• Hallo zusammen!


    Ich bin gerade daran, die Gattung "Hörspiel" (wieder) zu entdecken. Nachdem ich früher relativ viel gehört und z.B. auch alle Hörspiele von Dürrenmatt verschlungen habe. Und natürlich die Nachtprogramme von Arno Schmidt. Die gab's mal als CD, aber eine Bestellung meinerseits ist im Sande verlaufen ... :grmpf: Sogar meine Frau, die sonst mit Lesen nichts am Hut hat, lädt sich seit neuestem Kurz-Hörspiele (Die haarsträubenden Fälle des Philipp Maloney) auf ihren mp3-Player. Ich meinerseits habe mir die alten Dickie Dick Dickens fürs Autoradio bestellt. Mal sehen, ob die mir immer noch so gefallen wie damals ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo sandhofer,


    "Die haarsträubenden Fälle des Philipp Maloney" sind ja so lustig, besonders eigentlich wegen dem Tonfall von Maloney und dem Polizisten!


    Die Hörspiele von Dürrenmatt habe ich leider nur gelesen. Ich finde, man hört selten gute Hörspiele, obwohl dies etwas sehr schönes sein kann, wenn die Sprecher den richtigen Tonfall treffen, die Stücke werden dann viel lebendiger, als wenn man sie einfach liest, man bekommt auch neue Ideen zur Betonung usw.


    Es grüsst
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "xenophanes"

    Ich habe sie. Sind wirklich hörenswert.


    Komisch. Im zweiten Anlauf hat die Bestellung funktioniert. Wie dem auch sei: Ich kann, soweit ich gehört habe, Dein Urteil, xenophanes, nur unterschreiben.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen!


    Ein Nachtrag:


    Ich sprach von der technisch-dramaturgischen Umsetzung. Den Text kannte ich schon längere Zeit. Aber natürlich sind Schmidts Texte auch inhaltlich beherzigenswert. (Das heisst mitnichten, dass ich seinen Urteilen in allem recht gebe - im Gegenteil. Aber in Betracht zu ziehen ist dieses Enfant terrible der deutschen Literatur alle Mal!)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Hallo Sandhofer,


    ich entdecke Arno Schmidt :-)
    ich habe zuerst ein paar Nachtprogramme gelesen und nun habe ich begonnen seine Nachtprogramme auf CDs, das von dir erwähnte Hörbuch, anzuhören. Da merkt man erst, wie seine Texte wirken. Klasse, bin ganz begeistert. Zum ersten Mal habe ich von Brocke gehört. Klopstock habe ich nun beendet und komme nun zu Moritz. Am meisten freue ich mich auf die Brontes und James Joyce.


    und wie gefiel dir dein Ausflug zu den Hörbüchern, du erwähntest auch Dickie Dick Dickens.


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Ich habe als Kind / Jugendlicher heimlich unter der Bettdecke Hörspiele gehört. Mein Bruder (der ein paar Jahre älter ist als ich) nahm die auf und übertrug sie über ein längeres Stück Klingeldraht durch ein extra dafür gebohrtes Loch von seinem Tonbandgerät zu mir in einen alten, schwarzen Bakelit-Telefonhörer. Da lag ich dann still im Dunkeln und lauchte auf die etwas verrauschten Töne. Damals brachte der WDR noch regelmäßig recht aufwändig produzierte, mehrteilige SciFi- und Krimi-Hörspiele. Unvergessen: "Revolte auf Luna" und "Paul Temple und der Fall Spencer". Und natürlich der erste Kontakt zu "Per Anhalter durchs All", ein Sechsteiler im WDR.


    Einige der Paul-Temple-Hörspiele gibt es inzwischen auf CD, nach kurzem Zögern habe ich sie mir alle gekauft, ver-em-pe-dreit und in den letzten Wochen vor dem Einschlafen gehört. Für mich geht von diesen eigentlich durch und durch falschen Stücken - die Stories sind hanebüchen, die Atmosphäre verlogen und die Sprecher haben durch die Bank ganz grauenhafte Akzente - ein ganz eigentümlicher und unwiderstehlicher Reiz aus (so falsch muss man erstmal sein können!). Zu den Sprechern gehören übrigens klangvolle Stimmen wie die von Rene Deltgen (als Paul Temple), Peter Rene Körner, Gustav Knuth, Pinkas Braun u.a.


