Beiträge von giesbert


    das Interessanteste an diesem Beitrag ist der Leserkommentar unter der Überschrift "Grimmelshausen zum Wohlfühlen?"


    Ach, ich weiß nicht. Solche Mischungen aus Beleidigung, Besserwisserei und Gönnerhaftigkeit stoßen mir eher übel auf. (Der Autor ist übrigens wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie an der TU Berlin, da muss man wohl noch dies und das beweisen. Und Leserbriefe an die FAZ schreiben ;-))


    Auch die Dialoge sind bisher recht banal, aber gemessen am Milieu wohl authentisch.


    Vorsicht! Ich kenne nun die Dialoge bei Sue leider (noch) nicht, aber die Idee, dass man "im Millieu" besonders banal, simpel oder einfach spricht, ist definitiv falsch. Das ist mitunter extrem kompliziert und die Sprecher bemerken sofort einen falschen Tonfall. Da gibt es eine eigene Grammatik und eigene Semantik. Und die Sprachgemeinschaft kann das sehr genau unterscheiden. Simpel: ist das nicht, nur: anders. Also jedenfalls nicht unter grammatischen Gesichtspunkten 8-).

    Hi,



    Die Lizenzbedingungen gibt's dort als PDF zu lesen.


    Die spinnen. Da gewinnt man fast den Eindruck, dass die partout einen Misserfolg wollen, um ihr eigenes Versagen auf die neuen Techniken schieben zu können. Nun ja. Das regelt der Markt. (Ok, neoliberale Phrase, aber mitunter stimmt sie sogar ;-).)


    allerdings wohl nur im Flattersatz ohne Silbentrennung, was mich persönlich auch sehr stören würde.


    das müsste man mal sehen bzw. selber lesen. Ich persönlich ziehe Flattersatz einem löchrigen Blocksatz allemal vor. (Lesbarer Blocksatz gehört schon zu den höheren Anforderungen an einen Setzer. Lesbarer Flattersatz allerdings auch ;-))

    In meinen Ohren klingt "Lackaffe" nicht gar so modern, daß man das Wort in einer Übersetzung eines älteren Buches nicht verwenden könnte.


    man kann natürlich schon und so sehr stört das nicht. Aber mich doch genug, dass ich kurz, äh, gestutzt habe. „Stutzer“ hätte imho einfach so stehen bleiben können (aber auch das hätte ich für jünger und einen Übersetzereingriff gehalten ;-)).

    Das ist nun allerdings unglücklich:


    Zitat

    … so daß ich schier glaube / daß etliche Stutzer die jetzige Mode davon abgesehen.


    heißt es im Original. Die "Stutzer" wollte Kaiser dem heutigen Leser nicht zumuten und übersetzt:


    Zitat

    … so dass ich fast glaube, die Lackaffen von heute haben sich ihre neueste Mode bei mir abgesehen.


    Ich krieg jetzt so aus dem Stand nicht heraus, wann das Wort "Lackaffe" aufkam – im Simplicissimus scheint es mir allerdings deutlich fehl am Platz zu sein.

    Jetzt dachte ich gerade, da geht der Übersetzer doch etwas zu weit:


    Zitat

    Bei diesem Herrn kam mir alles widerwärtig und fast spanisch vor.


    aber nein, die Redewendung steht auch so im Original:


    Zitat

    Bey diesem Herrn kam mir alles widerwertig und fast Spanisch vor


    Die ist älter als ich dachte. Das Grimmsche Wörterbuch nennt Quellen Ende des 17. Jahrhunderts, der Duden tippt auf das 16. und führt als Beleg u.a. Grimmelshausen an:


