Beiträge von scheichsbeutel^


    Ich lese gerade „Schlafes Bruder“ von Robert Schneider. Der Roman war ja mal in aller Munde, aber ich bin bis jetzt nicht sehr angetan von ihm. Der altertümelnde Sprachduktus klingt mir unangenehm in den Ohren und wirkt auf mich bemüht, zumal sich immer wieder moderne Ausdrücke wie z.B. „genuin“ einschleichen. An sich habe ich nichts gegen eine Kunstsprache, ich frage mich aber, ob sie für die Erzählung notwendig ist oder nur Effekt machen soll. Da schon in den ersten Kapiteln viel Schauriges geschieht, bin ich skeptisch. Aber ich will den Mut nicht verlieren. :zwinker:


    Schneider gehört in den Zuständigkeitsbereich von xenophanes, der, wenn mich das Gedächtnis nicht trügt, die Papiermülltonne mit dessen Elaboraten beschickt. Vielleicht lässt er sich zu einer Polemik herab ;).


    Bei mir ist Schlafes Bruder der Amnesie anheim gefallen - und es scheint offenbar nicht geraten, diesem meinem Gedächtnisverlust aufzuhelfen.


    Grüße


    s.

    Ich übe Enthaltung ob der verfänglichen Threadüberschrift und versage mir jeden Kalauer, der da in die Tastatur will: Einzig eine kleine Gemeinheit muss ich doch loswerden, indem ich einen Vergleich zwischen Homers Odyssee und James Joyce' Ulysses vorschlage.


    Ernsthafter: Die Ilias und Christa Wolfs "Kassandra" als auch Hagelstanges "Spielball der Götter". Letzterer wäre auch für obige Odyssee brauchbar mit seinem "Der große Filou" - und wohl eine Spur leichter zu handhaben als James Joyce.


    Grüße


    s.

    Klingt irgendwie nach einem katholischen Segensspruch :zwinker:


    Amen. Langvergangenes Ministrantendasein. Wer bei der Wandlung das Glöckchenbimmeln vergisst, wird anschließend als erster halbnackt durch die Sakristei gejagt ... Da bekommt das Bibelwort zwecks zauberischer Hostientransformation "das ist mein Leib ..." gleich eine ganz irdische Bedeutung.

    Stoiber schnauft bei seinen Interjektionen wenigstens nicht so fürchterlich. :rollen:


    Stoiber fehlt zum Phänotyp des echt bayrischen Ministerpräsidenten auch die entsprechende Leibesfülle, wohingegen Sloterdijk eine solche durchaus vorweisen kann. Da geht's denn ohne Schnaufen nicht ab, wobei der apoplektische Franz Josef zwar beim Atemholen auch unter seiner beachtlichen Körperlichkeit litt, aber immerhin ganze Sätze in einem akzeptablen Zeitrahmen von sich geben konnte.


    Off topic: Bei Stoiber - naja, auch bei Sloterdijk - habe ich manchmal den Eindruck, man könne ihnen beim Denken zusehen, es rattert und rumpelt im Oberstübchen wie weiland bei den mechanischen Flippern.


    Grüße


    s.


    Edit: Im ersten Satz Präteritum in Präsens geändert; das klang wie ein Nachruf auf die beiden ...

    Vielleicht sollte man vor jeder Ring-Aufführung Thrombose-Tabletten an die Besucher verteilen ...


    Und weil in Losts Posting zweimal von Längen die Rede ist (obschon die eine in Stunden, die andere in Meter bemessen wird), so wäre es interessant festzustellen, ob zwischen Liebhabern des Ring und deren durchschnittlicher Körpergröße eine Beziehung besteht - oder allgemeiner: Gibt es eine Korrelation zwischen der Körpergröße von Musikliebhabern und der Länge der gehörten Stücke? Sind Ringbesucher kleinwüchsig, Hörer von Kammermusik oder Etüden potentielle Basketballer?


    Grüße


    s.


    der über den Fliegenden Holländer und Tristan und Isolde auch kaum hinausgekommen ist. Sollte ich noch sehr viel älter werden müssen, um den Ring in seiner Gesamtheit hören zu können, so steht zu befürchten, dass dieser erst bei meinem Dahinscheiden gespielt werden wird. Die armen Hinterbliebenen ...

    Irgendwann sollte ich mir tatsächlich einen Safranski zu Gemüte führen. Schreibt er nun Anspruchsvolles oder bloß einen Schopenhauer für Arme, Romantik für die Mittagspause?