    Kürzlich hab ich im Buchhandel drei CDs mit "Kommissar Maigret"-Hörspielen entdeckt und gleich mitgenommen. Mit Paul Dahlke als Maigret, BR 1960/1961. Ich hab noch nicht reingehört, verspreche mir aber einiges 8-)


    Bestellt habe ich gestern das neu aufgelegte "Winnetou"-Hörspiel aus dem Jahr 1956. 7 CDs, 350 Minuten. Eigentlich wollte ich nicht, aber dann bin ich über ein 2-Minuten-Sample gestolpert und wurde derart von Lektüre-Erinnerungen überflutet, dass ich gar nicht anders konnte, als zu bestellen.


    Nun ist das alles triviales Serien-Zeug. Also schnell etwas schwerstliterarisches: Ror Wolfs wirklich phänomenales Hörspiel "Leben und Tod des Kornettisten Bix Beiderbecke aus Nord-Amerika" (u.a. mit dem Kriegsblinden-Preis ausgezeichnet) ist ebenso auf CD erschienen, wie die nicht minder erstaunlichen Radio-Collagen des Autors.


    Aber Vorsicht! Der sehr schöne Band " Leben und Tod des Kornettisten Bix Beiderbecke aus Nord-Amerika" kommt zwar mit einer Audio-CD, aber auf der findet sich <i>nicht</i> das titelgebenden Hörspiel, sondern die vier Collagen "Der Ball ist rund", "Schwierigkeiten beim Umschalten", "Expertengespräche" und "Heinz - wie ist Deine Ansicht?". Alle vier sind klasse, das Buch selbst sehr empfehlenswert - aber den "Beiderbecke" gibt es nur als Text.


    Erschienen ist das Beiderbecke-Hörspiel als SWR-Produktion im Audio-Verlag (ISBN 3-89813-108-4)


    Im Beiderbecke-Buch finden sich nicht nur die Texte einiger Hörspiele, sondern auch 1 Rede ("Rede zur Verleihung des Hörspielpreises der Kriegsblinden (1988)" und 1 Essay ("Das Blinzeln des magischen Auges. Neun Bemerkungen zum Hörspiel (1998 / 2000)". Daraus rasch noch ein paar Zitate:


    Zitat

    Aber so gesehen wäre das Hörspiel ... die versteckteste, die zeitlich am stärksten geschnürte, die womöglich lautloseste Kunstform, die es gibt. ... Der Name des Autors tut wenig zur Sache. Wir erfahren ihn nur am Rand; am Anfang oder am Ende. Aber den Anfang haben wir nicht gehört; und am Ende sind wir schon aus dem Auto gestiegen und hören ihn nicht mehr. ... Der Autor wird angemessen bezahlt und genießt für gewöhnlich den Schutz der Dunkelheit. - Das hat auch sesin Gutes: er kann, wenn er das Medim nicht mag, ungeniert produzieren, bleibt dabei unentdeckt und kommt ungestraft davon. Das Programm ist gefräßig und verdaunt sehr schnell. ... Es ist unnötig darauf hinzuweisen, wie mühsam, mit welchem zeitlichen Aufwand die Radio-Collagen entstanden sind: es glaubt ohnehin keiner. Es war ein langes Leben unter Kopfhörern und in der Umgebung von Tonbandmaschinen. ... Keine meiner literarischen Arbeiten, alle Romane, alle Geschichten, alle Gedichte eingeschlossen, war so aufwendig, so total, so zeitraubend die Arbeit an dem, was ich Radio-Collagen genannt habe. ...


