Beiträge von Hubert


    Ach, das ist schnuffig:


    Vielleicht bin ich selbst auf Stendhal neidisch? Er hat mir den besten Atheisten-Witz weggenommen, den gerade ich hätte machen können: 'Die einzige Entschuldigung Gottes ist, daß er nicht existiert'...


    Nietzsche, Ecce Homo


    Bei solchen Zitaten muss man natürlich auch erwähnen, dass Ecce homo von 1888 stammt und dass Nietzsche im Januar 1889 einen geistigen Zusammenbruch durch progressive Paralyse erlitt, wie man vermutet war Syphilis die eigentliche Ursache und bis sich Syphilis so weit entwickelt hat, dass ein geistiger Zusammenbruch eintritt, vergehen Jahre die dann meist zunächst durch Schwachsinn später aber auch durch Wahnsinn geprägt sind.

    Hallo,


    Wenn ich das verstanden habe, gibst Du dem Spiegel Recht?
    Deine derzeitigen Lieblingsbücher sind eine interessante Auswahl, obwohl ich nicht alles kenne. Von Flann O’Brien habe ich noch nichts gelesen, aber einen Autor, der von Joyce gelobt wurde, sollte man eigentlich kennen auch von Huysmans habe ich noch nichts gelesen, da ich ihn für einen Zola-Epigone hielt, aber vielleicht täusche ich mich da. Was meinst Du?
    „Schande“ habe ich gelesen als Coetzee den Literaturnobelpreis erhielt, war aber nicht sonderlich begeistert, Flaubert: großartig, am meisten beeindruckt hat mich aber, dass Du „Pnin“ genannt hast. Bei Nabokov wird ja meistens „Lolita“ genannt, oder von den harten Fans: „Fahles Feuer“, aber „Pnin“, alle Achtung!


    Gruß


    Hubert


    Denn selten tauchen Themen einmal in einem Roman auf und werden dann nicht mehr verwendet. Wenn "homoerotische Neigungen" also ein Thema wären, müssten sie wieder auftauchen. So ist mein Roman-Verständnis. Dies wäre unabhängig von der Figur des Pollunder. Das Thema, welches ich in meiner Auslegung des Textes erkannt habe, ist, dass auch an Green und Pollunder wie schon am Onkel verschiedene Formen der Vaterfiguren und der Beziehung zu ihnen durchgespielt werden. Diese These wird durch den weiteren Verlauf des Buchs gestützt.


    Was also ist von meiner Auslegung zu halten?


    Wenn Karl 8. Jahre alt wäre, würde ich Dir Recht geben. Aber Karl ist 16. Jahre alt: der Höhepunkt der Pubertät und in der Pubertät suchen Jungs keine Vaterfigur sondern lösen sich vom Vater. Das meistens einzige, was Jungs in der Pubertät interessiert: Sex. Außerdem kannst Du mir nicht erzählen, dass Karl im Heizer, für den er letztendlich als Beschützer und Verteidiger auftritt und in den beiden Landstreichern eine Vaterfigur sucht. Und dass Homoerotik nur bei Pullunder auftritt, stimmt imo auch nicht -> Guckst Du hier:


    http://www.klassikerforum.de/i…21.msg45659.html#msg45659


    Gruß


    Hubert


    Übrigens kristallisiert sich durch deine Zusammenstellung der homoerotischen Stellen auch einiges heraus. Ich kann mich zwar erinnern, dass ich beim Lesen auch manchmal so eine diffuse Ahnung hatte, aber wirklich deutlich wurde es mir erst jetzt durch dein explizites Aneinanderreihen.



    Das mit der ganzen Homoerotik wäre mir bewusst gar nicht aufgefallen, erst als ich es hier so aufgeschlüsselt gelesen habe, wurde mir klar, dass mir das die ganze Zeit schon ins Auge gestochen ist. Ich es aber nicht benennen konnte was es ist.


    Hallo ihr Lieben,


    ja das hat der Kafka sehr geschickt gemacht, immer so sich langsam steigernd in den Text eingestreut und da es immer nur ein einzelner Satz ist liest man da einfach drüber weg. Mir ging es ja genau so bis dann Karl froh in dem Arm lehnte den Herr Pollunder um ihn gelegt hatte.


