen oder materiellen Reichtum (katholische Kirche). :-)


    Ich muß mich erst noch reinlesen. Der Sprachstil ist mir noch ungewohnt, aber die Lagebeschreibung des Comer Sees hat Manzoni sehr gut geschildert.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria


    "Die Verlobten" muß ein sehr schwierig zu übersetzendes Buch sein. Sonst hätte es seit 1827 nicht mindestens 15 deutsche Übersetzungen davon gegeben, von denen viele mehr oder weniger gekürzt sind, wie Burkhart Kroeber in seinen Anmerkungen zur Neuübersetzung schreibt. Zur Schaching-Übersetzung speziell schreibt er allerdings nichts. Als "beachtliche Übersetzungen" bezeichnet Kroeber allerdings die von Schuchter und Junker.
    Ein schlimmer Finger muß Alexander Lernet-Holenia gewesen sein, der seine Übersetzung auf zwei Drittel des ursprünglichen Textes gekürzt hat ohne darauf hinzuweisen.
    Ich finde es aber schon merkwürdig, wenn ein Übersetzer meint, den Leser vor "zu breit gehaltenen Schilderungen" schützen zu müssen. (Wo gerade wir als Thomas-Mann-Fans genau das doch so lieben :D ) Sowas ist schon ärgerlich.


    Noch ärgerlicher finde ich aber Fußnotensternchen ohne Fußnote. In diesem Fall kann ich Dir aber aushelfen: Abbondio ist der Name des Ortsheiligen von Como. Wahrscheinlich ein sehr gönnerhafter Heiliger, Deinen Übersetzungen nach zu urteilen (Danke übrigens dafür). Manzoni nennt den Pfarrer vielleicht einfach deshalb so, weil "der Name des Dorfes und der Familienname des Pfarrers in der alten Handschrift nicht erwähnt" sind, wie er schreibt.


    Ich bin erst auf Seite 29 und kann deshalb zum Sprachstil noch nicht viel sagen. Schwierigkeiten damit habe ich aber bis jetzt keine. Liest sich ganz gut.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo !


    JMaria: Ich habe von Kroebers Vortrag in Ulm auch erst in der Zeitung gelesen - wirklich sehr ärgerlich. :x , zumal ich auch noch seine Übersetzung lese !!
    Er hat eine Vortragsreihe mit Übersetzern begonnen "Übersetzerherbst" http://www.zsp.uni-ulm.de/html…age/102_uebersetzerherbst .


    Ich bin auch noch nicht sehr weit gekommen, aber an die Schachtelsätze muß ich mich erst gewöhnen. Meist weiss ich am Ende nicht mehr, was am Anfang stand. (Vielleicht war die Kürzung nur ein Satz ? :D ) Aber insgesamt finde ich die Schilderungen sehr schön und bildhaft.


    Gruß von
    Steffi

  • Hallo zusammen


    Steffi: Danke für den Link. Dass das Thema Übersetzung den Herbst hindurch in Ulm behandelt wird, war mir noch nicht bekannt.


    Wir Schwaben scheinen hier im Forum stark vertreten zu sein :-)
    Bist du aus Ulm, oder nähere Umgebung?


    ikarus: ich finde auch, als begeisterter Thomas Mann Leser braucht man keine Satzkürzungen :-)
    Danke für die Abbondio Erklärung. Der Gute wurde durch die Bedrohung richtig krank.
    -------


    Ich bin im 3. Kapitel und da ist mir der Gedanke gekommen, da Manzoni sehr gläubig war, ob ihm nicht die Geschichte von dem sulamitischen Mädchens und dem König Salomo im Kopf spukte als er die Geschichte niederschrieb. Ich weiß ja noch nicht wie es mit der Liebe zwischen Renzo und Lucia weitergeht, aber bisher sehe ich Parallelen.


    König Salomo hat das sulamitische Mädchen gesehen und begehrt, doch sie liebte ihren Hirtenjungen und obwohl sie all den Reichtum vom König hätte bekommen können, blieb sie ihrer Liebe treu.


    Es wäre schön, wenn sich "Die Verlobten" auch so entwickeln würden. Ist natürlich ein persönlicher Wunschgedanke und wenn es anders kommt, dann nehme ich das so hin ;-)


    Was mir bisher gut gefällt ist, daß es eine klare Linie gibt. Keine romantischen Verwicklungen. Renzo ging der Sache gleich auf den Grund und nachdem er vom Pfarrer den Namen erfuhr, ging er zu Lucia und wollte ihre Seite hören. Ohne Mißverständnisse gingen sie das Problem an. Die Mutter hat mit ihrem Vorschlag zu einem "Rechtsverdreher" zu gehen, hat gut pariert.


