Beiträge von Leibgeber


    Vielen Dank, Maria! Aber warum sind diese Bücher immer so unverschämt teuer? :grmpf:


    Hier gibt es mal was ganz Dickes für ganz umsonst.
    (Auf Downloads klicken.)


    Norbert Christian Wolf
    Kakanien als Gesellschaftskonstruktion
    Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts. 2011


    Gefunden, mal wieder, mit vielem Dank, per Archivalia.


    Gruß, Leibgeber

    Die heldenhafte Stadt hielt Mittagsruhe. Der warme, träge Südwind blies die weißlichen Wolken vor sich her, die auf ihrer Fahrt nach Norden zerflatterten. In den Straßen war es totenstill, bis auf das Rascheln der Wirbel aus Staub, Lumpen, Strohhalmen und Papierfetzen, die von Rinnstein zu Rinnstein, von Gehsteig zu Gehsteig, von Ecke zu Ecke tanzten, kreisten und hintereinander hertaumelten wie Schmetterlinge, die sich suchen, voreinander fliehen und die die Luft auf unsichtbaren Schwingen trägt. Gleich Rudeln kleiner Gassenjungen sammelten sich diese Abfälle von allen möglichen Kehrichthaufen, verhielten einen Augenblick wie vom Schlaf übermannt, fuhren aufgeschreckt wieder hoch, stoben auseinander, wobei manche an den Mauern bis zu den schwankenden Glaszylindern der Straßenlaternen, andere zu den liederlich an die Ecken geklebten Plakaten emporkletterten. Eine Feder gelangte bis hinauf zum dritten Stock, und ein Sandkorn setzte sich, an die Blaifassung geklammert, für Tage oder Jahre an der Scheibe eines Schaufensters fest.
    Vetusta, die altehrwürtdige königstreue Stadt, in fernen Jahrhunderten Sitz des Hofes, verdaute ihren Cocido, ihre Olla podrida, ruhte und vernahm dabei im Halbschaf das eintönige, vetraute Schlagen der Chorglocke, die hoch oben auf dem schlanken Turm der heiligen Basilika dröhnte.


    Ich fand es heute beim Regale entstauben wieder.
    Clarín (Leopoldo Alas), Die Präsidentin.
    Im Original hier, das liest sich doch auch ohne Spanischkenntnisse wunderbar.
    Eine der zig Romane, die ich wiederlesen möchte (liegt ca. 20 Jahre zurück), einer der besten, die ich aus dem 19. Jahrhundert kenne.


    Ich trage mich mit dem Gedanken, die kommentierte Ulysses-Ausgabe zu erwerben. Hat jemand Erfahrungen mit dieser Ausgabe?
    Lese recht Widersprüchliches: Hilfreicher Apparat oder überflüssige Detailverliebtheit?


    Schöne Grüße,
    Lena


    Welche Ausgabe meinst du?


    Bei meiner letzten Wiederlektüre (blieb liegen), verwendete ich neben
    Stuart Gilbert, das Rätsel Ulysses
    dies:
    http://www.cliffsnotes.com/stu…-Book-Summary.id-153.html


    Gruß, Leibgeber



    Naja, bin ich durch. Was für ein Brocken!


    Im Anhang (Ausgabe Zürich, Manesse, ¢1959):
    Lieber spät als nie. Kritische Bemerkungen (1879).
    (Daraus hab ich für das, was ich hier aufschreibe, einiges entnommen.)
    Ein Rückblick Gontscharows auf seine drei Romane, Erläuterungen zu seiner Auffassung von Literatur.


    Raiski, Gutsbesitzer, ex-Staatsangestellter, in den Künsten dillettierend, zieht sich nach einer missglückten Leidenschaft zu seiner Cousine Sophie auf sein Gut Malinowka (Himbeerdorf, so auf Seite 863) an der Wolga zurück. Zu seiner Großtante Tatjana Markowna und deren Großnichten Marfinka und Wjera. Die beiden, denen er in ihrem Kinderalter schon einmal begegenet war, sind inzwischen erwachsen, Zeit also, sich erneut zu verlieben.


    Ich hatte zuerst eine Gegenüberstellung St. Petersburg - Landleben erwartet, wie in der (später erschienenen) "Anna Karenina". Aber so ist es nicht. Denn nach Petersburg kehrt Raiski nicht zurück.


