Beiträge von Sir Thomas


    Nathaniel Hawthorne: „Das alte Pfarrhaus“. Übersetzt und mit einem Nachwort von Karl-Heinz Ott. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2011. 96 S., geb., 10,- Euro.


    Da ich mich derzeit mit Melville beschäftige, laufe ich Hawthorne dauernd über den Weg. Anstelle des berühmten "Scharlachroten Buchstabens" wird aber wohl "Das alte Pfarrhaus" herhalten müssen. Die FAZ-Rezension klingt verlockend. Auch "Das Haus mit den sieben Giebeln" steht auf der Wunschliste.


    LG


    Tom

    "Schönheit und Trauer" ist meine einzige Kawabata-Leseerfahrung. Ich fand es recht ordentlich, aber ein weiteres Werk von diesem Autor muss in absehbarer Zeit nicht sein.

    Natürlich kann man das anders sehen. Was ist den z.B. für dich der Höhepunkt der abendländischen Musik?


    Hi montaigne,


    an der Frage, woran man große Musik bzw. musikalische Genies erkennt (die in etwa gleichzusetzen wären mit Deinem "Höhepunkt der abendländischen Musik"), kann man sich schnell die Finger verbrennen. Selbst der schätzenswerte Musikwissenschaftler Alfred Einstein liefert mit seinem Werk "Greatness in music" keine befriedigenden Antworten. Für mich persönlich thront Bach ganz oben auf dem Olymp der Musik, was aber nicht bedeutet, dass er allein so etwas wie "den Höhepunkt ..." (irgendwie habe ich Schwierigkeiten mit Deiner Formulierung :zwinker:) verkörpert.


    Tom


    Inhaltlich erscheint mir das Ganze an manchen Stellen allerdings einfach eine unterhaltsame "Räuberpistole" zu sein, deren Tiefsinn sich mir nicht recht erschließt.


    Die "Odyssee" eine "Räuberpistole"? Das ist Gotteslästerung und wird mit der "Ilias"-Zwangslektüre bestraft! :breitgrins:


    Euch allen einen guten Rutsch ins neue Lesejahr!


    :winken:


    Tom

    Wie immer kurz vor dem Jahreswechsel ein kurzer Rückblick.


    2011 war für mich ein Jahr der Wiederholungen (Fontane "Effi B.", Goethe "Werther", Hölderlin "Hyperion", T. Mann "Dr. Faustus" , Flaubert "M. Bovary", G. Keller "Der grüne H.", Homer und ein wenig Doderer).


    Nachhaltig in Erinnerung sind mir folgende Erstlektüren:
    Stifter - Der Nachsommer
    Thomas Bernhard - Frost
    Ovid - Amores
    Herder - Journal meiner Reise.


    Keine reiche Beute, was das das Unbekannte betrifft. Mal sehen, ob sich das 2012 ändert. Wahrscheinlich werde ich zunächst Melville eingehend vertiefen (inkl. einer Moby Dick-Wiederholung).


    LG


    Tom


    Kann man eigentlich sagen, wann und bei wem Leitmotive zu erst auftauchten?


    Erste Überlegungen zum thematisch-motivischen Komponieren wurden mWn. bereits im späten Barock angestellt. In der musikalischen Praxis hat es das wohl schon länger gegeben. Es wurde allerdings nicht weiter beachtet und analysiert - ähnlich wie das fast schon archaische Prinzip der Variation, dem erst Bach mit den Goldberg-Variationen eine danach kaum wieder erreichte Kompositionsgestalt samt theoretischem Fundament verlieh.


    Nachsatz:
    In meinem gestrigen Beitrag hätte ich deshalb schreiben sollen: Die systematische Arbeit mit Themen und Motiven ist ein Kind der Wiener Klassik.


    mir ist der Roman von Dieter Forte noch so nachhaltig in guter Erinnerung.