    Zitat

    Sie stammt wahrscheinlich aus der Zeit, als der aus Spanien stammende Karl V. (1500-1558) deutscher Kaiser war. Viele bis dahin in Deutschland unbekannte und zum Teil auch als unerhört empfundene Sitten, Bräuche und Moden fanden Eingang und wurden mit Misstrauen betrachtet. Der mithilfe und mit den Mitteln der spanischen Inquisition gegen die Reformation geführte Kampf Karls V. spielte bei der Ablehnung alles Spanischen ebenfalls eine große Rolle. Die Spanier wurden als Handlanger der Inquisition betrachtet und galten, was im Dreißigjährigen Krieg besonders deutlich wurde, vielfach als ehrgeizig, feige und heuchlerisch.
    Ein literarischer Beleg aus jener Zeit findet sich bei Grimmelshausen (um 1622-1676) im "Simplicissimus", dem bedeutendsten deutschen Roman des 17. Jahrhunderts. Im 15. Kapitel des 2. Buches äußert sich der zu den Kroaten verschleppte Simplicius über seinen neuen Herrn, den Kroatenobristen Cordes in folgender Weise: "Bei diesem Herrn kam mir alles widerwärtig und fast spanisch vor ..."
    Aus: Duden 12, Zitate und Aussprüche. Mannheim 2002


    http://de.rolle.no/blog/04/vi.php


    Kurios ist nun allerdings, dass Breuer die Redewendung für erklärungsbedürftig hält: "fast Spanisch ] ziemlich fremd".


    Btw - wie man an dem kurzen Zitat sieht, besteht Kaisers Übersetzung oftmals aus einer, äh, behutsamen Modernisierung von Rechtschreibung und Syntax. Da, wo bei Kaiser ein Punkt ist, geht es bei Grimmelshausen natürlich noch weiter:


    Zitat

    … / die Hanauische Schlecker-Bißlein hatten sich in schwartzes gobes Brod / und mager Rindfleisch / oder wanns wol abgieng in ein Stück gestolnen Speck verändert; Wein und Bier waren mir zu Wasser worden / und ich muste an statt deß Betts / bey den Pferden in der Streu vor lieb nemen; vor das Lauten schlagen / das sonst jederman belustiget / muste ich zu Zeiten / gleich andern Jungen / untern Tisch kriechen / wie ein Hund heulen / und mich mit Sporen stechen lassen / welches mir ein schlechter Spaß war; […]


    das geht noch ein paar Zeilen so weiter und ich bin zu faul, das jetzt abzutippen 8-), Kaiser macht daraus mehrere Sätze, z.B.:


    Zitat

    Die Hanauer Leckerbissen verwandelten sich in grobes Schwarzbrot und mageres Rindfleisch oder bestenfalls ein Stück gestohlenen Speck. Aus Wein und Bier wurde Wasser, und anstelle eines Bettes musste ich mit der Streu bei den Pferden vorliebnehmen. Statt die Laute zu schlagen, was sonst jedermann erfreut hatte, musste ich manchmal wie andere Jungen unter den Tisch kriechen, wie ein Hund heulen und mich mit Stiefelsporen stechen lassen, was ich nicht besonders lustig fand.


    Durch eine Übersetzung wird Grimmelshausens eigentümlicher Stil geglättet und das ganze noch eingängiger. Ist halt die Frage, inwiefern man an der originalen sprachlichen Ausgestaltung interessiert ist. Es ist eher ein ungeschliffener Stil, ein sympathisch ungraziöser Stil sozusagen. :breitgrins:


    ich kenne mich nicht gut genug in der Barockliteratur aus, um entscheiden zu können, ob Grimmelshausen ungeschliffen und ungraziös geschrieben hat (also nach den Maßgaben seiner Zeit, was uns heute sperrig, ungeschliffen oder ungraziös erscheint, kann den Zeitgenossen als völlig normal im Ohr geklungen haben).


    Ich sehe auch nicht so ganz, wo Grimmelshausen geglättet wird, wenn er übersetzt wird und sehe eher das Problem, dass wir uns von den heute exotisch wirkenden Eigentümlichkeiten der Barocksprache dazu verführen lassen, sie für irgendwie "authentischer" zu halten als eine Übersetzung und dem Irrglauben verfallen, wir würden die Zeit und das Lebensgefühl besser verstehen, wenn wir uns durch die Orignaltexte arbeiten. (Wie gesagt: Die Romantiker und das Mittelalter.)


