Beiträge von Knabe


    Betroffen hat mich dieser Satz gemacht:



    Heißt das, wenn man aufhört, jemanden zu lieben, ist auch ein Stück des eigenen Ichs gestorben?


    Offenbar. Es ist tatsächlich ein schöner Satz, in mehrfacher Hinsicht. Er einnert mich an einen Satz aus Lermontows Roman "Ein Held unserer Zeit":


    "Ich hab es schon immer gesagt, daß an einem Menschen nicht viel dran sein kann, der seine alten Freunde vergißt!"

    Hallo! Willkommen! Ich freue mich sehr, dass du hier bist! Einige ganz allgemeine Fragen tun sich bei mir schon auf: Zum Beispiel springt's mir ins Auge, dass du Heinrich Mann höher schätzst als Thomas Mann. Aber ich will nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.



    ...merci - ich halte es nämlich mit Bertaux, der meint, dass er gar nicht "verrückt" war, sondern sich nur von der Welt zurückgezogen hat...


    Ist das ein Gegensatz? Vielleicht auch hat sich eher die Welt von Hölderlin zurückgezogen. Allerdings muss ich gestehen, seine Biographie nicht gut zu kennen. Mir ist er bisher nicht sympathisch gewesen. Er scheint mir mit seinem "Geniekult" in "Hyperion" arrogant zu sein, und im "Tod des Empedokles" hatte ich das Gefühl, als würde er sich selbst verherrlichen. Seine Lyrik allerdings ist mir noch unbekannt. Hast du Empfehlungen? Auch Lenau ist ein Schriftsteller, den ich schon lange entdecken wollte.


    Gruß

    Hallo!


    Ein später Dank für eure Beiträge...!



    Ich habe heute "Des Lebens Überfluss" zu Ende gelesen. Eine herrliche Novelle - es geht um zwei Reiche, die aus Liebesgründen in elendester Armut leben, worin sie sich aber dank ihrer unermüdlichen Phantasie überglücklich fühlen. Es ist in großen Zügen äußerst skurill, oft bis zum Lachen.


    Ein wirklich "realistischer" Tieck (es ist ein Spätwerk), der mich nicht besonders an den romantischen Märchenschreiber erinnert.


    Gruß

    Ich habe eine vielleicht kuriose Frage. Über Siebenkäs und Flegeljahre, auch über Hesperus und Titan wird hier und an ähnlichen Orten häufig geschrieben. Nun habe ich Siebenkäs und Flegeljahre hinter mir, und ich frage mich, ob es sich nach all der großen Begeisterung für diese zwei Romane eigentlich noch lohnt, die kleineren Bücher zu lesen, wie Quintus Fixlein oder Dr. Katzenbergers Badereise. Wäre die Lektüre solcher Bücher eine Riesenenttäuschung, die man sich besser sparen sollte? Zumindest habe ich bisher keinen großen Enthusiasmus für sie wahrgenommen.


    Gruß


    (P. S. Ich schwanke immer, so alte Ordner nach Jahren wiederzubeleben. Wäre es nicht besser, einen neuen Ordner zum entsprechenden Autor zu eröffnen, betitelt mit z. B. "Jean Paul II"?)


    @Nautilus: Bei mir ist Athene übrigens die helläugige.


    Im Unterricht war sie bei uns immer die "Eulenäugige" (glaukopis). Nach Gemoll (Griechisch-Woerterbuch) sind "strahlenaeugige" oder "glanzaeugige" bessere Uebersetzungen, und "eulenaeugige" heisse es nur "nach den Alten", was auch immer damit gemeint ist. :?:

    Yasushi Inoue: Das Jagdgewehr, 1949, Japan.


    Ein Buch im sehr melancholischen Ton. Eine außergewöhnlich schöne Rahmenhandlung. Es ist sehr kurios, gleich nach den ersten Seiten zu wissen, dass dieses Buch von keinem Europäer stammt. Nach der Rahmenhandlung liest man einen Brief eines jungen Mädchens. Wie leicht lasse ich mich täuschen! Ich glaube tatsächlich, dass es ein empfindsames Kind ist, das hier einen Brief schreibt, weil die Bilder der Erinnerungen frei aus der Seele hervorströmen. Und in Wirklichkeit schreibt ihn ein erwachsener Mann, nämlich Inoue. Aber ist das so widersprüchlich? Warum kann man nicht glauben, er sei das tief unglückliche junge Mädchen, dessen Gefühlsausdrücke den ganzen Brief durchdringen?


