Aber ich komme halt letzten Endes nicht von der analytischen Philosophie, vom Positivismus her, sondern von - im weitesten Sinn - der Hermeneutik. :winken:
Gerade du als Hermeneutiker vertrittst eine derart unpersönliche, "objektive" Philosophiegeschichtsschreibung? An deren Möglichkeit ich grundsätzliche Zweifel hege. Dass ein Autor seinen persönlichen Hintergrund in die Darstellung einfließen lässt bzw. dieser spürbar wird, versteht sich von selbst. Gerade bei Russel habe ich bestenfalls den Eindruck einer augenzwinkernden Subjektivität, als störend vermochte ich sie nicht zu empfinden - im Gegenteil.
Platon ist sowieso ein Künstler, und Russell eben keiner.
Definiere Künstler Ob Platon nun sich einen solchen mit Fug und sandhoferschem Recht nennen darf oder Russel eine solche Titulierung verwehrt bleiben muss, will ich einmal dahingestellt lassen. Ein platonischer Spaziergang führt durch die erwähnte zweifelhafte Staatsphilosophie, die - m. E. - ebenso zweifelhafte Ideenlehre, zu beeindruckenden Texten wie der "Apologie", aber auch zu betulicher Pädagogik nebst - mittlerweile etwas lächerlich anmutenden - Dialogen.
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Agora, unzählige geleerte Karaffen griechischen Weins; sandhofer, scheichsbeutel^ & co.
scheichsbeutel^: Sieh, sandhofer, was also meinst du zum Schreiben, darf jeder solchen Tuns sich unterfangen?
sandhofer: Ja, scheichsbeutel^, das glaube ich wohl. Wenn er kundig ist den Griffel zu führen!
sch: Und der Gegenstand des Schreibens, sollte er diesen frei wählen können?
s: Selbstverständlich, obwohl mich dünkt, dass nur Wahres kommen könne von dem, der vertraut ist mit dem entsprechenden Thema von Berufs wegen.
sch: Müsste also der über Philosophen Schreibende ein Philosoph, der über Künstler sich Äußernde ein Künstler sein usf.?
s: Das scheint mir wäre von großem Vorteil.
sch: Und der über Könige Redende müsste ein König sein, der die Kochkunst Behandelnde ein Koch und der von der Armut Erzählende ein Bettler?
s: Dies nun deucht übertrieben.
sch: Und könnte nicht gar der Böse sich wehren gegen die Verurteilung durch Gute mit dem Hinweis, dass diesen die innere Befähigung fehlte, ein solches Urteil zu sprechen? Wäre nicht eigentlich jeder befreit von aller Kritik außerhalb seiner Zunft? Sodass der Künstler den Künstler, der Kesselflicker den Kesselflicker und der König den König beurteilen müsste? Und hast du nicht oft dich beschwert über Handwerker und Beamte, obschon du kein Handwerker oder Beamter bist?
s: So tat ich.
sch: Und sage mir auch dies - fühltest du nicht die Berechtigung dich zu beklagen über betrügerische Schankwirte und nachlässige Schuhmacher, denen du so manche Frostbeule verdankst?
s: Gar sehr fühlte ich solches.
sch: Ist es nicht so, o sandhofer, dass für den sich des Schreibens Unterfangenden die Kenntnis des Gegenstandes wichtiger ist denn sein eigentlicher Beruf?
s: Ganz notwendig ist es so wie du sagst.
[...]
Der Rest unverständlich, schweizerisch-österreichisches Gebrodel, mit schwerer Zunge vorgetragen ...
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Grüße
s.