Beiträge von Sir Thomas


    Ich kenne den 4. Band "Auf der anderen Seite der Welt" und war sehr positiv überrascht.


    darüber heißt es im Wikipedia:
    Er reflektiert die 50er Jahre in einem Lungensanatorium auf einer Nordseeinsel. Die Abgeschiedenheit kontrastiert dabei mit den Veränderungen, die die Wirtschaftswunderzeit mit sich bringt – eine Dantesche Reise in den Tod. http://de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Forte


    Das ist mein bislang einziger Forte. Gut gefiel mir der erste Teil (Anreise und Ankunft), der tatsächlich als grandiose Höllenfahrt konzipiert ist. Danach verhaspelt sich der Roman, wirkt unentschlossen und nervös. Trotzdem: Bedingt empfehlenswert.


    Viele Grüße


    Tom


    Warum ich nicht schon früher auf Wikipedia kam, ist mir ein Rätsel, jedenfalls fand ich dort dies:


    So handelt es sich beim Fliegenpalast um einen terrassenartigen Wintergarten in H.s Hotel, in dem der Schriftsteller eines Nachmittags vor sich hin sinnierend von Fliegen belästigt wird. Körperliche Beschwerden und auch das Summen der Fliegen behindern den Dichter bei der Arbeit. Das Geräusch der Insekten wird so zur Metapher für die Beschwerlichkeiten des Alters. http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Fliegenpalast


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    Danke, Maria. Auf die Idee bei Wikipedia nachzusehen bin ich nicht gekommen. :redface:


    Du hast mittlerweile Hofmannsthals "Chandos-Brief" gelesen? Was hältst Du davon?

    LG


    Tom


    Tom,
    kennst du noch mehr von Kappacher?


    Leider nein, Maria.



    Nicht ganz im Klaren bin ich mir über den Titel des Buches "Fliegenpalast". Ein Begriff, der nur 1x im Roman auftaucht, gegen Ende des Buches, wird erklärt, dass seine Mutter die verglaste Terrasse des Hotels so nannte, weil sich darin so viele Fliegen im Sommer tummeln. Ist mir etwas ungenügend erklärt oder ich sehe zuwenig in diesem Begriff. Wie ergings dir?


    Ähnlich. Ich verbinde nichts mit dem Begriff "Fliegenpalast". Es gibt den Golding-Roman "Herr der Fliegen"; der Titel ist eine Anspielung auf den Teufel. Aber "Palast der Fliegen"? Vielleicht ein Ort, der die seelisch Erkalteten, Ausgebrannten, Sterbenden und Lebensmüden anzieht? Alles Spekulation, also lassen wir das lieber ...


    Viele Grüße


    Tom


    Die nächsten Jahre werde ich entweder damit verbringen meine Bibelausgaben semantisch kompett zu vergleichen oder nur ganz sporadisch ...


    Mensch Lost, für den erstgenannten Fall wünsche ich Dir vorsorglich ein gaaaanz langes Leben! Du wirst es dringend benötigen ... :breitgrins:


    LG


    Tom


    Kennst du eigentlich auch die "Briefes eines Zurückgekehrten" von Hugo von Hofmannsthal, die so oft erwähnt werden?


    Nein, Maria. Ich bin kein großer Hofmannsthal-Kenner. Neben einigen Gedichten habe ich mich nur mit dem berühmten, ein wenig obskuren "Lord Chandos-Brief" beschäftigt.


    Hier findest Du mehr darüber: http://de.wikipedia.org/wiki/Ein_Brief


    und hier den gesamten Text: http://www.zeno.org/Literatur/…,+Vortr%C3%A4ge/Ein+Brief


    Wurde er eigentlich auch im Kappacher-Roman erwähnt? Ich kann mich nicht erinnern.


    Viele Grüße


    Tom


    ... ich habe den "Fliegenpalast" begonnen. Es gibt Autoren, bei denen bekomme ich schon nach ein paar gelesenen Zeilen ein Gefühl der Einsamkeit, der Sehnsucht, nicht im negativen Sinne, denn es zieht mich nicht runter. Es ist sogar ein wohliges Gefühl, wenn auch das Thema in sich doch eher melancholisch einherkommt und von Vergänglichkeit spricht. Das passiert mir nun schon zum zweiten Mal, nach Selina.... bei einem Roman von Kappacher. Finde ich schön.


