Januar 2005: E. Bulwer-Lytton: Die letzten Tage von Pompeji

  • Hallo zusammen !


    Erika schrieb:

    Zitat

    Sie wurde von thessalischen Menschenhändlern geraubt..... Wer weiß, vielleicht ist sie ja doch eine passende Partie für unseren edlen Griechen.


    Erika, ich hatte die gleichen Gedanken. Lass dich überraschen - Bulwer-Lytton sorgt noch für einige Spannung !


    sandhofer schrieb:

    Zitat

    Ist Euer Text auch immer wieder mit eingestreuten Liedern und Gedichten versehen?

    Ja, das gibt auch so einen schönen antiken Touch, finde ich - erinnert mich an all die Dramen mit hellenistischen Motiven.



    Zitat

    wunderschön also die Szene, wie Nydias Brief aus der Gefangenschaft empfangen wird.

    Ja, die ganze Gladiatorszene ist absolut gelungen ! Es fehlt auch nicht an herzzereissender Dramatik in der Vater-Sohn-Story (im wahrsten Sinne des Wortes :breitgrins: ) Bei solchen Szenen war ich mir immer nicht sicher, ob Bulwer-Lytton doch nicht heimlich eine satirische Ader hat ?!


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Steffi"

    Bei solchen Szenen war ich mir immer nicht sicher, ob Bulwer-Lytton doch nicht heimlich eine satirische Ader hat ?!


    Oh, die hat er ganz sicher. Jedenfalls, wenn ich mich so an Was wird er damit machen? erinnere. (Das Pompeii m.M. immer noch um Längen schlägt. Immerhin bin ich jetzt zur Ansicht gelangt, dass letzteres gute Unterhaltungsliteratur ist. Wenn es nicht für eine Leserunde wäre, hätte ich es wohl auch nicht so genau gelesen - und es wäre mir wohl als von besserer Qualität erschienen. Wenn Ihr jetzt versteht, was ich meine ... )


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Sandhofer,
    ich wünsche dir gute Besserung!


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Moin, Moin!


    Zitat von "sandhofer"

    Eine gesundheitsbedingte Leseunlust hat mich etwas gebremst. (Kennt Ihr das auch? Man ist nicht wirklich krank genug, um zu Hause zu bleiben und sich auszukurieren - aber auch nicht gesund genug, um wirklich mit Freude und Konzentration lesen zu können?)


    Aber ja doch. Seit vorgestern habe ich einen Infekt, durch den ich mehr als sonst schlafe, was zuungunsten der Lesezeit geht. Quälte mich gestern durch den Frühdienst und las glücklicherweise gerade an einem Buch (Ich bin ja nun kein Parallelleser), welches sich als Pageturner erwies, Kurt Vonneguts "Die Sirenen des Titan", so daß der Infekt lesetechnisch nur von mäßigem Enfluß war. Heute brauche ich wieder meine ganze Konzentration, weil <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3518374591/">Der Hauptmann und sein Frauenbataillon</a> von Mario Vargas Llosa deutlich komplexer gebaut ist als der Vonnegut.

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Erika"

    Hallo Sandhofer,
    ich wünsche dir gute Besserung!
    Gruß
    Erika
    :blume:


    Dank Euch beiden, es geht mir ja schon wieder besser! (Reichen wir die Genesungswünsche mal an Dostoevskij weiter ... )


    Bei Lytton stehe ich kurz vor dem Ende, die Spannung ist auf dem Höhepunkt, die Gladiatorenkämpfe in vollem Gang, und die Frage lautet: Wer wird nun wen fressen? Dazwischen immer wieder kleine rührende Szenen. Vielleicht kein Künstler, unser Lytton, aber ein ausgezeichneter Kunsthandwerker ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen!


    So, seit ein paar Tagen bin ich fertig. Merkwürdigerweise hat mich das Ende dann wieder gar nicht überrascht. Obwohl ein paar nette Miniaturen drin stecken ...


