Beiträge von scheichsbeutel^


    Die Frauen kommen in der Genesis nicht gut weg. Sie sind Ware, werden gegeben und genommen und wenn ihnen etwas eigen ist, dann ist es Unvernunft und eine Neigung zur Intrige. Bei Dina folgt TM dieser Einschätzung. Sie wird entführt und defloriert und findet sich nicht nur damit ab, sondern lässt auch noch innere Zustimmung erkennen. So detailliert und feinsinnig sich TM mit den Wesen seiner männlichen Figuren beschäftigt, so oberflächlich bleibt er bei den Weibern. Es wirkt recht unbeholfen und gehemmt. Wer Madame Chauchat kennt weiß, er kann es auch anders.


    Nur kurzer Einwurf: Frau Chauchat mag differenzierter dargestellt sein als Dina, andererseits ist aber auch sie Femme fatale (wie fast alle Frauen von Th. Mann, den das andere Geschlecht ein wenig beunruhigt hat), sie wird vom Hofrat gemalt (nichts Genaues weiß man nicht ;)) - auf einem Faschingsfeste mit Castorp zusammen geshen (da weiß man ebenfalls nichts Genaues ;)) - und taucht schließlich an Seite von Mynheer Pepperkorn wieder auf (da weiß man dann schon ;)). Ohne mir jetzt alle Frauen Manns zu vergegenwärtigen: Sie folgen schon einem bestimmten Schema und haben meist etwas sexuell Gefährliches und - gleichzeitig - Anrüchiges (was denn vielleicht auch die Gefahr ausmacht).


    Grüße


    s.

    die berüchtigten "Dicken Damen" gibt’s erst in den Dämonen.


    Aber die dicken Damen sind doch harmlos hoch drei, das ist doch kaum anzüglich zu nennen und lockt keinen Sittenwächter hinter'm Ofen hervor (auch nicht in den 50igern). Da herrscht in fast jedem Thomas Mann Roman eine schwülstigere Atmosphäre, dieser Erotikverdacht geht einfach am Schreiben Doderers vollkommen vorbei. (Wie erwähnt - vielleicht die mittelalterliche Folterstube, aber selbst die ist so zahm gestaltet, dass jede Nachwuchs-Domina da bloß lächeln würde.)


    Grüße


    s.


    Ich habe in Erfahrung bringen können, bei Doderer ginge es auch um Sado Maso und so einen Krams. Das is nix fürn Freund Hermann...


    :breitgrins: - ich fürchte, die Strudlhofstiege ist ein äußerst prüdes Buch, jedenfalls sind mir (nach dreimaliger Lektüre) keine schlüpfigen Szenen erinnerlich. Allerdings gibt es ein Mittelalterkapitel in den Dämonen, dass dein Hinweisgeber wohl im Auge hatte, das aber gleichfalls - verglichen mit der im Schwange stehenden Gegenwartsliteratur - als Lektüre für ein Mädchenpensionat geeignet schiene.


    Die Erotik der Strudlhofstiege erschließt sich in jedem Fall nur dem Sprachverliebten, denn gerade diese, die Sprache, ist wirklich großartig. Endokrinologische Verstörungen sind nicht zu erwarten, da müsste man schon ein äußerst sensibles Hormonkostüm besitzen :zwinker:


    Grüße


    s.

    Die Genesis habe ich, in der einfach lesbaren Bibel Einheitsübersetzung, fast fertig gelesen. Bei dem Eingangskapitel des Romans bekam ich jedoch das Gefühl, mir würden wesentliche Aspekte fremd und unverständlich bleiben. "Mondwanderungen" hat mir mit den kurzen Erläuterungen geholfen eine Übersicht über die vielen angesprochenen Verflechtungen zu bekommen.


    Der erste Teil ist wirklich ein wenig theoretisch - und später wird man dann nochmal mit ägyptischer Mythologie beglückt. Was mir aber wichtig erscheint (denn der Thread machte bislang den Eindruck, als ob es sich um ein "schweres", mühselig zu lesendes Buch handle): Der Joseph ist über weite Strecken einfach Lesegenuss (wenn man denn die Sprache Th. Manns mag), auch ohne theoretischen Hintergrund verständlich, mit viel Witz, geistreichem Personal und einer - mir unsympathischen - Hauptfigur, bei der ich froh war, sie gegen Ende des zweiten Buches in einer Zisterne versenkt zu sehen ;).


