ZitatFebruar: Gustav Meyrink, Walpurgisnacht und Der weiße Dominikaner
Dass es mein erster Meyrink sei, diese Ansicht hab ich inzwischen korrigiert.
Das Büchergedächtnis, anders als das sonstige sehr gut, sagt mir, dass ich dieses mal gelesen hab:
Das Wildschwein Veronika : d. 20 frechsten Geschichten aus Des deutschen Spiessers Wunderhorn / Gustav Meyrink
Aber das war in meinen 20ern (also zwischen 10 und 20). Insofern der erste, denn "Der Golem", wohl berühmter, war es definitiv noch nicht.
Aber der Golem-Mythos wirkt, hatte ich doch immer gedacht, Meyrink sei Prager gewesen. Stimmt nicht. Wiener. Nach Prag kam er mit 15.
Hier wird schweres Geschütz aufgefahren. Auf dem Hradschin eine reizende Gruppe von Fossilien, das Althergebrachte, Verknöcherte.
"Was? Unten? In der Welt? In Prag? Sie?"
Scheint nicht üblich, nach dort hinunterzusteigen. "Unten" brodelt es. Anarchistischer Hexenkessel.
Ein geheimnisvoller Schauspieler (?) tritt auf, "Der Zrcadlo, – der: ›Spiegel‹".
Ein Lebender? Schlafwandler? Oder ein Toter, durch die Kraft des Aweysha gesteuert ...
Es läuft alles zu auf eine "kosmische Walpurgisnacht".
Meyrink lädt das mit unterschwelliger schwüler Erotik auf. Die Liebe als Macht, die sich Bahn bricht, so wenig beherrschbar wie irgend etwas anderes, ferngesteuert, durch ein jahrhundertealtes Gemälde.
Im allgemeinen Volksaufstand kommt es zur blutigen Coda. Lässt Meyrink seinen unehelich geborenen Ottokar von der Mama erschießen, weil er selbst uneheliches Kind war?
Ich nehme an, dass es für eine genauere Analyse etwas mehr Kenntnisse in Esoterik, Okkultismus, Theosophie bräuchte als ich sie nicht hab.
Einiges andere hab ich nachgelesen, über die Daliborka, und über Wallensteins Pferd.
Die Ansammlung von Ungeheuerlichkeiten wirkt ganz gut.
Diverse Versatzstücke klassischen "Horrors", mit denen der Autor virtuos spielt.
Dem eher ungeübten, dadurch aber auch unbefangenen Leser deutschsprachiger Phantastik kommt ETA Hoffmann in den Sinn, klar, aber ich weiß nicht, ob Meyrink von ihm beeinflusst war.
Expressionistischer Horror. In Bildern: Dix, Beckmann, Kubin. Eine Welt, die gerade aus den Fugen gerät, abgebildet durch das Phantastische.
Für Fans des Unheimlichen jedenfalls lesenswert.
"Der weiße Dominikaner" folgt.
Agenda: herausfinden: hatte Kafka Meyrink gelesen? Und Meyrink Kafka?