    Ich bin bislang bei meinen Vergleichen übrigens noch auf keine Stelle gestoßen, bei der der Übersetzer Grimmelshausen etwa durch Kürzungen oder verschämte Übersetzungen versimpelt hätte. Er verbessert ihn auch nicht, sondern lässt mitunter unklare Bezüge unklar bleiben. Anders gesagt: Wenn bei Grimmelshausen "Scheiße" steht, dann steht das auch bei Kaiser.


    Der größte Übersetzereingriff scheint mir derzeit die Aufteilung überlanger Sätze in mehrere kürzere Sätze zu sein. Ansonsten liefert Kaiser imho genau das, was er verspricht: Eine Übersetzung. Nicht mehr, nicht weniger.

    dann waren die Poe-Übersetzungen von Arno Schmidt recht eigenwillig


    Nicht nur die. Schmidt hat eigentlich allen Übersetzungen seinen ganz spezifischen Touch gegeben. Das führt durchaus zu besseren Texten. Aber als Übersetzung (die ein Werk möglichst ohne Einmischung des Übersetzers von A nach B bringen soll (mal so ganz verkürzt gesagt)) sind sie eher schlecht.


    Der amerikanische Schmidt-Übersetzer meinte übrigens mal, Schmidts Cooper-Übersetzungen seien so sehr viel besser als die Originale, dass er, wenn er denn schon mal Cooper lesen müsse, den er nicht mag, dann lieber zu Schmidts-Übersetzungen als zum Original greift ;-).


    für mich allerdings geht der Zauber der barocken Sprache und damit auch des barocken Lebensgefühls


    Das halte ich für eine eher gewagte Behauptung. Wie willst Du aus einer 350 Jahre alten Schrift(!)sprache auf ein Lebensgefühl schließen? Selbst wenn wir Tonaufnahmen aus der Zeit hätten ginge das imho immer noch nicht, dazu müsste man in der Zeit leben. Und schon wird’s kompliziert: Das Lebensgefühl welcher sozialer Gruppen eigentlich?


    Im Grunde lässt man sich da nur seinen Projektionen foppen. Die Romantiker waren auch felsenfest davon überzeugt, sie könnten das mittelalterliche Lebensgefühl verstehen und formulierten doch nur ihr Unbehagen an ihrer eigenen Zeit.

    Aus der Continuatio, 17. Kapitel, letzter Satz:


    Zitat

    Jch hab zwar niemalen keine so grosse volckreiche Statt gesehen / da es wohlfeiler zuzehren als eben an disem Ort; gleich wie aber nichts desto weniger meine übrige Ducaten nach und nach zusammen giengen / wans schon nit teur war / also kont ich mir auch leicht die Rechnung machen / das ich nit erharren würde können / biß sich der Auffruhr deß Bassae von Damasco legen: und der Weeg sicher werden würde / meinem vorhaben nach Jerusalem zubesuecchen; verhängte derowegen meinen Begirden den Zigel andere Sachen zubeschauen / warzu mich der Vorwitz anraitzte; unter andern war jenseits Nili ein Ort da man die Mumia gräbt / das besichtigt ich etlich mal / item an einem Ort die beyde Pyramides Pharaonis und Rodope; machte mir auch den Weeg dahin so gemein / das ich frembde unkenntlich alleinig dahin fühn dorffte; aber es gelung mir zum lesten mal nit beim besten; dann als ich einsmals mit etlichen zu den Egyptischen Gräbern gieng / Mumia zuhollen / kamen uns einige Arabische Rauber auff die Haube / welche der Orten die Straussenfänger zufangen außgangen / dise kriegten uns by den Köpffen und führten uns durch Wiltnussen und Abweeg an das rothe Meer / allwo sie den einen hier den anderen dort verkauffen.


    Kann man immer noch lesen, aber ich muss zugeben, da gerate ich deutlich ins Schwimmen, stocke, lese nochmal, stocke erneut, verliere den Faden, fang von vorn an und habe am Ende doch das Gefühl, das ganze nur so einigermaßen verstanden zu haben.