    Im philosophischen Quartett hat er jedenfalls bei mir wenig Sympathiepunkte gewonnen, wenngleich ich mich nicht wegen Safranski, sondern wegen des unsäglichen Sloterdijks fesseln und knebeln lassen müsste (der - neben inhaltlich Fragwürdigem - offenbar nicht in der Lage ist, auch nur einen einzigen kurzen Satz ohne Stoibersche Interjektionen von sich zu geben).


    Grüße


    s.


    So nebenher: So ein emotionales Posting ist oft das Schlechteste nicht ;)


    Aber, Vorsicht: Herder ist eine Nervensäge! :breitgrins: :winken: Ich kenne von ihm neben dem einen oder andern Lyrischen vor allem seine Schrift über den Ursprung der Sprache (lesenswert!) ...


    Na ich weiß nicht, zumindest wenn sich lesenswert auf den philosophischen Gehalt beziehen sollte :smile: (dafür ist die Charakteristik als Nervensäge schon eher zutreffend :zwinker:). Aber die äußert blumenreiche Sprache Herders hat mir erhebliches Amusement bereitet. Wenn er etwa über den selbstreflexiven Menschen - aber man lasse ihn selbst sprechen:


    Zitat von Herder


    "Der Mensch beweiset Reflexion, wenn die Kraft seiner Seele so frei würket, daß sie in dem ganzen Ozean von Empfindungen, der sie durch alle Sinnen durchrauschet, eine Welle, wenn ich so sagen darf, absondern, sie anhalten, die Aufmerksamkeit auf sie richten und sich bewußt sein kann, daß sie aufmerke."


    Und nun schreitet Herder zur Dokumentation der Kategorienbildung anhand eines Lammes, das sich da seiner Seele ganz unverhofft präsentiert:


    Zitat von Herder

    "Lasset jenes Lamm, als Bild, seinem Auge vorbeigehn: ihm wie keinem andern Tiere. Nicht wie dem hungrigen, witternden Wolfe! nicht wie dem blutleckenden Löwen - die wittern und schmecken schon im Geiste! die Sinnlichkeit hat sie überwältigt! der Instinkt wirft sie darüber her! - Nicht wie dem brünstigen Schafmanne, der es nur als den Gegenstand seines Genusses fühlt, den also wieder die Sinnlichkeit überwältigt und der Instinkt darüber herwirft. Nicht wie jedem andern Tier, dem das Schaf gleichgültig ist, das es also klardunkel vorbeistreichen läßt, weil ihn sein Instinkt auf etwas anders wendet. - Nicht so dem Menschen! Sobald er in die Bedürfnis kommt, das Schaf kennenzulernen, so störet ihn kein Instinkt, so reißt ihn kein Sinn auf dasselbe zu nahe hin oder davon ab: es steht da, ganz wie es sich seinen Sinnen äußert. Weiß, sanft, wollicht - seine besonnen sich übende Seele sucht ein Merkmal - das Schaf blöket! sie hat Merkmal gefunden. Der innere Sinn würket. Dies Blöken, das ihr am stärksten Eindruck macht, das sich von allen andern Eigenschaften des Beschauens und Betastens losriß, hervorsprang, am tiefsten eindrang, bleibt ihr. Das Schaf kommt wieder. Weiß, sanft, wollicht - sie sieht, tastet, besinnet sich, sucht Merkmal - es blökt, und nun erkennet sies wieder! »Ha! du bist das Blökende!« fühlt sie innerlich, sie hat es menschlich erkannt, da sies deutlich, das ist mit einem Merkmal, erkennet und nennet."


    Abgesehen vom philosophischen Gehalt der Ausführungen (der auch, naja, bescheiden ist) besteht das Lesenswerte der Herderschen Ausführungen wohl eher im "brünstigen Schafmanne" und der pittoresken Kategorienbildung "Ha! du bist das Blökende!" der Seele (von der ich auch nie recht weiß was sie denn ist in der Vorstellung des Schreibenden).


    Grüße


    s.


    In nächster Zeit werde ich noch die von dir erwähnten Ringe des Saturn: Eine englische Wallfahrt lesen und bin schon gespannt auf Sebalds Prosa losgelöst von der bleiernden Thematik der obigen Werke! :winken:


    Dann freu dich schon mal. Für mich waren die "Ringe" das eindrucksvollste Werk.


    Grüße


    s.

    Wir hatten hier einen Leserundenversuch zu Zolas Nana. Ich kann weitgehend die Einschätzung Sir Thomas' teilen, auch wenn Steffi durchaus Recht hat: Die Tatsache, dass eine solche positivistisch-materialistische Konzeption den Figuren zugrunde liegt schließt eine differenzierere Darstellung nicht aus. Allerdings vermochte ich eine solche nicht zu entdecken. Mir scheint, als ob Zolas Bedeutung eine nur noch literaturhistorische wäre.


