• Zur Zweitausendeins-Ausgabe: Wer ist denn der Übersetzer?


    Und ist diese Übersetzung gut?


    Hallo cas,


    Der Gesamtband gliedert sich wie folgt:

    - Das Bild des Dorian Gray (Deutsch von Hans Wolf)
    - Der glückliche Prinz & andere Märchen I (Deutsch von Susanne Luber)
    - Lord Arthur Saviles Verbrechen & andere Erzählungen (Deutsch von Eike Schönfeld)
    - Ein Granatapfelhaus & andere Märchen II (Deutsch von Susanne Luber)
    - Der Künstler & andere Prosagedichten(Deutsch von Eike Schönfeld)
    - Der Kritiker als Künstler & andere Essays (Deutsch von Georg Deggerich)
    - Ernst und seine tiefere Bedeutung & andere Komödien (Deutsch von Bernd Eilert)
    - Salome (Deutsch von Petra-Susanne Räbel)
    - Brief aus dem Gefängnis (Deutsch von Susanne Luber)
    - Maximen & Leitsätze (Deutsch von Georg Deggerich & Gerd Haffmans)
    - Anhang

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • Danke. Kannst du vielleicht auch etwas zu der Qualität der Übersetzungen sagen?


    nein, noch nicht so richtig.
    Das Reinlesen in "Dorian Gray" fand ich bisher schön formuliert.


    Hier mal ein Vergleich und zwar der Beginn des 1. Kapitels :


    Das Bildnis des Dorian Gray, Erstes Kapitel
    Das Atelier war erfüllt vom üppigen Wohlgeruch der Rosen, und wenn sich der leichte Sommerwind in den Bäumen des Gartens regte, wehte durch die offene Tür der schwere Duft des Flieders und der zartere der Heckenrosen. Von seinem Winkel aus konnte Lord Henry Wotton, der auf dem von Perserteppichen bedeckten Diwan lag und wie üblich unzählige Zigaretten rauchte, eben noch den Schimmer der honigsüßen und honigfarbenen Blüten eines Goldregens wahrnehmen, dessen bebenden Äste kaum imstande zu sein schienen, die Last einer so flammengleichen Schönheit zu tragen, und hin und wieder flitzten die wunderlichen Schatten fliegender Vögel über die langen, dunkelrehfarbenen Seidenvorhänge, die vor das riesige Fenster gezogen waren, wodurch sie vorübergehend einen japanischen Effekt hervorriefen und ihn an jene bleichen Maler Tokios mit ihren wie aus Jade geschnittenen Gesichtern denken ließen, welche durch eine Kunst, die notwenigerweise unbeweglich ist, das Gefühl von Geschwindigkeit und Bewegung zu vermitteln suchen. Das träge Summen der Bienen, die sich durch das hohe ungemähte Gras drängten oder mit monotoner Beharrlichkeit um die staubigen hellgelben Blütenhörner des wuchernden Geißblatts kreisten, schien die Stille noch lastender zu machen.Übersetzt von Christine Hoeppener, Insel Verlag, Leipzig 1976



    Das Bild des Dorian Gray, Erstes Kapitel,
    Üppiger Rosenduft erfüllte das Atelier, und wenn im Garten der linde Sommerwind durch die Bäume strich, wehte das reiche Arom des Flieders oder der zartere Hauch des rosablütigen Hagedorns durch die offene Tür herein.
    Von der Ecke aus, wo er auf dem mit persischen Satteldecken drapierten Diwan lag und wie üblich unzählige Zigaretten rauchte, konnte Lord Henry Wotton noch den Schimmer des honigsüßen und honiggelben Goldregens erkennen, dessen zitternde Zweige kaum imstande schienen, die Last dieser flammengleichen Schönheit zu tragen; dann und wann huschten die geisterhaften Schatten vorüberfliegender Vögel über die langen tussahseidenen Vorhänge, die vor dem riesigen Fenster prangten, und zauberten einen Moment lang eine Stimmung herbei, die ihn an Japan denken ließ, an die bleichen, jadegesichtigen Maler Tokios, die durch ihre notgedrungen unbewegliche Kunst den Eindruck von Flüchtigkeit und Bewegung zu vermitteln suchen. Das gereizte Summen der Bienen, die durchs hohe, ungemähte Gras schwärmten oder mit monotoner Beharrlichkeit die bestäubten, goldfarbenen Blügenköpfe der wuchernden Heckenlilie umkreisten, machte die Stille fast noch bedrückender. Das schwache Brausen Londons klang wie die Baßtöne einer fernen Orgel.
    Übersetzt von Hans Wolf, Haffmans Verlag,



    The Picture of Dorian Gray, Chapter 1...
    THE studio was filled with the rich odour of roses, and when the light summer wind stirred amidst the trees of the garden, there came through the open door the heavy scent of the lilac, or the more delicate perfume of the pink-flowering thorn.


