Beiträge von Sir Thomas


    Fragen über Fragen


    Der Reihe nach:



    Wie weit bist du?


    Teil I habe ich beendet.



    Wie steht es mit den Inhalten? Mit dem doch z.T. schonungslosen Realismus der Darstellung und Themen wie Impotenz, Abtreibung, Prostitution, Promiskuität etc? Wie kommst du mit dem Amoralismus des Liebenden (den Handgreiflichkeiten gegenüber der Geliebten, der Erpressung und Nötigung ihrer Friseuse u.ä..) zurecht?


    Die von Dir genannten Themen kann ich nur zum Teil aus dem bisher Gelesenen nachvollziehen. An die erwähnten "Handgreiflichkeiten" erinnere ich mich gut. Für mich standen allerdings Reue und "verdiente" Strafe im Vordergrund dieser Verse. Übrigens: Das Vollziehen einer "Strafe" kann ja durchaus Teil eines sexuellen Spiels sein - und so habe ich diese Geschichte verstanden.


    Amoralität liegt zweifelsohne in den Worten der zynischen Kupplerin, zum Teil auch in den Versen des Liebhabers, der einen Türsteher überreden will, ihn zu seiner mit einem anderen Mann verheirateten Geliebten vordringen zu lassen. Ich kann nicht beurteilen, ob das zu Ovids Zeiten "starker Tabak" oder "normale" Promiskuität war.


    Insgesamt finde ich, dass Ovids Liebespaare meistens verständnisvoll, fast schon einfühlsam miteinander umgehen. Der Spott des Dichters zielt nicht auf die geliebten Frauen, sondern auf die hintergangenen (Ehe)Männer. Das ist frech - und vielleicht auch amoralisch. Etwas Anderes habe ich aus den Elegien des Propertius in Erinnerung. Dort wird der dichtende Liebhaber regelmässig von seiner Geliebten Cynthia verspottet, manchmal sogar gedemütigt (ich müsste das bei Gelegenheit noch einmal nachlesen).


    "Schonungsloser Realismus" nennst Du den Tenor der Gedichte. Dem stimme ich zu. Keine Kalamität wird ausgespart - und im Gegensatz zu Dir kann ich mich auf zwei weitere Teile freuen ... :zwinker:


    Soviel für den Augenblick.


    LG


    Tom


    Auf Literatur, Kunst, Musik und Philosophie kann man noch am ehesten verzichten.


    Ja, Harald, wir sollten alle so werden wie Angela Merkel, Frank-Walter Steinmeier und Philipp Rösler! Die haben in ihren technokratischen Denkweisen ebenfalls keinen Platz für derlei Verzichtbares.


    LG


    Tom


    [kaufen='9783257201512'][/kaufen]


    seit "Licht im August" lässt mich Faulkner nicht los. Ich bin gespannt auf diesen Roman.


    Hast Du ihn mittlerweile gelesen, Maria?


    Ich habe "Sartoris" angefangen, ein früher Roman aus dem Jahr 1929. Im Vergleich zu "Licht im August" oder "Absalom ..." ist das beinahe leicht verdauliche Kost. Wenig "Bewusstseinsströme", aber doch schon der komplette Faulkner mit all seinen Themen (Rassismus, Bürgerkrieg, Gewalt, traumatisierte Südstaatler, Leiden an der Vergangenheit ...) - eine sehr gute Einstiegsdroge also.


    LG


    Tom

    Salve Gontscharow,


    wir kämpfen mal wieder allein mit den Tücken der Antike ...


    Ich mache mal eben Schiller zu meinem Verbündeten: Das Schöne darf und muss regelmäßig sein, aber es muss regelfrei erscheinen. Dieses Zitat aus seiner Ästhetik scheint mir eine gute Annäherung an die (ins Deutsche übersetzte) Sprache der Amores zu sein. Alles, was Ovid schreibt, klingt sehr einfach und selbstverständlich (Schiller nennt es regelmäßig). Kein Satz, nicht einmal ein einziges Wort, ist überflüssig. Jedes Wort fügt sich zu einem klar verständlichen und dennoch schönen Satz, jeder Satz nimmt wie selbstverständlich seine Position innerhalb des Gedichts ein. Noch einmal Schiller: An jeder großen Komposition ist es nötig, dass sich das Einzelne einschränke, um das Ganze zum Effekt kommen zu lassen.