    Ich hab jetzt noch mal das erste Kapitel gelesen und da geht’s ja schon los mit der Homoerotik:


    „Und er (Karl) ging langsam in solchen Gedanken zum Heizer, zog dessen rechte Hand aus dem Gürtel und hielt sie spielend in der seinen.“


    „Karl zog seine Finger hin und her zwischen den Fingern des Heizers, der mit glänzenden Augen ringsumher schaute, als widerfahre ihm eine Wonne, ..“


    „Und nun weinte Karl, während er die Hand des Heizers küsste, und nahm die rissige, fast leblose Hand und drückte sie an seine Wangen, wie einen Schatz, auf den man verzichten muß.“


    Der zweite Satz ist imo ja schon sehr hart und ich kann es selbst kaum verstehen, dass ich das zunächst überlesen hatte. Übrigens erst wenn man diese Sätze kennt, versteht man die folgenden drei (Bett-) Sätze am Anfang des Kapitels als Metapher die das ganze vorausdeutend einleiten. Allein für sich sind diese Sätze ja noch unverfänglich?:


    „Legen Sie sich doch aufs Bett, …, sagte der Mann. Karl kroch, so gut es ging hinein und lachte …“


    „Bleiben Sie nur, sagte der Mann und stieß ihn mit einer Hand gegen die Brust, geradezu rau, ins Bett zurück.“


    „… so heimisch war ihm (Karl) hier auf dem Bett des Heizers zumute.“


    Ich bin mir gar nicht mehr so sicher, ob da wirklich nur ein bisschen Erotik gemeint ist?


    Liebe Grüße


    Hubert


    Nu ja - erst mit Wasser verdünnt wird die Grüne Fee grün ... :breitgrins:


    Herzlich willkommen, Lieblingsapéro! :winken:



    Hi sandhofer,


    guckst Du hier:


    http://www.spiegel.de/wissensc…sch/0,1518,550778,00.html


    zugegeben ich kenne mich mit französischem Rotwein besser aus als mit harten Getränken, aber diesem Artikel entnehme ich, dass das an sich grüne Getränk, beim Vermischen mit Wasser eine milchige Farbe bekommt. Wer hat Recht?


    Von führenden Drogenbeauftragten werde ich zwar nicht gerade weiterempfohlen, aber Oscar Wilde höchstselbst bescheinigte mir eine wundervolle Farbe und hielt mich für poetisch wie sonstewas. Auch kann ich mir was drauf einbilden, dass ich so manchem verzweifelten Künstler die Treue gehalten und ihn gelegentlich sogar beseelt und inspiriert habe. Und was diesen unangenehmen Vorfall mit van Goghs Ohr angeht... Nee, nee, also damit habe ich nun wirklich nichts zu tun. Ehrlich nicht!


    Hallo


    auch von mir ein herzliches Willkommen im Klassikerforum. :blume:


    Kannst Du uns noch etwas zu Deinen Lieblingsschriftstellern oder Lieblingsbüchern sagen?


    Liebe Grüße


    Hubert

    Die Forelle, 1873
    Öl auf Leinwand, 65,5 x 98,5 cm, Musée d’Orsay, Paris



    http://www.musee-orsay.fr/fr/c…m%5D=841&cHash=1fadd1fb93


    In diesem Gemälde hat Courbet eine am Angelhaken hängende. leidende Forelle dargestellt, die Felsbrocken im Hintergrund stellen das Flussbett der Loue dar. Kennt man Courbets Vita kann man in diesem Gemälde aber auch eines der verdeckten Selbstporträts erkennen, wie sie Courbet vielfach gemalt hat.


    Zur Vorgeschichte:


    Während der Zeit der „Pariser Kommune“, deren Mitglied Courbet war


    http://de.wikipedia.org/wiki/Pariser_Kommune


    wurde die Vendòme-Säule, die Napoleons Kriegstaten verherrlichte, zerstört. Dafür wurde Courbet verantwortlich gemacht und nach der gewaltsamen Auflösung der Kommune wurde er wegen Beteiligung an der Zerstörung der Säule zu 6 Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe von 500 Francs verurteilt. Aus dem Pariser Gefängnis entlassen, fand Courbet sein Atelier zerstört vor. In dieser Zeit entstand „die Forelle“, man kann die Felsbrocken also auch als Gefängnismauern lesen und die leidende Forelle als den leidenden Maler. 1973 verlangte die neue französische Regierung von Courbet Schadenersatz für die zerstörte Vendòme-Säule
    in Höhe von 335.000 Francs. Da Courbet diese Summe nicht aufbringen konnte, floh er in die Schweiz wo er am 31. Dezember 1877 starb, einen Tag bevor die erste Rate seiner Geldstrafe fällig wurde.

