ZitatIch finde, so ganz unkritisch in dieser Frage darf man Fontane nicht sehen.
Soso. Das Buch war trotzdem sehr schön.
Grüße vom troll
ZitatIch finde, so ganz unkritisch in dieser Frage darf man Fontane nicht sehen.
Soso. Das Buch war trotzdem sehr schön.
Grüße vom troll
ZitatSoso. Das Buch war trotzdem sehr schön.
Hallo Troll,
da hast Du recht. Werk und Leben sollte man auseinander halten, oder?
Grüße,
Gitta
Wichtig scheinen mir auch die Zeit, die echten Motivationen, die Grade der Ausprägung und der Willen zum Eingeständnis zu sein und das spricht dann wieder für Fontane. Das seine Romane weltliterarische Werke sind steht für mich außer Zweifel. Darüber hinaus war Fontane ein Chronist seiner Zeit, was ihn, neben seinem Stil, wohl auch heute noch so anziehend macht. Ich kann mir das auch nicht recht erklären, aber es hat etwas Erhabenes für mich, um Fontane zu lesen und ich kann dann immer vollkommen in seine Welt und Zeit abtauchen. Das alles hat etwas Einnehmendes und Umschließendes für mich. Kritisch sollte man dabei aber durchaus bleiben und gelernt sollte man daraus auch haben - aber ich will hier niemand belehren. Im Grunde halte ich aber Fontane für einen sehr menschlichen Autor. Urlaubsgrüße, FA
Zitat von "Friedrich-Arthur"Wichtig scheinen mir auch die Zeit, die echten Motivationen, die Grade der Ausprägung und der Willen zum Eingeständnis zu sein und das spricht dann wieder für Fontane. Das seine Romane weltliterarische Werke sind steht für mich außer Zweifel. Darüber hinaus war Fontane ein Chronist seiner Zeit, was ihn, neben seinem Stil, wohl auch heute noch so anziehend macht. Ich kann mir das auch nicht recht erklären, aber es hat etwas Erhabenes für mich, um Fontane zu lesen und ich kann dann immer vollkommen in seine Welt und Zeit abtauchen. Das alles hat etwas Einnehmendes und Umschließendes für mich. Kritisch sollte man dabei aber durchaus bleiben und gelernt sollte man daraus auch haben - aber ich will hier niemand belehren. Im Grunde halte ich aber Fontane für einen sehr menschlichen Autor. Urlaubsgrüße, FA
Hallo Friedrich-Arthur
Ich habe mir schon seit Tagen überlegt, wie ich meine Gefühle zu Fontane zum Ausdruck bringen kann, ohne pathetisch zu wirken. Du hast es schön beschrieben, ich hätte das nicht so gut hin bekommen. Danke dir, ich empfinde genauso.
:winken:
Gruß
Maria
Hallo,
Zitat von "Maria"wie ist die Bio über Fontane von Gordon A. Craig so? Ich überlege mir schon lange, ob ich sie mir auch kaufen soll. Ich habe "Fontanes Welt" von H. Nürnberger, eine dtv-Monographie von Beitmann und eine Fontane-Bio von W. Hädecke.
Ich antworte mal an dieser Stelle und nicht im Thackeray-Ordner, Maria.
Das Buch von Craig, der ein hochangesehener Historiker gerade auf dem Gebiet der deutschen Geschichte ist (und auf dem Umschlagbild wie ein Zeitgenosse, ja, Bruder Fontanes aussieht), ist eigentlich keine Biographie. Es ist mehr eine Plauderei über einen guten Freund und dessen Werk. Der Schwerpunkt liegt auf dem Historiker Fontane. Es gibt acht Kapitel, u.a. "Schottland" (geistiges Brudervolk der Deutschen: fromm, sparsam, zerrissen, romantisch usw.; Scott!), "Wanderungen" (Craig beschreibt, wie er sich auf die Spuren F.s gemacht hat; sehr interessant), "Bismarck" u.ä. Absolut lesenswertes Buch, aber eben keine Biographie im eigentlichen Sinn.
Gibt es übrigens bei Jokers:
http://www.jokers.de/tabelle_a…rtnr=352509&rub=5&Urub=56
Gruß
Holk
Hallo Holk
danke, dass du an mich gedacht hast. Jetzt hast du es mir einfach gemacht. Bei meiner nächsten Jokersbestellung ist das Buch über Fontane mit dabei. Es klingt sehr gut.