    Erstes Fazit: Gute, gut gemachte Unterhaltung. Lytton kann aber Besseres. (Das man, Ironie der Literaturgeschichte, aber kaum zur Kenntnis nimmt ...)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,
    ich habe euch immer noch nicht eingeholt. Inzwischen bin ich auf Seite 300 angelangt. Bruder und Schwester haben eine Abschiedsszene. Die Gladiatorenkämpfe liegen noch vor mir.


    Gruß
    Erika
    :blume:

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    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Hallo Erika!


    Wir sind dann natürlich schon gespannt auf weitere Eindrücke von Dir! Den besten Teil liefert Lytton m.M. zum Ende ab. Da startet er so richtig durch.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Erbarmen, liebe Leute !!!!


    Ich komme zur Zeit nur am Wochenende zu langen Lesesitzungen. Bulwer-Lytton eignet sich nun doch nicht zum Häppchenlesen.


    Hoffnungsvolle Grüße
    Erika


    :blume:

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  • Hallo Erika


    Ich wollte Dich keinesfalls unter Druck setzen. Sondern nur sigalisieren, dass mein Interesse an Lytton und an Deinen Statements dazu nicht nachgelassen hat, nur weil ich schon fertig bin ...


    Im übrigen ist es schon merkwürdig, wie derselbe Text auf das jeweilige Individuum wirkt. Bei mir war der Eindruck genau umgekehrt: Ein Buch, wie gemacht, um es in Häppchen zu lesen ... :smile:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen!
    Hallo Steffi!


    Zitat von "Steffi"

    So wie es aussieht, versucht Bulwer-Lytton anhand seiner Entwicklung die Zuwendung zum Christentum zu erklären und gleichzeitig ein Bild der frühen Christen zu zeichnen. Für mich interessant ist dabei auch, wie er die Rolle der Frauen dabei sieht. Obwohl er mit Jone und Nydia zwei starke Charaktere angelegt hat, bleiben diese bisher auf ihre traditionelle Rolle im Haushalt und als Geliebte/Liebende beschränkt.


    Bist Du eigentlich in der Beziehung zu einem abschliessenden Urteil gekommen?


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo sandhofer !


    Dieser Gedanke über die Frauenrolle in den Anfängen des Christentums hat Lytton meines Erachtens einfach nicht weiter ausgeführt. Schade.


    Wenn ich so zurückdenke, glaube ich, dass er irgendwo einen Schnitt gemacht hat und in diese "Abenteuer"-geschichte eingeschwenkt ist. Das hat dem Roman vielleicht gutgetan. Es scheint, Lytton hatte nicht die Kraft, die anspruchsvollen Aspekte, die durchaus vorhanden sind, zu thematisieren. Insofern ist für mich der Schluß eher Fiktion als der Beginn des Romans.


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Steffi"

    Insofern ist für mich der Schluß eher Fiktion als der Beginn des Romans.


    Ja, das ganz sicher. Wobei es für mich ehrlich gesagt keine Rolle spielt. Im Grossen Bücherforum war gerade eine Diskussion darüber, ob ein "Historischer Roman" denn nun historisch korrekt sein müsse. In Zusammenhang mit Lytton habe ich mir diese Frage dann natürlich auch gestellt. Ich bin aber für mich zum Schluss gekommen, dass historische Korrektheit für mich kein Kriterium ist. Ob es nun tatsächlich einen Isis-Kult in Pompeii gegeben hat oder nicht, ob die Rolle der Frau korrekt dargestellt worden ist oder nicht etc. etc. - alles das ist für mich nicht so wichtig. Die historischen Einschübe und Fussnoten haben mich mehr amüsiert denn gestört; für mich waren sie auf demselben Niveau und in derselben künstlerischen Absicht eingestreut wie die Gedichte und Lieder: zur Zerstreuung des Lesers.


    Und - nein: anspruchsvoll ist der Roman sicher nicht. Aber eine ganz gute Zerstreuung des Lesers.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo sandhofer,


    für mich sollte ein historischer Roman schon historisch korrekt sein, insoweit man die Fakten nachvollziehen kann. Denn ich will mich nicht nur unterhalten sondern auch noch etwas dabei lernen. Oft ist es ja so, dass in historischen Romanen heutige Ansichten in die Vergangenheit transportiert werden oder die Personen handeln z.B. nach ethischen Grundsätzen, die damals einfach nicht vorhanden waren. Das enttäuscht mich dann immer etwas.


