Ich würde es eher schon als sarkastisch bezeichnen obwohl es, da er die Bedeutung der Musik als moralische Institution angreift, auch recht zynisch klingt. Ich lese es so, dass Musik keine gesellschaftliche Funktion ausüben sollte sondern individuell mit dem Gefühl erkannt werden soll. Interessanter Gedanke !
Hallo Steffi,
es gab immer wieder Versuche, aus Musik "mehr" zu machen bzw. mehr in sie hineinzudeuten, als die musikalischen Zutaten "Rhythmus, Melodie und Harmonie" hergeben. Die Idee, dass ein Musikstück außermusikalische Bedeutungen enthält, fand ich schon immer absurd. Musik ist weder komisch noch tragisch. Beschreibungen wie "trauriges" oder "fröhliches Stück" sind natürlich zulässig (Stichwort: Moll-/Dur-Tonalität), wenn auch vom jeweiligen Hörer und dessen Kontext abhängig.
Nun mag man sich beim Hören des Debussyschen Klavierstücks "Clair de lune" tatsächlich vom lyrischen Titel beeinflussen lassen und an nächtliche Spaziergänge in idyllischen Gärten erinnern. Das hat allerdings mit der Musik (sprich: der Partitur und dem Vortrag) nichts zu tun. Musik ist "absolut", d.h. sie benötigt keine außermusikalischen Erklärungen und Zusätze. Bezeichnungen wie "Mondscheinsonate", "Geistertrio" oder "Schicksalssymphonie" stammen deshalb bezeichnenderweise nicht vom Komponisten (Beethoven) selbst, sondern von eifrigen Interpretatoren. Dass dessen ungeachtet viele Tonkünstler ihren Werken klingende Titel wie bspw. "Totentanz" (Liszt) oder "Verklärte Nacht" (Schönberg) gaben, ist wohl den Moden ihrer Zeit geschuldet.
Schließlich grenzt es auch an Blödsinn, in musikalischen Werken die Bündelung gesellschaftlich relevanter Strömungen zu identifizieren. Sind Beethovens Symphonien etwa die Geburt der bürgerlich emanzipierten Musik im Rahmen bzw. im Gefolge der Französischen Revolution? Natürlich nicht (was Adorno nicht daran gehindert hat, so etwas zu behaupten, wenn ich mich recht entsinne).
Soweit meine Gedanken zur Proustschen "Lobrede auf die schlechte Musik".
Es grüßt
Tom