    Stattdessen beginnt, er, nachdem er sich vorher in der Malerei versucht hatte, einem Roman zu schreiben, und diesen seinem Leben anzuverwandeln. Oder, umgekehrt, seinen Versuch im Provinzleben zum Roman zu machen.


    Nachdem es ihm schon gründlich misslungen war, Cousine Sophie in seinem Sinne zu "bilden", gelingen ihm seine neuen Versuche - zuerst bei der "naiven" Marfinka, dann bei der gebildeten und geheimnisvollen Wjera - ebensowenig.


    Aber sich entlieben fällt fast ebenso leicht, wie sich zu verlieben, und ist Teil des Romans, den Raiski zu schreiben gedenkt.
    Diese Eskapaden schildert Gontscharow keineswegs ironiefrei. Was ihnen sehr gut bekommt.


    In seinen "Ideen" dilettiert Raiski genauso wie in den Künsten. Dort unfähig, seine Talente durch beharrliches Üben und Lernen auszubauen (Schultern und Hände missraten ihm immer), weiß er hier mit seinen reformatorischen Ansichten nicht viel anzufangen. Diese stehen konträr zu den überkommenen seiner Großtante. Die das herkömmliche Russland verkörpert.


    Um dies herum gruppieren sich andere Personen, von denen Mark Wolochow heraussticht, der "Nihilist", an dem Gontscharow, selbst "Reformer" der eher konservativen Richtung, vorführt, wie es nicht sein sollte. Die zu seiner Zeit virulenten Probleme, das der (1861 aufgehobenen) Leibeigenschaft zum Beispiel, werden anhand des Lebens auf dem Gut vorgeführt.


    Und bei alledem ständig im Hintergrund die geheimnisvolle "Schlucht", die zu tun hat mit Wjera und ihrer Liebe. Ein Geheimnis, hinter das ich beim Lesen eher gekommen bin, als der Autor es enthüllt.


    Das Petersburger Dasein seiner Schicht beschreibt Gontscharow, der es ja wissen musste, ganz witzig so (Seite 61):

    Zitat


    Den Staatsdienst hatte er [Raiski] wenige Jahre nach seinem Entritt wieder aufgegeben. Er hatte sich die Sache eine Zeitlang angesehen und war zu dem merkwürdigen Schlusse gelangt, daß der Dienst an sich kein Ziel, keine Lebensaufgabe sei, sondern lediglich eine Veranstaltung, die es ermöglichte, eine Anzahl von Menschen unterzubringen, deren Existenz sonst völlig zweck- und nutzlos gewesen wäre. Hätte diese Menschen nicht existiert, dann wäre auch der Dienst, den sie taten, völlig überflüssig gewesen.


    Aber auf dem Lande sieht es nicht anders aus. Der schlafende Gutsherr (beschrieben im "Oblomow"), Provinzadel, Ortsvorsteher, Bedienstete, leibeigene Bauern, alles stagniert.
    Die alles umfassende bedrückende Langeweile, Gontscharows Hauptthema.


    Raiski ist, anders als Oblomow, im Erwachen. Aber was er mit sich tun soll, weiß er nicht. Und so entlässt der Roman ihn Richtung Italien, zu weiteren künstlerischen Studien. So unentschlossen, wie er zum Beginn war.


    Raiski meint zu erkennen, dass die Schriftstellerei ihm ebenso wenig liege wie die Malerei, und dass die Bildhauerei seine eigentliche Berufung sei.

    Zitat


    "Wer will behaupten, dass ich nie zu diesen wenigen [den berühmten Bildhauern] gehören werde? Ich habe eine ungemein reiche Phantasie. Ihre Funken sind, wie Sie selbst [der Maler Kirillow, an der er schreibt] sagten, in meinen Portäts verstreut, sie leuchten sogar in meinen bescheidenen musikalischen Versuchen ... und wenn es mir nicht gelang, sie in einem Gedicht oder Roman, einem Drama oder einer Komödie zum Leuchten zu bringen, so lag das eben daran, daß ..."
    Er mußte niesen.
    Ich habe es beniest - also ist es wahr, daß ich Plastiker bin, nichts als Plastiker, dachte er.


    (Seite 1172.)


    Der Verfasser kommentiert, passend:

    Zitat


    In allen Arten der Kunst bildeten die Talente solcher Raiskis nicht Inhalt und Ziel des Lebens, sondern nur ein Mittel zu einem angenehmen Zeitvertreib.