    Habt ihr auch über die Szene schmunzeln müssen, wie sich Renzo mit den zusammengebunden, kopfüberhängenden Federvieh auf den Weg machte? Das erinnerte mich irgendwie an Wilhelm Busch. :-)


    Mal sehen wie es weitergeht.


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen !


    JMaria: Ja, ich wohne 10 km von Ulm entfernt. Du wohnst auch in der Nähe, oder ?



    Zitat von "JMaria"


    Was mir bisher gut gefällt ist, daß es eine klare Linie gibt. Keine romantischen Verwicklungen. Renzo ging der Sache gleich auf den Grund und nachdem er vom Pfarrer den Namen erfuhr, ging er zu Lucia und wollte ihre Seite hören. Ohne Mißverständnisse gingen sie das Problem an.


    Das ist mir auch gleich wohltuend aufgefallen ! Lucia ist wohl sehr vernünftig. Dieser Rechtsanwalt (Rechtsverdreher) scheint ja sehr auf der Seite der Einflußreichen zu sein - leider keine Hilfe von Seiten des Gesetzes. Aber dann kommt die Geistlichkeit ins Spiel, ziemlich anschaulich, was Manzoni uns da über Pater Cristoforo erzählt. Nachdem dieser, wenn er Gutes tun will, sich der Werkzeuge der Bösen bedienen muss, flüchtet er sich nach diesem Kampf ins Kloster und kann da in Ruhe Gutes tun. Schön, wenn es so einfach wäre ...


    Auf jeden Fall haben sich die Schachtelsätze verloren oder ich habe mich daran gewöhnt und ich lechze nach den herrlichen Metaphern:


    ...stammelte der Pfarrer überrascht und sein Gesicht wurde weiß und schlaff wie ein frisch aus der Wäsche gezogener Lappen.


    Gruß von
    Steffi

  • Hallo zusammen


    Steffi: ich wohne ca. 20 km von Ulm entfernt, auf der bayrischen Seite.
    Schön, daß jemand aus dem Forum in der Nähe wohnt. :-)


    -----


    ich bin nun im 7. Kapitel und habe keine Probleme mehr mit den Schachtelsätzen. Immer wieder bin ich von der Beschreibung der Landschaft beeindruckt. Das macht Manzoni sehr schön, auch wie Arm das Volk ist, weil es eine schlechte Ernte gab, beschreibt er gut anhand den Leuten auf dem Feld, den Bettlern usw...


    Der Rechtsverdreher saß am Tisch von Don Rodrigo, sehr enttäuschend, keine Gerechtigkeit für den gewöhnlichen Bürger. :(


    Wie findet ihr Lucia's Weigerung dem Pfarrer ein Schnippchen zu schlagen?
    Sie möchte lieber auf Gott vertrauen und rechtmäßig vor den Altar treten.
    Bewundernswert, aber ich kann Ungeduld des Bräutigams besser verstehen. Wieder kam der Einfall von der Mutter: "Hilft dir selbst, dann hilft dir Gott"


    Ich freu mich drauf, weiteres zu erfahren :-)


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen


    dem Pfarrer ein Schnippchen schlagen, hat ja nun nicht geklappt. Mir hat die Gewaltbereitschaft des Rodrigo entsetzt. Manzoni schreibt etwas verhalten, aber trotzdem kann ich mir die Figuren und ihre Motive sehr gut vorstellen. Die armen jungen Menschen und die arme Agnes. Auf der Flucht und ohne Heimat, Haus und Hof zurücklassend! Tragisch! Wie empfindet ihr?


    Arme Gertrude. Auch hier ist mir aus Manzonis Stil nicht klar hervorgegangen in wieweit die Unglückliche sich mit dem Diener einließ. Aber sehr bewegt habe ich ihre Geschichte verfolgt. Die Familie ist ja grausam, auch zu damaliger Zeit. Immerhin gab es damals statt das Kloster auch die Möglichkeit einer guten Verheiratung. Wäre doch auch für den Fürsten ein Möglichkeit gewesen seinen Reichtum und sein Ansehen zu vergrößern. Sein Fixiertsein auf seinen Erstgeborenen und alle andere Kinder müssen Mönche oder Nonnen werden fand ich empörend.


