Eduard von Keyserling

  • Hallo,


    habe vor einigen Jahren eine Sammlung von Keyserling-Erzählungen erstanden. Natürlich zuerst die bekannten "Wellen" gelesen, aber im folgenden doch noch anrührendere Geschichten gefunden.
    "Dumala" finde ich hingegen schwächer (weder der Pastor, noch Karola sind wirklich sympathisch).
    Zu meinen Favoriten gehören die "Soldaten-Kersta (Ehebrecherin en passant: -"Du und ich. Komm."- mit gutem Ende) und "Nicky".


    Gruß
    Holk

  • Hallo Holkenäs,
    kannst du mir den Titel der Sammlung erinnern?


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Hallo Erika,


    der Band heißt "Harmonie" (mit insgesamt 19 Erzählungen und Romanen), und ich habe ihn damals für unglaubliche (wenn ich bedenke, was für Freude er mir bisher bereitet hat!) 3,95 DM erworben. Das war ein Schnäppchen, ich glaube, im Zuge der Reich-Ranicki-Euphorie (und der "Wellen"-Lobung).


    Gruß
    Holk

  • Hallo Holk,


    danke für deine schnelle Antwort. Der Preis ist wirklich sensationell. Ist in diesem Buch auch "Dumala" enthalten?


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Hallo Erika,


    ja, "Dumala" ist auch enthalten. Fand ich ziemlich düster, allein der sterbende Werland zeigt Humor. Gerade die Ehen werden traurig dargestellt ("wie Pakete im Güterwagen, so stehen die Menschen nebeneinander"). Dafür gibt es ja allerhand nächtliche Aktivitäten und einen lüsternen Pastor (wie bei den "Buddenbrooks").


    Gruß
    Holk

  • Hallo Holk,
    ja, ja der Pastor. Der hat mich aus beruflichen Gründen interessiert. Das war doch damals eine andere Welt. Die Pfarrfrau "mein Kind" zu nennen, Trunkenbolde ins Gewissen zu reden.... :sauer:


    Allein die Tatsache, immer unter Beobachtung zu stehen, kam mir etwas bekannt vor. :zwinker:


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Hallo Erika,


    hat es hier schon mal ein Thema über "Pastoren in der Literatur" gegeben? Müßte es doch reichlich Material geben. Ein leuchtendes Bild liefert ja z.B. der gute Lorenzen aus dem "Stechlin". Meist spielen sie aber wohl nicht die Hauptrolle. Doch zur Abbildung der Gesellschaft gehören sie dazu, vor allem in früheren Zeiten.


    Gruß
    Holk

  • Hallo zusammen,


    ihr habt mich so neugierig gemacht, dass ich mit "Wellen" gestern begonnen habe zu lesen und bin von der Sprache, von den Naturbeschreibungen und dem diskreten Humor angetan. Erinnert mich auch sehr an Fontane.


    z.B. diese Passage:


    "sehen sie, es gibt nichts Dümmeres, nichts Sinnloseres als die Schlaflosigkeit, als im Bett zu liegen, auf den Schlaf zu warten und nicht schlafen zu können. In solchen Stunden komme ich mir vor, wie meiner Menschenrechte beraubt. Ich tue nicht meine Pflicht als Mensch. .....


    meine Pflicht als Mensch ist, zu schlafen oder mein Handwerk als Mensch zu treiben, zu arbeiten wie da die Fischer oder zu lieben wie Sie und der Herr Maler oder zu streiten wie meine Hausleute, gleichviel, eben Menschengeschäfte zu treiben, und können wir das nicht, so haben wir zu schlafen...."


    ich bin nun an der Stelle, wo Knospelius Doralice diesen Friedhof zeigt. Schaurig. Ob das etwas zu bedeuten hat? Ich muß immer daran denken, wie Fontane oft bereits zu anfangs in seinen Romanen den Tod versteckt, ohne dass der Leser es merkt.


    bis dann
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Holk,
    im Stechlin-Thread habe ich einen Link zu einem Artikel über Landpastoren bei Fontane gepostet.