    Grüße


    s.

    Ich halte es für übertrieben, Sekundärliteratur als notwendig für das Verständnis der Joseph-Tetralogie zu bezeichnen. Die verschiedenen orientalischen Götter (v. a. die zahlreich vorkommenden ägyptischen) kann man nachschlagen (in jedem Lexikon bzw. im Netz), Zusammenhänge erschließen sich aber auch ohne umfangreiche Nachschlagewerke. Wenn es schon ein solches sein muss, würde ich den Kleinen Pauly empfehlen, damit deckt man auch die restliche Antike ab. Ich habe im übrigen auch mit der Bibelenzyklopädie von Cornfeld-Botterweck (in der sehr viele Theologen zu Wort kommen, dtv-Verlag, auch antiquarisch zu erhalten) trotz des religiösen Hintergrundes kaum "doktrinäres" Gedankengut entdecken können.


    Empfehlen würde ich als Zusatzlektüre aber in jedem Fall das erste Buch Mose, auf Abraham, Isaak und Co wird immer wieder angespielt.


    Grüße


    s.


    Und selbst wenn? Was für mich zählt, ist der Augenblick. Auch wenn literarische Vergeßlichkeit entstünde, so hilft doch immer die Zweit- und Mehrfachlektüre bei Werken, die einem dies wert erscheinen. Ich glaube und stelle mal die These auf, daß ein wirklich geübter Leser in genau der Geschwindigkeit liest, die für einen paßt! Das heißt, man spürt genaul, was richtig ist! Wenn ich merke, daß ich bei einem Buch zu schnell werde, lese ich laut weiter, was automatisch drosselt. Aber bei schwieriger Literatur lese ich langsamer, oft wiederhole ich Seiten, bei Büchern, die es nicht erfordern, zische ich eben durch.


    Natürlich: Wenn du dich damit wohl fühlst, wäre es vollkommen widersinnig, am Leseverhalten etwas zu ändern. Du hast schon mehrfach den Vergleich mit den Lesegewohnheiten der Leute im Großen Bücherforum gebracht (der mir so ernsthaft nicht erschienen ist, aber doch ernsthafter zu sein scheint, als ich annahm). Ich vermute, dass für diese Vielleser das Lesen ein Steckenpferd ist wie Zierfische oder Briefmarkensammeln. (Wobei ich gegen beide Tätigkeitkeiten nichts gesagt haben will.) Für mich ist das offenbar etwas gänzlich anderes, jedenfalls nicht mit anderen Hobbies vergleichbar. Lesen (und damit wissen, erfahren wollen) konstituiert meine Person, es ist die Neugier, die ich seit meinen ersten Leseerfahrungen als Kind und Jugendlicher ins nun gesetztere Alter unbeschadet mitgenommen habe.


    Mit dieser Neugier verbunden ist die Lektüre von Sach-, Fachbüchern. Diese macht (wenn man denn Biographie, Essay etc. zu diesen zählt) den zahlenmäßig größeren Anteil aus; ich kann über die Jahre hinweg feststellen, dass die Menge der gelesenen Romane, Erzählungen immer stärker zurückgeht. Ein Autor aus meiner Jugend hat mich bezüglich des Leseverhaltens vielleicht mehr geprägt als alle anderen - und eben ein Sachbuchautor: Hoimar v. Ditfurth. Ich glaube, dass es sich um "Im Anfang war der Wasserstoff" handelte, das mir als vielleicht 12jährigem in die Hände fiel und mich total faszinierte: Eine rational nachvollziehbare, verständliche, aber nicht dümmlich "kindgerechte" Darstellung der Welt, unserer Geschichte. Es hat meine Neugier auf alles und jedes geweckt (und v. a. natürlich auf naturwissenschaftliche Bücher), ich empfand das Buch als spannender denn jeden Wildwestroman - und ein wenig ist mir diese Haltung auch heute noch zueigen.


