Ich bin ja froh, wenn ich es überhaupt schaffe, den Proust auf Dt. weiterzulesen :-). Bislang hab ich ja meine alte, nicht kommentierte Ausgabe gelesen. Dabei kamen aber eine Reihe von Fragen auf – etwa zur Chronologie und Situierung: Wann & Wo spielt das überhaupt, auf welche historischen Ereignisse, welches Tagesgeschehen bezieht sich der Ich-Erzähler? etc –, dass ich ein wenig gegooglet habe und zu dem Schluss kam, dass ich mir wohl mal Fischers Handbuch zulegen sollte. Das gab es (bis vor kurzem) aber nur noch als E-Book oder im Rahmen der 8bändigen Ausgabe. Und da sich das Handbuch eh immer wieder auf die Neuübersetzung bezieht, ich den Kommentar zu den einzelnen Bänden auch gerne hätte und zudem einiges recht Interessantes zu Fischers Neuübersetzung gelesen hatte: Hab ich mir halt dann doch die Gesamtausgabe gekauft, nicht nur das Handbuch (das inzwischen wieder lieferbar ist).
Beiträge von giesbert
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Früher hab ich ja regelmäßig in Buchhandlungen und Antiquariaten gestöbert und natürlich auch gekauft. Diese Zeit ist aber schon lange vorbei, zum einen ganz banal aus finanziellen Gründen, zum anderen, weil ich einfach keinen Platz mehr habe. Aber manchmal kaufe ich halt doch ein paar Bände
Nicht beim großen A, sondern bei der lokalen Buchhandlung vor Ort. Und da habe ich die letzte Woche bestellten Bücher heute abgeholt:
Friedrich Torberg, Die Tante Jolesch / Die Erben der Tante Jolesch. Das hatte ich mal, ist mir aber irgendwie abhanden gekommen, also hab ich das nachbestellt. Ein Doppelband in der Ausgabe bei LangenMüller. Relativ schlechtes Papier, durchschnittlicher Druck, fester Kartonbeinband. Ganz ok, kein "schönes Buch", aber die Tante Jolesch darf einfach nicht fehlen.
Marcel Proust, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Bislang hatte ich nur die Suhrkamp-Ausgabe mit der (noch nicht von Keller/Laemmel überarbeiteten) 1957er-Übersetzung von Rechel-Mertens. Das ist zwar eine handliche Ausgabe, aber ohne Kommentar oder irgendwelche Erläuterungen. Also hab ich mir nach einigem Zögern dann die 8bändige Ausgabe aus dem Reclam-Verlag zugelegt. Das ist eine Neuübersetzung von Bernd-Jürgen Fischer, der zur Ausgabe auch ein umfangreiches und sehr informatives Proust-Handbuch beisteuert. Das ich kein Französisch kann, kann ich die Qualität der Übersetzung nicht beurteilen, aber nach einem kurzen Vergleich: Sie liest sich ungleich besser als Rechel-Mertens. Und sie kann natürlich auch die Proustforschung seit 1957 berücksichtigen, da hat sich wohl in der Textgrundlage einiges getan. Zur Ausgabe selbst: Es sind 8 schmucke Paperbacks mit relativem Dünndruckpapier ("relativ" weil: das geht noch dünner ;-)) und sauberem Druck. Jeder Band hat einen Anhang (Textgrundlage, Kommentar, Namensregister). Das ist insgesamt eine sehr schöne Ausgabe und Fischers Handbuch allein ist fast schon den Kauf wert. – Jetzt muss ich nur noch die Zeit finden, meine mit Band 3 unterbrochene Lektüre fortzusetzen …
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ich bin ziemlich sicher, dass es "Schibeloth" hieß
Ich tipp mal auf: Druckfehler
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"Die Kinder der Finsternis" haben in der Tat einen ganz eigenen Tonfall:
Es lag ein Bischof tot in einer Mur am Zederngebirge fünf Stunden schon unter strömenden Wolkenbrüchen. Die Mur war hinabgemalmt mit ihm und seinem Karren und seinen Maultieren und seiner Geliebten, unter ihm fort, über ihn hin, als schmettere das Erdreich ihn in den Schlund der Hölle, kurz vor Anbruch der Nacht.
Ich hab seinerzeit auch ein wenig gebraucht, um mich da reinzufinden, aber dann entfaltete der Roman einen unglaublichen Sog. Ich hab ihn inzwischen 3x gelesen und werde ihn wohl noch ein viertes Mal lesen.
Niebelschütz hat für den Roman übrigens exzessive und langandauernde Studien betrieben, die Fiktion steht auf einem sehr soliden Fundament.
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Der Kammerherr spielt in einem fiktiven 18. Jahrhundert, die unglaublich guten Kinder im Mittelalter. Die Kinder sind ein mirgehendieadjektiveaus Roman. Umwerfend. Erschütternd. Überwältigend: was hätte Niebelschütz noch geschrieben, wäre er nicht absurd früh gestorben. Es ist ein Elend und auch bezeichnend, dass diese Ausnahmeerscheinung alle ~20 Jahre neu entdeckt wird.
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Nach sehr viel Raabe hab ich mir Niebelschütz ›Der blaue Kammerherr‹ vorgenommen. Den hab ich vor ca 35 Jahren erstmals gelesen und nur in vager, aber sehr guter Erinnerung. Ich hab erst 100 ( on 900) Seiten gelesen und bin schon wieder hin und weg von dieser komplett aus der Zeit gefallenen Sprache. Angesichts seiner Entstehung (1949 erschienen, während des 2. Weltkriegs geschrieben) ist das natürlich purer Eskapismus, was man dem Autor oft vorwirft. Angesichts der unglaublichen Schönheit des Romans tendiere ich allerdings eher zu: verzweifelt utopischer Gegenentwurf. Zumal, wenn ich mich da richtig erinnere, ein Erdbeben dem unschuldigen Treiben - das so unschuldig nicht ist, sondern von allerlei bösartigen Intrigen bestimmt wird - ein Ende setzt.