    (Seite 1213)


    Gontscharow bescheinigt sich selbst vor allem "Fähigkeit zu zeichnen" (Seite 1193).


    Fraglos. Der Roman ist eine gelungene Abfolge von Bildern und Ereignissen, der in vielen einzelnen Szenen seine Stärken hat. Das bedrückende Gefühl der Stagnation aber wird nicht so intensiv dargestellt wie im "Oblomow". Die Haupt- und Nebenpersonen sind konsequent dargestellt, aber etwas zu sehr Ideenträger, und etwas zu wenig plastisch und wirklich berührend dargestellt, "warm" bin ich mit keiner davon so richtig geworden. Auch nicht mit der für mich besten des Romans, Wjera.


    Ich habe eine Geschlossenheit vermisst, die den Roman vielleicht etwas kürzer gehalten und ihn mehr auf die im Titel versprochene "Schlucht" konzentriert hätte. Die nicht, wie ich anfangs gedacht hatte, Abbild politischer Realitäten ist, an denen etwas zu ändern Ziel russischer Intellektueller jener Zeit war. Die Liebesgeschichte und das dahinter verborgene Geheimnis, nach den Maßstäben jener Zeit schockierend, kommen etwas zu kurz.


    Jede Person steht, ein wenig zu deutlich vielleicht, für einen Typ.
    Etwas zu viele "Ideen". Etwas zu wenig:
    Roman.


    Am besten gefielen mir die Passagen, in denen Raiski und das Provinzleben ironisiert werden. Die treffen durchaus. Aber in dem Wechsel zum erforderlichen Ernst, wenn es um Wjera geht, oder um den Lehrer Kowlow und seine unglückliche Ehe, da hängt es ein wenig.


    Gontscharow schreibt in "Lieber spät als nie", dass seine drei Romane als ein einziger verstanden und gelesen werden sollten. Fraglos. Von Adujews Aufbruch nach Sankt Petersburg ("Eine alltägliche Geschichte") bis zu Raiskis Aufbruch nach Italien, mit dem Wissen, dass seine Heimat in Russland liegt, hat eine Entwicklung stattgefunden. Die 1869, als "Die Schlucht" erschien, schon weiter fortgeschritten war.


    Gruß, Leibgeber


    Virginia Woolfes Bemerkungen zur Literatur mag ich an und für sich. Aber Joseph Conrad und "keusch"?!? :entsetzt:


    Eventuell, weil so etwas Profanes wie Sex, wenn überhaupt, nur doppelt gespiegelt vorkommt, und ausgeglichen wird durch farbig glühende Naturschilderungen?
    Mit einem :zwinker: klar, aber mit Conrads Frauen, bzw. seinem Männerbild diskutiere ich schon ...



    Wenn Arno Schmidt an etwas nicht litt, dann war es mangelndes Selbstvertrauen ... :breitgrins:


    Mag sein er litt daran, und verzweifelversuchte, es zu kompensieren.
    Und, nein, er war wohl nicht der Netteste, und hat sich zunehmend isoliert.
    Ich nehme an, in der uferlosen Sekundärliteratur wird dazu das Passende zu finden sein.


    Ich hab die Erzählung letztes Jahr auch gelesen. Aber ein Versuch, mein Verständnis für Mathematik auf meine alten Tage zu erweitern, würde sehr viel Zeit kosten, und der Erfolg wäre zweifelhaft. Habe also nichts über Fermats Satz nachgelesen.


    Es würde mich auch interessieren, wie es denn tatsächlich mit Schmidts Verständnis und Kenntnis der Kartographie aussah. Die ja auch immer wieder eine Rolle spielt. Und auch hier fehlts mir am Hintergrund.
    Versuche ich eben nicht verzweifelt, ein Universalist zu sein.


    Da ich von Literatur ein wenig mehr verstehe, ist mir immerhin irgendwann aufgefallen, dass Arno der Große auch da gelegentlich Lücken übertüncht ...


    Aber am literarischen Wert des Werkes ändert das ja nichts.


    Gruß, Leibgeber

    Müsste dasselbe sein, das auch die Büchergilde im Angebot hat. Wenn ich nicht schon eine sehr gute englische Ausgabe hätte ...
    [hr]
    Zum Thema: Shakespeare und Wilhelm von Humboldt.