:winken:
Viele Grüße
Maria
Was haltet ihr von jenny Treibel?
Wie sollte man sich am besten mentalisch auf Effi Briest vorbereiten?
der historische Kontext ist wichtig oder? Ist ja normal bei Fontane..
Ein Fontane-Problem:
Semitismus - Antisemitismus - eine besondere Sorge Fontanes
Symptombeschreibungen, Verhaltensweisen, Intentionen und Ziele
Th. Fontane: Die Frage bleibt:
Halte dich still, halte dich stumm,
Nur nicht forschen, warum? Warum?
Nur nicht bittre Fragen tauschen,
Antwort ist doch Meeresrauschen.
Wie's dich auch aufzuhorchen treibt,
Das Dunkle, das Rätsel, die Frage bleibt.
(Aus: Ulf Dietrich. - s.u. - S. 213)
*
Hans Keilson: "Die Faszination des Hasses. Das Verhältnis von Juden und Christen in Deutschland", in: W. Schmied-Kowarzik (Hrsg.): Vergegen-wärtigungen des zerstörten jüdischen Erbes, Kassel 1997, S. 253 ff.
"Unter Thränen wachse ich immer mehr aus meinem Antisemitismus heraus."
"Wir sprachen über moderne Kunst und Literatur in Deutschland, und er [Adolf Lasson] sagte: »Sonderbar, die Juden bei uns thuen die deutsche Kulturarbeit und die Deutschen leisten als Gegengabe den Antisemitismus.« Kolossal richtig, leider die erste Hälfte noch richtiger als die zweite.
- Brief an Georg Friedlaender am 4. 10. 1891. HFA IV/4, S. 159. ‑ ED: FFr (1954); Ausgabe 1994, S. 217.
Inmitten seiner Antipathien kommt man doch immer wieder in's Schwanken, weil sie - auch die, die einem durchaus mißfallen ‑ doch immer noch Kulturträger sind und inmitten all ihrer Schäbigkeiten und Geschmacklosigkeiten Träger geistiger Interessen. Wenn auch nur auf ihre Art. Sie kümmern sich um alles, nehmen an allem Theil, erwägen alles, berechnen alles, sind voll Leben und bringen dadurch Leben in die Bude. Wie stumpf, wie arm, auch geistig arm, wirkt daneben der Durchschnittschrist! Und sucht man sich nun gar die guten Nummern heraus oder lernt man Damen kennen, [ ... ] die nichts sind als guter Judendurchschnitt und doch unsrem Durchschnitt gegenüber eine gesellschaftliche Ueberlegenheit zeigen. Das Schlußgefühl ist dann immer, daß man Gott schließlich noch danken muß, dem Berliner Judentum in die Hände gefallen zu sein.
Brief an Martha (Mete) am 3o. 8. 1895 (aus Karlsbad) HFA IV/4, S. 476. ‑ ED: BSJ 11, S. 245.
Die Judenfeindschaft ist, von allem Moralischen abgesehn, ein Unsinn, sie ist einfach undurchführbar; alle Menschen, die ich hier kenne, ganz besonders auch Militär und Adel, sind in eminentem Grade von den Juden abhängig und werden es mit jedem Tage mehr. Ich halte es für ganz unmöglich, diesen Zustand zu ändern. 61 Prozent aller Berliner Häuser sind in Judenhänden und in zehn oder zwanzig Jahren werden es wohl Prozent sein; wie will man da heraus? Es giebt kein andres Mittel als Stillhalten und sich mit der allmäligen Christianisirung zufrieden zu geben.
Brief an Georg Friedlaender am 7. 11. 1892 (Mittwoch, 9.11) HFA IV/4, S. 232. ED: FFr (1954); Ausgabe 1994, S. 269.
Unter Thränen wachse ich immer mehr aus meinem Antisemitismus heraus, nicht weil ich will, sondern weil ich muß.
Brief an Martha (Mete) am 9. 6. 1890. HFA IV/4, S. 49. ‑ ED: BSJ II, S. 160.