    Grüße


    s.

    Ich habe vermutet, dass das v. a. in Bezug auf klassische Musik häufig anders gesehen wird. Deshalb habe ich in Klammern bei meinem Beitrag "für mich" geschrieben.


    Zum Reinhören für Leute, die noch kaum Kontakt mit Klassischer Musik hatten, ist das sicherlich empfehlenswert.


    Lost: Ein wiederholtes Hören einzelner Sätze kenne ich auch sehr gut. Ich nehme aber an, dass dir vom jeweiligen Werk auch die anderen Sätze bekannt sind. Diese CD-Zusammenstellungen bieten aber häufig nur Ausschnitte, das wäre nichts für mich.


    Und manchmal ist ohnehin schon nach dem zweiten Satz Schluss, weil nach so einem Abschied kein dritter Satz möglich ist, wie Wendell Kretzschmar zu berichten weiß :zwinker:


    Grüße


    s.

    In der Philosophie kann so etwas sehr sinnvoll sein. Denn wer da glaubt, sich mit Kant beschäftigen zu wollen und ohne alle Vorbildung mit der Kritik der reinen oder praktischen Vernunft beginnt, wird - wenn ihm nicht eine hohe Frustrationstoleranz zueigen ist - höchstwahrscheinlich scheitern.


    In der Musik oder Literatur ist das (für mich) vollkommen inakzeptabel, ich würde nie eine gekürzte, bearbeitete Version eines Klassikers lesen (ich habe eine Anna Karenina im Regal mit dem ignoranten Hinweis: Von unzeitgemäßen Längen befreit) oder mich bloß mit einem Satz eines Stückes zufrieden geben.


    Grüße


    s.

    Ich glaube nicht, dass damit eine Aussage über den Autor, sondern vielmehr über den ins Auge gefassten Leser gemacht werden soll. Augenzwinkernd-gutmütig wird da dem vermeintlich an Literatur Interessierten eine Eigenschaft unterstellt, deren Allzumenschliches dem eigentlich negativ konnotierten Begriff was Liebenswürdiges gibt. Und nebenher wird auch noch Bildung vermittelt, Literatur light für jene, welcher vor lauter ernsthafter Lebenstätigkeit sich nicht zu ausführlich mit ökonomisch Nutzlosem wie Philosophie oder Literatur beschäftigen können. Aber bei der Abendunterhaltung doch einen gebildeten Eindruck zu machen suchen ...


    Etwas Ähnliches gab's doch schon mal hier im Forum: Klassiker gekürzt, der Zauberberg auf 20 Seiten für den Manager mit Geistesallüren.


    Grüße


    s.


    Aber falls es dann zur Wiederlektüre kommt, sind solche Anstreichungen ein Fest :smile:


    Ich bin den umgekehrten Weg gegangen, die Anstreichungen und Notizen in Büchern ersetzt mir nun das Schreiben am Laptop. Und was das Wiederlesen solcher Anmerkungen betrifft: Zum einen stört es meinen Lesefluss; zum anderen bin ich von den Überlegungen von anno dazumal häufig überrascht. Nicht immer angenehm. Würde ich mich selbst ernster nehmen, es wäre manchmal Anlass zur Sorge gegeben :zwinker:.


    Grüße


    s.


    Jetzt fange ich mir was ein, wenn ich diesen Autor ins Spiel bringe, aber Coelho sagt in seinen "Bekenntnissen eines Suchenden", dass er ein Regal besitzt, in dem ca. 300 Bücher hinein passen. Mehr Bücher würde er nie besitzen, egal wie viele er da kauft.


    Das ist natürlich eine gar schröckliche Vorlage :breitgrins:. Denn bei Coelho war ich mir bislang gar nicht sicher, ob er des Lesens kundig sei, vielmehr seine Elaborate in erleuchteten Momenten hinter einem alten Vorhang verborgen diktiert wie weiland Joseph Smith sein Mormonenbuch.


    Grüße


    s.

    Hallo!


    Mutatis mutandis hatten wir in verschiedenen Diskussionen das alles schon mal.


    Exzentrizitäten sind an sich weder positiv noch negativ. Wobei die Fetischisten des nichtkonformen Verhaltens (aus völlig unerfindlichen Gründen finden sich in dieser Gruppe eine Unmenge Hesse-Leser :zwinker:) mich stark an eine Szene aus dem "Leben des Brian" erinnern, wo die Menge im Chor brüllt: "Wir sind alle Individualisten".


