Beiträge von Sir Thomas


    Wie ich gesehen habe, gibt es "Freuden und Tage" und "Tage der Freuden" - was für mich rein von der Aussage des Titels nicht dasselbe ist :zwinker:


    Hallo Steffi,


    "Tage der Freuden" ist mWn. die alte Übersetzung, "Freuden und Tage" die eigentlich korrekte (orig. "Les plaisirs et les jours").


    Viele Grüße


    Tom

    Liebe Proust-Freunde,


    ich stecke momentan im zweiten Band der "Recherche ..." und bin schwer begeistert. Bevor ich zum dritten Band greife, würde ich gern etwas aus Prousts Frühwerk lesen. Da es hier eine kleine, aber stabile Proust-Gemeinde gibt, schwebt mir eine "Freuden und Tage-"Leserunde ab Dezember oder Januar vor.


    Viele Grüße


    Tom


    Es ist aber halt ein Roman, der die Folgen der Lethargie zum Thema hat und die Russen zum Nachdenken bringen sollte. Es ist halt kein Entwicklungsroman.


    Ja, es ist schon seltsam: Während Gontscharows Landsmann Dostojewski wenige Jahre nach „Oblomow“ einen 800-Seiten-Roman darauf verwendet, die Hölle der seelischen Entwicklung anhand des Mörders Raskolnikow zu schildern („Schuld und Sühne“), bleibt unser „Held“ wie ein Muster an Beharrungsvermögen unbelehrbar und stoisch. Mir fällt aus jener Zeit nur ein literarischer Charakter ein, der sich vergleichbar verhält: Herman Melvilles Bartleby mit seinem „Ich möchte lieber nicht.“


    Mich erinnert Oblomow an die Antihelden, die mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts die literarische Bühne eroberten, vor allem Simon Tanner von Robert Walser („Geschwister Tanner“) und Franz Kafkas berühmter K. („Der Process“). Deshalb neige ich dazu, in Oblomow nicht allein eine Kritik an den russischen Verhältnissen in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu sehen, sondern auch eine moderne Variante des alten Don Quixote-Themas „Ich gehe durch die Welt, wie es mir gefällt …“ Auch wenn diese Welt sich verändert, aus den Fugen gerät und mit persönlichen Träumen und Vorstellungen nicht mehr in Einklang zu bringen ist, bleiben die Oblomows und Bartlebys sich selbst und ihrem Leiden an und in der Welt treu – koste es, was es wolle. Für diese Art des „passiven Widerstands“ (oder – modern ausgedrückt – authentischen Handelns) entrichten sie einen hohen Preis: den des persönlichen Untergangs.


    Aus diesem kurzen Resumé könnt Ihr entnehmen, das ich die Lektüre am Wochenende beendet habe. Ich bin nun gespannt auf Eure abschließenden Bemerkungen.


    LG


    Tom


    Ich lese gerade noch einmal "Niederungen", ihr Prosaerstling. Hierin schreibt sie vom Dorf im Banat, wo sie geboren ist....


    Nachdem ich mich nun ein wenig mit Herta Müller beschäftigt habe, scheint "Niederungen" wohl noch das authentischste Buch ihres nicht sehr umfangreichen Werks zu sein. Leider ist es derzeit vergriffen. Mal sehen, wie lang es dauert, bis nachgelegt wird ...


    Schöne Grüße


    Tom

    Durch meine Proust-Lektüre (aktuell: Im Schatten junger Mädchenblüte) stieß ich auf den romantischen Dichter Gérard de Nerval und spiele nun mit dem Gedanken, dessen Sonettzyklus "Chimères" zu kaufen. Kennt jemand dieses Werk? Ist es empfehlenswert?


    LG


    Tom

    Es sieht ganz so aus, als hechelte ich Euch mittlerweile nur noch hinterher ... :redface:


    Immerhin habe ich jetzt die ersten drei Kapitel des zweiten Teils hinter mich gebracht. Gefallen hat mir, wie Oblomow seine "Lebensphilosophie" gegenüber Stolz darlegt und verteidigt. Die Welt als ein eitles Geklingel und Gebimmel, Lug und Trug inklusive, und der sich daraus ableitende Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben: Diese Einstellung erinnert ein wenig an die antike Stoa.