"Die Karlsbader Tage waren wieder sehr schön, und selbst mit [en Juden habe ich Frieden geschlossen. Anfangs außer mir, war ich doch bald so weit, daß ich erschrack, wenn ich einen Christen sah, namentlich Damen ‑ alle sahen vergleichsweise wie Wassersuppen aus. Die Juden, selbst die häßlichen, haben doch wenigstens Gesichter."
Im Brief an Paul Schlenther am 13.9. 1895. HFA IV/4, S. 481.
"Neunzehntel waren [in Kissingen] Juden und das letzte Zehntel oft so schwach ausgestattet ‑ an Toilette gewiß und meist auch an Physiognomieen ‑ daß ich mehr als einmal zu meiner Frau gesagt habe: 'schade, daß das 10. Zehntel nicht auch Juden sind.'"
Brief an Georg Friedlaender am 20.8. 1889. HFA IV/3, S. 715. - ED: FFr (1954); Ausgabe 1994, S. 152.
"Der xbeinige Cohn, der sich ein Rittergut kauft, fängt an, mir lieber zu werden als irgend ein Lüderitz oder Itzenplitz, weil Cohn die Zeit begreift und alles thut, was die Zeit verlangt, während Lüderitz an der Lokomotive zoppt und »brr« sagt und sich einbildet, sie werde still stehn wie sein Ackergaul."
Brief an Georg Friedlaender am 14.5.1894. HFA IV/4, S. 352.‑ ED: FFr (1954); Ausgabe 1994, S. 345.
*
Gedicht:
"An meinem Fünfundsiebzigsten
Aber die zum Jubeltag da kamen,
Das waren doch sehr, sehr andre Namen,
Auch »sans peur et reproche«, ohne Furcht und Tadel,
Aber fast schon von prähistorischem Adel:
Die auf »berg« und auf »heim« sind gar nicht zu fassen,
sie stürmen ein in ganzen Massen,
Meyers kommen in Bataillonen,
Auch Pollacks und die noch östlicher wohnen;
Abram, Isack, Israel,
Alle Patriarchen sind zur Stell',
stellen mich freundlich an ihre Spitze.
Was sollen mir da noch die Itzenplitze!
Jedem bin ich was gewesen,
alle haben sie mich gelesen,
Alle kannten mich lange schon,
Und das ist die Hauptsache .... 'kommen Sie, Cohn.'"
*
»An meinem Fünfundsiebzigsten« (letzte Strophe; entstanden 1894/95) HFA 1/6, S. 341 ‑ ED in Buchform: Aus dem Nachlaß. Berlin 1907. S. 163.
*
"Die Juden bringen es fertig, im höchsten Maße feingeistig, auch wirklich ehrlich mit idealen Dingen beschäftigt zu sein, allerlei Gutes zu thun, zu geben und zu helfen und dabei beständig zu mogeln, oder auch direkt zu betrügen, immer mit einem herrnverklärten oder rabbinerhaft feierlichen Gesicht und immer durchdrungen von dem Gefühl 'was ganz Besondres und ein Liebling Jehovas zu sein."
Brief an Georg Friedlaender am 5.4. 1897 (Dienstag, 6. April) HFA IV/4, S. 645 - ED: FFr (1954); Ausgabe 1994, S. 419.
"Ein Freund von mir, Rath und Richter, aus einer angesehen neu und reichen und seit 3 Generationen im Staatsdienst stehenden Judenfamilie, der längst verstorbene Vater orthodoxer Musterchrist, der Sohn selber klug und gescheidt und mit einem ehrlich verdienten eisernen Kreuz bewaffnet. Und doch Stockjude, so sehr daß seine feine und liebenswürdige Frau blutige Thränen weint, bloß weil ihr Mann die jüdische Gesinnung nicht loswerden kann."
Brief an Friedrich Paulsen am 12.5. 1898. HFA IV/4, S. 714 - ED: LA 11, S. 616.
"Er [Friedlaender] ist aber ganz Jude. Freilich mir dadurch auch wieder sehr interessant, weil ich das jüdische an ihm und auch an seiner Tochter so wundervoll studieren kann. Preußenthum, Berlinerthum, Assessorthum, Geheimrathsgöre, Bildungsallüren - alles geht unter im Juden oder erhält durch ihn eine bestimmte Färbung." Brief an Martha (Mete) am 22. 8. 1895 (aus Karlsbad) HFA IV/4, S. 473 ‑ ED: BSJ II, S. 242.