    Mir leider nicht, Maria. Nur ungefähr das erste Drittel(?) hat mir gefallen. Ich entsinne mich, dass der Roman in der zweiten Hälfte sehr konfus und damit ärgerlich wird. Sorry ... :redface:


    LG


    Tom


    Standardisierung der musikalischen Formen gab’s aber doch auch schon im Barock?


    Das stimmt, montaigne. Die Barockmusik war stärker reglementiert als die vorherige Renaissancemusik. Der Wildwuchs der Polyphonie war seit Monteverdi eingedämmt, in Bachs Zeiten fuhr die Mehrstimmigkeit schon auf arg gebremstem Schaum (z.B. als Fuge).


    Auch was eine Suite bzw. Partita beinhalten konnte oder sollte, war jedem Barockkomponisten klar. Das darf man aber nicht gleichsetzen mit den genauen "Vorschriften" für den Bau einer Sonate (Exposition, Durchführung etc.) der Wiener Klassik. Außerdem lebte die Barockmusik von der Begleitung durch den sog. basso continuo, was im Vergleich zur Begleitung in der Wiener Klassik sehr viel Freiheit für die Musizierenden bedeutete. Die barocke Begleitung wurde teilweise noch nicht einmal notiert, sondern improvisiert.



    und die Entwicklung von musikalischen Leitmotiven, ist ja nicht unbedingt eine „Verarmung“, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es das in der Wiener Klassik schon gab, ich hätte gedacht, dass das ein Merkmal der Romantik ist?


    Die Arbeit mit musikalischen Themen und (Leit)Motiven ist ein nicht ganz unschuldiges Kind der Wiener Klassik. Die Romantik hat daraus einen spleenigen Erwachsenen gemacht, wie man ihn in Wagners Werk bis zum Exzess zu hören bekommt.


    :winken:


    Tom


    Hallo Tom,


    den Band "Ein Leben" habe ich mir auch vor kurzem gegönnt. Kannst du etwas dazu sagen, ob diese Sammlung als Bio reicht, oder ob es doch sinnvoll ist, sich arrondierend noch eine Extra-Biografie zuzulegen?


    finsbury


    Ach finsbury, da fragst Du den Falschen! :breitgrins:


    Ich lese normalerweise keine Biografien. "Ein Leben" habe ich mir zugelegt, weil der Großteil des ausgebreiteten Materials von Melville selbst stammt und nur sparsam kommentiert wird. Meinem persönlichen Bedürfnis nach biografischem Stoff ist damit Genüge getan. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass Du diesbezüglich anspruchsvoller bist und daher wohl zu weiteren Werken greifen solltest.


    LG


    Tom

    Ich wollte in meinem Beitrag keineswegs ausdrücken, dass Mozart und Haydn die wichtigsten Lehrer oder sogar die einzigen gewesen wären. ...
    Wohlgemerkt ich habe „sollte...empfangen“ geschrieben und nicht „hat...empfangen“


    Ich habe Dir nichts vorgeworfen, lieber Beethovenfreund. Ich weiss sehr genau, woher dieses "Mozarts Geist aus Haydns Händen" stammt. Solltest Du Dich angegegriffen fühlen, weil ich diese Plattitüde einfach nicht mehr hören kann, dann tut es mir leid. Das lag nicht in meiner Absicht.



    Wie dem auch sei, ich bin davon überzeugt, wäre Beethoven nicht nach Wien gekommen, sondern in Bonn geblieben, wär’s mit dem Genie nichts geworden.


    Vermutlich war er wirklich einfach zur rechten Zeit am rechten Ort.


    :winken:


    Tom


    ... sollte er nun „Mozarts Geist aus Haydens Händen“ empfangen.


