Hallo,
wiederum nach langer Pause setze ich meine Lektüre der Sophokles-Dramen fort und habe nun den von Pius zu Recht hochgelobten Philoktet gelesen.
Immer wieder fälllt mir bei Sophokles seine ungeheure Modernität auf - und nun - fast zum Abschluss seines Schaffens -ein Gewissensdrama, das über das Durchleiden und Durchdringen des von Göttern vorgegebenen Schicksals hinausgeht.
Neoptolemos befindet sich in einer Situation, wie sie zeitgemäßer gar nicht sein könnte: Opfere ich meine Anständigkeit und Wahrhaftigkeit dem allgemeinen Besten (sozusagen die utilitaristische Position) oder halte ich an meinen für gut erkannten Prinzipien fest (im Sinne des moralischen Rigorismus /Idealismus)?
Dieses Drama könnte man heute jederzeit in einer modernen Adaption mit hohem Wiedererkennungswert aufführen.
Für Sophokles scheint das Problem nicht lösbar, deshalb der Deus ex machina? Darf das göttliche Orakel nicht aufgrund moralischer Anständigkeit gefährdet werden, obwohl diese eben auch unabdingbar ist?
Wieder ein faszinierendes Drama des Dramengiganten!
HG
finsbury