Beiträge von Leibgeber

    Wenn es wild durcheinandergeht, ist es ja hochromantisch :-)

    Und: was wir heute abgedroschen finden, muss damals noch nicht so empfunden worden sein.

    Ich hab die "Sämtliche Schriften" herausgegeben von Klaus Briegleb. (Der Nachdruck bei dtv.)

    Hab vorhin den Band 2 mit u.a. "Reisebilder" rausgezogen.


    Übrigens: echt gefühlte Sentimentalität ist für mich was Wunderbares. Ich war ja auch mal jung :belehr:

    Wenn ich im im DWB, dem Grimm'schen Wörterbuch, suche, finde ich als erste und einzige Quelle für das Wort "Lilienfinger" eben diesen Heine. Für "Rosenknospenmund" gar nichts. Es könnte also durchaus der Fall sein, dass beide Wörter von Heine geprägt und zum ersten Mal verwendet worden sind. Dass sie seither abgedroschen wurden, könnte man ihm dann nicht vorwerfen.;)

    Ist es nicht so, dass Heine mit derartigen Wortprägungen lyrische Liebesexcesse anderer (nicht nur Romantiker) auf die Schippe nahm?

    Dass er Abgedroschenheiten noch einen draufsetzte?


    Eines meiner ersten Heine-Leseerlebnisse könnte eventuell am Gymnasium besprochen worden sein.

    Das weiß ich nicht mehr. Jedenfalls hab ich es bis heute im Kopf

    https://www.lieder.net/lieder/get_text.html?TextId=44420

    Da gibt es den Liljenstengel (welchen Dialekt er wohl verballhornt?) und am Ende die Klopstock-Lektüre - Liebesszene im "Werther " gemeint?


    Romantik humoristisch auf die Schippe genommen ...


    Mittlerweile, viele Jahre wie auch Romantiker später, amüsiere ich mich über das Gedicht, merke ich gerade.

    Meine Erlebnisse mit Harzreise und Heine überhaupt liegen schon länger zurück.

    Zeit sie zu aktualisieren, nur, wann, bei all den dickleibigen Romanen ...

    Inzwischen stecke ich in "Des Kapitels Ende".

    Die Tage über britische Frühstückssitten sinniert.



    Meint der das eigentlich ernst?

    Aus "Ein Mädchen wartet". Dinny übrigens, eine junge Frau, ist definitiv nicht schwanger.

    Und, weil Mr. James einfach großartig ist, direkt dran:

    Wie alles kam. Fünf Erzählungen. Manesse.

    Und hierzu: allein die erste Erzählung "Georginas Gründe" ist schon mehr als den Kaufpreis wert. Die im Titel genannte Dame ist ein dermaßen intrigantes, skrupelloses Biest ... Lesefreude pur.

    Andrea Giovene, Die Autobiographie des Giuliano di Sansevero

    https://www.galiani.de/autor/andrea-giovene-4001321

    Wer vorab lesen möchte, wie es gefallen haben könnte, findet ein paar schöne Rezensionen auf glanzundelend.


    Die Bücher übrigens gut gemacht, aber, dem Preis entsprechend, ohne Fadenheftung. Hätt ich gewusst, dass der Galiani Verlag gar nicht selbständig ist - hätt ich sie trotzdem gekauft.

    Die fünf Romane hab ich durch. Anstrengend, wirklich fordernd, und ich meine, etwas Wunderbares gelesen zu haben.

    Mir fiel auf, dass es ja noch viel mehr "Italienisches" gewesen war, denn von letztem Jahr Herbst an hatte ich, so nach und nach, die Don Camillo und Peppone - Sammlungen des Giovannino Guareschi (wieder-)gelesen.


    Es sollte jetzt was Kürzeres, wenn auch nicht unbedingt Leichteres sein.

    Nach meinem Leseexcess 2022/23 ( die drei "großen letzten Romane", plus Porträt einer jungen Dame, plus noch einiges andere) jetzt:


    Henry James, Die Aspern-Schriften. Übersetzung Bettina Blumenberg.