    Ich werde wohl auch zulangen, bei der WBG.
    Den Roman hatte ich vor zig Jahren gelesen, und fand ihn von den besseren Dickens, kannte da allerdings auch "Bleak House" und "Little Dorrit" noch nicht.
    Und so ein Hanser-Kommentar, wo man sich das Stöbern nach Sekundärliteratur spart, ist doch was Feines :zwinker:
    Leibgeber


    "Deutschlandtagebuch" von Ogai Mori kann auch interessant sein. Er war Arzt für japanische Armee. Er studierte in Deutschland.
    "Vita Sexualis. Erzählung" habe ich gelesen, als ich junger war. Das kann interessant für Alte und Junge.


    Eine kurze Notiz in der FAZ, Sonntag 19.02.


    Von Mori Ōgai ist Die Wildgans in neuer Ausgabe erschienen.
    Gab es schon mal bei Suhrkamp.


    Hier ein Leseeindruck.


    Ich kenne ja praktisch nichts von japanischer Literatur.
    Und hab es bisher auch nicht mal geschafft, mir einen Überblick zu verschaffen.
    Die Namen sind so schwer zu merken.
    Dies merke ich mir mal vor.
    Gruß, Leibgeber

    Saltykow-Schtschedrin hatte ich mir in die Lesezeichen gespeichert während meiner Lektüre von Figes' "Nataschas Tanz".
    Erinnere mich nicht, je was von ihm gelesen zu haben.
    Noch einen Nebenleseschauplatz kann ich derzeit nicht aufmachen.
    Magst du einen Eindruck geben, wenn du es durchgelesen hast?
    Gruß, Leibgeber


    Ich kann es nicht lassen, hab ein Exemplar bestellt.
    Wandert ins RUB, bis ich es zwischen Conrad xxx und Conrad xxxx einschiebe.
    Aber erst, wenn ich mit Gontscharows Schlucht durchbin. Kann ich (Seite 446) immer noch empfehlen.


    Hallo Christian,


    eine sehr lebendige Dorfgemeinschaft beschreibt George Eliot in ihrem Werk "Middlemarch". ich fands sehr lesenswert.


    Gruß,
    Maria


    Ich auch.
    Und Mr. Casaubon mit seiner (natürlich vergeblichen) Suche nach dem Schlüssel aller Mythologien ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben.
    Eine Verknöcherung, die alle Lebendigkeit erstickt.
    Eine Kritik an sinnfreier Schulmeisterei ...
    dass es eine Neuübersetzung gibt, wusste ich nicht


    Syltykow-Schtschedrins Roman kannte ich bisher gar nicht; er kam mir bei Recherche nach Manesse-Büchern unter...


    Saltykow-Schtschedrin hatte ich mir in die Lesezeichen gespeichert während meiner Lektüre von Figes' "Nataschas Tanz".
    Erinnere mich nicht, je was von ihm gelesen zu haben.
    Noch einen Nebenleseschauplatz kann ich derzeit nicht aufmachen.
    Magst du einen Eindruck geben, wenn du es durchgelesen hast?
    Gruß, Leibgeber


    Hallo Leibgeber,


    Das Buch schmückt auch schon lange mein Sachbuchregal. Ich wartete darauf, mal wieder russische Literatur zu lesen und dies dann begleitend. Spätestens bei der Dostojevskij-Leserunde im nächsten Jahr wird es dann soweit sein. Danke für die Erinnerung.
    finsbury


    Inzwischen längst ausgelesen, klar.
    Im letzten Viertel, so etwa, lässt es nach meinem Geschmack ein wenig nach.
    Es wird fragmentarischer.


    Aber sehr empfehlenswert.


    Für meine derzeitige Lektüre nützt es. Scheint mir, ich verstehe die Petersburger Gesellschaft wie das Landleben besser.
    (Figes' Kapitel über die Bauern schien mir das stärkste) -


    Iwan Gotscharow: Die Schlucht.


    Den kannte ich noch nicht.
    ("Oblomow" 2 x gelesen, und sehr gute Erinnerung daran, "Eine alltägliche Geschichte" hatte ich in den 90ern mal zwischen und erinnere mich gar nicht, aber das muss nicht an dem Roman liegen ...)


    Warum wurde "Die Schlucht" so vergleichsweise selten übersetzt bzw. wieder aufgelegt?
    Was der Katalog der DNB dazu ausweist, ist bis auf eine Ausnahme alles die alte Übersetzung von August Scholz.
    Die sich übrigens gut liest.


