Beiträge von giesbert

    So, ich bin in den letzten Wochen kaum zum Lesen gekommen und habe den Simplicissimus Deutsch erst jetzt, nach 6 Wochen(!) abgeschlossen. Insgesamt hat mir Kaisers Übersetzung gut gefallen. Das Problem ist nur: Der Roman selbst hat mich nicht gerade umgehauen. Man sollte der vollmundigen Verlagswerbung und auch den Rezensenten nicht blindlings glauben. Der Roman ist mäßig komisch (eigentlich gar nicht), hat erhebliche Längen und über die Realität des 30jährigen Krieges erfährt man relativ wenig und das meiste auch eher indirekt.


    Dass die Kriegshandlungen, Plünderungen oder Massaker relativ wenig Raum einnehmen und mitunter nur am Rand erwähnt werden (am deutlichsten noch im 1. Buch) ist natürlich ein Indiz, dass der Krieg und seine Folgen Alltag war. Relativ breiten Raum nehmen dagegen allerlei allegorische Wundererzähungen ein, die eine eher schlichte Moral predigen (Alles ist eitel, nichts ist beständig, das Glück ist eine launische Buhlschaft, der einfältig-närrische Blick auf die Welt zeigt sie in ihrer wahren Gestalt, Ruhe und Sicherheit bietet nur Gott etc.).


    Kurz: Der Roman ist eher historisch interessant als eine zeitgenössische Lektüre. Und das führt dann natürlich zu dem Schluss, dass die Übersetzung letztlich doch ein Irrtum ist - denn als Roman, der für die Entwicklung der deutschen Literatur von großer Bedeutung ist und dessen Wert in seiner Historizität liegt, sollte das Buch dann auch in einer möglichst originalen, also historischen Sprache gelesen werden.


    Das rasch dazu.


    ich höre viel klassische Musik beim Arbeiten am Computer und höre sie durch das konzentrierte Arbeiten dann eben doch gar nicht richtig. In einem solchen Falle bleibt bei Mahler eben immer so etwas Trübes im Gemüt,


    Mahler ist ja auch nicht gerade für seine Gute-Laune-Musik bekannt ;-).


    Ich kann ihn übrigens bis auf wenige Ausnahmen praktisch gar nicht nebenbei hören, die 1. Sinfonie oder die 4. Aber das Lied von der Erde? Die 5.? Kindertotenlieder?

    naja. gerade bei sowas wie joyce geht das vermutlich auch gar nicht anders.


    Die Anmerkung über Dichterübersetzer bezog sich nicht konkret auf Hans Wollschläger (den Namen habe ich erst nachträglich noch eingefügt und übersehen, dass das Posting missverständlich werden könnte ;-)), sondern war allgemein gemeint (wobei besonders Arno Schmidt ein Fall ist, bei dem die Übersetzungen oftmals "besser" als die Originale sind).

    Hans Wollschläger.


    Das Problem bei Dichterübersetzern ist oft, dass die das Dichten nicht lassen und jedem fremden einen eigenen Stempel aufdrücken müssen. Die "guten Übersetzer" sind eigentlich schlechte ;-).

    "innige Verlegenheit" ist sehr schön. Würde wohl kein Muttersprachler so formulieren. Manchmal braucht man den Blick von außen, um zu erkennen, welche Möglichkeiten die eigene Sprache bietet ;-)

    Einige Bände der "Edition Maritim" gibt es derzeit als Restexemplare günstiger, also zumindest bei Amazon und damit vermutlich auch bei anderen. Ich kenne die Bände nicht, konnte aber nicht widerstehen und habe meine Conrad-Sammlung (die bislang aus den Bänden der Haffmans-Ausgabe besteht) ein wenig erweitert:


    Erzählungen I. Der Nigger von der "Narcissus" - Jugend - Herz der Finsternis
    Joseph Conrad; Gebundene Ausgabe; EUR 5,97


    Erzählungen II. Das Ende vom Lied - Der geheime Teilhaber - Die Schattenlinie
    Joseph Conrad; Gebundene Ausgabe; EUR 12,99


    Erzählungen III: Taifun / Almayers Wahn
    Joseph Conrad; Gebundene Ausgabe; EUR 5,97


