Beiträge von alpha


    Ein derart heterogenes Jahrhundert kann man meiner Ansicht nach nicht an einem einzigen Autor festmachen. Wenn, dann noch am ehesten an Kafka. Er steht für die Desorientierung in den Kriegen, aber auch für die Dissoziation der nachfolgenden Generationen.


    Interessante These... Auf einer abstrakten Ebene ist sie möglicherweise gar nicht so falsch, wenn man auf die konkrete Ebene des Alltags und des "Allgemeinbefindens" herunter steigt, müsste man schon festhalten, dass nur ein winziger Bruchteil der im 20. Jh. gelebt habenden Personen auch nur im entferntesten sich wiederzuerkennen bereit wäre.


    Kenne Simenon kaum, äussere mich also nicht zu ihm.


    Sind 100 Jahre in einer so kurzlebigen Zeit wie der unseren nicht doch einfach zu lang? - Oder glaubt ihr, dass auch schon in früheren Zeiten die Kurzlebigkeit ähnlich verspürt wurde und es also vergleichbar wäre mit "Früher war alles besser, die Jungend von heute ist verdorben", was man seit vielen tausend Jahren schon kennt?


    Grüsse
    alpha

    Hallo


    Habe "99 francs" auch mal gelesen, fand es unterhaltend und stimme all jenen zu, die Houellebecq bevorzugen. Im Vergleich zu Houellebecq scheint mir Effekthascherei verstärkt zu finden und die Kritik ist wohl auch plumper, d.h. sozusagen linke Stammtischkritik, keine wirklich originelle. Die "Einsichten" in die Werbeindustrie sind wiederum "neu" und dienen als gewisser Trost, sollte man sonst etwas vermissen. Die "Einschaltungen" von Werbeideen (in Houellebecqs "La possibilité d'une île" gibt es ähnliche "Einschaltungen", aber "99 francs" war zuerst da...) fand ich passend und gelungen. Ansonsten bevorzuge ich z.B. "Vacances dans le coma" - weniger "schockierend", aufregend, was weiss ich, aber subtiler in der Unterhaltung, den Ideen und evt. auch in der Kritik.


    Ein Klassiker? - Eher nicht, aber es ist schwer zu sagen, was man in 100 Jahren davon hält. Vielleicht gibt es dann Leute, die das Buch gerade wegen der Zeitgebundenheit wertschätzen?



    Grüsse
    alpha

    Nicht wundern, wenn ihr von Gedichten schwärmt und ich den Autor kaum kenne - habe mit dieser Gattung weiterhin die grösste Mühe und sehe nicht ein, mich zum Lesen von Gedichten zu zwingen, nur weil dies dazugehört...

    Gibt es eine vollständige Ausgabe? - Bisher habe ich immer nur die "Verstreuten" und "Zusammengeschnittenen" Editionen gesehen, d.h. jene (drei?) Bände von Erika Mann zusammen gestellte (habe nicht alle gelsen) und dann die einzelnen Briefwechsel, wie jener mit Karl Kerenyi oder mit Hermann Hesse (wenn mich nicht alles täuscht). Gesammelte Briefe an seinen Bruder Heinrich sollte es auch noch geben, glaube ich?


    Die paar Briefe, die ich bisher gelesen haben, waren interessant und lesenswert, insbesondere als Ergänzung zu den Tagebüchern.



    Grüsse
    alpha


    was bei Übersetzungen so alles schief laufen kann, habe ich exemplarisch an Aldous Huxleys "Brave New World" erlebt. In der mir vorliegenden Übersetzung (altes Fischer TB) ist der Schauplatz konsequent nach Deutschland (Berlin) verlegt worden. Auch die Namen der Handelnden wurden eingedeutscht - alles Dinge, die mir völlig unverständlich sind, auch wenn sie an der Gesamtaussage des Werks nichts ändern.
    [...]
    Es steht zu vermuten, dass wir als harmlose Leser immer wieder Opfer von Übersetzern werden, die meinen, eine Interpretation gleich mitliefern zu müssen. Daher sind Neuübersetzungen, die der Vorlage so nah wie möglich kommen, m.E. begrüssenswert.