    Seit gestern 100 Seiten von 1257 im größeren Manesse-Format:


    wir lernen den bzw. einen der mutmaßlichen Helden des Romans kennen, erfahren, dass er interessiert oder mehr ist an seiner Cousine, hören Gesprächen zu, und dann wird mal wieder abgeschweift und Kindheit und Jugend nachgeholt, inzwischen bin ich im tiefsten Dorfleben an der Wolga. Währenddessen noch so 1-2 Dutzend Personen eingeführt und wirklich jede so, dass sie mir vor den Augen steht.


    Raiskis Hauptproblem scheint mir die Oblomowschtschina (von wem ist das noch mal :breitgrins: ) zu sein.
    Aber mag sein ich irre mich ....


    Großartig. Unbedingt empfehlenswert!


    Leibgeber

    Inzwischen:
    Die Rettung.
    Ein "Roman aus den Untiefen", "A Romance of the Shallows", diesmal also.


    Hauptperson hier ein gewisser Tom Lingard, angeblich beruhend auf einem realen Jim Lingard, der auch ein Vorbild für Lord Jim abgegeben haben soll.


    Aber so weit bin ich in meiner Biographie noch nicht.


    Lingard in seiner unbedingten Liebe zu seinem Schiff

    Zitat


    He was proud of his brig, of the speed of his craft, which was reckoned the swiftest country vessel in those seas, and proud of what she represented.
    She represented a run of luck on the Victorian goldfields; his sagacious moderation; long days of planning, of loving care in building; the great joy of his youth, the incomparable freedom of the seas; a perfect because a wandering home; his independence, his love—and his anxiety. He had often heard men say that Tom Lingard cared for nothing on earth but for his brig—and in his thoughts he would smilingly correct the statement by adding that he cared for nothing living but the brig.


    scheint mir eine Verwandtschaft zu haben zu Jasper Allen aus "Freya", der "Geschichte von seichten Gewässern". Und ein Fall ähnlich wie das, was Allen passiert, wird in "Rettung" von Lingard auch erwähnt.

    Zitat


    Cut his throat on the beach below Fort Rotterdam," said Jorgenson. His gaunt figure wavered in the unsteady moonshine as though made of mist. "Yes. He broke some trade regulation or other and talked big about law-courts and legal trials to the lieutenant of the Komet. 'Certainly,' says the hound. 'Jurisdiction of Macassar, I will take your schooner there.' Then coming into the roads he tows her full tilt on a ledge of rocks on the north side—smash! When she was half full of water he takes his hat off to Dawson. 'There's the shore,' says he—'go and get your legal trial, you—Englishman—'" He lifted a long arm and shook his fist at the moon which dodged suddenly behind a cloud. "All was lost. Poor Dawson walked the streets for months barefooted and in rags. Then one day he begged a knife from some charitable soul, went down to take a last look at the wreck, and-"


    Conrad unterbrach die Arbeit am Roman 1898, also zur Zeit von "Lord Jim", als noch "junger" Autor, ließ ihn 20 Jahre liegen, um dann in den Archipel zurückzukehren.

    Zitat


    Of the three long novels of mine which suffered an interruption, "The Rescue" was the one that had to wait the longest for the good pleasure of the Fates. I am betraying no secret when I state here that it had to wait precisely for twenty years. I laid it aside at the end of the summer of 1898 and it was about the end of the summer of 1918 that I took it up again with the firm determination to see the end of it and helped by the sudden feeling that I might be equal to the task.


    Wird sich der junge Autor im Reifen spiegeln? Und umgekehrt?


    Ich bin gespannt.


    Kuno Raeber - eine echte Entdeckung.


    Das ist ein sehr interessanter Tipp. Danke!
    So wie auch der hier öfters vorkommende Reinhard Jirgl.
    Wenn ich nur Zeit hätte ...
    Und Lobo Antunes, von dem ich dann vorletztes Jahr wirklich mal sechs Romane gelesen hatte.


    Hier liegt auf:
    Josef Winkler: Der Leibeigene.
    Hab ich für lau, aus einem Bücher-Tauschregal.
    Ob ich damit anfange, weiß ich aber noch nicht.


    Denn ich hab was Neues begonnen, neben Joseph Conrad.
    E.M. Cioran: Werke.
    Könnte etwas länger dauern ... :winken:


    Und lese jetzt:
    Der Geheimagent.


