Mir gefällt die sehr wortgewaltige Sprache Miltons.
Mir auch. Der erste Gesang erinnert sprachlich an antike Epen und liefert erste Hinweise, in welche Tradition Milton sich einreiht bzw. welche Quellen ihn neben der Bibel inspiriert haben: Vergil, Homer und mit ziemlicher Sicherheit auch Dante. Bezüglich des Versmaßes bin ich mir nicht ganz sicher, aber es scheint sich um (reimlose) Jamben zu handeln.
Anmerkungen zum Inhalt:
Das Gespräch der von Gott abgefallenen und in die Tiefe gestürzten Engel Satan und Beelzebub entfaltet ein wortgewaltiges Programm des Bösen und der Korrumpierung von Gottes Schöpfung: „Nie wird mehr Gutes unser Handeln sein, / Das Böse tun wird unsre höchste Lust / Als Seines hohen Willens Gegenteil … Im Guten Stoff zum Bösen stets nur finden. / Dies wird uns gut gelingen ...“ Das scheint mir direkt das Vorbild für Goethes Mephisto zu sein.
Zum Gut/Böse-Thema fallen mir Augustinus und dessen „Definition“ des Bösen ein: Das Böse führt danach keine eigenständige Existenz, sondern muss bewusst gewollt und praktiziert werden. Daran scheinen Satan und Beelzebub sich vorerst zu orientieren.
Milton war überzeugter Puritaner und somit ein Anhänger der angelsächsischen Variante des protestantisch orientierten Calvinismus. Auch der Calvinismus hat eine eindeutige Meinung, was das Böse in der Welt anbelangt: „Man after the fall is evil. He is not deprived of will; he simply is incapable of willing anything but evil. He wills as he chooses, but his choice is determined by his sinful nature. … Man sins willingly through his corrupt nature, not by exterior compulsion. The corrupt will, indeed, creates its own necessity.“ (P. Westbrook, Free will and determinism).
Der dem Menschen immanente freie Wille zum Bösen scheint im England des 17. Jahrhunderts mehr als ein theologisches Problem gewesen zu sein. Auch Miltons Landsmann und Zeitgenosse Thomas Hobbes hat sich in seiner gesellschaftsphilosophischen Schrift „Leviathan“ mit der Problematik der ungezähmten menschlichen Natur („Homo homini lupus“) auseinandergesetzt. Ich gehe davon aus, dass Milton dieses 1651 erschienene Werk kannte, zumal er es in Zeile 201 erwähnt (wenn auch wohl eher der biblische Leviathan Jesajas und Hiobs gemeint sein dürfte).
Soviel zum Einstieg.
Es grüßt
Tom