    Ihr fragt Euch, wie die gegensätzlichen Menschen Oblomow und Stolz Freunde sein können? Ich glaube, dass Stolz Oblomow "benutzt", um sich selbst bestätigt zu fühlen, um sich seiner gegenteiligen Lebensauffassung sicher zu sein und sicher bleiben zu können. Oblomow seinerseits schätzt Stolz als ehrlichen Ratgeber und Helfer. Anders als die Bekannten, die wir im ersten Teil kennenlernten, sucht Stolz keine direkten Vorteile aus der Freundschaft mit Oblomow zu ziehen. Zusammen mit der gemeinsam verbrachten Jugend sind das mMn. die wesentlichen Gründe, warum diese Männer Freunde sind.


    LG


    Tom


    Was haltet ihr von diesem Buchpreis? Macht die sogenannte "shortlist" euch neugierig auf die ausgewählten Autor(inn)en?


    Wieviele Buchpreise wollen wir eigentlich noch vergeben? Bis auch der letzte Gegenwartsautor sich in der Sonne der Feuilletons wärmen darf? Bücher wie Tellkamps "Der Turm" oder Kappachers "Der Fliegenpalast" fänden auch ohne Lorbeerkranz den Weg zu ihren Lesern. Dieses Marketinggebimmel und die sog. "shortlist" gehen mir persönlich jedenfalls mächtig auf den Wecker.


    Schöne Grüße


    Tom

    Kurze Wasserstandsmeldung: Ich habe mit dem 2. Teil begonnen und bummele gemütlich vor mich hin ...


    Lasst Euch bitte nicht davon abhalten, Eure Eindrücke hier zu verewigen. Ich habe den Roman vor einigen Jahren schon einmal gelesen und weiß, was mich erwartet.


    Viele Grüße


    Tom

    Trotz geplanter Pause habe ich doch ein wenig weitergelesen.


    Die ersten Seiten des zweiten Teils finde ich sehr amüsant. Gontscharow schwelgt genüßlich in der Beschreibung typisch deutscher Eigenschaften. Ich entnehme daraus, dass die Deutschen damals wohl nicht sehr beliebt gewesen sind bei den Russen. Ähnliches habe ich auch bei Tolstoi gelesen, so dass Gontscharow hier vermutlich keine persönlichen Abneigungen ins Spiel bringt, sondern eine allgemeine Einstellung wiedergibt.


    An diesen Vorurteilen gegenüber Deutschen hat sich meiner Erfahrung nach wenig geändert. Auch 150 Jahre nach Gontscharow halten Russen und Osteuropäer uns Deutsche für bienenfleißige, sparsame, regelungswütige Autisten, Wohlstandsneurotiker und veränderungsresistente Angsthasen. Aus Gesprächen mit Bekannten aus dem osteuropäischen Kulturraum höre ich diese Charakterisierungen immer wieder heraus.


    Ich bin sehr gespannt auf Gontscharows Deutschrussen Andrej Stolz.


    Viele Grüße


    Tom


    In jungen Jahren las ich Pêcheur d'Islande


    Hallo Babur,


    dieser Roman ist zu meinem Erstaunen ohne große Probleme zu bekommen. Lohnt sich die Lektüre?



    Madame Chrysanthème diente wohl als Vorlage zu Puccinis Oper Madame Butterfly, diesen Roman habe ich nicht gelesen.


    Das interessiert mich sehr, schon allein wg. "Madame Butterfly". Es ist ebenfalls lieferbar, allerdings nur in englischer oder französischer Sprache.


    Ich ergänze noch einen weiteren Roman: "Rarahu ou Le Mariage de Loti". Er diente angeblich als Vorlage für die Oper "Lakmé" von Léo Delibes. Loti scheint ein Liebling der Opernkomponisten seiner Zeit gewesen zu sein.


    Am ergiebigsten im Hinblick auf Proust scheint mir "Le roman d'un enfant" zu sein.


    Vielen Dank für Deine Hinweise!


    LG


    Tom