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Hallo Erika!
    Hallo zusammen!


    Zufälligerweise habe ich auch über Weihnachten "Dumala" gelesen, da hatten wir wohl die gleiche Idee! "Dumala" hat mir auch gefallen, muss euch aber recht geben, denn "Wellen" ist besser. Die Charaktere in "Dumala" sind mir zeitweise zu flach, ein Pastor sollte doch irgendwie Gewissensbisse haben...
    Danke auch an Holkenäs für den Tip mit dem Band "Harmonie". Ich werde gleich mal nachsehen, ob man das noch käuflich erwerben kann.


    Zufälligerweise habe ich gerade gesehen, dass die Verfilmung von "Wellen" am 21.01. auf arte kommt, 20: 40 Uhr!!! :winken:


    Viele Grüße
    marin

  • Zitat von "marin"

    .


    Zufälligerweise habe ich gerade gesehen, dass die Verfilmung von "Wellen" am 21.01. auf arte kommt, 20: 40 Uhr!!! :winken:


    Viele Grüße
    marin


    Hallo zusammen,


    hat sich den Film jemand von euch angeschaut?
    Die Besetzung war sehr gut, die Atmosphäre dicht, aber mich störten die Sexszenen (zumal soviel Ehebruch im Buch garnicht vorkommt). Vielleicht war der Regisseur der Meinung, sonst würde sich die Verfilmung keiner anschauen :sauer:


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria!


    Ich habe den Film mittlerweile auch gesehen (Video), ich bin leider bis jetzt nicht dazu gekommen, zu antworten.


    Ich muss dir recht geben: mich haben die Sexszenen auch etwas gestört. Prinzipiell fand ich den Film aber doch ziemlich gut, allerdings nicht als eine Verfilmung von Keyserlings Roman. Es war wohl doch eher ein Film, der sich einen bestimmten Teil der Handlung vom Roman abgeguckt hat. Mich haben die Namen sehr verwirrt, im Buch hießen einige der Figuren anders.


    Würdest du im Buch überhaupt von Ehebruch sprechen? Soweit ich mich erinnere, fand der Ehebruch doch eigentlich "nur" in Gedanken statt, aber so wirklich passiert ist doch nichts, oder? Vielleicht erinnere ich mich auch falsch.


    Viele Grüße
    marin :winken:

  • Hallo marin


    Zitat von "marin"

    Ich muss dir recht geben: mich haben die Sexszenen auch etwas gestört. Prinzipiell fand ich den Film aber doch ziemlich gut, allerdings nicht als eine Verfilmung von Keyserlings Roman. Es war wohl doch eher ein Film, der sich einen bestimmten Teil der Handlung vom Roman abgeguckt hat. Mich haben die Namen sehr verwirrt, im Buch hießen einige der Figuren anders.


    ja, ich glaube Hans Grill wurde Till(?) genannt. War schon verwirrend. Den interessantesten Teil, das Gespräch der Generalin mit Doralice, ("dass sie sich nicht immer entführen lassen kann" o.ä.) haben sie ganz weggelassen.


    Auch der Hinweis auf Giftgas und 1. Weltkrieg(?) war im Roman nicht vorhanden.

    Zitat

    Würdest du im Buch überhaupt von Ehebruch sprechen? Soweit ich mich erinnere, fand der Ehebruch doch eigentlich "nur" in Gedanken statt, aber so wirklich passiert ist doch nichts, oder? Vielleicht erinnere ich mich auch falsch.


    ich meine auch, dass im Buch Doralice keinen Ehebruch begangen hat, als sie mit Hans Grill verheiratet war.


    hauptsächlich meinte ich damit den Hausherrn (Namen vergessen). Im Buch wird erwähnt, dass er fremdgeht, im Film brachten sie das zum Ausdruck, indem er sich über die Hausgehilfin machte.


    Die Atmosphäre fand ich dicht, irgendwie morbide. Und der Bucklige könnte doch auch aus einem Thomas Mann Roman entsprungen sein.


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria!