    ( Hatte ich vor zig Jahren schon mal gelesen, Manesse, in einem Band mit "Die Drehung der Schraube". )


    Dieser kurze Roman (oder vielleicht Novelle) ist einfach brillant.

    Und, neben der spannenden Story, ja auch der Blick des Europa-affinen Autors auf Venedig. Auch zu der Zeit schon Touristenstadt.

    Edna O'Brian im Alter von 93 Jahren. Sie hat mich in meiner Jugend sehr beeindruckt, dann verlor ich sie aber aus den Augen.

    Danke für die Erinnerung. Eine aus dem unendlichen Schatz an britisch/schottisch/irischer Literatur, die mir seit Jahrzehnten immer mal wieder zwischenkommt.

    Und wohl nie was von ihr gelesen, es sei denn irgendeine Erzählung in einer Anthologie.

    Auf die Lese-Agenda, klar. Wenn ich noch ca. 1.500 Seiten Galsworthy .... na gut.

    "Der weiße Affe" (erster Teil von "Moderne Komödie") gefällt mir auch richtig gut.


    Der Einblick in die Londoner Kulturschickeria der 20er Jahre hat was. Und in das politische Leben. Inclusive Schlägerei im Waschraum des Parlaments.


    Hier meine ich auch, die Erklärung zu finden auf die Frage: warum wurde Mr Soames Forsyte so, wie er wurde.

    Kapitel 70, Soames fährt nach Hause:


    Zitat

    Er erinnerte sich an seinen ersten Schultag, wie seine Mutter dem funkelnagelneuen kleinen Jungen mit dem funkelnagelneuen kleinen Zylinder eine Spielzeugschachtel mit Leckereien geschenkt und ihn mit den Worten gesegnet hatte: ›Da, mein Bübchen, damit kannst du dich beliebt machen.‹ Er hatte sich vorgestellt, daß diese Bestechungsmittel ein paar Wochen lang reichen müßten; aber kaum hatte er ein kleines Stückchen davon zum Vorschein gebracht, als seine Mitschüler ihm die ganze Schachtel weggenommen und vorgeschlagen hatten, gleich alles auf einmal zu essen. In zweiundzwanzig Minuten hatten zweiundzwanzig Buben ihr Gewicht wesentlich erhöht und er selbst, der austeilen mußte, hatte noch weniger als ein Dreiundzwanzigstel essen können. Sie hatten ihm nur ein Päckchen Keks übriggelassen und das waren Kümmelkeks, die er von Geburt an nicht mochte. Später hatten drei neuangekommene Jungen ihn einen Trottel geheißen, daß er sich hatte alles wegessen lassen, anstatt es für sie aufzuheben, und er hatte einen nach dem anderen auf den Rücken legen müssen. Seine Popularität hatte zweiundzwanzig Minuten gewährt, und so weit er sich erinnern konnte, war sie niemals mehr wiedergekommen. Seit der Zeit hatte er nichts für den Kommunismus übrig.


    Mr Galsworthy war fähig zur Ironie. Und das ist, meine ich, für Menschen wie Autoren, mit das schätzenswerteste überhaupt.

    Nun, die Forsytes gibt's als eBook komplett, BOD. Alle drei Romantrilogien. Kann man für Euro 4.99 nicht so viel falsch machen. Gekauft. Ich hab ja am Wochenende eine Zugreise.

    Schön, nur, wäre es so anstrengend gewesen, die Übersetzer, Erstausgaben etc. mit reinzudrucken? Fehlt einfach. Kein richtiges Impressum. Und kein detailliertes Inhaltsverzeichnis.

    Nervt den Exegeten :belehr:

    Dafür enthält dieses eBook ein Vorwort des Verfassers (1922), das in der oben verlinkten Ausgabe der ersten Trilogie fehlt.

    Würd' ich ja alles auf Englisch lesen. Aber da dauert jeder Roman 4-5 mal so lang.

    Ich freue mich darauf.

    Ich hab inzwischen die Hälfte gelesen (die ePub hat 861 Seiten).