    Hier ein paar fragmentarische Ansichten.


    Nach Nostromo entstanden, ist "The Secret Agent" JCs einziger Großstadt-Roman.


    Zitat


    The inception of The Secret Agent followed immediately on a two years' period of intense absorption in the task of writing that remote novel, Nostromo, with its far-off Latin-American atmosphere; and the profoundly personal Mirror of the Sea. The first an intense creative effort on what I suppose will always remain my largest canvas, the second an unreserved attempt to unveil for a moment the profounder intimacies of the sea and the formative influences of nearly half my lifetime. It was a period, too, in which my sense of the truth of things was attended by a very intense imaginative and emotional readiness which, all genuine and faithful to facts as it was, yet made me feel (the task once done) as if I were left behind, aimless amongst mere husks of sensations and lost in a world of other, of inferior, values.


    (Aus dem Vorwort.)


    Es geht um einen Bombenanschlag.
    Als Vorlage dient JC ein tatsächlich geschehener, Greenwich, 1894.
    ( Ich fand diesen Link über den englischen Wikipedia-Artikel. )
    Und auch sonst war ja zu jener Zeit das Thema virulent.


    "The Secret Agent" gilt als Klassiker der Kriminalliteratur, so wie "Nostromo" als Klassiker im Bereich Polit-Thriller oder Politischer Roman.


    Und ich würde gern wissen, ob JC Conan Doyle kannte, und die Vorläufer wie Collins, Gaboriau, Poe.


    Die Aufklärung, die Polizeiarbeit, werden denn auch detailliert geschildert.
    Zusätzliche Qualität und Spannung erhält das dadurch, dass hier zwei Polizisten gegeneinander arbeiten.


    Aber es ist sowieso klar, werd hinter dem Anschlag steckt, und auch bald, wen es dabei erwischt.


    Wie es bei guter Kriminalliteratur sein sollte:
    die Freude am Plot, die Auflösung des Falles mag Spaß machen, aber genug ist es nicht.
    Und der Plot, das Verbrechen und des Aufklärung, haben einen nicht so großen Anteil am Romanumfang.


    Es handelt einen Politischen Roman, der sich als zeitlos erweist, denn die von JC beschriebenen Mechanismen sind allgemein gültig.


    Es geht darum, wie eine ausländische Macht durch Provokation destabilisierend wirken will.
    Dass es sich dabei um Russland handelt, vertreten durch Herrn Wladimir, ist leicht erkennbar. Mag damit zu tun haben, dass Conrad, der Pole, in seiner Jugend Russlands Vorgehen in Polen erlebte.
    Aber es können auch andere Staaten sein als Russland und Großbritannien.


    Von welchem "politischen Standpunkt" her Conrad dies schrieb, weiß ich (bisher) nicht.
    Ich meine, bei ihm gelegentlich einen gewissen Konservatismus herausgelesen zu haben, aber auf ein Lob für die gute alte demokratische Tradition des British Empire kann es nicht hinauslaufen.


    Denn Politik allgemein ist ein schmutziges Geschäft.
    Und Überparteilichkeit geboten.


    Wie schon bei "Nostromo" kamen mir die früher viel gelesenen Eric Ambler oder Ross Thomas in den Sinn. Von denen ich nicht weiß, ob sie JC kannten.
    Eine von Ambler heißt auch so: Schmutzige_Geschichte.
    Die kleinen bösen Geschichten aus kleinen Staaten, die hintergründing nämlich ein Weltpanorama entfalten.
    Und dies oft mit Mitteln der Ironie.


    Der Roman ist, verglichen mit anderen von JC, erzähltechnisch einfach gehalten.
    Wenn ich es richtig erinnere, gibt es nur einen, also wohl auktorialen Erzähler.
    Dafür aber wird durch die Erzählart differenziert.


    Anarchisten wie Gegenseite (Polizei, Politik) kommen bei JC gleichermaßen schlecht weg.
    Und werden mit Mitteln der Ironie, der Karikatur, dargestellt.
    Jede dieser Figuren ein Typ, der etwas Allgemeineres repräsentiert - trotzdem ist jede stimmig.


    Ich setz hier ein Zitat, stellvertretend für so viele andere gute Passagen. Sir Ethelred, der Vertreter der Großen Politik.