"Einverleiben lassen sie sich, eingeistigen nicht."
Brief an Friedrich Paulsen am 12. 5. 1898. HFA IV/4, S. 714 ‑ ED: LA II, S. 616.
Nordaus Auslassungen [über »Don Carlos«] sind wohl nicht eigentlich neu. Wenn ich nicht irre, findet sich in Brahms Schillerbuch so ziemlich dasselbe. Dennoch wirkt es neu, mehr noch vielleicht frappierend, und zwar erstens durch eine gewisse historische Detaillierung aller in Frage kommenden Punktei zweitens durch eine gewisse Judenschärfe des Ausdruck (namentlich bei Gelegenheit des »kategorischen Imperativs« und drittens durch eine ebenfalls dem »Stamm« angehörige Unverfrorenheit des Urteils. Mit Shakespeare macht er nicht viel Umstände, und Schiller kommt auch nur noch gerade mit einem blauen Auge davon.
(Brief an Friedrich Stephany am 2o. 11. 1896. HFA IV/4, S. 612f. - ED: Fr 11. S. 407)
*
"Feine Juden liebe ich, aber wenn sie gewöhnlich sind, sind sie furchtbar."
(Brief an Mathilde von Rohr am 13.7. 1885 (aus Krummhübel) HFA IV/3, S. 404 - ED in Buchform: BSJ III, S. 221)
*
"Alle Klüngel sind schlimm, aber die Judenklüngelei ist die schlimmste."
(Brief an Georg Friedlaender, am 8.7.1895)
*
"Das ist eben der Unterschied zwischen christlichem und jüdischem Geist. Der letztere hat so viel Blendendes und Verführerisches und jeder Berliner (ich selbst in hohem Maaße) ist ihm auf länger oder kürzer verfallen gewesen. Er hat auch viel Fördersames. Im Ganzen ist er aber ein Unglück und etwas durchaus niedrig Stehendes. Darauf bezieht es sich auch, wenn ich so oft Ihnen widersprach und von der zur allgemeinen Annahme gewordenen Ueberlegenheit des jüdischen Geistes nichts wissen wollte. Die Juden haben nichts von der germanischen Schwerfälligkeit, sie sind quick, witzig, zugespitzt im Ausdruck, aber der germanische Geist ist dem jüdischen unendlich überlegen. Letztrer bringt einen auf die Dauer einfach zur Verzweiflung und kann einem das sogenannt »Geistreiche« geradezu verleiden."
(Brief an Georg Friedlaender am 19.9.1886)
*
»Man kann's nicht wissen«, sagte eine alte Judenfrau, die ein kleines Kreuz heimlich auf der Brust trug, und »man kann's nicht wissen« sag auch ich.
(Brief an Wilhelm Friedrich am 2.11.1882)
(Alle Zitate stammen aus: Th. F. : Allerlei Glück. Ausgewählt von Ulf Dietrich. S. 167ff.)
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Wer diese Fonatane-Zitate, Nebenbei-Anekdoten, etwas schrill-humorvolle Hervorhebungen, Privataussagen, briefliche Mitteilungen an seine Frau Emilie, die recht antisemitisch und neugierig war und der Th. F. gerne Anekdoten, moralische Witzchen, Alltäglich-Unerhebliches, was so nebenbei und entlastendend, auch beförderlich für den Hausfrieden schien, von ihm gemeint war, ist m. E.s nach nicht antisemitsich; es hatte zu Lebzeiten Fontanes keine politische, diffamierende, aggressive oder reiligiöse Außenwirkung; es war Internes, wie Notizen für Projekte oder für die häusliche Unterhaltung.
Für sein gesamtes Werk gilt, dass es keine antisemitischen Ausfälle oder Passagen als Niedermachung von Menschen oder Ideen, Figuren oder Wahrheiten gab. Es viele christliche Bedenklichkeiten, harte Kritik an Klerikal-Dummem, National-Militaristischem für ihn, in fast jedem Roman - so gab es auch Beobachuntgen an jüdischen Zeitgenossen, deren Verhalten ihm nicht angemessen, nicht konform, nicht zu billigen war.
