Hallo finsbury,
ich wünsche Dir ein gutes neues Jahr, mit viel Glück und hoffentlich vielen schönen Lesestunden!
Es hat zwar etwas gedauert, aber ich habe DuW nun abgeschlossen. Zunächst noch mein Eindruck zu den letzten Büchern:
Das 18. Buch beginnt mit Gedanken über die deutsche Literatur, wobei Goethe auch auf sein wohl eher derbes Werk "Hanswursts Hochzeit" eingeht. Von diesem Stück hatte ich vorher noch nichts gehört; dass es im Anhang als "pornographisch" bezeichnet wird, scheint aber angesichts dieser Auszüge nicht übertrieben.
Danach wieder ein Treffen mit Lavater; Goethes Faszination für ihn kann ich wie Du nicht nachvollziehen - aber immerhin bezeichnet er seine Tätigkeit später als physiognomische Hetzerei. Die Züge seiner Frau werden als "etwas sonderbar, aber friedlich und zartfromm" geschildert - wie Lavater sie wohl beurteilt haben mag? :zwinker:
Schließlich die Schilderung seiner Bergwanderung, die mir sehr gut gefallen hat. Essen und Trinken waren wohl recht wichtig für ihn: schmunzeln musste ich, als er den lombardischen Wein erwähnt, den man nur verwässert und verzuckert genießen konnte.
Dafür gab es ja gleich zu Beginn des 19. Kapitels einen trinkbaren Wein. Zu der Italienreise kann er sich noch nicht entscheiden, die Hoffnung auf eine Zukunft mit Lili hatte er wohl doch noch nicht ganz aufgegeben. Nun, es wurde dann ja doch nichts daraus.
Zitat
Aber glücklicherweise hat er sie nicht geheiratet, denn es war ja wohl die bürgerliche Existenz mit einer genügenden Portion beruflichem Ehrgeiz, die hier von ihm gefordert wurde. Was aus der unmittelbaren zeitgenössischen Sicht häufig unsozial, flatterhaft und so weiter aussieht, hat in einem solchen Fall dann doch seinen höheren Sinn. Aber für uns Otto-Normalverbraucher wäre es denn doch Hybris, solches für uns in Anspruch zu nehmen .
Wer weiß? :breitgrins: Aber es ist schon richtig: sein Leben und Werk hätte sich sicher ganz anders entwickelt, wenn er mit Lili zusammen gekommen wäre.
Im 20. Buch steht Goethe dann wieder an einer Wegscheide: Abreise nach Weimar oder Italien? Seine Entscheidung für Weimar sieht er zunächst als kurzzeitig an, und tatsächlich kam es ja noch zur Italienreise (wenn auch später als gedacht). Und ich stimme Dir zu: es ist ein rundes Ende. Eine Fortsetzung hätte sich hier zwar gut anschließen können, das bisherige kann aber auch gut für sich allein stehen.
Die Gedanken zum Dämonischen fand ich nicht leicht fassbar. Einerseits sah er dies wohl, wie Du schreibst, als das unkontrollierbare Element im Menschen, andererseits können Menschen, die dämonische Kräfte in sich tragen, ungeheure Kräfte ausüben (ein Beispiel war für Goethe wohl Napoleon). Um seine Ideen nachvollziehen zu können, sind aber die Abschnitte in DuW wohl auch zu kurz.
Im Anschluss an das 20. Buch finden sich in meiner Ausgabe noch ein biographisches Schema, das nach der Auflistung der Ereignisse in chronologischer Form noch einige längere Textabsätze enthält, die ich noch nicht gelesen habe. Trotzdem schon mal ein Fazit von mir:
Wenn die Autobiographie auch nicht "komplett" ist, hat sie mir doch sehr gut gefallen. Ich habe das Gefühl, Goethe als Mensch "näher kennen zu lernen". Besonders haben mir die Einschübe zur Literatur (sowohl der eigenen als auch seiner Kollegen) gefallen, das hätte für meinen Geschmack gern noch ausführlicher sein können. Insgesamt ein Buch, das mir viel Freude gemacht hat - ebenso wie der Austausch in dieser Minileserunde :winken:
Viele liebe Grüße
Manjula