    Zitat


    Vast in bulk and stature, with a long white face, which, broadened at the base by a big double chin, appeared egg-shaped in the fringe of greyish whisker, the great personage seemed an expanding man. Unfortunate from a tailoring point of view, the crossfolds in the middle of a buttoned black coat added to the impression, as if the fastenings of the garment were tried to the utmost. From the head, set upward on a thick neck, the eyes, with puffy lower lids, stared with a haughty droop on each side of a hooked, aggressive nose, nobly salient in the vast pale circumference of the face. A shiny silk hat and a pair of worn gloves lying ready at the end of a long table looked expanded, too, enormous.


    Mrs. Verloc und ihre Familie dagegen werden in tiefem Ernst und Respekt geschildert.


    Und diese beiden Erzählweisen durchzuführen und dabei stringent durchzuerzählen, einen Bruch zwischen Ironie und Ernst zu verhindern, das beweist große Könnerschaft.


    Szenen einer Ehe.
    Mr. Adolf Verloc, der Spitzel, bzw. Agent Provocateur des Lebensstandards, der Bequemlichkeit wegen, und seine Frau Winnie, die sich hat heiraten lassen, um sich, ihrer Mutter, ihrem geistig zurückgebliebenen Bruder Stevie das Überleben zu sichern.


    Und Großstadtszenen von Armut und Elend, manchmal aber auch Nächstenliebe, die Qualitäten à la Dickens oder auch Dostojewskij haben.
    Am bedrückendsten in der Szene mit Stevie, dem Kutscher und seinem Pferd.

    Zitat


    " 'Ard on 'osses, but dam' sight 'arder on poor chaps like me," he wheezed just audibly.


    Für die Pferde ist es schlimm, für die Menschen noch schlimmer ...


    Dem in diesem Kapitel, bezeichnenderweise von einem "Zurückgebliebenen", geäußerten Mitgefühl, stehen Eigennutz, Geldgier, Hass entgegen.


    Die Worte des "Professors" am Schluss sind prophetisch

    Zitat


    "Do you understand, Ossipon? The source of all evil! They are our sinister masters - the weak, the flabby, the silly, the cowardly, the faint of heart, and the slavish of mind. They have power. They are the multitude. Theirs is the kingdom of the earth. Exterminate, exterminate! That is the only way of progress. It is! Follow me, Ossipon. First the great multitude of the weak must go, then the only relatively strong. You see? First the blind, then the deaf and the dumb, then the halt and the lame—and so on. Every taint, every vice, every prejudice, every convention must meet its doom."


    So sind diese Kleinen, die auf ihre Art Geschichte machen.
    Ob nun Mäntelchen links oder Mäntelchen rechts, das ist egal …


    Nein, JC konnte natürlich keine Mengeles (oder Zwickauer Nazis) vorhersehen.
    Aber Gesetzmäßigkeiten erkennen, die universal gültig, weil nämlich, menschlich sind.
    Im Guten wie im Bösen.


    Und wir alle hängen da drin, ob wir es wollen oder nicht.


    Wir werden vom Autor sozusagen mit der Nase drauf gestoßen, wenn immer wieder der (anscheinend oder scheinbar) "zurückgebliebene" Stevie seine Kreise zeichnet.


    Und das lässt sich rausholen aus einer "Einfachen Geschichte".
    Es sind diese einfachen Geschichten, die das Leben schreibt, die es uns schildern wie es ist.
    ( So wie ja auch Nostromo einfach "Eine Geschichte von der Meeresküste" ist. )


    In der Bescheidenheit beweist sich der Meister.


    Ich dachte, Melvilles Lektürevorlieben und Vorbilder seien bekannt. Der Name "Glendinning" in Poes "William Wilson" ist aber sicher kein Zufall.


    Wenn man von seiner Biographie was weiß. Ist bei mir eher nicht der Fall.
    Hast du einen Tipp?


    Vor den eben genannten 6-7 Jahren hatte ich begonnen, mich mal reinzulesen.
    Anlässlich Moby Dick. ( Übersetzung von Jendis. )
    Aber dann kamen andere Bücher, wie stets ...


    Moby Dick harrt der Wiederlektüre.


    Überhaupt weiß ich über amerikanische Literatur des 19. Jh. und die damalige Literaturszene vergleichsweise wenig.
    Vor 2-3 Jahren war es Hawthorne, Poe (incl. die Biographie von Zumbach) ist sehr lange her.