    Hallo Maria,


    ja, das Buch ist herrlich altmodisch und entspannt, eine Perle der zeitgenössischen Literatur. Ich fühlte mich ein wenig an die Erzählweise von Werfels Künstlerroman "Verdi" erinnert. Weiterhin viel Spaß wünscht


    Tom


    Diese Ausgabe gibt es bei Weltbild für 2,95 Euro !! (keine Portokosten kommen dazu).


    Leider nicht mehr, Maria. Das Buch ist dort "ausverkauft" (was für ein unsinniges Wort für "nicht mehr lieferbar"). Trotzdem vielen Dank für den Hinweis!


    Viele Grüße


    Tom


    In meinem Roman aus Karthago zum Beispiel will ich etwas Purpurnes machen. Das Übrige, die Figuren, die Intrige, ist dann nur ein Detail.


    Hallo Maria,


    Dein Flaubert-Zitat nach den Goncourt-Tagebüchern verdeutlicht sehr schön, worum es ihm in seinem Schaffen ging (und warum er sich so arg geschunden hat). Auch wenn dieser Versuch letztlich gescheitert ist (denn beim Lesen "Salammbos" hatte ich ausschließlich wüstenhafte Braun- und Ockerfarbtöne vor Augen :breitgrins:), bleibt er aus rein ästhetischen und poetischen Überlegungen heraus mehr als ehrenwert.


    Viele Grüße


    Tom

    Aus Emile Zolas „Manifest“ des literarischen Naturalismus (1868, Vorwort zur 2. Auflage seines Romans „Thérèse Raquin“:


    „Ich habe in diesem Roman Temperamente studieren wollen und nicht Charaktere. … Ich habe Gestalten gewählt, die allmächtig von ihren Nerven, und ihrem Blut beherrscht werden, keinen freien Willen besitzen und zu einer jeden Handlung ihres Lebens von dem Verhängnis ihres Leibes gezwungen werden. Sie sind menschliche Tiere, nichts weiter. … Eine Seele fehlt vollständig … Ich hoffe, man versteht allmählich, daß mein Ziel vor allem ein wissenschaftliches gewesen ist. … Man wird sehen, daß jedes Kapitel die Erforschung eines merkwürdigen Falles der Psychologie bedeutet. … Ich habe einfach an zwei lebenden Körpern die zergliedernde Arbeit vorgenommen, welche Chirurgen an Leichen vornehmen.“


    Das ist naive Wissenschafts- und Fortschrittsgläubigkeit des 19. Jahrhunderts, soziologischer Positivismus und Materialismus übertragen auf die Literatur! Nun habe ich eine etwas genauere Idee, warum ich mit Zola nicht warm werden mag …


    Knut Hamsun, dessen „Mysterien“ ich derzeit mit Staunen lese, hat sich mit der Ästhetik und Poetik Zolas auseinandergesetzt („Mysterien“ war nicht zuletzt so etwas wie ein Gegenentwurf zum Naturalismus) und schließlich befunden, dass es sich dabei um „Quacksalberdichtung“ handele.


    Viele Grüße


    Tom


    Schon nach den etwas mehr als hundert Seiten, die ich bisher gelesen habe, ordne ich "Grimms Wörter" hochrangig ein.


    Hallo Lost,


    vielen Dank für Deine Einschätzung! Das klingt doch vielversprechend - und obwohl ich kein Grass-Freund bin, bleiben "Grimms Wörter" unter verschärfter Beobachtung.


    LG


    Tom

    ... ich denke, weil er permanent mit seinem Geschriebenen unzufrieden war, vermutlich war er in dieser Hinsicht sehr selbstkritisch.


    So sehe ich es auch, Lauterbach.


    Flaubert war zeitlebens auf der Suche nach dem treffenden, einzig richtigen Wort, dem "mot juste" für eine Sache, eine Farbe ...


    Er hat an mehreren Werken umfangreiche Streichungen und Überarbeitungen vorgenommen. Eine erste Fassung der "Èducation sentimentale" gab es schon vor der Orientreise Ende der 1840er Jahre. Er hat diesen Roman dann in den 1860er Jahren noch einmal durchgesehen, bearbeitet und erst 1869 veröffentlichen lassen. Auch "Saint Antoine" ist ein Produkt der 1840er Jahre, erschien jedoch erst 1874. Ich habe keine Ahnung, ob man die Ursprungsversionen heute noch bekommen kann, aber sie dürften z.T. erheblich von den endgültigen Fassungen abweichen - soweit ich das aus der Lektüre der Briefe ableiten kann.


    In den Briefen kann man die Obsessionen des Autors sehr gut nachvollziehen - eine absolut faszinierende Lektüre!


