Ebenso wie BigBen finde ich, dass die Texte ohne große Schwierigkeiten zu verstehen sind. Die meisten Wortbedeutungen sind durchaus ableitbar - wie "gleichförmig" als "ebensolch" - oder aus dem Kontext vertändlich. Ansonsten hat man die Anmerkungen.
ich habe nie bestritten, dass man Barockdeutsch verstehen kann (ich habe auch nie gesagt, dass ich das nicht verstehe). Nur ist die Übersetzungsarbeit, die man beim Lesen zwangsläufig vollbringen muss, dazu angetan, einem den Spaß am Text zu verleiden. Und die ja schon erwähnten "falschen Freunde" - also Worte, die wir heute auch noch benutzen, aber in einem völlig anderem Sinn als im 17. Jahrhundert - sind mehr als nur kleine Hindernisse, die können dafür sorgen, dass man entweder glaubt, etwas verstanden zu haben (es aber nicht hat) oder aber einen (Ab)Satz gleich nochmal lesen muss, weil man am Ende der Seite merkt, dass das erste Verständnis einfach nicht stimmen kann.
Das ist beim MHD noch viel schlimmer (hier hat übrigens noch niemand wegen einer Übersetzung die Stirn in Sorgenfalten gelegt (also jetzt mal unabhängig von der Qualität der Übersetzung ;-))
Wer den lieben langen Tag sich mit Literatur des 17. oder 18. Jahrhunderts beschäftig, der wird Grimmelshausen flüssig vom Blatt lesen und seinen Spaß dabei haben können. Ich kann das nicht. Ob man einfach mal so 400 Jahre sprachliche Entwicklung und seine eigene Lektüreprägung hintanstellen und so tun kann, als sei Grimmelshausen Zeitgenosse, mit dem man beim Bier plaudert, muss jeder selbst wissen. ich weiß, dass ich das ebenfalls nicht kann.
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weil die Lektüre dieser originalen Texte auch zum Weiterbestehen des Ausdrucksreichtums unserer Sprache beiträgt
Tut sie das wirklich? I have my doubts. Veraltete grammatische Formen, umständliche Fügungen, Begriffe, die mitunter das glatte Gegenteil ihrer heutigen Bedeutung haben etc. etc. -- das hilft imho eher nicht dem Ausdrucksreichtum weiter, sondern dem Missverständnis. Es ist ja nicht so, dass sich die Sprache seit Grimmelshausen rapide im Niedergang befindet und wir heute nur noch ein Schrumpfdeutsch lallen, während die Barockdichter noch aus dem sprachlichem Vollen schöpften (ich glaube, das ist eher umgekehrt, aber das nur nebenbei).
Abgesehen davon - es hat ja niemand gefordert, die alten Ausgaben auf den Müll zu werfen. Die Übersetzung ist eine Alternative, nicht mehr, nicht weniger.
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Wichtig wäre es also, wenn Originaltext (im oben genannten Sinne) und Modernisierung nebeneinander weiter exisiteren dürften.
Wer wollte das denn verbieten?
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Ich fände es zum Beispiel auch sehr schade, wenn die klassischen Shakespeare-Übersetzungen von den Schlegels usw. zugunsten modernerer verschwinden würden
Warum sollten sie das tun? Es muss einem dabei allerdings klar sein, dass Schlegel/Tieck Shakespeare durch die Brille des 18./19. Jahrhunderts lesen und übersetzend interpretieren. Das muss mit Shakespeare selbst dann nicht mehr viel zu tun haben.
Wie beim DQ von Tieck. Der ist klasse - aber mitunter eher von Tieck als von Cervantes.
Btw - müsste man nicht fordern, Cervantes und Shakespeare ins zeitgenössische Deutsch zu übersetzen?