Hallo zusammen,
Settembrini hat gepostet:
ich bin der meinung, dass die qualität von literarischen werken (und damit die entscheidung, ob ein besonders gelungenes werk als "klassiker" zu bezeichnen ist) definitiv keine frage des persönlichen geschmacks des einzelnen lesers sein kann und darf.
Und ich bin der Meinung, dass die Bedeutung eines Wortes (sofern sie nicht bekannt ist) definitiv in Wörterbüchern nachzulesen ist und nicht von einzelnen Personen festgelegt werden kann und darf.
Nachfolgend zitiere ich deshalb Wahrigs Wörterbuch Deutsch und das Fremdwörterbuch zur Bedeutung des Wortes „Klassiker“, wobei die Unterschiede unbedeutend sind:
'Klas|si|ker <m. 3> Vertreter der Klassik; Künstler od. Wissenschaftler, dessen Werke über seine Zeit hinaus als mustergültig u. als von bleibendem Wert anerkannt worden sind; die Werke selbst; die Klassiker
Klas|si|ker <m.; -s, -> 1 Vertreter der Klassik 2 Künstler od. Wissenschaftler, dessen Werke über seine Zeit hinaus als mustergültig anerkannt worden sind 3 <Pl.> die Werke selbst
Da es nicht jedem gegeben scheint, ein Wörterbuch zu lesen, sei es mir erlaubt folgendes zu erklären:
1. Da wir hier das Wort „Klassiker“ nicht für eine Person, sondern für ein Werk verwenden, ist die dritte Bedeutung „Die Werke selbst“ entscheidend.
2. Mit „die Werke selbst“ ist gemeint, die Werke von 1. Vertreter der Klassik oder 2. von Künstlern, dessen Werke über seine Zeit hinaus als mustergültig und von bleibendem Wert anerkannt werden
3. Werke von Vertretern der Klassik sind in Deutschland die Werke von Goethe und Schiller, in anderen Ländern stimmt die klassische Periode der Literatur zeitlich nicht mit der „Weimarer Klassik“ überein, liegt aber z.B. in Italien, Spanien, England und Frankreich zeitlich noch davor.
4. Neben diesen Klassikern im engeren Sinn, gibt es aber noch die Klassiker i.w.S., also Werke, die über ihre Zeit hinaus als mustergültig und von bleibendem Wert anerkannt werden.
Die Entscheidung, ob ein Werk als Klassiker zu bezeichnen ist, hängt also in erster Linie davon ab, ob es die Zeit überdauert oder wie Sandhofer bereits ausgeführt hat:
Klassiker kommen m.E. nur durch den jahrelangen Konsens fleissiger Leser zustande.
Die Qualität, spielt zunächst keine Rolle, sondern das Überdauern von Zeit. Natürlich hat es ein Werk mit Qualität leichter, die Zeit zu überdauern (andererseit kann Qualität aber auch im Einzelfall hinderlich sein). Ein Buch und sei es von höchster Qualität, kann aber in seiner Zeit (Jahrhundert?) noch kein Klassiker sein.
Settembrini hat gepostet:
in grober annäherung würde ich 3 mindestkriterien definieren, die ein prosastück erfüllen muss, um als "klassiker" zu gelten
gebe nicht ICH die 3 kriterien vor, sondern die bisher geschriebenen klassiker selbst. die von mir genannten kriterien sind qualitätsmerkmale, die meines erachtens alle heute als klassiker verehrten werke als minimalkonsens erfüllen. dieser minimalkonsens ist das ergebnis aufmerksamer lektüre einer großen zahl "klassischer" werke
Davon abgesehen, dass man w.o. ausgeführt, ein Wort nicht einfach umdefinieren darf, halte ich die Definition von Klassikern durch eine „Erfüllung von Mindestkriterien“ für abenteuerlich. Warum will ich an einem Beispiel verdeutlichen:
Ich kenne hübsche Frauen, die blond sind und welche die dunkelhaarig sind, welche die schlank sind und welche mit Rubensfiguren, manche sind hellhäutig, manche dunkelhäutig, manche haben blaue Augen und manche grüne. Als Ergebnis aufmerksamer Beobachtung einer großen Zahl "hübscher" Frauen konnte ich aber feststellen, dass alle zwei Arme, zwei Beine und einen Kopf hatten. Diesen Minimalkonsens als Qualitätsmerkmale für eine hübsche Frau festzulegen wäre aber am Ziel vorbei geschossen. Genauso geht es mir bei den 3 Mindestkriterien für Klassiker.
Gruß von Hubert