    Ein schönes Werk, das ich allen Einsamen empfehle.


    Gruß

    Interview mit Josef Winkler in der Wiener Zeitung, Wochenendausgabe (11. Okt 2008):


    "Ich erinnere mich an eine witzige Situation vor einem Jahr im Literaturhaus in Frankfurt auf einer Gedenkveranstaltung für Thomas Bernhard. Da war auch sein Bruder Dr. Fabjan dabei. Ich habe in einer Diskussion gesagt, dass von Bernhards allerbestem Buch kein Mensch mehr spricht, nämlich vom Roman 'Korrektur'. Das ist ein Prosaungeheuer, das wahrscheinlich größte Prosaungeheuer, das er jemals geschrieben hat. Hinterher ist der Bruder zu mir gekommen und hat mir gesagt: 'Wissen's Herr Winkler, der Thomas hat dasselbe gesagt.'"


    Moin, Moin!



    Das haben wir vor 19 Jahren als Abiturtruppe aufgeführt. Ich war einer der Padres.

    Das muss aber eine steife Partie gewesen sein! Anders kann ich mir Hochwälder auf der Bühne nicht vorstellen.


    Morgen beginne ich mit einem weiteren Drama Hochwälders, nämlich "1003".


    Eine Schwäche bei Hochwälder ist vielleicht, dass er zu sehr an einem Thema pro Drama haften bleibt - wenn's um "Schuld" geht, dann hat jedes Wort mit dem Thema Schuld zu tun, der Autor schweift niemals ab. Anders als bei Wedekind oder Hofmannsthal, deren Dramen eine ganz gewaltige Fülle haben! Gruß.

    Zwei Fragen wurden gestellt - ich hoffe nicht, dass sie in den Sand verlaufen, aber ich selbst kann dazu leider nichts Besonderes beitragen, und muss sie also überspringen.


    Über "Witiko" wurde hier schon ein wenig geschwärmt; meiner Meinung nach zu Recht! Aber Arno Schmidt zieht das Werk ziemlich durch den Kakao, in seinem Dialog "Und dann die Herren Leutnants!". Vor allem die Sprache hält Ar. Schmidt für furchtbar. Die älteren Werke von Stifter seien da viel besser. Die zwei großen Romane von Stifter hält er nicht für besonders lesenswert, und wer Stifter wirklich kennen lernen möchte, der solle am besten "Die Narrenburg" und auch den "Hagestolz" lesen.
    Schmidt zitiert auch ein Urteil Hesses über "Witiko": ein Buch, "in dem geschildert wird, wie sich 3 Menschen auf 3 Stühle setzen" - das kann ich nicht verstehen. Ich dachte, gerade Hesse sollte doch ein großes Gefallen an "Witiko" haben! Oder ist das nur sehr aus dem Zusammenhang gerissen?


    Daneben meint Schmidt dann auch, Stifters "Pan-Sexualismus" aufzudecken, und verspottet dessen geheuchelte "Oberflächenkeuschheit".


    Gruß

    Ach so, verzeih' meine Einsilbigkeit. Versteh' das bitte nicht als Zusage. Aber ich bin von mir entsetzt, Kant bisher so ignoriert zu haben! Beim Lesen vom Kant-Artikel auf philolex.de ( http://philolex.de/kant.htm ) stoße ich auf lauter Ungeheuerlichkeiten! Mit einem naturwissenschaftlichen Werk beginne ich nicht gerne... ich bin darin zu unwissend. Aber was äußerst schön wäre: Ein Projekt zu starten, hier im Klassikerforum, und drei, vier, fünf Jahre hindurch nur Kant zu lesen, sein Gesamtwerk, chronologisch vom Anfang bis zum Schluss! Aber das ist wieder nur so eine Manie von mir, die nicht lange anhält... hätte auch keinen allzu großen Sinn, sich so auf einen Philosophen einzuschränken. Gruß... ganz wirr im Kopf...