    Interessant finde ich, daß man bis Kapitel 10 (soweit bin ich nun) nicht sehr viel über Lucia erfährt. Ich kann mir von ihr noch kein so rechtes Bild machen. Sie ist gottesgläubig, aber irgendwie leidenschaftslos.


    Welche Eindrücke hab ihr?


    Wie weit seit ihr?


    Rainer: Toll, daß du mitmachst. Hast du bereits dein Buch erhalten?


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria


    Ich bin nun im 7. Kapitel und bin von dem Roman sehr begeistert. Mir gefällt vor allem dieses überaus lebendige Erzählen Manzonis wodurch die Geschichte einen ziemlichen "Drive" bekommt. Geschickt nimmt er aber immer wieder das Tempo etwas zurück, um entweder eine Figur näher zu portraitieren, oder einen Exkurs in die Historie einzuflechten.
    Die Charaktere der Figuren sind klar definiert, was zwar auch etwas klischeehaftes an sich hat, aber mich nicht weiter stört, ikm Gegenteil sogar.
    Renzo, der feurige italienische Liebhaber; Lucia, seine tugendhafte, sittsame, gottesfürchtige Braut; Agnese stelle ich mir als typisch italienische Mamma vor; der furchtlose Mönch Christoforo; und Don Rodrigo der Schurke, der es auf Lucia abgesehen hat.
    Nach dem Dostojewski mit seinen recht widersprüchlichen, vielschichtigen Charakteren empfinde ich es als richtig erholsam, diese spannende und einfach schön erzählte Geschichte zu lesen.


    Soweit mein erster Eindruck.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo alle zusammen,
    mir geht es auch so, dass ich die Geschichte bisher von den Charakteren her als recht "erholsam" oder auch einfach zu lesen empfinde. Hier geht es eher um den Plot, als um die Vielseitigkeit der Psyche der Handelnden.
    Gut gefällt mir auch, wie Manzoni immer wieder einzelne Schicksale oder Begebenheiten (wie den Brotaufstand) einflicht, um dann wieder auf die eigentliche Handlung zurückzukommen.
    Anfangs habe ich mich geärgert, nicht die Übersetzung von Kroeber vorliegen zu haben, nachdem mir die Sache mit den fehlenden Fussnotentexten aufstiess, aber mittlerweile hat sich das auch gelegt.
    Ich bin jetzt bei Kapitel 15 angelangt und ich habe keinen blassen Schimmer, wie die Geschichte ausgehen könnte, oder was sich noch alles ereignen wird - die Spannung ist also auf jeden Fall gegeben bei mir!
    Viele Grüsse,
    Nele

  • Hallo zusammen,
    wo seid Ihr denn mittlerweile alle? Ich bin jetzt im 26. Kapitel angelangt und es hat sich ja recht viel getan in der Zwischenzeit.


    Erst lief alles darauf hinaus, dass sich eine regelrechte Verschwörung aller möglichen Gestalten gegen die beiden Verlobten bildete: Renzo wurde zuerst vom Wirt über´s Ohr gehauen, auf dem Weg ins Gefängnis konnte er sich durch eine List gerade noch retten und ist nun auf der Flucht zu seinem Verwandten in Lecco.
    Lucia wird im Kloster im Auftrag des "Ungenannten" gefangengenommen und verschleppt - es sieht also zunächst so aus, als ob die beiden nie wieder zusammen finden würden. :twisted:
    Bei der Beschreibung der Burg des Ungenannten hat mich die Sprache Manzonis wieder sehr beeindruckt:

    Zitat

    "Von der Höhe der Feste herab, wie der Geier von seinem Horste, beherrschte der wilde Herr die ganze Gegend in der Runde. Mit einem einzigen Blicke durchschweifte er die ganze Öde, die Schluchten, den Talgrund, die darin gebahnten Wege. Jener, der sich im Zickzack zu dem furchtbaren Wohnsitz emporwand, erschien, von oben gesehen, wie ein geschlängeltes Band. Von den Fenstern, von den Schiessscharten aus konnte der Gebieter gemächlich die Schritte dessen zählen....usw.