    :rollen: Mir kam es auch so vor, als ob die Handlung zeitlich verschoben worden wäre. Im Film wollte ja Hilmar (im Film hieß er glaube ich Karl) zu den Fliegern gehen, oder? Die hat man ja auch gesehen. Ebenso haben mich die Autos etwas verwirrt. Das kam mir dann doch etwas zu modern vor für von Keyserlings Zeit.
    Ich kann mich momentan nicht genau erinnern, ob der Baron von Büttlar (?) eine Affäre hat, ich weiß nur ganz sicher, dass er nichts mit der Haushälterin hatte (wenigstens nicht explizit dargestellt im Roman).


    Auch mit dem Buckligen hast du recht: Ich konnte mir ihn im Film ganz gut getroffen, habe ihn aber bisher noch nicht mit Thomas Mann in Verbindung gebracht. Ist aber ein interessanter Gedanke ... :breitgrins:


    Viele Grüße
    marin

  • Hallo zusammen,
    Hallo marin


    Zitat von "marin"

    :rollen: Mir kam es auch so vor, als ob die Handlung zeitlich verschoben worden wäre. Im Film wollte ja Hilmar (im Film hieß er glaube ich Karl) zu den Fliegern gehen, oder? Die hat man ja auch gesehen. Ebenso haben mich die Autos etwas verwirrt. Das kam mir dann doch etwas zu modern vor für von Keyserlings Zeit.


    Ich habe das Buch nochmals hervorgeholt:


    im Roman gehörte Hilmar zu den Braunschweiger Husaren. Vom Pferderücken in die Lüfte :zwinker:


    die Fragen, wann und wo die Geschichte (Buch, nicht Film) spielt, bleibt bei mir offen. (Ort der Handlung: Könnte es Norderney sein?)


    Zitat


    Ich kann mich momentan nicht genau erinnern, ob der Baron von Büttlar (?) eine Affäre hat, ich weiß nur ganz sicher, dass er nichts mit der Haushälterin hatte (wenigstens nicht explizit dargestellt im Roman).


    mit den Worten der Frau von Buttlär:


    ..."offen gestanden, es ist auch wegen Rolf. Die Person ist seh hübsch, solche Personen sind immer hübsch und Rolf, du weißt --."


    die Antwort der Generalin dazu läßt sich sehen *G*:


    ..."Naja, immer die eine alte Geschichte mit der Gouvernante, die könntest du auch vergessen. Ab und zu mal im Frühjahr regt sich in ihm noch der Kürassieroffizier, das ist eine Art Heuschnupfen...."


    Ich kann nicht widerstehen und noch ein paar kurze, aber prägnante Zitate aus dem Buch zu nennen, die ich mir notierte (eine Tick von mir *G*)


    Knospelius:
    "Trübsal blasen wir wohl alle mitunter, aber Konzerte damit zu geben, ist nicht empfehlenswert."
    (S. 78 der SZ-Ausgabe)


    Generalin zu Doralice:
    "sie sind bildhübsch, meine Liebe... aber was hilft das?... Sich entführen lassen, das geht schnell. Mich hat zwar nie jemand entführt, ich hatte es auch nicht nötig... Aber mit dem Herrn, der einen entführt, leben, das ist die Kunst. Glauben Sie mir, man kann sehr gut leben, auch ohne daß ein Mannsbild immer vor einem auf den Knien liegt..."
    (S. 115 SZ-Ausgabe)


    Grüße von
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria!


    Vielen, vielen Dank für die tollen Zitate! :sonne: Ich habe momentan leider wenig Zeit, um in richtig guten Büchern zu schmökern. Da heitern mich deine Zitate dann erst recht auf.


    Ob der Film auf Norderney spielt, kann ich leider nicht sagen. Ich kenne mich dann doch zu wenig in Norddeutschland aus. Sicherlich ist im Film das Wort "Baltikum" oder "Kurische Nehrung" nicht gefallen, so dass es sehr gut sein kann, dass auch der Handlungsort geändert wurde.