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SWR2 hat einen "Hörspiel-Adventskalender", da gibt es jeden Tag neue mehr oder weniger klassische Hörspiele. Vom wohl unvermeidlichen Sherlock Holmes über Kotzebue und Hauptmann bis Goethe und Schiller. Lohnt sich.
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Was mich 2022 wohl noch ausdauernd beschäftigen wird:
Proust, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.
Daneben hab ich aktuell keine konkreten Pläne, nur die eher vage Idee, dass ich mich mal wieder mit Shakespeare beschäftigen sollte. Und mit der Antike.
Tja, "ein weites Feld" … Mal sehen, was ich da so finde
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Tja, ich hatte mich ja auf Dramen kapriziert, um überhaupt wieder ins regelmäßige Lesen zu geraten. Das hat insofern funktioniert, als ich zwar nicht meine Liste weg-, aber dafür nach ein paar Dramen anderes gelesen habe :-). Für nächstes Jahr werd ich mir aber wohl vor allem die restlichen Proust-Bände notieren. Den Rest des Jahres werd ich wohl mit Raabe zubringen.
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Auch die offensichtlich komisch gemeinten Gedichte sind einfach fürchterlich:
Trunken müssen wir alle sein!
Jugend ist Trunkenheit ohne Wein;
Trinkt sich das Alter wieder zu Jugend,
So ist es wundervolle Tugend.
Für Sorgen sorgt das liebe Leben
Und Sorgenbrecher sind die Reben.
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Da sind Gedichte drin, die in ihrer Schlicht- und Dämlichkeit wirklich erstaunlich sind. Das hier zB:
Blumengruß
Der Strauß, den ich gepfücket,
Grüße dich vieltausendmal!
Ich habe mich oft gebücket,
Ach, wohl eintausendmal,
Und ihn ans Herz gedrücket
Wie hundertausendmal!
Es fehlt jede editorische Notiz, also z.B. wann er das geschrieben hat. – Ich hab das Bändchen aber wg. der Illustrationen von Hauck & Bauer gekauft und weil ich es eigentlich verschenken wollte. Hat sich dann aber nicht so ergeben, und jetzt steht’s bei mir im Regal :-).
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- Dietmar Dath, Cordula killt dich! Oder: Wir sind doch nicht die Nemesis von jedem Pfeifenheini. Roman der Auferstehung
- Wilhelm Raabe: Deutscher Mondschein
- Goethes schlechteste Gedichte
- Frank Günther, Unser Shakespeare
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Im FAZ-Bücherpodcast gibt es eine schöne, knapp 2stündige Sondersendung zu Wilhelm Hauff:
Wir werfen uns dem Holländer-Michel in die Arme: ein Abend zu Wilhelm Hauff
Am 28. September lieh Christian Brückner an einem "Abend für Wilhelm Hauff" den Texten des Dichters seine unverwechselbare Stimme, Tilman Spreckelsen stellte sie in den Kontext einer an Umbrüchen reichen Epoche.
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Der Idiot. 2-teiliges Hörspiel. Hörspielbearbeitung: Henri Regnier. Musik: Winfried Zillig. Regie: Theodor Steiner. hr 1953, je 72 Min.
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Nestroy liebe ich sehr. Bei YT gibt es ein paar Aufführungen mit dem genialen Qualtinger.
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So unterscheiden sich die Wahrnehmungen
Stiimmt :-). Ich weiß gar nicht mehr, was mich an der Stella so berührt hat, aber da müssen wohl meine damalige Stimmung und der Text gut zueinander gepasst haben. Und ob ich das Stück heute noch so toll finden würde, wie vor 40 Jahren, läse ich es heute noch einmal, möchte ich bezweifeln.
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Das kann man Goethe natürlich nicht ankreiden,
Doch, das könnte man durchaus. Wenn Goethe einfach nur für und mit der Zeit geschrieben hätte, wäre er auch mit ihr untergegangen (und es gäbe, außer historischen, keine Argumente mehr, ihn zu lesen). Der "Berlichingen" ist gut 200 Jahre später vielleicht nicht der beste Einstieg. Mich hat Goethe mit "Stella" gepackt. Und vor allem über die Lyrik.
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Ist ja eh nicht die Dumont-Ausgabe. Die hat nämlich dieses Cover.
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Ich habe mich damals bei Wunnigel prächtig amüsiert, was mir als Einstieg nicht gänzlich unangebracht erscheint.
Ach, das hab ich ja völlig vergessen: Den "Wunnigel" hab ich dann auch noch mal gelesen, an die Erzählung hatte ich auch nur dunkle Erinnerungen. Typischer Raabe auf dem Weg zum Spätwerk. Oberflächlich gesehen eine groteske Humoreske oder humoristische Groteske mit Tiefgang. Da ereignet sich ja eine ziemliche Katastrophe und verhandelt wird eimal mehr die Frage, welche Auswirkungen die Entwicklung nach 70/71 hat.
Wie auch immer: Wunnigel scheint mir als Einstieg in der Tat nicht ganz ungeeignet.
(Irgendwie bin ich jetzt voll auf dem Raabe-Trip gelandet und möchte auf jeden Fall noch mal "Pfisters Mühle", "Unruhige Gäste", "Das Odfeld" und "Die Akten des Vogelsang" lesen – schlechte Karten für Proust ;-))