    "Weltentstehung: 1755 entwickelt Kant in seiner Schrift "Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels" eine Theorie über die Entstehung des Sonnensystems, die bahn-brechend war. Newton hatte ausdrücklich erklärt, die Entstehung des Sonnensystems entziehe sich einer natürlichen Erklärung. Kant dagegen stellte die These auf, die Entstehung des Sonnensystems lasse sich mit den beiden Kräften "Anziehung und Abstoßung" ohne Zuhilfenahme übernatürlicher Kräfte erklären. Diese Theorie ist als Kant-Laplacesche Theorie in die Geschichte eingegangen. (Der Franzose Laplace hat Kants Theorie etwas modifiziert und in Experimenten bewiesen.)" (aus philolex.de)


    :entsetzt:

    Aufschlussreich für deutschen Antisemitismus vor Hitler ist auch die Reclam-Ausgabe von Heinrich Heines "Der Rabbi von Bacherach" - einerseits weil allein in diesem Heine-Fragment selbst über jüdische Ghettos berichtet wird!! - andererseits auch, weil der Herausgeber dieser Ausgabe einige ganz und gar absurde antisemitische Pamphlets mitgedruckt hat! Mit besten Empfehlungen, Knabe

    Hochwälder (1911 - 1986), österreichischer Dramatiker, eine Zeit lang "Hausautor" des Burgtheaters.


    Seine Dramen haben eine Folgerichtigkeit, es scheint nie etwas Unwesentliches zu geschehen, alles hat seine Konsequenz - dieser strenge Aufbau ist auch gepaart mit einer hübschen, klassischen Sprache. Ich hoffe sehr, dass Hochwälder zu einem wahren Klassiker wird!


    Sein bekanntestes Werk ist "Das heilige Experiment", eine Tragödie über den Zerfall des Jesuitenstaates in Paraguay.
    Besonders schrecklich ist "Der öffentliche Ankläger": Es ist eigentlich ein Krimi, in Form eines Dramas... Der Ankläger zur Zeit der französischen Revolution, Fouquier-Tinville, der historisch für 2.400 Hinrichtungen verantwortlich ist (laut Wikipedia), verurteilt aufgrund seines konsequenten Gehorsams unwissentlich sich selber zum Tod. Was in diesem Werk alles an Schuld, Rache, Ungerechtigkeit, Gehorsam vorhanden ist! Und wie Hochwälder es versteht, Spannung bis zum Schluss aufzubauen, obwohl das Ende doch vom ersten Akt an vorhersehbar ist!


    Sehr düster, kalt und mysteriös ist die "Herberge"... und überraschend heiter kann Hochwälder in der Komödie "Der Unschuldige" sein, die aber auch nicht ganz frei von makabren Abgründen bleibt!


    Es wäre schön, wenn hier ein kleines Gespräch zu diesem Autor stattfinden würde.


    Gruß

    Besser als "Musarion" fand ich das Epos "Oberon". "Oberon" lässt sich sehr gut lesen. Es sind jambische Verse, wobei die Anzahl der Hebungen ständig variiert wird. Nach der Lektüre hatte ich den Rhythmus immer noch eine Weile im Kopf. Die Musenanrufung ist dort besonders schön, ich glaube, sie ist die schönste, die ich kenne.


    Inhaltlich bin ich allerdings mit Wieland nicht so sehr auf einer Stufe und empfinde eher so wie du, BigBen. Bisher bin ich ihm also ein wenig abgeneigt. Dem Gefühl nach nehme ich gerne Partei für den Göttinger Hainbund, nur dass sich bei mir die stille Abneigung nicht in Hasstiraden ausdrückt. Ich glaube, Wieland war für den Göttinger Hainbund zu bodenständig. Wieland kommt mir sehr - weltmännisch vor, er ist auch häufig erotisch und humorvoll, das hat dem Hainbund offenbar gestört. Don Sylvio v. Rosalva, Agathon, Abderiten und Aristipp will ich trotzdem noch unbedingt lesen.


    Gruß

    Wieland gefällt mir auch als Mensch, soweit ich seine Biografie kenne, sehr gut. Zum Beispiel seine tolerante Haltung gegenüber dem jungen Goethe, nachdem dieser seine Dramenfarce - Götter, Helden und Wieland - veröffentlicht hat, finde ich menschlich sehr groß.


    Nicht nur das. Auch seine verständnisvolle Reaktion auf den Göttinger Hainbund, der bei einem Treffen (zum Geburtstag Klopstocks) Wielands Bücher und Bildnis ins Feuer geworfen hat...!