    Und nun ist es wohl die Art dieser Bücher, die ein solches Schnelllesen fast unmöglich macht. Derzeit - neben Amos Oz - ein Buch über "Poincarés Vermutung" (wobei mir die Vorstellung dreidimensionaler Mannigfaltigkeiten einige Mühe macht ;)) oder "Mathematik für alle" von Lancelot Hogben, eine Art historisches Mathematiklehrbuch, Mitte der 30iger Jahre geschrieben, von einer technisch-rationalistischen Begeisterung getragen, die heute ein wenig naiv anmutet. Aber dennoch informativ in zweierlei Hinsicht: Was die historische Entwicklung der Mathematik an sich anlangt als auch die romantisch-technischen Utopien der Zwischenkriegszeit betrifft. Würde ich diesen Büchern mit einer Lesegeschwindigkeit von 100 Seiten pro Tag zuleibe rücken wollen, so bliebe als Resultat der Lesefrüchte bloß der Titel und eine ungefähre Vorstellung vom Inhalt zurück. Das will ich nicht.


    Ich will allerdings nicht werten: Wer gerne Groschenromane liest (oder Coelho, oder Simmel, Hedwig Courts-Mahler etc.) und sich dabei wohl befindet, soll dies tun. Mich langweilt das, ich sehe auch keine Rosamund Pilcher Verfilmungen (wie eigentlich fast überhaupt keine Filme) - und würde ich das tun, so wäre das eigentlich Interessante eine Art Metasicht: Sich zu überlegen, warum derlei Bücher oder Filme so großen Erfolg haben. Dass ich wenig Freunde oder Bekannte mit solchen Lesevorlieben habe, liegt einfach in der Interessenlage. Hingegen gibt es nicht wenige Informatiker in meiner Umgebung, die mit Literatur üblicherweise gar nichts am Hut haben, mit denen ich mich aber (weil ich Programmieren einfach spannend finde) sehr gut unterhalten kann.


    Was "Hochliteratur" anlangt: Ich sehe das wie Giesbert, es regiert das reine Lustprinzip. Mir ist es völlig wurscht, ob irgendein Werk einem bestimmten Kanon zugeordnet werden kann. Aber auch dem zweiten Teil kann ich zustimmen: Kompliziertere Strukturen machen einfach Spaß; Denken macht Spaß (das ist wohl der Kernsatz für all jene, die behaupten, Anspruchsvolles wäre zu anstrengend. Es macht einfach Freude.). Wobei die Komplexität der Strukturen wiederum zulasten der Geschwindigkeit gehen.


    Bei dir habe ich ein wenig das Gefühl der Getriebenheit: Lesen, "erledigen" zu müssen. Wenn du dich aber - wie du oben beschreibst - dabei wohl und zufrieden fühlst, bleibt die schlichte Feststellung, dass Menschen eben aus ganz unterschiedlichen Gründen, den verschiedensten Beweggründen zu Büchern greifen.


    Zitat


    :vogelzeigen:


    Nana, im Straßenverkehr würde diese Geste mit Bußgeld geahndet werden ;).


    Grüße


    s.


    Bei mir Zustand nach Sequesterentfernung L4-5 nach Bandscheibenprolaps. Ab morgen gehe ich für 14 Tage 4 Stunden am Tag wieder arbeiten. Die Rehabilitation war ok. Aber ich habe eine Fußheberschwäche, die möglicherweise nicht augeheilt werden kann und die meinen Gang beeinträchtigt und durch Fehlbewegung auf Dauer viele Gelenke. Lumboischialgie als Dauerleiden bleibt mir ebenfalls erhalten.


    Nur kurz dazu, bevor uns sandhofer eine virtuelle geriatrische Klinik einrichtet (und er hat schon bezüglich des Still- und Schwangerschaftsthread im Schwesternforum allenthalben seine Skepsis bekundet): Erfahrungsgemäß bilden sich die meisten Fußhebeschwächen vollkommen zurück. Bei mir blieben Anfälligkeit und Schmerzen in beunruhigender Regelmäßigkeit. Dass du deine Tätigkeit als Krankenpfleger wieder aufnimmst, halte ich für ziemlich gewagt, da es kaum etwas gibt, das den Rücken den Rücken mehr belastet.