    Hier kann man sich so richtig vorstellen, wie die Burg da auf dem Felsen liegt, bedrohlich, riesig, und das Tal zu Füssen...
    Oder auch etwa 100 Seiten später:

    Zitat

    ...nachdem er gelesen und den Saft des Inhalts aus den Redeblumen Don Ferrantes gesogen hatte


    Diese Formulierung habe ich meines Wissens noch nie irgendwo vorher gelesen. :)


    Aber, aber... Das Blatt wendet sich: Der Ungenannte wird bekehrt und geläutert, das Unfassbare geschieht - ich glaube, mir war das dann doch ein wenig zu unrealistisch. Obwohl, dann auch wieder nicht, wenn ich mir die Macht der Katholischen Kirche in Italien überhaupt anschaue, und dann noch zu dieser Zeit... Ich glaube doch, es könnte den Leuten damals durchaus so gegangen sein.


    Also, alles ist wieder offen im Hinblick auf die Tatsache, ob die Verlobten dann doch wieder zusammenfinden. Im Moment sieht es ja so aus, als hätte Lucia ihren renzo ja fast ein wenig vergessen über ihrem eigenen turbulenten Schicksal..


    Liebe Lesegrüsse,
    Nele

  • Hallo zusammen !


    Rainer: Ich hoffe, du hast dein Buch inzwischen bekommen. Ich bin auch erst im 12.Kapitel und das kannst du bestimmt locker aufholen !


    Immer wieder begeistern mich auch die bildhaften Vergleiche Manzonis. Auch wie er die Ankunft Renzos in Mailand schildert, wo gerade ein Aufstand stattfindet. Nicht Kampf, Verwüstung und Blut sondern mehlbestäubte Strassen, Brot das auf der Erde liegt und eine slapstickhaft agierende Kleinfamilie, die ihr geraubtes Brot und Mehl in Sicherheit bringt. Sofort fielen mir Szenen aus Monty Pytons Film "Jabberwocky" ein - vielleicht war das Mittelalter doch ganz anders, als wir denken ?! Ich mußte auf jeden Fall ziemlich grinsen. Manzoni hat so eine Art Humor - zurückhaltend und doch beißend, einfach gut ! :lol:


    Vor allem hätte ich nicht gedacht, dass sich das Buch so flüssig liest - liegt das an der Übersetzung ? Aber ich glaube, das geht doch allen so, oder ?
    Viel zum Grübeln gibts bis jetzt nicht, bisher wird ja vor allem das damalige Leben geschildert und das für mich recht realistisch.


    Gruß von
    Steffi

  • Hallo zusammen


    Zitat von "Steffi"

    Ich bin auch erst im 12.Kapitel und das kannst du bestimmt locker aufholen


    Immer wieder begeistern mich auch die bildhaften Vergleiche Manzonis. Auch wie er die Ankunft Renzos in Mailand schildert, wo gerade ein Aufstand stattfindet. Nicht Kampf, Verwüstung und Blut sondern mehlbestäubte Strassen, Brot das auf der Erde liegt und eine slapstickhaft agierende Kleinfamilie, die ihr geraubtes Brot und Mehl in Sicherheit bringt. Sofort fielen mir Szenen aus Monty Pytons Film "Jabberwocky" ein - vielleicht war das Mittelalter doch ganz anders, als wir denken ?! Ich mußte auf jeden Fall ziemlich grinsen. Manzoni hat so eine Art Humor - zurückhaltend und doch beißend, einfach gut ! :lol:


    Soweit bin ich auch. Hat mich alles sehr verwundert, aber das Volk war ja auch zutiefst verärgert.


    Zitat

    Vor allem hätte ich nicht gedacht, dass sich das Buch so flüssig liest - liegt das an der Übersetzung ? Aber ich glaube, das geht doch allen so, oder ?
    Viel zum Grübeln gibts bis jetzt nicht, bisher wird ja vor allem das damalige Leben geschildert und das für mich recht realistisch.


    empfinde ich auch so. Man liest gemütlich vor sich hin und fühlt mit den Protagonisten.


    Zitat von "Nele"


    Aber, aber... Das Blatt wendet sich: Der Ungenannte wird bekehrt und geläutert, das Unfassbare geschieht - ich glaube, mir war das dann doch ein wenig zu unrealistisch. Obwohl, dann auch wieder nicht, wenn ich mir die Macht der Katholischen Kirche in Italien überhaupt anschaue, und dann noch zu dieser Zeit... Ich glaube doch, es könnte den Leuten damals durchaus so gegangen sein.