    Die Woge, 1869/70
    Öl auf Leinwand, 65,5 x 90 cm, Musée des Beaux-Arts, Lyon
    Öl auf Leinwand, 67 x 107 cm, Kunsthalle Bremen
    Öl auf Leinwand, 63 x 91,5 cm, Städel Museum, Frankfurt



    http://tendancebleue.canalblog…s/2007/10/17/5439508.html


    In etwas weniger als fünf Jahren, vom Sommer 1865 bis zum Frühjahr 1870, hat Courbet an der normannischen Küste eine Serie von ungefähr 60 Gemälden geschaffen: Die Wogenbilder. Drei davon sind in Frankfurt zu sehen. Mich fasziniert an diesen Gemälden vor allem die manchmal abstrakt anmutende Farbgebung.

    Die durch Courbet ausgelöste Erschütterung der Tradition war nicht nur für Manet und Cézanne sondern auch für Picasso von großer Bedeutung wie das folgende Gemälde zeigt:


    Die Mädchen an der Seine, im Sommer, 1856/57
    Öl auf Leinwand, 174 x 200 cm, Musée des Beaux-Arts de la ville de Paris


    http://www.kunst-fuer-alle.de/…a-seine-(ete)/index.htmer


    Die Besucher der Großen Pariser Kunstausstellung in Paris empörten sich 1857 über dieses Gemälde. Heute kaum noch vorstellbar. Aber es war nicht nur der Bildinhalt, sondern vor allem das Format des Bildes, das damals noch Historiengemälde vorbehalten war. Aber schon für Cezanne war „Die Mädchen an der Seine, ..“, wegen seiner Durchdringung von Mensch und Natur, das Bild des Jahrhunderts und Picasso hat es mehrmals abstrakt variierend kopiert.


    Schon der rechte Arm des vorderen Mädchen gibt das ganze Bildprogramm wieder: Liebessehnsucht, den Betrachter einbeziehend (man beachte den gekrümmten Zeigefinger im Zusammenhang mit dem auf den Betrachter gerichteten halb geöffneten Auge). Während der Blick des vorderen Mädchens auf den Betrachter gerichtet ist und damit in die nahe Zukunft, scheint das andere Mädchen einem vergangenen Liebesglück nach zu träumen.

    hat Courbet einmal gesagt und dieses Selbstbewusstsein spiegelt sich auch in seinem Gemälde:


    Die Begegnung oder Bonjour, Monsieur Courbet, 1854
    Öl auf Leinwand, 132 x 150,5 cm, Musée Fabre, Montpellier


    http://fr.wikipedia.org/wiki/Fichier:Gustave_Courbet_010.jpg


    „Die Begegnung“ nannte Courbet dieses Gemälde, aber auf der Weltausstellung in Paris im Jahre 1855 wurde es vom Publikum in „Bonjour, Monsieur Courbet“ umgetauft, da dieses erkannte, dass der Wanderer mit dem extrovertierten Bart auf der rechten Seite, Courbet selber war. Auch den Mann in der Mitte hatte das Publikum erkannt: Courbets Mäzen Bruyas. Das Gemälde ist sehr realistisch, zeigt aber dennoch Courbet als Träumer, der hier das Verhältnis zwischen Künstler und Mäzen zu seinem Vorteil verändert hat. Aufschlussreich, dass Courbet für sich die rechte Bildseite reserviert hat, während er seinem Mäzen (von dem er abhängig war) und dessen Diener die linke Bildseite zuwies. Warum ich Courbet für ein Genie halte: Allein an der Huthaltung der drei Personen ist der Bildinhalt ablesbar.