    Ersteres finde ich ganz übel, habe mal eine "Übersetzung" von H-M Enzensberger des "Misantrope" gelesen - absolut ungeniessbar. Ehrlicherweise sollte ich schon erwähnen, dass es nur eine "Übersetzung" ist und ich im Prinzip hätte vorgewarnt sein müssen.


    Zweiteres ist wohl tatsächlich so. Insbesondere auch bei den alten Russen "sagt man" (habe gerade keine Quelle zur Hand), dass einige der frühen Übersetzungen ziemlich gefärbt sind, evt. deutschfeindliche Aussagen grosszügig übergangen wurden etc. - Da scheinen mir Neuübersetzungen schon Sinn zu machen.


    Abgesehen davon haben Neuübersetzungen den schönen Effekt, dass das Werk wieder neu diskutiert und gelesen wird, was einem Klassiker nie schaden kann...



    Grüsse
    alpha


    Ich denke da auch mehr an seine Leserschaft und vor allem an die materiellen Werte, die T. M. in Deutschland zurück lassen musste. Das traf ihn sehr, das geht aus seinen Tagebüchern eindeutig hervor.


    Da stimme ich dir zu.



    Ich weiß, das ist ein wenig OT, aber der Vergleich Th. Mann - Gottfried Benn ist (für mich) immer wieder mehr als reizvoll!


    Leider weiss ich weder viel von Gottfried Benn (habe nie etwas gelesen von ihm), noch was "OT" heisst - zumindest letzteres lässt sich wohl schnell ändern?



    Grüsse
    alpha

    Bin bei einem anderen Thema über folgendes gestolpert - und wollte es nicht unkommentiert lassen. Vielleicht, dass sich auch noch eine Diskussion daraus ergibt, jedenfalls passt es besser hierhin als im Originalthema.



    Seit ich seine Tagebücher las, da kommt mir dann oft der Gedanke, was wäre aus Th. Mann geworden, wenn die Nazis ihn (noch 1934 oder 1935) alles zurück gegeben hätten (Haus, Privatvermögen und vieles mehr), ihn wieder in "Amt und Würden" eingesetzt hätten, er hätte keinen Augenblick gezögert wieder nach Deutschland zu gehen, die Tagebücher geben da eindeutig Zeugnis.
    Aber das ist nur eine Spekulation von mir, und aus diesem Grunde mag man mir vielleicht Verzeihen.


    Meiner Meinung nach wäre 34/35 wohl schon zu spät gewesen. Was ich jedoch weniger bezweifle: Wären das nicht Klaus und Erika gewesen, Thomas Mann wäre in seien Heimat zurück gekehrt und wahrscheinlich auch dort geblieben, zumindest so lange wie seine Schiwegereltern geduldet wurden. Ob er sich dann diesen solidarisch angeschlossen hätte ist schwer zu sagen, aber nicht auszuschliessen.


    Nicht zu vergessen:
    - Gerhard Hauptmann, mit dem Thomas Mann zumindest vor dem Zauberberg "befreundet" war, blieb in Deutschland, die Vermutung, dass der politisch "ähnlich gelagerte" (zumindest bis zur Weimarer Republik, die T.M. nur langsam schätzen gelernt zu haben angibt) Thomas Mann auch geblieben wäre, mag ich nicht bestreiten.
    - Thomas Mann wurde nach dem Zusammenbruch des 3. Reiches auch ziemlich angefeindet, weil er NICHT geblieben war. Wurde ihm als Schwäche, Feigheit, Verrat, was weiss ich alles, angekreidet. Und er nahm dies sehr persönlich, mag sein, dass obiger Verdach nicht unberechtigt ist und er sich selbst zu innerst ähnliche Vorwürfe machte und um so heftiger darauf reagieren musste.


    Hierbei sollte man jedoch nicht vermischen: T.M. war nie Antisemit und, nach allem, was ich weiss, auch sonst nie geneigt, Hitler zu bewundern oder als rechtmässigen/akzeptablen Herrscher anzusehen. Er war vielmehr zu sehr verwurzelt in Deutschland und fühlte sich der deutschen Leserschaft zu sehr verbunden (abgesehen von seinem Wohlstand, den er zumindest teilweise einbüsste durch die Emigration), kurz war eigentlich "viel zu deutsch" für eine "selbstständige" Emigration. - Wäre wohl auch nicht sofort emigriert, wenn er nicht schon im Ausland gewesen wäre, zumindest davon bin ich ziemlich überzeugt.