    Mal ein Beispiel: Nach meiner kurzen Recherche
    war der Isiskult ja weiblich, d.h. es dürfte gar keine männlichen Priester gegeben haben. Was stimmt denn nun ? Große Lust, das sorgfältig zu recherchieren hab ich nicht, aber irgendwie wurmt mich das dann doch.


    Bei Lytton stand für mich die Frage im Vordergrund: wie sieht der Blick ins damalige Rom aus der Sicht des 19. Jahrhunderts aus. Das war sehr interessant und auch unterhaltsam. Ein ganz großes Thema der englischen Literatur dieses Jahrhunderts scheint wohl die Rolle der Frau zu sein - so kommt es mir zumindest vor. Ich denke, es kommt eben auch immer darauf an, welche Erwartungshaltung man hat - bei jedem Buch.


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen!
    Hallo Steffi!


    Zitat von "Steffi"

    Denn ich will mich nicht nur unterhalten sondern auch noch etwas dabei lernen.


    Dann lese ich entsprechende Fachliteratur. Oder zumindest wissenschaftsjournalistische Artikel. Aber jeder soll nach seiner Façon selig werden...


    Zitat von "Steffi"

    Oft ist es ja so, dass in historischen Romanen heutige Ansichten in die Vergangenheit transportiert werden oder die Personen handeln z.B. nach ethischen Grundsätzen, die damals einfach nicht vorhanden waren.


    Da hast Du recht.


    Zitat von "Steffi"

    Mal ein Beispiel: Nach meiner kurzen Recherche
    war der Isiskult ja weiblich, d.h. es dürfte gar keine männlichen Priester gegeben haben. Was stimmt denn nun ? Große Lust, das sorgfältig zu recherchieren hab ich nicht, aber irgendwie wurmt mich das dann doch.


    Ich fürchte, Du tust Lytton Unrecht. Männliche Isis-Priester kennen auch Wieland (Beyträge zur geheimen Geschichte der Menschheit, 1770) oder Schikaneder (Libretto zur Zauberflöte: Sarastro ist ein Priester der Isis, iirc). Und auch dieser Text zum Thema "Isis-Kult, den ich mal so auf die Schnelle über Google gefunden habe, der mir aber - ebenfalls so auf die Schnelle - vertrauenswürdig erscheint, spricht von Isispriestern in der männlichen Form und zeigt sogar ein Wandbild aus Herculaneum, mit männlichen Priestern - allerdings merkwürdigerweise als Radierung.


    Bin aber kein Historiker.


    Zitat von "Steffi"

    Bei Lytton stand für mich die Frage im Vordergrund: wie sieht der Blick ins damalige Rom aus der Sicht des 19. Jahrhunderts aus. Das war sehr interessant und auch unterhaltsam. Ein ganz großes Thema der englischen Literatur dieses Jahrhunderts scheint wohl die Rolle der Frau zu sein - so kommt es mir zumindest vor. Ich denke, es kommt eben auch immer darauf an, welche Erwartungshaltung man hat - bei jedem Buch.


    Stimmt. Bei den zwei Themen wollte ich Dich auch noch fragen, zu welchem Resultat Du schliesslich gekommen bist.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo sandhofer,


    danke für deine Information zum Isis-Kult. Vielleicht wurde er ja später in Rom anders gehandhabt als in Ägypten ?


    Zitat

    Bei den zwei Themen wollte ich Dich auch noch fragen, zu welchem Resultat Du schliesslich gekommen bist.


    Sorry, dazu wollte ich ja noch in meinem vorigen Beitrag schreiben :sauer:


    Lyttons Schilderungen scheinen sich ja in etwa mit der heutigen Sicht zu decken. Gerade die in den letzen Jahren wiederaufgelebte Romantik passt auch sehr gut dazu. Sieht so aus, als ob sich in den paar Jährchen nicht viel diesbezüglich getan hat :zwinker: Um zu einem klareren Urteil zu kommen, wäre es sicher hilfreich, die "alten Römer" zu lesen. Ich nehme aber an, das hat Lytton bestimmt auch getan und sooo arg interessiert mich dann diese Epoche auch nicht ...