    Bildnis des Komponisten Hector Berlioz, um 1848 – 1850
    Öl auf Leinwand, 60,5 x 48 cm, Musée d’Orsay, Paris


    http://www.musicwithease.com/berlioz-02.jpg


    Für mich ist Hector Berlioz (1803 – 1869) der Begründer der sinfonischen Programm-Musik; für Heinrich Heine war er der „Schwarze Romantiker“. Courbet hat in seinem Porträt die melancholische, träumerische Seite des Komponisten von „Fausts Verdammnis“ in Farbgebung (Abstufung von Braun- und Schwarztönen) und Mimik (hervortretende Backenknochen, heruntergezogene Mundwinkel) perfekt wiedergegeben. Sowohl Berlioz als auch Courbet waren Träumer und Revolutionär (der Kunst) zugleich. Wahrscheinlich geht das eine auch nicht ohne das Andere.


    ... war ich am Wochenende in Frankfurt (für mich immer eine Reise wert) und natürlich war ich auch in der Courbet-Ausstellung. Mit ca. 100 Werken (Gemälden und Zeichnungen) aus den unterschiedlichsten Museen und aus Privatsammlungen ist die Ausstellung natürlich nicht so umfangreich wie die damalige Grand Palais – Ausstellung, aber doch größer als ich dachte und so haben die 3 Stunden, die ich für die Ausstellung vorgesehen hatte, nicht ausgereicht – ich muss also noch mal hin.


    Am letzten Wochenende war ich zum zweiten Mal in der Courbet-Ausstellung in Frankfurt. Auch der zweite Besuch hat sich gelohnt und ich hatte sogar noch Zeit mir den Begleitfilm anzusehen. Im folgenden will ich mal 5 der hundert ausgestellten Werke kurz vorstellen, die imo die Spannbreite von Courbets Malerei zeigen. Ausschlaggebend war für die Auswahl, dass ich eine Abbildung im Netz gefunden habe und das es keine Werke aus Privatsammlungen oder aus Übersee waren.


    Ich würde mich über Eure Kommentare zu den einzelnen Werken freuen. Das muss keine wissenschaftliche Arbeit sein. Ich freue mich auch über eine Bemerkung wie: "Gefällt mir" oder "Gefällt mir nicht".

    Die bekannteste Erzählung Kafkas in dieser Leserunde und wahrscheinlich die bekannteste Erzählung Kafkas überhaupt ist „Die Verwandlung“. Zwei Fans dieser Erzählung wollen im Rahmen des Literaturfestes „lit.Cologne“ den Beweis führen, dass jeder „Die Verwandlung“ lieben muss: Der Tatort-Kommissar Dietmar Bär liebt „Die Verwandlung“ seit er sie als Tiefpubertierender zum ersten Male las, der Komiker Bastian Pastewka entdeckte sie mit 23, im gleichen Alter also, wie Kafka, als er die Verwandlung schrieb. Beide haben den Text unzählige Male gelesen, am 20. März 2011 tun sie es gemeinsam: auf dem Literaturschiff MS RheinEnergie, das um 18:00 Uhr am KD-Anleger in der Kölner Innenstadt ablegt.


    Vertreibung aus dem Paradies finde ich als Idee gut - aber ich würde weniger das Alte Europa als Paradies sehen, denn das beinahe noch kindliche Alter Karls. Das Paradies endet für ihn, weil er sich den Mühen des Lebens stellen muss und hierbei notwendig die Unschuld (nicht im sexuellen Sinn) verliert: Das Leben ist nichts, was ohne Zutun geschieht. Es muss verdient und bewältigt werden. Unter dieser Perspektive stimme ich zu, dass Karl sein Paradies verloren hat.


    Guckst Du hier:


    http://www.klassikerforum.de/i…21.msg45581.html#msg45581


    ich habe nicht geschrieben: Karl lebte im Paradies (Europa) sondern:


    Auch dort lebte Karl noch im „Paradies“ (bei seinen Eltern), also genau das was Du jetzt einforderst. Ich denke Kafka bereitet uns auch so schon genug Schwierigkeiten, da brauchen wir uns nicht noch gegenseitig das Leben schwer machen.



    Die angeblich homoerotischen Anspielungen lese ich dagegen anders. Die Rockschöße, an denen Karl hängt, sind nicht sexuell zu deuten (denke ich), sondern vielmehr als elterliche Vormundschaft. ……
    Allerdings beginne ich jetzt das Kapital "Der Fall Robinson" und bis jetzt sind mir keine weiteren Stellen aufgefallen, die homoerotisch gedeutet werden könnten.