Aber er fasst seine beobchtungen zusammen auf einem Nievau, wie es von keinem christlichen Zeitgenossen überliefert ist:
"Unter Thränen wachse ich immer mehr aus meinem Antisemitismus heraus."
Er sah Gefahren, er sah Ungerechtigkeiten; er sah Obstruktionen - und er erlebte aber auch Hilfestellungen (bei seiner Gefangenschaft in Frankreich 1870 durch Juden), efuhr geistig anregende Belehrungen, Freundschaftsangebote - er erlebte viele hochgebildete Juden als geistig anregende Wissenschaftler und Dichter; er akzeptierte sie unter Eindschränkungen - und sah die aufkeimenden, national verheerenden antisemitischen Entwicklungen der assimilierten, erfolgreichen jüdischen Reichsbürger, an deren Entwicklung er nicht teilnahm. Deren Folgen er nicht absehen konnte.
Zitat von "Saturnia"Ein Fontane-Problem:
Semitismus - Antisemitismus - eine besondere Sorge Fontanes
Hallo Saturnia,
danke für diese Zusammenstellung, das ist sehr interessant und erhellend.
Leider hat Fontane - wie fast alle seiner Zeitgenossen, sofern sie nicht selbst Juden waren - sich antisemitisch geäußert, aber man sieht sehr schön an deinen Beispielen, dass er da von sich selbst nicht sehr überzeugt war.
HG finsbury
Ich habe gesern, nach Abschluss des Beitrags noch mal überlegt: Ich möchte Fontanes religiös und sozial kritische Einstellung und negative Bwertung von einzelnen Juden, denen er begegnet ist, nicht mehr als Antisemitismus bezeichnen. Er kritisierte genauso Priester, Adelige, Christen, egal welcher Kirchen oder Sekten.
Er hat niemandem persönlich geschadet; er hatte intensive Kontakt, fast lebenslang mit jüdischen Freunden, auch in seinem großen Geburtstagsgedicht an "...Cohn" kommt dieser Jude besser weg als andere mögliche Geburtstagsgratulanten, die ja ausbleiben.
Er hat Juden als Personen, als Einzelerscheinungen kritisch beschrieben, wenn es ihm nötig schien, und begründet, warum - und nie wegen ihres Glaubens oder iher Abstammung; seine Auffasung 1855 ging in der Judenfrage in Preußen davon aus, pädieren zu können - also die Hoffnung hatte er - für "jene allmähliche Amalgamierung, die der stille Segen der Toleranz und Freiheit ist" - also die Assimilierung, die so erfolgreich für die gebildeten und tüchtigen Juden ablief - dass sie dann zu dem politischen Antisemitismus als Massenfluch und Gewaltat von den Nationalisten missbraucht wurde.
*
Michael Fleischer komm in seinem Buch - "Kommen Sie, Cohn. Fontane und die Judenfrage" (Berlin 1998) - zu einigen anderen Bewertungen, politische Verallgmeinerungen. Er bewertet aber nie genau genug die Adressaten der Briefe, die Anlässe, die Stimmungen in den Beziehungen, in den Familien - und die Korrekturen.
*
Und: den "Antisemitismus" - den wir heute meinen nach dem Holocaust, den haben Goethe, der ähnlich kritische Details niederschrieb gegenüber und von Juden (wie auch über Christen und den Gottes-Sohn-Glauben), oder Fontane nie propagiert.
Hallo zusammen,
ich finde Theodor Fontane immer sehr tröstlich und greife gerne zu seinen Werken, wenn mir etwas über den Kopf wächst.
Ich lese gerade in "Meine Kinderjahre"
Interessanter Hintergrund dazu: Fontane schrieb seine Erinnerungen nieder auf anraten seines Arztes um mit Schreiben seine persönliche krankheitsbedingte Krise zu überwinden.
Das Kapitel über das Haus in Swinemünde, in das die Familie Fontane in seiner Kindheit zogen, dies erinnert in einigen Punkten an "Effi Briest":
im Haus spukt es, das Meer in der Nähe, die Schaukel ...
sehr schöne Einblicke in seine Kindheit und ich meine, es gibt auch Aufschluss auf seine späteren Werke.
Viele Grüße
Maria
Hallo Maria,
"Meine Kinderjahre" habe ich auch mit großem Genuß gelesen.