    LG


    Tom

    Dass Flaubert mit der Sprache gerungen hat wie kaum ein anderer Autor, war mir bekannt. Wie sehr er sich allerdings plagte und litt, wurde mir erst durch die Lektüre seiner Briefe bewusst.


    Du möchtest etwas über die Arbeit erfahren … So wisse denn, daß ich vom Schreiben erschöpft bin. Der Stil, der etwas ist, was mir am Herzen liegt, reizt meine Nerven aufs schrecklichste. Ich errege mich und zerfleische mich. Es gibt Tage, an denen ich krank davon bin, und Nächte, in denen ich davon Fieber habe. Je weiter ich komme, umso mehr finde ich mich unfähig, die Idee wiederzugeben. Was für eine seltsame Manie, sein Leben damit zu verbringen, sich über Wörtern zu verbrauchen und den ganzen Tag zu quälen, um an Satzperioden zu feilen. (An Louise Colet, Oktober 1847)


    Ich muss eine Herkulesnatur besitzen, um all die entsetzlichen Qualen auszuhalten, zu denen mich meine Arbeit verdammt. Wie glücklich jene sind, die nicht Unmögliches erträumen! … Es ist leichter, Millionär zu werden und venezianische Paläste voller Meisterwerke zu bewohnen, als eine gute Seite zu schreiben und mit sich zufrieden zu sein. … Je mehr Erfahrung ich in meiner Kunst erwerbe, desto mehr wird diese zu einer Qual … Wenige Menschen haben, glaube ich, so viel durch die Literatur gelitten wie ich. (An Mlle. Leroyer de Chantepie, 4. November 1857)


    Manchmal wünsche ich diese Leiden den Herren Kehlmann, Grass etc., denn, so Flaubert: "Wir sind vielleicht überhaupt nur durch unsere Leiden etwas wert ..."

    Liebe Grüße


    Tom

    Quer durchs bunte Gemüsebeet lesen ist die eine Sache, die ich praktiziere. Aber es gibt einen mehr oder weniger variablen Autorenbestand (Thomas Mann, Rilke, Dostojewski, Melville, Kafka und neuerdings Proust, Faulkner und Flaubert), den ich immer wieder lese und um den herum ich Pläne mache. Von Faulkner bspw. ist es nur ein kleiner Schritt zu Capote, von Flaubert zu Stendhal oder Balzac. Gern unterbreche ich längere Prosastücke durch einen Lyrikband, ganz selten greife ich zu Dramen.


    Manchmal rücken auch Epochen (Antike, Fin de siècle) oder Stile (z.B. Impressionismus) in den Mittelpunkt meines Interesses. Oft nehme ich mir vor, nach bspw. einem Keyserling mal eben einen Fontane (wieder) zu lesen, was aber nur selten funktioniert. So bleibt es meistens bei einem munteren Sichtreibenlassen mit ein wenig System, das sich aber nicht allzu ernst nimmt.


    Es grüßt


    Tom

    "Nana" steht schon etwas länger auf meiner Liste. Es ist bestimmt interessant, wie Zola mit dem Mythos (Edel-)Prostituierte umgeht. Bei Balzac spielen diese Damen eine große Rolle (Glanz und Elend der Kurtisanen), Dumas' Schmachtfetzen "Die Kameliendame" widmet sich ihnen ausschließlich, und auch Flaubert hat den "leichten Mädchen" in der Person Rosanettes (Éducation sentimentale) ein literarisches Denkmal gesetzt. Wenn man Dumas (dem Jüngeren) glaubt, waren die käuflichen Geliebten aus dem Pariser Gesellschaftsleben des 19. Jahrhunderts nicht wegzudenken.


    Es grüßt


    Tom

    Hallo Steffi,



    Nun muss ich mal wieder ein bißchen von Zola schwärmen:


    Obwohl ich sehr frankophil bin, konnte ich mich für Zola bislang nicht richtig erwärmen. Nach "Therèse Raquin" (eher mittelmäßig, die Verteidigung des Romans im Vorwort der 2. Auflage ist interessanter als das Buch selbst) habe ich es mit "Germinal" versucht und war ebenfalls wenig begeistert. Es mag an den geschilderten, mir fernen Milieus liegen (ein Grund, warum ich Sues "Mystères ..." schnell aufgegeben habe), auch der Stil Zolas will sich mir nicht als sonderlich aufregend erschließen. Irgendwie schade, aber nicht zu ändern.


    Schöne Grüße


    Tom