Ich habe einen weiteren Jakob Wassermann gelesen: "Die Masken Erwin Reiners", in der Amazon-Datenbank unter "Die Masken des Erwin Reiners", was wohl ein Übertragungsfehler ist. Der Protagonist heißt Erwin Reiner. Ich habe das Gutenberg-Ebook gelesen.
Wie üblich lässt Wassermann eine große Anzahl Personen der gehobenen Klasse aufmarschieren, aber das Buch hat mir von so ziemlich allen, die ich von Wassermann kenne, am wenigsten gefallen. Zwei Topoi werden hier bis zum Abwinken durchgespielt: einmal der skrupellose Neureiche - Wassermann betont, dass Blaublüter ordentlicher sind, weil sie von klein auf der Familie verpflichtet sind, während die Söhne reich gewordener Industrieller machen, was sie wollen. Zum anderen: der skrupellose junge Mann wirft der standhaften jungen Frau, die ihn nicht erhören will, vor, sie hätte einen besseren Menschen aus ihm machen können - mithin, ihr Widerstand ist schuld, dass er der Drecksack bleibt, der er ist.
Wenigstens erschießt er sich am Ende und die Leserin kann aufatmen. Aber auch dieses halbwegs versöhnliche Ende wirkt etwas märchenhaft, wie überhaupt der ganze Plot. Das kann Wassermann besser.
Edit: Mit "versöhnlichem Ende" meine ich natürlich nicht, dass er sich erschießt, sondern dass die junge Frau sich nun wieder ihrem früheren Freund zuwenden kann, der sie aufrichtig liebt. Nachdem sie sich von ihrem Trauma erholt hat.