    Außenseiter können (für mich) inakzeptable Idioten oder liebenswürdige Mitbürger sein, das ist einzig von ihrer "Macke" abhängig. Wenn jemand tagtäglich einen Kniefall vor einem Hitlerbild macht und Ausländer auf der Straße mit dem Baseballschläger verfolgt, hat er unzweifelhaft eine Macke - und zwar von der Art, die ich nicht goutiere.


    Außerdem schwingt in der Kritik des "konformen Verhaltens" eine Art generelle Gesellschaftskritik mit, die schlicht pubertär ist. Ich bin mit sehr vielen Regeln unserer Gesellschaft durchaus einverstanden, die, wenn auch immer einschränkend, doch erst das gedeihliche Miteinander ermöglichen. Man schlägt einander nicht ins Gesicht, grüßt, wenn man einen Raum betritt und ist schlicht und einfach normalerweise bemüht, in seinem Verhalten den anderen nicht über Gebühr zu belästigen. Das finde ich gut - auch wenn es nicht originell ist. Wenn jemand hingegen die Macke hat, den Gegenüber bei der Begrüßung anzuspucken, so wäre ich über ein größeres Maß an Konformität froh.


    Das Phänomen des Mackentums als solches ist also wertfrei und kann nur von Fall zu Fall beurteilt werden. Und ebenso verhält es sich mit Büchern: Es gibt Dumme, Entbehrliche, Schädliche, Schöne etc. Wie bei der Macke auch wird es also auf den entsprechenden, in Frage stehenden Fall ankommen. Wer aber da zu einer Art Generalverteidigung des "Außenseiter-, Mackentums, der Nichtkonformität" sich berufen fühlt, zeigt damit nur, dass er es mit dem Nachdenken nicht wirklich hält.


    Und das Ganze ist - die Hesseleser mögen verzeihen - genau jene simplifizierende Weltsicht, die diesen zueigen ist. Ich halte das für eine, oftmals wichtige, Zeit in der geistigen Entwicklung. Es sollte aber dieser Prozess (wie [url=http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,630.msg41874.html#msg41874] hier [/url]in anderen Beispielen beschrieben) ein vorübergehender sein.


    Grüße


    s.


    p. s.: Im übrigen halte ich das zwanghafte Lesen einer bestimmten Anzahl von Büchern, Autoren, Neuerscheinungen - was auch immer - für eine durchaus harmlose Macke. Andere glauben, auf alle 8000er ohne Sauerstoffgerät kraxeln zu müssen, der nächste trägt, weil er seinen Vorgänger übertreffen will, einen Zementsack mit und pfeift während des Aufstiegs ständig die Nationalhymne. Soll sein. Was aber den vorgenannten Bücherleser betrifft, hat er eher mein Bedauern: Ich vermute, dass ihm durch solches Leseverhalten einiges an Schönheit in der Literatur entgeht.

    Es wurde schon mehrfach angedeutet: Das Ganze hat etwas von einem Datums- und Zeitpunktfetischismus, der dazu dient, dem Betreffenden Zwang aufzuerlegen. Wenn da einer für den Jahreswechsel seine Zigarettenabstinenz verkündet, regt sich meine skeptische Ader; ebenso bei der Gewichtsreduktion während der Fastenzeit, dem Beschluss, das Saufen sein zu lassen, wenn der Sirius sich im Sternbild des großen Hundes befindet und einem gleichzeitig die verstorbene Schwiegermutter im Traum erscheint. Das ist Kokolores - und fast nie zielführend.


    Vielleicht kann ich das auch deshalb so gar nicht verstehen, weil ich trotz meiner 6000 Bücher mich nicht im geringsten als "buchkaufsüchtig" bezeichnen würde. Meine Neuerwerbungen erstehe ich "bewusst", sehr oft sind das Bücher, die ich zuvor von Leihbibliotheken entlehnt habe und die ich im Anschluss an das Lesen als "besitzenswert" erachtet habe. (Es gibt auch Erwerbungen im Vorbeigehen - meist preisreduziert. Wenn ich etwa von einem Schriftsteller kein Gesamtwerk besitze (z. B. Hamsun) und ein Buch irgendwo um 2 Euro erstehen kann, so sehe ich auch keinen Grund zu "widerstehen".)


