Hallo zusammen
ich reihe mich nun ein: Bin auch fertig
Gefühlsmäßig hatte ich viele Hoch und Tiefs bei Lesen. Manchmal hat es mich gepackt und ich las mehrere Kapitel auf einmal und es gefiel mir, dann wieder zogen mich manche Kapitel wieder zur Lustlosigkeit.
Hatte nur ich das Gefühl, daß manche Themen unwahrscheinliche Längen hatten und langweilig waren? (wie z. B. Kammerfreu Schmerzensreich...)
Sanchos Statthalterschaft hat Spaß gemacht, der Mann hat wirklich mit Weisheit entschieden, der Vergleich mit Salomo war passend.
Auch seine Sprache, das aneinanderreihen von Sprichwörter hat dem Buch viel Schwung gegeben und seine Treue war rührend:
Aber das ist einmal mein Schicksal, das ist einmal mein Pech: ich kann nicht anders, ich muß ihm überallhin folgen; wir sind aus demselben Ort, ich habe sein Brot gegessen, ich habe ihn lieb, er ist dankbar, er hat mir seine Esel geschenkt; und vor allem, ich bin treu, und sonach ist es ausgeschlossen, daß uns je etwas anderes trennen könnte als Schaufel und Spaten...
So wars ja dann auch, am Schluß trennte nur der Tod Don Quijote von Sancho Pansa.
Zusammenfassend finde ich die Worte Sidi Hamet passend:
O berühmter Schriftsteller! O beglückter Don Quijote! O ruhmreiche Dulcinea, O Sancho, du witziger Kopf! Ihr alle miteinander, und jeder für sich, möchtet ihr unzählige Jahrhunderte leben zum Vergnügen und allgemeinen Zeitvertreib aller Lebenden.
Wie wahr, es hat sich erfüllt. Was will ein Schriftsteller mehr.
Zitat
Genau so empfand ich es auch. Und auch mir blieben die Figuren, insbesondere Don Quijote, merkwürdig distanziert. Lediglich für Sancho Pansa konnte ich etwas Sympathie entwickeln.
mmh - für mich hat sich nicht nur Sancho weiterentwickelt, sondern auch Don Quijote. Er ist menschlicher geworden. Er hatte zwar ab und zu seine Wahnphasen, wo er umsich schlug, aber trotzdem hat er menschlich zugenommen. Die Kapitel über die Ratschläge für Sancho Pansa fand ich sehr schön, er hat ihn mit Tränen gehen lassen. D. Q. hat Freundschaft kennen und schätzen gelernt, konnte aber auch loslassen und Sancho sein Glück machen lassen. Sein Gefühl für Liebende zieht sich ja durchs ganze Buch. Schade, daß er seine Liebe nie kennengelernt hat.
Belustigt hat mich das Kapitel über die Liebeskranke Altisidora, wie D.Q. erfolgreich seine Keuschheit bewahrt hat. Das waren wieder Szenen die für mich das Buch lesenswert machten.
ZitatEtwas ratlos hat mich der Schluß des Buches zurückgelassen. Don Quijote hat nicht nur das fahrende Rittertum am Leben erhalten, sondern offenbar das Rittertum auch ihn. Don Quijote kehrt heim, ist geheilt, stirbt aber anschließend friedlich nach Aufsetzung seines Testaments und gesegnet mit den Sterbesakramenten. Der Arzt bestätigt, daß "Melancholie und Verdruß seinen Tod herbeiführten". Es ist der Verdruß darüber, daß seine Sendung, als fahrender Ritter in der Welt für Gerechtigkeit zu sorgen, gescheitert ist. Und genauso wie seine Umgebung (die Nichte aß, die Haushälterin trank, Sancho Pansa war recht munter) hat auch mich dieses Sterbekapitel wenig berührt. Das liegt vor allem daran, daß man merkt, daß Cervantes durch Don Quijotes Tod vor allem seine literarische Figur vor weiterer unbefugter Ausschlachtung schützen wollte. "...um die Möglichkeit zu beseitigen, daß irgendein anderer Schriftsteller als Sidi Hamét Benengeli ihn fälschlich von den Toten auferwecke und Geschichten ohne Ende von seinen Taten schreibe."
Das war traurig, aber ging mir auch nicht so nahe. Er erkannte wohl, daß zuhause für ihn nichts mehr zu regeln, zu erleben gab, legte sich hin und starb. Der schnelle Schluß fand ich so sinnlos
aber der Gedanke, daß Cervantes seine Figur schützen wollte, trifft bestimmt zu.
ZitatAlles in allem habe ich das Buch sehr gerne gelesen. Auch wenn der Stil manchmal etwas hölzern und gewöhnungsbedürftig war. Wer von dem Buch lediglich einen Schelmenroman erwartet, wird sicher enttäuscht werden. Für mich ist er vor allem ein großartiges Porträt der spanischen Gesellschaft des 16. Jahrhunderts. Und beim nochmaligen Lesen würde man sicher noch viele weitere Facetten entdecken.
Ich gebe es ehrlich zu, ohne euch hätte ich vermutlich aufgehört zu lesen und nun bin ich froh, daß ich es durchgezogen habe
Aber sobald werde ich D.Q. sicherlich nicht nochmals lesen. Er hat mich ganz schön strapaziert *ggg*.
und als ich am Schluß des Romans noch über König Minos und Rhadamanth las habe ich Sehnsucht nachThomas Mann bekommen. Kam dir da nicht auch der Zauberberg in den Sinn Ikarus?
Im Nachwort wird auch Thomas Mann zitiert:
"Seine Achtung vor dem Geschöpf seiner eigenen komischen Erfindung ist während der Erzählung ständig im Wachsen - dieser Prozeß ist vielleicht das Fesselndste am ganzen Roman, ja, er ist ein Roman für sich, und er fällt zusammen mit der wachsenden Achtung vor dem Werk selbst, das, bescheiden, als derber, satirischer Spaß konzipiert war, ohne Vorstellung davon, in welchen symbolisch-menschlichen Rang die Figur des Helden hineinzuwachsen bestimmt war."
Passende Worte
Viele Grüße
Maria