    Hi montaigne,


    ich staune immer wieder, wie zäh sich diese stark vereinfachenden Bonmots halten. Jetzt fehlt nur noch: "Mit seinem Spätwerk war er seiner Zeit weit voraus." :breitgrins:


    Also: Haydn hatte Einfluss auf Beethoven, was aber nicht weiter verwunderlich ist. Von Mozart ist Beethoven zwar nicht meilenweit, aber doch einige Meter entfernt. Der Name BACH (Beethoven: "Der Mann sollte eigentlich Meer heissen!") darf auf gar keinen Fall fehlen. Der spätbarocke Fugengott hat für B. mindestens soviel Inspiration bedeutet wie der bereits genannte Haydn.


    Wenn man die Bedeutung Beethovens in der Musikgeschichte mit einigen wenigen Sätzen charakterisieren wollte, so wäre m.E.n. vor allem seine Rolle als kostbarer Spätling und Überwinder der Wiener Klassik hervorzuheben. Auch Bach war so ein herrlicher Spätblüher, der Vieles vollendete, ohne allerdings wirklich Neues zu schaffen (mit einer Ausnahme: Die Goldberg-Variationen sind m.W.n. der erste Versuch, die Idee der Variation in allen Facetten auszuloten). Beethoven hat, und das unterscheidet ihn von Bach, bereits in seiner mittleren Schaffensperiode sehr viel herumexperimentiert, was seine Zeitgenossen ein wenig befremdete, aber dennoch begeisterte. Dass sein Spätwerk von den meisten nicht verstanden wurde, ist ein posthumes Märchen, um die Größe des Werks noch einmal ganz besonders hervorzuheben (Lassen wir die Frage, was die Größe ein Werks ausmacht, zu diesem Zeitpunkt unbeantwortet).


    Interessant in Zusammenhang mit Beethoven (und anderen Größen) ist die Frage, ob das Vorhandensein wesentlicher Komponenten eines Zeitalters das Genie hervorbringt oder ob das Genie aus sich selbst heraus die vorhandenen Strömungen in ein Werk zwingt. Hat die musikalische Reife der Klassik um 1790 Beethoven hervorgebracht oder hat dieser wie in einem Brennspiegel die Strömungen seiner Zeit nur genial gebündelt und später mit souveräner Geste wieder demontiert? Mit anderen Worten: Sind „Genie“ und „Klassik“ nicht mehr als die volle Realisierung eines künstlerischen Bewusstseins zu einem Zeitpunkt der Reife?


    Ich freue mich auf weitere Ausführungen und Meinungen zu diesem Thema und zu Beethoven!


    LG


    Tom


    Wenn man bedenkt, dass die literarischen Vorlieben der Forumsmitglieder doch sehr unterschiedlich sind, überrascht es wie einheitlich sich anscheinend die musikalischen Vorlieben darstellen.


    Nun ja, die Auswahl ist auch sehr viel geringer. Da fallen automatisch einige wenige gaaanz große Namen. Außerdem glaube ich, dass hier auch die literarischen Vorlieben nicht so weit auseinanderliegen. Wenn wir einen gemeinsamen Kanon definieren wollten, würde uns das im Großen und Ganzen recht schnell gelingen (glaube ich zumindest).


    LG


    Tom

    Bach und Beethoven - und zwar auf immer und ewig. Derzeit kommen Chopin, Brahms und Debussy hinzu. Wenn ich mich auf nur einen einzigen Namen festlegen müsste, dann wäre es BACH.


    ... wenn ich jemand nach seinem Lieblingskomponisten frage und es wird einer aus der Wiener Klassik genannt dann entweder Mozart oder Beethoven, noch nie hat jemand Haydn genannt.


    Das hat eventuell auch etwas mit der Biografie Haydns zu tun. Während das Wunderkind Mozart eine Art Jim Morrison des 18. Jahrhunderts darstellte und Beethoven von der Nachwelt zum tauben Titan und heroischen Einzelgänger stilisiert wurde, bot Haydns Lebensweg wenig Spektakuläres. Mit der Qualität der Musik hat das nichts zu tun. Aus "Marketing"sicht ist es aber ein echtes Manko.