    Die Übersetzung:


    Zitat

    Ich bin zwar nie in einer großen, volkreichen Stadt gewesen, in der man sich billiger verköstigen konnte als hier, aber da mir trotz des wohlfeilen Lebens die restlichen Dukaten nach und nach dahinschmolzen, konnte ich mir leicht ausrechnen, dass ich hier nicht einfach abwarte konnte, bis sich der Aufruhr des Pascha von Damaskus gelegt hatte und der Weg nach Jerusalem, das ich besuchen wollte, wieder sicher war. Deshalb ließ ich meiner Lust auf andere Dinge, die mich neugierig machten freien Lauf. So gab es auf der anderen Seite des Nils einen Ort, wo man Mumien ausgräbt. Den besuchte ich mehrmals, ebenso die Stelle, wo die beiden großen Pyramiden des Pharao und der Rhodope stehen, und machte mir den Weg dorthin so vertraut, dass ich Fremde, die ihn nicht kannten, allein dorthin führen konnte. Doch eines Tages hatte ich Pech. Denn als ich wieder einmal mit ein paar Leuten zu den alten Gräbern wanderte, um Mumienpulver zu holen und die fünf Pyramiden dort zu betrachten, rückten uns einige arabische Räuber auf den Pelz, die ausgezogen waren, um dort Straußenjäger zu fangen. Sie schnappten uns und führten uns auf entlegenen Wegen durch die Wüste bis ans Rote Meer, wo sie den einen hier, den anderen dort verkauften.

    Mal wieder ein kleines Beispiel. Buch 4, Kapitel 10 (nein, so weit bin ich noch nicht):


    Zitat

    Da ich nun dergestalt dem Todt entronnen / hätte ich billich am Ufer auff die Knye fallen / und der göttlichen Güte vor meine Erlösung dancken / auch sonst mein Leben bessern / einen Anfang machen sollen / wie ich denn solches in meinen höchsten Nöten gelobt und versprochen habe. Ja, hinder sich nauß!


    Wie gesagt. Kann man lesen. Nicht flüssig und in dem Tempo, in dem man normalerweise liest, aber man kann. Die Trennung durch die „/“ ist gewöhnungsbedürftig, aber ok. Was ich allerdings nicht verstehe und was auch nicht in einer Fußnote erklärt wird: "Ja, hinder sich nauß!". Wird irgendwas mit "Denkste!" heißen, aber das sind dann so Stellen, an denen man doch ins Stolpern gerät.


    Die Übersetzung:


    Zitat

    Nachdem ich so dem Tod entronnen war, hätte ich am Ufer auf die Knie fallen und der Güte Gottes für meine Errettung danken sollen, hätte auch sonst beginnen sollen, mein Leben zu ändern und mich zu bessern, wie ich es in der höchsten Not gelobt und versprochen hatte. Doch nichts davon!

    Ich spiele ja schon seit längerer Zeit mit dem Gedanken, meine Bibliothek (irgendwas um die 5.000 Bände) drastisch zu verschlanken. Zielvorgabe: unter 1.000. Aber ich fürchte, das wird nix. Jedenfalls nicht ohne Not.

    DRM und die damit verbundene Gängelung des Kunden ist immer und überall ganz großer Mist. Die Hersteller lernen ganz einfach nicht aus ihren Fehlern, das war bei Online-Diensten so, als sich Compuserve, AOL, MCI und wie sie alle hießen, proprietär gegeneinander abgeschottet haben und von den offenen Standards im Internet weggespült wurden, das war bei digitaler Musik so und das wird bei E-Books nicht anders sein.


    Allein die Tatsache, dass ich gezwungen bin, Software von einer Firma auf meinem Rechner zu installieren, die ich nicht haben will, ist eine Zumutung.


    Von den weitreichenden Kontrollmöglichkeiten, die DRM bietet (Fernlöschung oder -sperrung eines Buches zB) mal ganz zu schweigen.


    Ich bin ein großer Fan von E-Books, habe mir das Rocket-E-Book gekauft, sobald es auf dem dt. Markt verfügbar war, habe umfangreichere Romane auf meinem Plam V gelesen und lese derzeit Romane und Erzählungen auf dem iPhone. Solange sich die Verlage und Hersteller nicht von DRM verabschieden und auf offene Standards setzen, solange wird das nichts.