    Um die Stunden-Seitenzahl hatte ich mich nie gekümmert. Eben testete ich mal, indem ich die letzten 66 Seiten des 455 Seiten umfassenden Roman "Im Haus der Großen Frau" von Meir Shalev las und dafür ziemlich exakt 2 Stunden brauchte. Demnach lag ich mit meiner Vermutung eines Stundenschnitts von 30 bis 40 Seiten nicht schlecht. Aber oft eher weniger, denn weiß, daß ich an Frühdiensttagen meist 18 Uhr zu lesen beginne (nachdem ich 1,5 bis 2 Stunden geschlafen habe) und regelmäßig bis 22 Uhr lese - sind also 4 Stunden - 25 bis 30 Seiten pro Stunde. Kommt aber aufs Buch an. Lese ich einenn Georges Simenon, werdens auch mal 50 bis 60, bei Herman Burger vielleicht 20, bei Arno Schmidt schätzungsweise nur 10 bis 15 Seiten.


    Natürlich richtet sich die Lesegeschwindigkeit nach Art des Gelesenen, wobei es sich bei mir "ergibt", dass ich kaum Literatur lese, die sich schnell liest. Einfach weil - wie schon zuvor erwähnt - mir "anspruchsvolle" (was immer das genau ist) Bücher mehr Freude machen.


    Ich kann das, wie oft schon beschrieben, nicht. Mir drückt es angesichts ungelesener Bücher im Haus die Luft ab. Damit muß ich mich arrangieren - und lernte das seit 1989 (der Beginn meiner <a href="http://www.buecherlei.de/misc/leli/index.htm">Leselisten</a> ist nicht zufällig), seitdem dieser Zustand herrscht, ganz gut.


    Das nun versteh ich gar nicht. Die Lesegier und das Viellesen kann ich nachvollziehen (wobei ich mir selbst manchmal Zügel anlege, weil ich bei zu schnellem Lesen feststelle, dass ich zur Vergesslichkeit neige, das Ganze - bei mir - zu einem oberflächlichen Konsumieren versandet). Aber gerade die Tatsache, dass ich eine Menge Ungelesenes im Regal stehen habe, ist angenehm; wären da nur einige wenige (z. B. 50) ungelesene Bücher, würde mich das äußerst beunruhigen. Wie erwähnt: Hier stehen zahlreiche Nachschlagwerke und Gesamtausgaben von Klassikern; das geht von Platon über Goethe und Schopenhauer bis zu Th. Mann - und selbstverständlich lese ich die Weimarer Ausgabe nicht von Bd 1 bis 143. Und der Besuch in Antiquariaten zieht - bei entsprechend günstigen Preisen - allerlei irgendwo in der Zukunft liegende Lesevorhaben nach sich. Summa summarum: Da sammelt sich einiges an - und das zu meiner absoluten Beruhigung. (Zusätzlich viel Fachliteratur, die wohl rund die Hälfte meines Buchbestandes ausmacht: Auch die u. a. zu Nachschlagezwecken - oder aber das Buch wurde wegen eines einzigen Artikels angeschafft, der Rest bleibt vorläufig ungelesen.)


    Grüße


    s.

    Jetzt ist aber mal gut. :zwinker: Mein <a href="http://www.buecherlei.de/misc/leli/stat2.htm">Leseverhalten</a> ist doch eigentlich völlig normal. Ich sitze (nach der OP) seit 8 Wochen zuhause und tue nichts anderes als Surfen, an meiner Webseite basteln und ab und zu mal lesen. Wenn ich 10 bis 12 Bücher im Monat schaffe, dann sind das alle 2,5 bis 3 Tage eines. 100 Seiten am Tag durchschnittlich. An Arbeitstagen eher mehr, weil ich mich dann nur aufs Lesen beschränke und meine Zeit nicht mit Videos, Streams und Web 2.0 verplempere wie an freien Tagen. Pro Stunde schaffe ich nicht mehr als 30 bis 40 Seiten. Da ich in den letzten Monaten eher seichteres Gegenwartsliteratur las, wars eben etwas mehr als üblich. Das wird sich ändern, weil ich davon im Augenblick nämlich die Nase voll habe und außerdem meinen SUB abbauen muß.