    Und noch zu deinen Zitaten zur Baronin und zur Generalin: Beide waren im Film gut getroffen, die etwas weinerliche und zimperliche Baronin und die doch etwas "robustere" Mutter. Ich erinnere mich da an das Gespräch zwischen der Baronin und Knospelius auf der Veranda. Die Baronin wird von der Generalin ins Bett geschickt, lauscht aber noch, als sich die Generalin über sie auslässt. Sie sagte, glaube ich, dass sie öfter mal ein Schlückchen aus dem Flachmann nimmt, damit sie die Baronin besser erträgt. Ich glaube, auch eine freie Erfindung der Filmemacher...


    Viele Grüße
    marin :blume:

  • Hallo!
    Vor einigen Wochen habe ich mir "Harmonie - Romane und Erzählungen" zugelegt. Es war beim Elbeversand gerade günstig zu haben. Bisher hatte ich noch nicht die Zeit, darin zu schmökern. Ich habe bisher erst das Nachwort von Reinhard Bröker gelesen.


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Hallo Erika,


    herzlichen Glückwunsch zu dem Kauf des Sammelbandes.


    Ich habe gerade wieder eine Erzählung aus dem Band gelesen. Aber "Seine Liebeserfahrung" war bisher die schwächste der Sammlung. Unfreiwillig komisch (oder hatte Keyserling auch eine satirische Ader?), wenn z.B. die als Geliebte festeingeplante Claudia zum Helden sagt, er sei so gut wie eine Tante. Romantisch ist hingegen, dass er die Fußspuren seiner Jugendliebe aus dem Sandweg ausstach und sie zu einem Monument der Liebe anhäufte...


    Würde mich freuen, wenn du deine Lektüreeindrücke hier mitteilen würdest, falls du die Zeit zum Lesen findest. Die "Soldaten-Kersta" würde ich auch aufgrund der Kürze zu Beginn (nach Wellen und Dumala) empfehlen.


    Liebe Grüße
    Holk

  • Hallo zusammen,


    kennt jemand von euch bereits "Fräulein Rosa Herz" von Eduard von Keyserling?


    Ich habe es in den letzten Wochen gelesen. In einer Vita über Keyserling wurde geschrieben, dass er eher pessimistisch schreibt. Das mag auch in diesem Roman anklingen, dennoch steckt auch viel Humor und Weisheit in dieser Geschichte und am Ende des Romans so eine stille Resignation, dass sich die Geschichte wiederholen könnte, oder auch nicht... Genau die Art von Ende, die mir zusagt.


    Der Roman spielt in der Biedermeierzeit. Ein 17jähriges Mädchen mit dem Drang aus der Kleinstadt heraus zukommen und der Sehnsucht nach Liebe, gerät an einen jungen leichtfertigen Mann... Ihr könnt' euch vorstellen, dass das der Kleinstadt nicht verborgen bleibt.


    Hier noch ein Bericht über Keyserling:
    Der Fontane in Moll


    für mich war Keyserling die Entdeckung aus der SZ-Reihe.
    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,


    Ich beschäftige mich immer noch mit Eduard von Keyserling. Nach "Fräulein Rosa Herz" habe ich mit "Beate und Mareile" weitergemacht. Wie immer fasziniert mich wie Keyserling seine Geschichten zum Ende bringt. Auch in "Beate und Mareile" ein Ende, das dem Leben der Protagonisten noch so einiges offen läßt. Als Nebentitel hat "Beate und Mareile" den Zusatz "Eine Schloßgeschichte". Das klingt trivial, aber das sollte den Leser nicht täuschen, denn es steckt sehr viel mehr darin. Es geht um die Ehe, die Sexualität im 19. Jahrhundert, erstaunlich offen und auch versteckt geht der Schriftsteller dieses Thema an.


    Steffi: die Geschichte ist voll von Blumenmotiven und Symbolik.
    Weißt du ob es eine dunkelrote Rose gibt, namens: Sultan von Zanzibar?
    Mareiles' Kleid war geschmückt mit diesen Rosen.


    Google gab auf die Schnelle nichts her.


    @alle:
    gibt es eine Biographie über diesem Schriftsteller? Bei Amazon bin ich nicht fündig geworden.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)