    Und weil ich schon mal dabei war auch zum vollen Preis, der ja immer noch günstig ist:


    Sieg: Die Geschichte einer Insel
    Joseph Conrad; Gebundene Ausgabe; EUR 16,90

    Das Titelthema der aktuellen c't beschäftigt sich ausführlich mit Ebooks. Man erfährt viel über die Technik und die einzelnen Geräte – und leider praktisch nichts über Typographie und Lesbarkeit. Das Titelfoto und die Fotos im Artikel sind jedenfalls nicht dazu angetan, mich von den Vorzügen eines Ebooks zu überzeugen, im Gegenteil. Das ist alles eine erbärmliche Notlösung, sicherlich mal ganz praktisch. Aber als Alternative oder gar Ersatz zum Buch? Never.


    und oft noch sehr aktuell...


    Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,
    Verderblich ist des Tigers Zahn,
    Jedoch der schrecklichste der Schrecken,
    Das ist der Mensch in seinem Wahn.
    Weh denen, die dem Ewigblinden
    Des Lichtes Himmelsfackel leihn!
    Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur zünden,
    Und äschert Städt' und Länder ein.

    Stichwort Balladen: Ich trau’s mich ja fast nicht zuzugeben - aber ich finde Die Glocke ziemlich toll. 8-)


    Die habe ich allerdings auch erst sehr spät gelesen, freiwillig, und wurde damit nicht in der Schule und auch nicht im Studium gequält. Das mag eine Rolle spielen.

    Den habe ich nach 5 oder 6 Seiten abgebrochen. Vielleicht sollte ich ihn nochmals versuchen - nachdem ich nun bei Fouqué durch die Schule des Zauberrings und bei Gutzkow durch die der Ritter vom Geiste gegangen bin ... :breitgrins:


    Doch, der ist ganz ok (obwohl - die Lektüre liegt rund 20 Jahre zurück …).

    Jaja. Man sollte aber denken, daß dieses Büchlein von Krämer IIRC aus den 30er Jahren ist. Da gabs noch massenweise Pathos, auch in solchen Dingen.


    Den Verdacht hatte ich auch schon. Aber das macht das ja nicht wirklich besser. Krämer ist imho einfach übles Feuilleton. Aber mei - wenn’s Dir gefällt: wer bin ich, dass ich Dir da reinreden könnte 8-).

    Wenn du noch nicht so weit fortgeschritten bist in der Kunst des Lesens - und es ist dies der höchste Stand, den du als Leser erreichen kannst -,


    Ich muss zugeben, dass mich dieser Tonfall immer wieder ärgert: Auf der einen Seite der Meister, der anscheinend im Besitz der Wahrheit ist und weiß, was der höchste Stand ist, den man in irgendwas erreichen kann (und auch kein Hehl daraus macht, dass er es weiß), auf der anderen Seite die Schüler, die an den Lippen des Meisters hängen. So funktionieren Sekten und ähnliche Gruppierungen.


    Anders gesagt: An so einem Tonfall erkennt man Scharlatane und Schätzer. Und der Rest des Zitats, halten zu Gnaden: der ist auch danach. Wie da eine völlige Banalität als Weisheit verkauft wird. Also wirklich.


    Wie anders doch ein wirklich großer Geist wie etwa Goethe:


    Zitat

    Die guten Leutchen wissen nicht, was es einem an Zeit und Mühe kostet, um lesen zu lernen. Ich habe achtzig Jahre dafür gebraucht und kann auch jetzt nicht sagen, dass ich am Ziel wäre.


    Davon abgesehen glaube ich aber trotzdem, dass zur damaligen Zeit die schwer arbeitende Bevölkerungsschicht abends nicht ins Wirtshaus gegangen ist, um hoch geistige Gespräche zu führen. Da ging es zum Großteil sicher um nichts anderes als Alltagsprobleme und -ärgernisse.


    Das ist heute nicht anders. In meiner Stammkneipe rede ich jedenfalls fast nie über Literatur, sondern über Fußball, Pferderennen, ein wenig Politik und privaten Kram. Stammtischgespräche halt.


    Aber das hat mit Sue ja jetzt rein gar nichts zu tun, denke ich mal, und bin auch schon wieder ruhig 8-)