    100 Seiten täglich würde bei meiner Lesegeschwindigkeit mindesten 5 Stunden bedeuten, wahrscheinlich 7 bis 8 Stunden. Selbst wenn ich so viel Zeit hätte - und ich habe mir mein Leben so eingerichtet, dass ich vergleichsweise sehr viel Freizeit habe, außerdem vom selben Übel geplagt bin wie du und mit Begriffen wie Lumboischialgie oder medio-lateraler Discusprolaps L3-L4, L5-S1 durchaus vertraut bin, daher in der Horizontalen viel Zeit mit Büchern verbringe; selbst wenn ich also diese 8 Stunden problemlos erübrigen könnte, so ist mein tägliches Aufnahmevermögen begrenzt und ich vermag zumindest über Tage ein solches Pensum nicht zu absolvieren.


    Zudem "musst" du ja auch schon wieder ;). Das mit dem SuB versteh ich im übrigen auch nicht wirklich. Ich habe unter meinen rund 6000 Büchern selbstverständlich eine Menge ungelesener, ich habe Gesamtausgaben vieler Klassiker, Fachliteratur etc., die als potentielle Nachschlagwerke dienen, auf die ich - durch Diskussionen hier oder in realiter - zurückgreifen können will. Und ich gehe manchmal an den Bücherregalen vorbei und überlege mir, was denn ich davon lesen könnte. Das wandert dann auf den Schreibtisch oder ein spezielles Regal, verdümpelt dann wieder oder wird tatsächlich gelesen. (Im übrigen ist eine der dümmsten Fragen, die Besucher bei mir stellen, jene, die sich - die für die meisten unvorstellbare Menge an Büchern erblickend - nach dem "Status der Gelesenheit" erkundigen: "Und das hast du schon alles gelesen?" Allein die Frage zeigt, dass der Fragende vom Lesen wenig versteht :smile:


    Grüße


    s.


    der vermutet, dass sandhofer hier bald seines Amtes walten und das Ganze in einen eigenen Thread verfrachten sollte.


    Ich bin froh, wenn ich mich nicht andauernd mit Hochliteratur vollpumpem muss.


    Das Gefühl des "Müssens" habe ich überhaupt nie. Es ist einfach in der Regel so, dass mich etwa der MoE sehr viel besser unterhält als das, was gemeinhin unter Unterhaltungsliteratur figuriert. Ich muss mich nie zu einem Buch zwingen und eine gewisse Anstrengung beim Lesen macht einfach Spaß. Die Diskussion gab's im Großen Bücherforum ja des öfteren, dass jemand es als zu anstrengend empfindet, nach des Tages Mühen sich noch mit Klassikern zu beschäftigen. Ich fände das Gegenteil anstrengend, den Feierabend mit Mankell oder Coelho zu verbringen würde mir wenig Freude bereiten.


    "Müssen" - aus welchem Grund auch immer, einem Bildungsideal oder eines Berufes wegen, hielte ich beim Lesen für schlimm (ein Professor an der Germanistik erzählte mir mal in einer stillen Stunde, dass er schon seit rund 20 Jahren kein Buch mehr aus reinem Vergnügen gelesen habe; das fand ich wirklich tragisch. Er hat seine Uni-Karriere auch bald darauf beendet - und ich nehme an, dass ihm die Bücher nun wieder mehr Freude bereiten.) Vielleicht glaubt man in der Jugend noch zu müssen (bei mir war es teilweise so, es war der Wunsch, einfach alles lesen, wissen zu wollen, Büchergier), heute neige ich immer mehr dazu, vieles außen vor zu lassen und bestimmte Bücher wieder und wieder zu lesen. Canetti hat einmal bezüglich der Malerei gemeint, dass er mit einigen wenigen Bildern in seinem Leben das Auslangen gefunden hätte. Mir geht's, älter werdend, ein wenig so mit der Lektüre: Lieber die Strudlhofstiege fünfmal lesen, als mich durch 20 Neuerscheinungen quälen. Wobei das wirklich ein Sache des Alters ist: Ich spüre, dass ich nicht mehr unendlich viel Zeit habe und will diesen Rest nicht mit Lektüre verbringen, bei der die Wahrscheinlichkeit, dass sie mich langweilt, groß ist.