    Jean Pauls "Flegeljahre" zieht sich vergnügt aber langsam dahin, Diogenes Laertios' "Leben und Lehre der Philosophen" ist eine kurzweilige Gutenachtlektüre, und das dritte Werk, das ich lese, ist Peter Handkes "Wiederholung".


    Es ist mein erstes Buch von Handke, und erst mein zweites von einem zeitgenössischen Autor. Ich bin etwas enttäuscht, ich hatte erwartet, etwas für mich ganz Neues und Wunderbares zu lesen, nur deshalb, weil ich noch nichts Zeitgenössisches kenne und weil Handke sehr oft gelobt wird.
    Der Protagonist erinnert mich an Außenseiter oder an passiven Protagonisten aus vielen anderen Büchern, aus K. P. Moritz "Anton Reiser", Hesses "Camenzind", Meyrinks "weißer Dominikaner"... und es scheint mir nichts Neues zu sein. Ich lese es gerne, aber die von mir erwartete Originalität ist nicht zu finden.


    Gruß

    Da frag' ich mich schon, wovon, zum Henker, lebten denn all die anderen Romantiker? Die meisten waren ja, kurioserweise, adelig, haben sie einfach vom Vermögen der Familie gelebt? Brentano, Arnim, Kleist, Eichendorff, de la Motte-Fouque und Chamisso fallen mir von den hier Unerwähnten noch ein, die adlige Romantiker waren.


    Und lebte Klopstock nicht fünfzig Jahre vor Tieck schon sorgenlos genug, dank seiner literarischen Tätigkeit?


    Gruß

    Walter Rheiner, ein Expressionist, der am Ende seines Lebens, kokain- und morphinsüchtig, mit einer Überdosis Morphin Selbstmord beging, war mir bisher ganz unbekannt - das Wenige, was ich in den letzten zehn Minuten erst las, ist sehr beklemmend und erdrückend.


    Zum Beispiel die Nocturne, ein kleines Prosastück... oder sein letztes Gedicht, das wie ein Psalm klingt, worin er einen Gott, mir scheint, seinen Gott, den Kokain, besingt...!


    [Blockierte Grafik: http://i34.tinypic.com/fclc7t.jpg]
    Conrad Felixmüller: "Der Tod des Dichters Walter Rheiner"

    Hallo sandhofer, ich denke, das ist auch die Aufgabe eines Moderators! Zumindest bei TV-Duellen. :zwinker:


    Aber wenn ich sehe, dass sich ein wenig Widerstand regt, dann will ich kein Trotzkopf sein und die Leserunde nicht hartnäckig ins Leben rufen. Vult, du fragst, welche Voraussetzungen ich im Kopf hatte, aber ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Grundlage einer Diskussion sollte vielleicht: Logik sein? Oder welche Möglichkeiten würdest du mir geben. Aus einem katholischen Standpunkt aus? Da muss ich gestehen, ich fürchte mich, Falsches auszusprechen, und müsste davor noch Katechismen und Konzilstexte durchlesen. Du hast Recht, es scheint ein unmögliches Ding zu sein.


    So gib' mir doch, da Herder sagt: "Das einsame Lesen ermattet, man will sich aussprechen..." wenigstens einen Wegweiser in das von dir genannte Forum. Die Meinungen der dort Schreibenden würden mich wohl auch interessieren.


    Damit will ich meinen Vorschlag auf eine Leserunde zu Eckhart zurücknehmen.


    Gruß

    Lieber Vult, ich freue mich, dass du hier antwortest, da ich mich gerade u. a. auch von den "Flegeljahren" beglücken lasse!



    Das wird dann wohl mehr eine konfessionelle oder weltanschauliche "Auseinandersetzung".


    Das würde mir das größte Vergnügen bereiten!


    Bei Meister Eckhart habe ich Gedanken über Gedanken, Fragen und Assoziationen zu anderen Philosophen oder Autoren, und du scheinst auch vieles über ihn sagen zu können, so dass ich denke, dass eine Leserunde sehr fruchtbar wäre, zumindest für mich. Denn bei einer Leserunde über einen gewöhnlichen Roman könnte ich oft nicht viel mehr schreiben als die Zusammenfassung eines eben gelesenen Kapitels. Deswegen würde mich eine Leserunde zu Meister Eckhart sehr freuen.


    Gruß