    Über die Rolle der Frau hatten wir ja schon einmal gesprochen. Obwohl sie zu Beginn sehr stark angelegt sind, wird ihre Rolle zurückgedrängt und von den Gladiatoren, Intrigen, Morden usw. überlagert. Emanzipation scheint auf jeden Fall kein Thema von Lytton gewesen zu sein und war es in der englischen Literatur auch erst etwas nach Lytton ? So genau kenne ich mich aber nicht aus.


    Auf jeden Fall merke ich, dass man noch viel über den Roman nachdenken kann - ein untrügliches Zeichen für Qualität !


    Hast du noch irgendwelche Schlüsse gezogen außer gut unterhalten worden zu sein ?


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen!
    Hallo Steffi!


    Zitat von "Steffi"

    Um zu einem klareren Urteil zu kommen, wäre es sicher hilfreich, die "alten Römer" zu lesen. Ich nehme aber an, das hat Lytton bestimmt auch getan und sooo arg interessiert mich dann diese Epoche auch nicht ...


    Na ja, es gäbe da, v.a. in der Lyrik ein paar interessante Kerlchen ...


    Emanzipation war wohl sicher nicht Lyttons Thema. Auch in seinem utopischen Roman um die Vril spielt die weibliche Emanzipation kaum eine Rolle. (Das mag aber das Resultat der anthroposophischen Bearbeitung sein, die meine Übersetzung erlitten hat!)


    Zitat von "Steffi"

    Hast du noch irgendwelche Schlüsse gezogen außer gut unterhalten worden zu sein ?


    Ehrlich gesagt, nein. Wobei dies nicht das Unwichtigste beim Lesen sein sollte. Ich bin eher fürs "delectare" als fürs "prodesse" - wenn wir schon bei den alten Römern sind :breitgrins:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen!


    Folgendes kleines Fundstück zur zeitgenössischen Einschätzung von Bulwer Lytton möchte ich Euch nicht vorenthalten:


    Ein Liebespaar in spe diskutiert. Sie: »[...] Lesen Sie unterdessen Walter Scott oder Bulwer. Seine >Alice< hat mich während der Überfahrt recht angesprochen.«
    »Auch ich habe sie gelesen«, fiel er ein; »wie gefällt sie Ihnen?«
    »Einige Charaktere sind sehr zart gedacht, aber andere scheinen mir wieder affektiert, englisch affektiert, was noch weniger gut läßt als französische Affektation. Dann prunkt er auch gar zu viel mit seinem gelehrten Wissen.«
    »Nur sein >Pelham< ist ganz gut, alle seine anderen Romane sind es nur halb«, fiel er wieder ein; »er prunkt, wie Sie sagen, gar zu sehr mit seinem Wissen, es übersehend, daß man bei einem Gentleman dieses Wissen voraussetzt. Er kommt mir beladen, bepackt mit lauter Gelehrsamkeit - erdrückt von ihr vor. [...]«
    (Es folgt ein kleiner Lobgesang der beiden auf Walter Scott.) --- Charles Sealsfield: Das Kajütenbuch, 1841.


    :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo again,
    nun habe ich es endlich geschafft, nach einigen Durststrecken dieses Werk zu Ende zu lesen (schreibt man das jetzt so?). Zum Schluss hat er ja noch mal richtig schön zugeschlagen. Ein liegengebliebener, fast vergessener Rettungsbrief, der Showdown in der Arena und ein Selbstmord aus Liebe (welch edler Verzicht).


    Bei der Auseinandersetzung zwischen griechischer und römischer Kultur, kam mir in den Sinn, ob Bulwer-Lytton da nicht einen Stellvertreterkampf zwischen englischer und amerikanischer Kultur insgeheim im Blick hatte.


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8