    Wobei ich vom mir unverständlichen Leseverhalten (etwa Dostoevskis) profitiere: Er trifft eine Art Vorauswahl für mich, aus manchem Zitat, Kommentar schließe ich, dass dies oder jenes vielleicht einen Versuch wert wäre (wie etwa der Barnes). Ich selber könnte aber niemals 15 oder 20 Bücher pro Monat lesen, das ist mit meiner Art des Lesens, die langsamer, bedächtiger ist, inkompatibel. Wobei sich bei mir auch die Lesegeschwindigkeit mit dem Alter verringert hat: Ich las mit Erstaunen von Leuten, die 40 Seiten pro Stunde schaffen. Wenn ich auf 20 komm ist's schon sehr viel.


    Grüße


    s.

    Naja, was ist schon Hochliteratur. Die Ausschnitte auf deiner Seite haben mich jedenfalls besser unterhalten als so mancher, der die Originalität und den Witz schon im Titel führt und dann doch nichts anderes als ein geschwätziger Langweiler ist. Werde mich also mal am Papagei und dem Zitronentisch versuchen.


    Grüße


    s.


    der sich gerne unter seinem Niveau amüsiert :zwinker:


    Daß Literatur auch zu Musik führen kann, zeigte meine Lektüre von Julian Barnes Erzählung "Wachdienst", woraufhin ich gleich Mozarts Klaivierkonzert 27 in B-Moll (KV 595) einwarf. In der Erzählung übrigens eine ironische Passage über <a href="http://www.buecherlei.de/fab/misc/misc_b.htm#Barnes7">Konzerthusten</a>. :zwinker:


    Das werde ich nun zum Anlass nehmen, um den mir von verschiedener Seite empfohlenen Barnes eine Chance zu geben. Deine Ausschnitte klingen danach, dass er sich eine solche verdient hätte.


    Grüße


    s.


    Die Auswahl ist für ein furchtbares Medium wie NEWS erstaunlich gut.


    Das stimmt - andererseits: Du hast doch nicht etwa deinen Liebling übersehen, das tapfere Schneiderlein ist auch aufgelistet :breitgrins:


    Empfehlenswert aus der Liste (von denen, die hier noch nicht weiter erwähnt worden sind): Drachs "Untersuchung an Mädeln" und Wolfgruber, wobei dessen wohl gelungenster Roman "Herrenjahre" ist.


    Grüße


    s.


    Ich gebe zu, dass meine Empfindlichkeit in Bezug auf Dante mir die Wörter über die nicht pädagogische Stimmung des Computerspiels diktiert hat, ohne deine diesbezügliche ironische Absicht zu berücksichtigen.


    Hallo,


    das liegt dann wohl eher an meiner, die ironische Grundierung der pädagogischen Abgründe nicht entsprechend gestalteten Schreibweise, die vor allem bei einem Nicht-Muttersprachler Ratlosigkeit zu erzeugen angetan ist ;). (Und schon sehe ich mich gezwungen, auf die ungeliebten Smilies zurückzugreifen.) Schön finde ich hingegen, dass du aus meiner aus meiner nahrungsmitteltechnischen Aufbereitung (der "Verwurstung") intuitiv eine Verwüstung machtest. Weniger nahrhaft, nicht weniger treffend ;).


    Grüße


    s.


    der im Zweifelsfall immer ironisch verstanden werden möchte ...


    Wo ist denn dieses Zitat her? Weil: Das ist natürlich kompletter Unsinn ... :winken:


    Nun, so eine tränenschwere Groschenromanvariante ist für die - präsumtiven - ökonomischen Zielsetzungen der Spielehersteller wohl zielführender denn die Bezugnahme auf scholastische Feinheiten; causa finalis das wohlgefüllte Bankkonto.