    Gefällt mir; eigentlich ein Roman (bzw. drei, und zwei "Einschübe") aus dem Langen 19. Jahrhundert, das eben etwas weiter ins 20. hineinragt.


    Konventionell erzählt, was ich nicht im Mindesten abschätzig meine, sondern als beste Erzähltradition, vielleicht ein bisschen zu viel des Guten in immergleicher Charakterisierung (der "alte" James: "Mir sagt nie jemand was" - ich nenne das die Micawber-Technik - und die "alte Generation", die alles, vor allem Kunst, nach ihrem Wert abschätzt - dem Finanziellen).

    Die Ehe als juristisch, die Konvention als gesellschaftlich schwer lösbare Fessel.


    Bei gelegentlich vielleicht etwas viel des Botschaftens ein schön gemachter "Verfall einer Familie". Oder Veränderung einer Familie, das ist jetzt noch nicht absehbar.


    Dicker Pluspunkt für Soames Forsyte. Ein wunderbar dargestellter gefühlsreduzierter Mistkerl, und dabei irgendwie doch ein mitleiderregendes Würstchen.


    Bei dynastischen Verwirrungen hilft mir dieser Stammbaum

    https://www.flickr.com/photos/edwardian_belle/6445689645


    Gut, mich zur Lektüre entschlossen zu haben. Wirklich ein Tip für den Fan dickleibiger Romanliteratur.

    Dada-Baroness 150


    Elsa von Freytag-Loringhoven wurde als Elsa Hildegard Plötz am 12. Juli 1874 – heute vor 150 Jahren – in der pommerschen Kleinstadt Swinemünde – heute Świnoujście – geboren. Mit 12 schreibt sie erste Gedichte, mit 19 flieht sie nach Berlin, sie lebt ihr Leben, erobert die Männer und die Kunst. Sie flieht weiter weg – nach New York, wo sie den Baron Leopold von Freytag-Loringhoven heiratet. Sie schreibt Gedichte auf Deutsch und Englisch, malt, steht Malern Modell und pioniert in der Kunst der Performance. Sie mischt die New Yorker Kunstwelt auf, wird Freund mit William Carlos Williams, Ezra Pound, Marcel Duchamp, Man Ray, Djuna Barnes und so weiter. Man bewundert sie und vergisst sie bald. Noch eine Frau aus Pommern, die vergessen und viel später zuerst in Übersee wiederentdeckt wird (die andere heißt Sibylla Schwarz).


    https://lyrikzeitung.com/2024/07/12/dada-baroness-150/

    Die Ausgabe enthält auch die deutschen Übersetzungen, und neben den Gedichten auch drei Lieder.
    Dank an Bladwijzer für den Hinweis auf Manfred Lemm.

    Ich kenne von Galsworthy nichts als einen Band Erzählungen, den meine Eltern in der häuslichen Bibliothek hatten. Es waren recht kurze Geschichten, die ich als jugendliche Leserin sehr altbacken und moralisierend fand, manche an der Grenze zum Kitsch. In einer ging es zum Beispiel um einen alten Emigranten, einen Russen, der in England lebte und sein Brot, wenn ich mich richtig erinnere, als Lumpensammler verdiente. Seine einzige Freude waren die regelmäßigen Treffen mit seinen Landsleuten, für die er seinen letzten guten Gehrock anzog. Als der Rock trotz sorgfältiger Behandlung so verschlissen war, dass er beim Anziehen zerriss, nahm sich der Alte das Leben. Na ja ... solche Sachen halt.


    Wenn etwa Maupassant diese Geschichte erzählt hätte, wäre sie spritzig und nachdenkenswert gewesen. Bei Galsworthy war sie nur trübselig und moralisch. O tempora, o mores ... oder so.

    Diese Kurzrezension macht Appetit :habenwolln:

    Ohne groß etwas von Mr Galsworthy zu wissen halte ich es für möglich, dass er seine Lehrjahre gebraucht hatte.

    Ich hab die Forsyte Sage jetzt auf dem Kobo.

    Wo, fast nur unterwegs, eh so ein halbdutzend Dauerlektüren in Arbeit sind.