    Don Rodrigo wird geläutert? Darauf bin ich ja nun sehr gespannt. Die Macht der Katholischen Kirche war enorm und da noch spanischer Einfluß dazu kommt, noch viel mehr. Ich habe mal irgendwo gelesen, daß die fanatisten Katholiken die Spanier waren.


    habt ihr euch eigentlich gefragt, was diesem verschwundenen Mädchen passiert sein könnte? Dieses Mädchen aus dem Kloster, das ein Geheimnis von Gertrude wußte.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo ihr lieben,
    es ehrt mich, dass ihr an mich denkt :) .
    Mir ist es etwas peinlich, mittmachen zu wollen - aber kein Exemplar zur Hand :erroet: .
    Hier (Ruhrpott) fast alles abgeklappert. Nix zu machen!
    Kürzeste Lieferzeit: Dezember :? .
    Etwas zerknirscht grüßt Euch
    Rainer

  • Hallo JMaria


    Zitat

    habt ihr euch eigentlich gefragt, was diesem verschwundenen Mädchen passiert sein könnte? Dieses Mädchen aus dem Kloster, das ein Geheimnis von Gertrude wußte.


    Auf diese Frage habe ich gewartet. Ich hätte sie mir nämlich auch gestellt - wenn ich nicht die Kroeber-Übersetzung lesen würde.


    Die Figur der Gertrude hat nämlich ein historisches Vorbild. Kroeber schreibt dazu in seinen Anmerkungen:


    Die spätere >Signora von Monza< wurde 1575 als Marianna de Leyva geboren, der Vater war ein spanisch-stämmiger Edelmann in Mailand, die Mutter starb ein Jahr nach der Geburt. Mit dreizehn Jahren kam sie als Novizin ins Kloster Santa Margherita in Monza, 1591 wurde sie dort Nonne unter dem Namen Schwester Virginia, wurde jedoch von allen >la Signorita< genannt, übte feudale Oberhoheit über das Städtchen aus und genoß große Freiheiten im Kloster, wo sie als Maestra das Erziehungswesen leitete.


    Und zu diesem "Egidio" dem Gertrude begegnet, folgende Anmerkung:


    In der realen Geschichte der Nonne von Monza hieß er Gian Paolo Osio


    Manzoni charakterisiert ihn ja so: "...ein berufsmäßiger Übeltäter, einer von vielen, die sich zu jener Zeit, umgeben von Schergen und im Bunde mit anderen Übeltätern, bis zu einem gewissen Grade über die öffentliche Gewalt und ihre Gesetze lustig machen konnten."


    Jetzt zu Deiner Frage. Zum Verschwinden des Mädchens schreibt Manzoni: "Vielleicht hätte man mehr erfahren können, hätte man, statt in der Ferne zu suchen, in der Nähe gegraben".


    Anmerkung von Kroeber dazu:


    Die Leiche war im Keller Keller des Hauses von Gian Paolo Osio vergraben worden.


    Ich weiß nicht, ob Manzoni darauf vielleicht noch näher eingeht, weiter bin ich nämlich auch noch nicht.


    Kroeber schreibt noch, daß diese Geschichte der Nonne von Monza in der Urfassung des Romans ("Fermo e Lucia") ein über 100 Seiten langer "Roman im Roman" gewesen sei. (Was man meiner Meinung nach diesem Teil auch anmerkt). Erst in der Fassung von 1827 (die wir ja alle lesen) hat er diese Geschichte stark gekürzt.


    Ob die Übersetzung Kroebers besser ist als andere, kann ich nicht beurteilen. Aber seine Anmerkungen alleine sind für mich schon goldwert. Deshalb, wenn euch, JMaria und Nele, irgendwas unklar ist, fragt ruhig. Ich helfe da mit Hilfe von Kroebers Anmerkungen gerne. (Und Steffi sicher auch).


    Liebe Grüße
    ikarus

    &quot;Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand&quot; (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo Ikarus


    vielen vielen Dank für die Erläuterungen. Ich habe ab und zu das Gefühl beim Lesen, daß etwas fehlt. Was für eine Person, wenn sie nicht mal vor Mord zurückschreckt. Ich muß mal im Internet forschen ob es noch Infos gibt über die richtige Nonne. Bin neugierig geworden :-)


    Ikarus, steht in deiner Ausgabe etwas näheres über die Bravi? Ich weiß schon so ungefähr, daß sie Vagabunden und Schurken sind, die auch nicht vor Mord zurückschrecken, heimatlos, langhaarig. Aber ich hatte auf den ersten Seiten das Gefühl, daß es nicht nur eine Bezeichnung bzw. Schimpfwort sondern eine Volksgruppe ist.


    Weiß deine Übersetzung näheres?


    Wie weit bist du?


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)