    Grüsse
    alpha


    Wie wertvoll und einzigartig das Leben ist, nehme ich auch so wahr, denn ich habe mich selbst in all den Jahren aufgrund der vielen Familienprobleme (suizidgefährdete Geschwister etc.) hinten angestellt.


    Beide Schwestern Thomas Manns haben sich das Leben genommen; dieser Hintergrund mag einiges Erklären, auch wenn Thomas Mann selbst, soviel ich mich erinnern kann, nicht besonders todessehnsüchtig war - oder es sich zumindest nicht erlaubte, zu sehr der "anständige", traditionsverbundene Bürger, sowas "macht man doch nicht"... Sein weniger selbstdisziplinierter Sohn Klaus Mann verfiel der Todessehnsucht dann wieder.



    Grüsse
    alpha

    Besten Dank für die Anregungen!



    Ein Ordner mit Textdateien tut es auch.


    Ja, ja, geht natürlich schon, aber zum "Stöbern" ist dann wieder ein Ordner voller Dateien nicht so praktisch.
    Das mit der Lesbarkeit hat mich bisher davon abgehalten, irgendein Zettelkasten-System zu verwenden...


    Was mir soeben einfällst: Könnte auch aus dem Ordner voll Dateien (Pro Autor eine oder so) mir auch ein LaTex Dokument produzieren, dann brauche ich mich nicht um Formatierung zu kümmern, sieht dennoch halbwegs vernünftig aus und besteht weiterhin nur aus Text. Mal schauen, ob ich das auch tatsächlich Umsetze...


    Eine richtige Datenbank wäre zwar zu bevorzugen, aber evt. weniger "handlich"...


    Grüsse
    alpha


    Die Mehrheit der heutigen Franzosen habe Stendhal längst vergessen. Flaubert werde nicht sehr geschätzt, seine „Madame Bovary“ sei eher etwas für die unterkühlten Deutschen. Zola habe sich durch seine Stellungnahme in der Dreyfus-Affäre zu sehr kompromittiert. Mit mehr oder weniger Begeisterung gelesen würden heute vielleicht noch Balzac („dieser barocke Fabulierer“), Hugo und der Tausendsassa Dumas mit seinen Abenteuerschinken.


    Glaubt ihr, dass in unserem Sprachgebiet die MEHRHEIT der Leute Stendhal kennt? - Oder schreibt ihr das der Sprachbarriere zu? - Ich bin allerdings ziemlich sicher, dass etliche der deutschen Klassiker des 19. Jh. auch in Deutschland unter 50% Bekanntheitsgrad aufweisen würde. - Kenne allerdings keine Umfrage dazu.



    Grüsse
    alpha


    Aber keiner ihrer Autoren hat sich gefragt, was die Kritiker dazu sagen werden, ob es ihnen genehm sein wird oder nicht. Wenn doch, wären sie sich trotzdem treu geblieben.


    Ersteres würde ich so nicht schreiben, letzteres mag stimmen.
    Thomas Mann zum Beispiel (den ich jetzt mal grosszügig als Klassiker bezeichne) war sehr empfindlich, was Rezensionen anbelangt und hatte z.B. während der letzten "Krull-Phase" immer wieder Bedenken, ob die Kritik ihm das Buch nicht verübeln würde und war sehr überrascht über die positive Aufnahme.



    Grüsse
    alpha

    Farm der Tiere würde ich niemandem empfehlen. Auch wenn schön metaphorisch, fand ich es langweilig zu lesen.
    "Erledigt in Paris und London" habe ich nicht bereut zu lesen, viel mehr kann ich dir aber nicht mehr dazu sagen, ist Jahre her...


    Falls du das Genre "1984" magst ist "Die eiserne Ferse" von Jack London auch empfehlenswert. - "Fahrenheit 451" gibt's auch noch, kenne ich jedoch nicht direkt.