    From the corner of the divan of Persian saddle-bags on which he was lying, smoking, as was his custom, innumerable cigarettes, Lord Henry Wotton could just catch the gleam of the honey-sweet and honey-coloured blossoms of a laburnum, whose tremulous branches seemed hardly able to bear the burden of a beauty so flamelike as theirs; and now and then the fantastic shadows of birds in flight flitted across the long tussore-silk curtains that were stretched in front of the huge window, producing a kind of momentary Japanese effect, and making him think of those pallid, jade-faced painters of Tokyo who, through the medium of an art that is necessarily immobile, seek to convey the sense of swiftness and motion. The sullen murmur of the bees shouldering their way through the long unmown grass, or circling with monotonous insistence round the dusty gilt horns of the straggling woodbine, seemed to make the stillness more oppressive. The dim roar of London was like the bourdon note of a distant organ.


    wobei ich die Übersetzung von Hans Wolf (Haffmans Verlag) genauer finde, der Satz über das ...schwache Brausen Londons.... fehlt in der Übersetzung von Christine Hoeppener. Da fragt man sich natürlich, welche Sätze noch fehlen.


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Danke für die Mü­he, die Textstelle herauszuschreiben.


    Zum Vergleich mal die Übersetzung, die ich besitze:


    Das Bild des Dorian Gray, Erstes Kapitel
    Das Atelier war erfüllt vom üppigen Duft der Rosen, und wenn der leichte Sommerwind durch die Bäume des Gartens fuhr, drang durch die offene Tür der schwere Geruch des Flieders oder der zartere hauch des rosig blühenden Dornstrauches.
    Von der Ecke auch konnte Lord Henry Wotton, der auf dem mit einer persischen Satteltaschendecke bezogenen Diwan lag und wie gewöhnlich unzählige Zigaretten rauchte, gerade noch die honigsüßen und honigfarbenen Blüten eines Goldregens erkennen, dessen zitternde Zweige kaum fähig zu sein schienen, eine so flammengleiche Schönheit zu tragen; und hin und wieder huschten die phantastischen Schatten vorbeifliegender Vögel über die langen Vorhänge aus Tussahseide, die vor das riesige Fenster gezogen waren, wodurch im Augenblick so etwas wie eine japanische Wirkung entstand und er sich an jene bleichen, jadegesichtigen Maler in Tokio erinnert fühlte, welche durch das Mittel einer Kunst, die notgedrungen unbeweglich ist, das Gefühl der Schnelligkeit und Bewegung zu erwecken versuchen. Das dumpfe Summen der Bienen, die sich einen Weg durch das hohe, ungemähte Gras bahnten oder mit monotoner Beharrlichkeit um die bestäubten goldenen Trichter des wuchernden Geißblatts kreisten, ließ die Stille noch bedrückender erscheinen. Das undeutliche Brausen Londons glich dem Bordunton einer fernen Orgel.
    Übersetzt von Siegfried Schmitz, Artemis & Winkler, 1972 und dtv


  • wobei ich die Übersetzung von Hans Wolf (Haffmans Verlag) genauer finde, der Satz über das ...schwache Brausen Londons.... fehlt in der Übersetzung von Christine Hoeppener. Da fragt man sich natürlich, welche Sätze noch fehlen.


    Gruß,
    Maria


    Ja, das verwundert dann schon, wenn ein ganzer Satz unterschlagen wird.


    "Mut zur Lücke" - das dachte ich eben, als ich bei amazon den "Blick ins Buch" bei der Neuübersetzung von Eike Schönfeld geworfen habe: Im zweiten Absatz liegt Lord Henry Wotton auf dem Diwan und raucht - die "innumerable cigarettes" wurden einfach weggelassen ... naja.


    Gruß, Gina

  • Sehr interessant, was wir hier zusammentragen. Passend dürfte auch der Hinweis auf eine Lesung sein, die am Montag 04.08. startet:



    Das Bildnis des Dorian Gray
    von Oscar Wilde


    Mit Wolfgang Reichmann (1932 - 1991)




    Sendezeit ab
    Mo, 04.08.2014 | 09:30 - 10:00 Uhr


    hr2-kultur "Lesezeit"


    der Sender verweist auf das Buch im dtv erschienen und das ist ebenfalls eine Übersetzung neueren Datums (2013) von Lutz-W. Wolff ...


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    (der Übersetzer lässt weder die Zigaretten noch das Brausen Londons aus ;-))

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Das Bildnis des Dorian Gray habe ich nun auch gelesen. Viel erwartet habe ich nicht und dann hat mich die Geschichte in ihren Bann gezogen.


    Lord Henry war mir von Anfang an unsympathisch und Basil war mir die ganze Zeit viel zu lasch.


    Auf sky läuft gerade der Film dazu. Den werde ich mir noch anschauen.


    Was von Oscar Wilde ist denn noch empfehlenswert?