    Was so einfach und schön klingt wie ein ovidscher Vers (Schiller: regelmäßig und scheinbar regelfrei), das beruht immer auf harter Arbeit. Nun verstehe ich endlich Flaubert, der sich bekanntlich mit dem Schreiben geplagt hat wie kaum ein anderer. Die Ergebnisse sind bekannt: Weltliteratur. Wie sehr Ovid mit sich gerungen hat, ist mir nicht bekannt. Entweder er war ein Genie oder ein versessenes Arbeitstier wie Flaubert.


    Noch einmal Schiller zum Schluss: Die Schönheit der poetischen Darstellung ist freie Selbstbehandlung der Natur in den Fesseln der Sprache.


    LG


    Tom


    [x] konsistentes (?) Orientierungssystem


    Ich benutze "Bildung" als Geschmackskompass - was in etwa mit dem "Orientierungssystem" korrespondiert. Aber konsistent? Ich mag Beethoven, aber auch manch üblen Tango-Schmachtfetzen. Ich mag Proust, aber auch die Groschenromane Raymond Chandlers. Alles nicht sehr konsistent.


    Wozu Bildung? Schwierige Frage, ein weites Feld. Ich muss nachdenken, aber nicht mehr heute.


    So long


    Tom


    "Wer mehr als 1 Dutzend 'Gesamtausgaben' besitzt, ist ein Charlatan ! - Oder aber : er hat sie nicht gelesen." (Arno Schmidt "Die Gelehrtenrepublik", BA I/2, S. 317) :breitgrins:


    Glück gehabt, ich bin kein "Charlatan" ... :smile:


    Klassische Werk- oder Gesamtausgaben besitze ich nicht. Recht ordentlich sortiert bin ich in Sachen Thomas Mann, ansonsten besitze ich nur die (vermeintlich) wichtigsten Werke eines Autors/einer Autorin. Selbst die Zweitausendeins-Ausgabe des Geschichtswerks von Jacob Burckhardt (die auf dem Weg zu mir ist) ist keine vollständige Gesamtausgabe, wenn die Angaben bei amazon stimmen.


    Welcher Autor rechtfertigt überhaupt in Euren Augen die Anschaffung des gesamten Werks? Schiller? Goethe? Shakespeare? Oder doch eher Thomas Mann?


    LG


    Tom


    ... der legendäre Leichenzug ! Leider ist das Buch nur noch schwer zu einem vernünftigen Preis zu kriegen. Hätte mich auch interessiert.


    Es ist mir völlig schleierhaft, warum "Als ich im Sterben lag" nicht noch einmal neu aufgelegt wird. Ich warte schon seit zwei oder drei Jahren auf eine erschwingliche Ausgabe - bislang vergeblich. :grmpf:


    LG


    Tom


    ... mir ist eine ganz dämliche Verwechslung passiert ... Ich lese die "Ars amatoria", nicht die Amores :redface:!


    Und ich wunderte mich schon über:



    Amüsiert hat mich dagegen Ovids Lokalpatriotismus, mit dem er den jungen Männern rät, nur ja nicht in die Ferne zu schweifen, sondern direkt in Rom die mehr oder weniger reifen Früchte vom Baum zu pflücken ....


    Daran konnte ich mich beim besten Willen nicht erinnern, weshalb ich annahm, dass Du recht weit fortgeschritten bist und ich irgendwann einmal auf diese Stelle stoßen werde. Dass Du ein anderes Buch liest war mir nicht klar. Schade, dass Du "raus" bist.


    Mein Lesefortschritt ist augenblicklich stark gehemmt (genau genommen findet er nicht statt :redface:). Aber wir wollen schließlich nicht hetzen, gell?