    Falls dich die "Wirklichkeit" interessiert: Archipel Gulag (Alexander Solschenizyn) berichtet genug von den Greueln - besonders eindrücklich, wenn du vorher die sarkastisch/ironischen Romane von Alexander Sinowjew (besonders empfehlenswert ist "Gähnende Höhen) gelesen hast.



    Grüsse
    alpha, den BNW (im Original) gut unterhalten hat

    Nachtrag: Die Tagebücher sind durchmischt: litterarisch interessante (frühe Studien, Ideen etc) oder gesellschaftlich/politisch engagierte Texte. Habe sie gerne gelesen.
    Als "Warnung": Es sind nicht typische Tagebücher, d.h. nicht persönlich, private: Sie sind völlig anders aufgebaut und gedacht als jene von Kafka oder Thomas Mann!



    Grüsse
    alpha

    Das mit der digitalen Zitatensammlung habe ich auch einmal begonnen: Anstreichen während dem Lesen, dann abtippen. - Der Haken: Grosse Word-Dateien werden meiner Meinung nach irgendwie unhandlich. Und ein besseres System ist mir noch nicht eingefallen, also streiche ich zwar weiterhin an (wenn ich gerade einen Stift habe) aber tippe nicht mehr weiter ab. Eigentlich Schade: Die Zitate zu durchstöbern macht Spass und weckt gute Erinnerungen!



    Grüsse
    alpha

    November sagt ihr? - Interessant wäre es schon, aber ich fürchte, ich komme nicht dazu oder lese etwas "leichter" verdaulicheres und verschiebe das Monumentalwerk auf spätere Zeiten.



    Grüsse
    alpha

    Wenn ich solche Worte wie "Plurk" oder "Twitter" lese, denke ich "man bin ich alt geworden - keine Ahnung was das ist". Und der Klang dieser Worte reizt mich auch nicht, diese Lücke zu schließen.


    Traurige Sache, wenn man an solche Dinge verloren geht - oder ich bin zu konservativ, kann gut sein...

    Ja, ja, "Deutschesprach, schwere Sprach." - Mir hat das Lesen ungemein viel geholfen, auch wenn ich wohl in den Internetforen wieder etwas verkommen bin, hoffe, das färbt hier nicht allzusehr ab, würde mich schämen, soviel ist gewiss.


    Man sagt, es sei etwas Gutes, wenn man die Muttersprache nicht nur rudimentär beherrscht. Hierbei hilft Lesen und Schreiben. Wie sagt man doch so schön: "Übung macht den Meister".



    Grüsse
    alpha



    p.S. Falls es nicht eindeutig sein sollte: Möchte dich aufmuntern, hier mit zu lesen und zu schreiben :)

    Hallo Randy,


    herzlich willkommen hier, auch wenn ich wiedermal für längere Zeit abgetaucht war...



    Schlafes Bruder hat mich ehrlich gesagt vor ca. 5 Jahren ziemlich enttäuscht. Nicht so, dass ich es gleich weggeschmissen hätte (es steht noch immer bei mir im Regal), aber doch so, dass ich kein weiteres Werk dieses Autors mehr gelesen habe. Eines der Bücher, das ich auf dringende Empfehlung gelesen habe. Was mich in meiner Haltung bestärkt hat, weder auf Empfehlungen zu hören, noch Empfehlungen abzugeben. Soweit beides menschenmöglich ist.



    Ging mir genau gleich. Habe es ebenfalls noch herumstehen!


    Grüsse
    alpha

    Das mit den Zettlen ist ungemein hilfreich, nicht nur für die Ruhe beim Lesen, auch bei der Arbeit: manchmal/oft kommen einem Dinge in den Sinn, die man unbedingt machen sollte, aber gerade nicht zu dem Zeitpunkt, wo sie einem einfallen - also aufschreiben und den Zettel nicht arg weit unter den Stapeln verstecken und so hat man wieder Ruhe weiter zu machen...


    Zeitfresser und Lesen sind streng getrennt bei mir: Lesen geht nur, wenn der PC aus ist. Musik stört mich zwar nicht, aber ich habe es mir dennoch abgewöhnt, bzw. verspüre kein Bedürfnis mehr danach. - Zumindest bei guten Büchern!



    Grüsse
    alpha