Die Anklänge an "Effi Briest" sind sicherleich vorhanden, denn er schob die Arbeit an dem Erinnerungswerk - wie du schreibst - aus therapeutischen Gründen 1892 zwischen den Ehebrecherroman.
Seinem Vater hat er hier wirklich ein literarisches Denkmal gesetzt (während die Mutter unangenehm auffällt und die Geschwister nicht einmal namentlich erwähnt werden). Bewegend ist v.a. die Schilderung seines letzten Besuchs bei seinem alten Herrn. "Denn wie er ganz zuletzt war, so war er eigentlich."
Lesenswert sind auch wieder die kleinen, skurrilen Denkwürdigkeiten. So erinnere ich mich noch an den gelegentlichen "ehrlichen Tag" des Vaters, wo er seine sonstige Politesse beiseite ließ. Oder die simulierte Freimaureraufnahmeprüfung. Oder seine "sokratische Methode" der Gesprächsführung (gerne auch über Einwohnerzahlen). Köstlich!
"Von Zwanzig bis Dreissig" habe ich leider noch nicht gelesen. Ob das wohl ein ähnliches Vergnügen ist?
Gruß
Holk
Hallo Maria und Holenkäs,
auch ich habe Fontanes "Meine Kinderjahre" sehr gerne gelesen. Ich greife auf Fontane gern zurück, wenn das Heimweh sehr groß wird. Er ist nun einmal DER Heimatdichter für mich. Und manchmal habe ich schon ganz schönes Heimweh, das könnt ihr mir glauben. Die Kinderjahre sind aber auch sehr gut, um sich über kleine menschliche Dinge und sehr feinen Humor zu erfreuen. Also eine Lektüre für trübe Tage, ähnlich dem Buch "Hermann Hesse in Augenzeugenberichten", dem Anekdotenbüchlein über Max Liebermann usw. Schön, dass es solche tröstenden und aufmunternden Bücher gibt.
Grüße, FA
Zitat von "Friedrich-Arthur"Hallo Maria und Holenkäs,
auch ich habe Fontanes "Meine Kinderjahre" sehr gerne gelesen. Ich greife auf Fontane gern zurück, wenn das Heimweh sehr groß wird. Er ist nun einmal DER Heimatdichter für mich. Und manchmal habe ich schon ganz schönes Heimweh, das könnt ihr mir glauben. Die Kinderjahre sind aber auch sehr gut, um sich über kleine menschliche Dinge und sehr feinen Humor zu erfreuen. Also eine Lektüre für trübe Tage, ähnlich dem Buch "Hermann Hesse in Augenzeugenberichten", dem Anekdotenbüchlein über Max Liebermann usw. Schön, dass es solche tröstenden und aufmunternden Bücher gibt.
Grüße, FA
Hallo Friedrich-Arthur
danke, das trifft auch meine Gefühle, das hast du schön geschrieben.
Zitat von "Holkenkäs"Seinem Vater hat er hier wirklich ein literarisches Denkmal gesetzt (während die Mutter unangenehm auffällt und die Geschwister nicht einmal namentlich erwähnt werden). Bewegend ist v.a. die Schilderung seines letzten Besuchs bei seinem alten Herrn. "Denn wie er ganz zuletzt war, so war er eigentlich."
Lesenswert sind auch wieder die kleinen, skurrilen Denkwürdigkeiten. So erinnere ich mich noch an den gelegentlichen "ehrlichen Tag" des Vaters, wo er seine sonstige Politesse beiseite ließ. Oder die simulierte Freimaureraufnahmeprüfung. Oder seine "sokratische Methode" der Gesprächsführung (gerne auch über Einwohnerzahlen). Köstlich!
Hallo Holk
ich glaube, später im hohen Alter hat er seine Mutter besser verstanden. Nichtsdestotrotz gab es für ihn als Kind Enttäuschungen, die er wohl nie vergessen konnte, wie z.B. dieses Weihnachtsfest das er darin erwähnt.
der feine Humor Fontanes hat es mir auch angetan.
Viele Grüße
Maria
ZitatAlles anzeigen
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lyrikmail Nr. 1123 20.09.2005
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Die einen sagen, wir haben gewonnen,
Die andern sagen, sie haben gewonnen,
Ich aber sage das eine nur:
Es ward viel gelaufen bei Sherifmur,
Wir sind gelaufen und sie sind gelaufen,
Gelaufen einzeln und in Haufen.