    Das mit dem SuB sehr ich wie Anna Magdalena (ich meine mich über diesen SuB-Auf- und Abbau schon in einem anderen Thread ein wenig despektierlich geäußert zu haben): Das erinnert immer an "Abarbeiten", an eine Art schweißtreibende Tätigkeit, einen Zwang, etwas erledigen zu müssen und dabei ähnliches Vergnügen zu empfinden wie beim Fensterputzen oder Bodenwischen. Ich muss nicht, ich will Bücher lesen - und die Tatsache, dass ich eine Auswahl unter vielen ungelesenen Büchern treffen kann, beruhigt mich enorm. Diese ungelesenen Bücher in meiner Bibliothek wecken in mir nicht das Gefühl des Ungenügens, einer zukünftigen Verpflichtung, sondern eines der Vorfreude. (Dazu kommt, dass die Belletristik nur rund 50 % des Bücherbestandes ausmacht und Fach- und Sachbücher nicht immer in einem Zug von vorn nach hinten gelesen werden.)


    Zwanghaftes Bücherkaufen oder -lesen kenne ich nicht: Ich würde keine Zeile lesen, wenn es mir nicht so großes Vergnügen bereiten würde.


    Grüße


    s.

    Für mich ist ein solches Projekt ein Kasperletheater. Warum sollte ich ohne Not auf etwas verzichten, woran mir viel gelegen ist? Seltsames Flagellantentum, zu dem mir die masochistische Ader vollkommen fehlt. Obskure und willkürliche Beschlussfassung, die auch dahingehend lauten könnte, dass ich von heut an nur noch violette Kleidung und einen Hut mit Gamsbart trage oder mir des Abends mit dem Hammer auf den Daumen schlag. Ein Jahr lang ...


    Grüße


    s.


    Schwer tue ich mich mit den Begriffen zihaloformes Phänomen (Scheichsbeutel wird so bezeichnet).


    Ich fühle mich angesprochen ;). Einige Definitionen wurden schon nachgeliefert, eine naturwissenschaftlich exakte, allumfassende Beschreibung des Zihaloids (eine spezifisch österreichische Lebensform, die vor allem in Ämtern bestens gedeiht und reichen Nährboden findet) kann aber des Umfanges, auch der fließenden Begrenzungen wegen nicht gegeben werden.


    Grüße


    s.


    der befürchtet, dass die in realiter hinter dem hier schreibenen Nick stehende Person auf wenig Zustimmung seitens der Zihaloide stoßen dürfte.

    Hallo,


    dieses Argument bezüglich der vergessenen "Ideale der Jugend" ist doch ein wenig kindisch. Man beginnt mit Pippi Langstrumpf und den Fünf Freunden, nimmt sich Winnetous edles Betragen zum Vorbild, um Siddhartha oder dem Magister Ludi Knecht die Hand zu reichen. Dass man aber irgendwann das Pippi-Poster von der Wand nimmt, hat nichts damit zu tun, dass die rothaarige Göre unsympathisch würde oder in ihrem Kampf gegen das Böse Unrecht hätte. Sondern damit, dass man die Welt differenzierter zu betrachten beginnt.


    Hesse bietet - wie Coelho eine Stufe drunter - einfache, revolutionär-esoterisch verbrämte Lösungen, die nicht zufällig an erbauliche Kalendersprüche erinnern. Das spricht selbstredend und zu Recht die Jugend an, da fühlt sich der von seinen Eltern missverstandene Rebell wohl aufgehoben und intellektuell umsorgt. Aber genau so wie man sich mit Old Shatterhand und Konsorten irgendwann nicht mehr identifiziert (es sind tatsächlich die genau gleichen Gründe, einfach weil diese Idealgestalten einen eingegrenzten und simplifizierten Lebensbereich abstecken), aus eben diesem Grund empfindet man Demian, Narziss, Goldmund & Co irgendwann als zu einfach gestrickt.


    Mir ging es gleich wie Lauterbach: Beim Wiederlesen in den 20igern ein Innehalten, Staunen: Das hat mir mal gefallen, davon war ich angetan? (Demian war dieser Schuss vor den Bug ...). Dann der Steppenwolf mit seinem mehr als kindischen Traktätchen und der Einsamkeitsattitüde, dem morbiden Selbstmordspielchen und den (für alle Jugendlichen spannenden) Drogenerfahrungen nebst Anarchoträumen, vom indischen Prinzen bis zum Glasperlenspiel (Hesse schreibt auch ständig dasselbe) - das konnte ich postadoleszent nicht mehr Ernst nehmen.


    Dass man solches hinter sich lässt hat mit der Erkenntnis zu tun, dass die Welt eine Spur komplizierter ist als bei Astrid Lindgren, Karl May oder Hermann Hesse. Wenn die verlorene Jugendideale aus einem solch vereinfachten Weltbild bestehen, ist es nur gut, wenn sie irgendwann eingemottet werden. Bedenklich fände ich eher das Gegenteil ;).


    Grüße


    s.