    @wanderer: Als Sakrileg empfinde ich die Verwurstung Dantes nicht, allerdings stellt sich mir die Frage, weshalb man sich seiner überhaupt bedient. Nachdem ich mir den Trailer (und das Spiel, teilweise:

    ) nun zu Gemüte geführt habe, kann ich nur feststellen, dass außer der - martialischen - Bezeichnung "Inferno" nichts an Dante erinnert. Und die gute Beatrice, die natürlich dem Frauenbild entsprechend unschuldig erst im Paradies auftaucht, erscheint knackig und leicht bekleidet als eine Art erotische Belohnung nach Hinschlachtung diverser Höllenfürsten. Pädagogisch (nochmal: So ernst war's mir damit nicht ;)) ist das Ganze natürlich Unfug, offenkundig wird die Geschichte völlig widersinnig erzählt (denn tatsächlich ließe sich daraus gar kein Abenteuercomputerspiel machen; bestenfalls eine Art Computerquiz, in dem man die Anspielungen auf die philosophischen Strömungen und Ansichten der Scholastiker enträtseln muss, um in himmlische Gefilde zu gelangen. Aber ob das Zielpublikum damit eine große Freude hätte? ;))


    Ob wenigstens die Temperatur im letzten Höllenkreis der Vorlage entsprechend beschrieben wird? Mich fröstelt ...


    Grüße


    s.

    Da werden einige Leute enttäuscht sein. Ich habe die Göttliche Komödie mit 16 oder 15 zum ersten Mal versucht zu lesen. Und bin tatsächlich relativ früh im Purgatorio stecken geblieben. Es ist ja auch so, dass die Schurken bis heute den Dichtern meist besser gelingen als die Helden, das Böse leichter darzustellen ist und für den Leser meist auch faszinierender ist als das sog. Gute.


    Dem ist so, zweifelsohne.


    Beim Purgatorio assoziiere ich mal frei durch die Schilten-Leserunde angeregt den Bruder Stäbli und seine Haferschleimblässe nebst knäckebrotspröder Leichenrede. - Ich hab übrigens durchgehalten als Jugendlicher, war aber reine Trotzhaltung. Gar schröckliche Langeweile befiel mich, nachdem des Bratens, Spießens und Stechens ein Ende ward.


    Grüße


    s.

    Wenn pädagogisch, dann aber erst für die jungen Erwachsenen. Es soll nämlich ab 18 sein. Werde mir das sicher ansehen und dann ausführlicher berichten.


    Nunja, auch ältere Semester wollen erzogen sein (so ernst aber war der Ausflug ins Pädagogische nicht gemeint, wenngleich ich als kleiner Junge tatsächlich von den donaldschen Verwandlungen einiges an Wissen mitgenommen habe). Ab 18: Klingt nach Pechsiederei und abgerissen Köpfen. Wobei - an die Videospiele meiner Jugend denkend - ich mich zu erinnern meine, dass die vorgesetzten Brutalitäten immer hinter dem Geschicklichkeitsanspruch verschwanden. Aber lass hören, ob abseits von Blutspritzern und Knochensplittern Ersprießliches und Erhebendes zu entdecken ist ;)


    Grüße


    s.


    Dantes Inferno kommt als Computerspiel, was ich rezeptions"geschichtlich" durchaus spannend finde. Hier der Trailer:




    Ein Höllenspektakel. Rezeptionsgeschichtlich ebenfalls interessant, dass Läuterungsberg und Paradies stets durchfallen. Und tatsächlich schmecken diese Teile nach den kräftigen Martern ein wenig nach Kamillentee. Auch hier im Abspann: Go to hell. Pädagogisch aber möglicherweise sinnvoll: Meine ersten Begegnungen mit Shakespeareschen Klassikern, Opernstoffen hatte ich anhand von Walt Disneys Lustigen Taschenbüchern. Donald als Othello oder Siegfried.


    Grüße


    s.