    Auf die Gefahr hin, auch von Giesbert noch eins auf den Deckel zu kriegen:


    Aber wo werd’ ich.


    Zitat

    a) Weist er definitiv eine Vorliebe auf für Romanciers, häufig für riesige Romane. Unter 1'000 Seiten kann er fast nichts empfehlen.


    Belphegor. Vogelscheuche. Alethes von Lindenstein. Alles so um die 200, 300 Seiten. – Allerdings steht dahinter natürlich die Mahnung, sich nicht nur auf diese Bücher, sondern das Gesamtwerk zu stürzen.


    Zitat

    b) Verachtet er nachgerade die Lyriker


    Pape. Wieland. – Irgendwo in einem frühen BB steht schon die kleine Beobachtung, dass Schmidt für seine lautstarke Ablehnung der Lyrik verdammt viele Gedichte zitiere.


    Zitat

    c) Liebt er nur, was irgendwie nach "Realismus" aussieht


    Lovecraft. Carroll.


    Zitat

    Man hat immer den Eindruck, Schmidt sucht ums Verr... Autoren und Werke, die ausser ihm keiner mehr kennt.


    Ein Freund von mir meinte mal, der Schmidt habe doch absichtlich solche vergammelten Schinken gewählt, weil er genau gewusst habe, dass ihm da niemand auf die Schliche kommen werde, wenn er sich die Sachen so hindreht, wie er sie braucht. Das kannte ja keiner 8-). Und da Schmidt die Sachen so präsentierte, als seien das echte Schätze, hat man ihm halt alles geglaubt. Bis man das mal irgendwann in die Finger bekam, begierig las und bei fortschreitender Lektüre immer enttäuschter wurde. Hackländer zB spielt in AmG eine große Rolle. Nach Erscheinen des Romans zogen die Hackländer-Preise in den Antiquariaten kräftig an. Ein paar Monate später kamen die ganzen Ausgaben wieder in die Antiquariate zurück, weil die meisten Leute das als langweilig und unlesbar empfanden.

    Auch wenn Schmdt etwas skurrile Vorlieben hatte, konnte er sie geistreich und gewitzt präsentieren.


    Yep. Das waren nicht nur Empfehlungen für ein bestimmtes Buch oder einen bestimmten Autor, sondern imho vor allem Werbung für emphatisches Lesen: "Alles, was je schrieb in Liebe und Haß, als immerfort mitlebend zu behandeln".


    Mir ging es bei Schmidt oft so, dass ich, begeistert von seinen Essays, diese Begeisterung bei der Lektüre der empfohlenen Bücher nur selten verspürte. Das ist allerdings nicht nur auf Arno Schmidt beschränkt, sondern häufiger zu beobachten, wenn man einer leidenschaftlichen Empfehlung folgt. Eine mitreißende Begeisterung für etwas verdankt ihre mitreißende Kraft ja nicht dem Gegenstand, sondern der Persönlichkeit dessen, der so mitreißend begeistert ist. Vor dem Buch aber sind wir mit uns allein und der andere, der uns mitgerissen hat, ist nicht dabei.


    Ein anderes Beispiel sind etwas Hans Wollschlägers May-Analysen. Große Klasse - nur wenn ich dann die Karl-May-Bände lese, finde ich den Karl May, von dem HW geschrieben hat, eigentlich nicht mehr wieder.

    Zitat

    Die Bibel: iss für mich n unordentliches Buch mit 50000 Textvarianten. Alt und buntscheckig genug, Liebeslyrik, Anekdoten, das ist der Ana der in der Wüste die warmen Quellen fand, politische Rezeptur; und natürlich ewig merkwürdig durch den Einfluß, den es dank geschickter skrupelloser Propaganda und vor allem durch gemeinsten äußerlichen Zwang, compelle intrare, gehabt hat. Der ‹Herr›, ohne dessen Willen kein Sperling vom Dache fällt oder 10 Millionen im KZ vergast werden: das müßte schon ne merkwürdige Type sein – wenn’s ihn jetzt gäbe!


    Arno Schmidt, Seelandschaft mit Pocahontas