    LG


    Tom


    ... Mein Latinum entstand in sieben Wochen ...


    Was es alles gibt! Aber nach nur 25 Jahren wirst du doch wohl trotzdem noch etwas "auf der Pfanne" haben ... :belehr:



    Da ich eine Ausgabe habe, die dem Versmaß verpflichtet ist und außerdem auf einer älteren Übersetzung beruht, ist das Ganze ein wenig gewöhnungsbedürftig.


    Die Beibehaltung des Versmaßes in der Übersetzung muss kein Mangel sein; die Ilias-Übersetzung von Schadewaldt (rhythmisierte Verse) fand ich bspw. sehr gelungen. Natürlich ist das weniger leicht verdaulich und anstrengender. Aber wir sind hier nicht zum Vergnügen, oder? :breitgrins:



    ... seine erotisch freizügigen Darstellungen ...


    ... gefallen mir bislang ausgesprochen gut. Das von finsbury erwähnte Kamasutra kenne ich auch nicht. Es soll aber dem Vernehmen nach eine sehr lebenspraktische Anleitung sein - und das ist dann wohl doch ein großer Unterschied zu den feinen Versen des römischen Patriziers.


    Ich hoffe, heute noch ein wenig weiterzukommen.


    LG


    Tom

    Salve conlectores!


    Um besser in den Stoff der „Amores“ zu kommen, habe ich mit dem umfangreichen Nachwort begonnen. Dort fand ich sehr viel Erhellendes, einiges Bekanntes und eine Überraschung. Hatte ich Ovis bislang immer als heimlichen Gegner der augusteischen Politik und Gesellschaft gesehen, so wurde ich hier belehrt, dass dies keineswegs der Fall war. Vielmehr sei der Poet aufgrund seiner privilegierten Stellung durchaus einverstanden gewesen mit seinem Dasein und seiner Umgebung (zumindest bis zur Verbannung), wenn auch auf eine distanzierte Art und Weise. Kritik am System kommt deshalb nur sehr unterschwellig vor – und am ehesten noch in den „Metamorphosen“, wie wir in unserer Leserunde bemerkt haben.


    Nun aber zu den „Amores“. Das berühmte Kapitel über den Diebstahl des sechsten Versfußes durch Amor kenne ich seit meiner Lateinzeit in der Schule. Ich wusste nicht, dass unser Lehrer damals auf Ovid Bezug nahm, um uns unwissenden jungen Menschen die Unterschiede zwischen epischem und elegischem Versmaß zu verdeutlichen. Vielleicht habe ich es aber auch nur verdrängt …


    Die mir vorliegende Prosaübersetzung liest sich leicht und flüssig – eine Wohltat gegenüber der '“Metamorphosen“-Übersetzung im nachempfundenen antiken Versmass. Der bisher angeschlagene Ton der „Amores“ erinnert ein wenig an Properz, den ich vor wenigen Jahren auszugsweise gelesen habe. Zwar wird im Nachwort betont, Ovid sei weitaus schnörkelloser und direkter in seiner Sprache als der berühmte Vorläufer. Ich kann die behaupteten Unterschiede bislang allerdings kaum greifen, was sich mit fortschreitender Lektüre vielleicht ändert.


    Soviel für heute.


    LG


    Tom


    Ich bin mit Musicals aufgewachsen und habe ein zwiespältiges Verhältnis dazu.


    Die Musik von Lloyd Webber & Co. fällt bei mir unter den Generalverdacht der Seichtheit. :breitgrins:


    Manche Stücke mag ich schon, aber ein ganzes Musical möchte ich nach dem "Phantom ..." nicht noch einmal ertragen müssen.


    LG


    Tom

    Hallo Hubert,


    da Dein Wunsch mit einigem Suchen und Abtippen verbunden ist, kann und möchte ich ihm nicht entsprechen. Soviel Zeit habe ich nicht. Und auch keine rechte Lust.


    Sorry.


    :winken:


    Tom