    Guckst Du hier:


    http://www.klassikerforum.de/i…21.msg45538.html#msg45538


    ich habe doch nicht geschrieben: Karl ist schwul, sondern nur, der Grund warum der Onkel Karl nicht mit Pollunder gehen lassen will, sind imo dessen homoerotischen Neigungen und diese habe ich eindeutig mit Zitaten belegt. Wenn Dir der Unterschied zwischen Erotik und Sex nicht klar ist: es gibt Bedeutungswörterbücher. Weder Bluebell noch Katrin noch ich haben das Wort Sex gebraucht, das hast erst Du ins Spiel gebracht. Und die Argumentation, angebliche homoerotische Neigungen (von Pollunder) kannst du nicht sehen, da im weiteren Verlauf des Buches keine solchen erkennbar sind (imo kommt Pollunder später nicht mehr vor) musst Du mir erklären.


    Gruß


    Hubert

    Kafkas Roman „Der Verschollene“ ist 1984 verfilmt worden. Allerdings nicht unter dem Romantitel und auch nicht unter dem Titel „Amerika“, wie der Roman früher mal hieß, sondern unter dem Titel „Klassenverhältnisse“, wohl auch um auf die Sozialkritik hinzuweisen, die Kafka in seinem Roman auch anspricht. Mario Adorf spielt den Onkel Jakob:


    http://www.cinema.de/kino/film…298,ApplicationMovie.html


    Seit 3 Jahren gibt’s diesen Film auch auf DVD. Mit viel Bonusmaterial in der Edition Filmmuseum erschienen:


    http://www.dvd-forum.at/19435/dvd_review_detail.htm



    Und hier noch ein Link: Hier wird unter dem Titel „Die Rückkehr des Verschollenen“ über den Film „Europa“ von Lars von Trier“ von 1991 hingewiesen:


    http://www.filmtext.com/start.jsp?mode=2&lett=e&archiv=330


    in einem Interview erzählt Lars von Trier über das Verhältnis seines Films „Europa“ zu Kafkas „Amerika“:


    http://www.3sat.de/page/?sourc…omagazin/76396/index.html

    Hallo zusmmen,


    gestern Abend habe ich das dritte Kapitel zu Ende gelesen. Was haltet Ihr von folgender Interpretation?


    Karl lebte bei seinem Onkel wie im Paradies. Er wird zu etwas Verbotenem verführt. (von Pollunder zu einem Besuch in dessen Landhaus). Dafür wird er jetzt im 3. Kapitel mit der Vertreibung quasi aus dem Paradies bestraft.


    Eigentlich ist dies eine Variation des 1. Satzes von Kapitel eins.


    Auch dort lebte Karl noch im „Paradies“ (bei seinen Eltern). Er wird zu etwas Verbotenem verführt (vom Dienstmädchen) und dafür mit der Verbannung (nach Amerika) bestraft.


    busbian hatte ja schon darauf hingewiesen, dass wir den Roman nicht naturalistisch lesen dürfen, da Kafka Parabeln schreibt und beispielhafte Bilder.


    Wenn aber in dem Roman „Der Verschollene“ beispielhafte Bilder für Genesis Kap. 3 (Die Vertreibung aus dem Paradies) beschrieben werden, kann man dann die Freiheitsstatue mit dem Schwert, nicht als Cherubim deuten, der nach der Vertreibung aus dem Paradies den Weg zum Baum des Lebens mit dem flammenden, blitzenden Schwert bewacht?


    Grüße


    Hubert


    Sind diese nicht zu erwartenden Textpassagen typisch für Kafka?
    (Der Verschollene ist mein erstes Buch von Kafka, daher bin ich ziemlich ahnungslos)


    Hallo André,


    obwohl „Der Verschollene“ imo sehr unkafkaesk ist, wenn man diesen ersten Roman mit den beiden folgenden „Das Schloss“ und „Der Prozess“ vergleicht, die sehr viel düsterer und undurchsichtiger sind, so kommen gerade auch unerwartete Textpassagen und unvorhergesehene Wendungen des Geschehens auch in diesen beiden Romanen vor.


    Gruß


    Hubert