    Enzensberger, den ich eines Abends traf, fragte mich sehr besorgt, was mit mir los sei. Haben Sie aufgehört zu schreiben? Man hört überhaupt nichts mehr von Ihnen. - Da haben wir es: ein Mann hatte 8 Jahre lang nahezu ununterbrochen fürs Radio gearbeitet, 13 Hörspieele, ausschließlich zum Hören bestimmt; und nicht einmal Hans Magnus Enzensberger hatte etwas gehört.

  • Hallo zusammen!


    Danke, Giesbert, für Deine Hinweise. Dem einen oder andern - allerdings nicht Winnetou! :zwinker: - werde ich bei Gelegenheit nachgehen.


    For the record und JMaria: Ich habe bisher nur Hörspiele gehört. Hörbücher waren keine darunter. (Allerdings hat sie jetzt meine Frau entdeckt.) Der Unterschied? Hörspiele sind speziell für den Funk (meist in Dialogform) verfasste, dramenähnliche Texte. Hörbücher sind von einem oder mehreren vorgelesene Bücher, die meistens ursprünglich für Printmedien verfasst wurden. Oft nachträglich dramatisiert und mit Geräuschen unterlegt, so dass sie wirklich als "Hörspiel" daherkommen.


    giesbert: Was dachtest Du, könnte man in den 60ern dem Publikum in Bayern anbieten: Französische Kartenspiele, die es überhaupt nicht kennt? :breitgrins:


    Dickie Dick Dickens? Oh ja ... es werden alte Erinnerungen wach. Immer noch sehr witzig, wenn auch für heutige Verhältnisse doch schon recht betulich wirkend. Aber ich lieeeeebe ihn!


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "sandhofer"

    For the record und JMaria: Ich habe bisher nur Hörspiele gehört. Hörbücher waren keine darunter. (Allerdings hat sie jetzt meine Frau entdeckt.) Der Unterschied? Hörspiele sind speziell für den Funk (meist in Dialogform) verfasste, dramenähnliche Texte. Hörbücher sind von einem oder mehreren vorgelesene Bücher, die meistens ursprünglich für Printmedien verfasst wurden. Oft nachträglich dramatisiert und mit Geräuschen unterlegt, so dass sie wirklich als "Hörspiel" daherkommen.


    Hallo Sandhofer,


    mal von den Unterschieden abgesehen, im Buchhandel läuft alles unter dem Namen 'Hörbuch' auch die Original-Hörspiele aus dem Radio die es auf Audio-CDs zu kaufen gibt.


    Innerhalb des Begriffs Hörbuch gibt es das Hörspiel und die Lesung.


    so wurde es mir in meiner Buchhandlung erklärt.


    Zitat

    Dickie Dick Dickens? Oh ja ... es werden alte Erinnerungen wach. Immer noch sehr witzig, wenn auch für heutige Verhältnisse doch schon recht betulich wirkend. Aber ich lieeeeebe ihn!


    ich habe eine Episode vor Wochen im Radio gehört, gefiel mir auch :-)


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria!


    Zitat von "JMaria"

    [..]im Buchhandel läuft alles unter dem Namen 'Hörbuch' auch die Original-Hörspiele aus dem Radio die es auf Audio-CDs zu kaufen gibt.


    Innerhalb des Begriffs Hörbuch gibt es das Hörspiel und die Lesung.


    so wurde es mir in meiner Buchhandlung erklärt.


    Ich weiss. Auch Wikipedia macht den Unterschied so.


    Nichtsdestotrotz - und deswegen meine Bemerkung "for the record" - halte ich diese Unterscheidung für Schwachsinn. Gattungsspezifische Unterschiede werden zermantscht, nur weil das Trägermedium in der heutigen technikg...len Welt für wichtiger gilt. Aber ich spreche doch schliesslich auch von einem Schauspiel, und wenn dieses als DVD vor mir liegt, ist das deswegen noch lange kein Schaubuch, oder? Und wenn ich einen Roman für die Bühne aufbereite, dann ist das eine Dramatisierung; wenn Hollywood Romane aufgreift, dann sind das Verfilmungen - auch da spricht kein Mensch von "Schaubüchern".