Wir haben den linken Flügel geschlagen,
Der rechte Flügel hat uns geschlagen,
Eine Rennbahn war die ganze Flur,
Es ward viel gelaufen bei Sherifmur,
Wir sind gelaufen und sie sind gelaufen,
Gelaufen einzeln und in Haufen.
Rob Roy, o wärst du zu Hilf' uns gekommen,
Es hätt' ein andres Ende genommen,
So aber war das Ende nur:
Es ward viel gelaufen bei Sherifmur,
Wir sind gelaufen und sie sind gelaufen,
Gelaufen einzeln und in Haufen.
Theodor Fontane
(1819-1898)
aus: Jakobitenlieder (Von 1715 bis 1746). Gedichte (Ausgabe 1898)
der Autor: geb. am 30.Dezember 1819 in Neuruppin, als Sohn
eines Apothekers, er besucht das Gymnasium in Neuruppin und
die Gewerbeschule in Berlin, von 1836-1840 absolviert er eine
Apothekerlehre in Berlin, 1949 gibt Fontane seinen Apothekerberuf
auf und arbeitet mit Unterbrechung bis 1859 als freier Mitarbeiter
im Buero eines Ministeriums, von 1855-1859 lebt er in England als
Berichterstatter, von 1860 bis 1870 arbeitet er als Redakteur der
Berliner "Kreuz-Zeitung", 1870 bis 1889 ist er Theaterkritiker
bei der "Vossischen Zeitung", 1876 wird er Sekretaer der Akademie
der Kuenste Berlin und freier Schriftsteller,
er stirbt am 20.9.1898 in Berlin.
Im Lyrikmail-Archiv finden Sie alle bisher
versendeten Gedichte: http://www.lyrikmail.de
Es ist eine der weniger ruhmreichen Balladen Fontanes... Aber vielleicht ist Weglaufen die richtige Lösung. Besser wäre natürlich, garnicht erst anzutreten...
Aber ich mag Fontanes Balladen, so ist es nicht.
Herbstgrüße, FA
Wie ein Mitmensch und Leser Kontakt aufnahm zu seinem Dichter-Idol Theodor Fontane:
Siegfried Croner: Fontane gab mir zu meiner Freude recht...
[...]
(Veröffentlicht aus dem TFA von Wolfgang Rasch und Christine Hehle; in: „Erschrecken Sie nicht, ich bin es selbst“. Erinnerungen an Theodor Fontane. Berlin 2003: Aufbau-Verlag. S. 219ff.)
[size=9px]Hallo Saturnia! - Du zitierst aus einem Text, ohne ihn weiter zu besprechen oder zu interpretieren. Da ich mir nicht sicher bin, wieweit unser Forum damit Urheberrechte verletzen könnte, habe ich mir erlaubt, Deinen Beitrag zu editieren. Wen der Text interessiert, kann ihn anhand Deiner Quellenangabe wohl nachlesen. Nix für Ungut! - sandhofer[/size]
Hallo zusammen
der Historiker Gordan A. Craig, der auch eine Biographie über Fontane schrieb, ist verstorben:
http://www.fr-aktuell.de/resso…en/feuilleton/?cnt=750740
Gruß
Maria
JM! Zum Ableben des Fontane Biografen mein Beileid.
Ich bin derzeit auch in die "Kinderjahre" vertieft. Ein wirklich sehr schönes Buch. Habe bei der Aufnahmeprüfung auch herzlich schmunzeln müssen. Vor allem über die stets gelassenen Reaktionen des Vaters. Melde mich bestimmt noch mal zum Buch.
Bis bald
troll
Falls ich es irgendwo überlesen haben sollte, verzeiht mir, ansonsten wäre ich dankbar, wenn mir wer helfen könnte: GIbt es von Fontane eine gescheite Gesamtausgabe??
Bin gerade bei der Anekdote über diesen Privatlehrer, den Dr. Lau, angekommen. Wirklich schön. Kann mich auch jetzt net groß aufhalten. Muss weiterschmökern. Ach herrje. Ein schönes Buch. Aus der "Sammlung Dieterich". *sehrschöneostbeständehat* der troll.