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "sandhofer"

    Nichtsdestotrotz - und deswegen meine Bemerkung "for the record" - halte ich diese Unterscheidung für Schwachsinn. Gattungsspezifische Unterschiede werden zermantscht, nur weil das Trägermedium in der heutigen technikg...len Welt für wichtiger gilt. Aber ich spreche doch schliesslich auch von einem Schauspiel, und wenn dieses als DVD vor mir liegt, ist das deswegen noch lange kein Schaubuch, oder? Und wenn ich einen Roman für die Bühne aufbereite, dann ist das eine Dramatisierung; wenn Hollywood Romane aufgreift, dann sind das Verfilmungen - auch da spricht kein Mensch von "Schaubüchern".


    Grüsse


    Sandhofer


    Hallo Sandhofer,


    gerade diese Medien (DVD, Hörbuch, Buch, ...) machen die Suche aber auch einfacher. Und viele Hörspiele gehen auf ein Buch zurück.
    Manch neue Wortschöpfungen sind vielleicht nicht ganz korrekt, aber setzen sich halt durch. Ich seh das jetzt nicht so verbissen. Auf dein Schaubuch will ich garnicht eingehen.


    :wegrenn:


    aber wie du schreibst, es ist deine persönliche Ansicht und ich will garnicht bezweifeln, dass du recht hast. Doch was bringt es sich gegen ein Wort und dessen Bedeutung aufzulehnen, wenn es sich sogar als praktisch erweist.


    Grüße von
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen!
    Hallo Giesbert!


    Nun ja: unter dem Anker "Hörbuch-Genres" im Artikel "Hörbuch" wird schon ziemlich genau die Definition von JMarias Buchhandlung wiedergegeben, oder?


    Dass das Hörspiel dann als "die zweite originäre Kunstform, die das Radio hervorgebracht hat" bezeichnet wird (dem könnte ich ja zustimmen), zeigt v.a. die Inskonsistenz der Wikipedia-Einträge, die halt von unterschiedlichen Autoren mit unterschiedlichem Background stammen können. (Was ich in vorliegendem Fall abzuklären ehrlich gesagt zu faul bin.)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "sandhofer"

    Nun ja: unter dem Anker "Hörbuch-Genres" im Artikel "Hörbuch" wird schon ziemlich genau die Definition von JMarias Buchhandlung wiedergegeben, oder?


    Es handelt sich ja auch um einen Buchhandels-Begriff. Ansonsten wird doch deutlich genug gesagt, dass das Hörbuch ein Trägermedium, keine literarische Gattung ist.


    Wie man hierzulande sagt - passt scho' 8-)


    Was nervig ist, ist lediglich, dass man im Buchhandel nicht mehr nach Hörspielen fragen kann, weil die Buchhändler nicht wissen, was man meint und einem allemöglichen Lesungen andrehen wollen.


    btw, Lesung: Qualtinger liest Karl Kraus. Must have. Und da er eine enorm wandlungsreiche Stimme hatte, sind seine Lesungen aus den "Letzten Tagen der Menschheit" fast schon wieder ein Hörspiel ;-)

  • Hallo zusammen


    Qualtinger - ach ja. Den habe ich noch live erlebt ... Ein Monster ...


    In gewissem Sinn ging es mir mit ihm ähnlich, wie Canetti mit Kraus ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Praktisch ist es ja, wenn man den Hörspiel-Text mitlesen kann. Jetzt hab ich mich immer wieder gefragt, was die Floskel "Ein Leben wie Buddah" heißen soll, mit der Ror Wolf mehr oder weniger seinen "Beiderbecke" beginnt. Dabei heißt das gar nichts so, sondern so: "Ein Leben wie Butter".


    Aber das schreib ich eigentlich nur noch, um noch einmal nachdrücklich auf Ror Wolf hinzuweisen. Einer der bedeutensten Gegenwartsautoren und einer der unbekanntesten.


    Und sein Hörspiel "Leben und Tod des Kornettisten Bix Beiderbecke aus Nord-Amerika" kann ich gar nicht genug loben & preisen. Ein Text- und Ton-Wunder erster Güte.